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Erlass einer Sicherungsanordnung im Prozess auf Räumung und Mietzahlung

AG Hanau – Az.: 32 C 172/13 (12) – Beschluss vom 04.08.2014

In dem Rechtsstreit wird im Wege der Sicherungsanordnung gem. § 283a Abs. 1 ZPO angeordnet, dass die Beklagten wegen der nach Rechtshängigkeit fällig gewordenen Mieten in Höhe von 2.669,98 EUR Sicherheit gem. § 232 BGB zu leisten haben.

Der Nachweis der Sicherheitsleistung gegenüber dem Gericht hat zu erfolgen bis zum 25.08.2014.

Gründe

I.

Der Kläger betreibt gegen die Beklagten ein verbundenes Räumungs- und Zahlungsklageverfahren. Die Beklagten haben auf die vertraglich geschuldete Miete in Höhe von monatlich 600,00 EUR (450,00 EUR netto zzgl. einer Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 150,00 EUR) seit Mai 2013 keine Zahlungen mehr erbracht mit Ausnahme einer Teilleistung in Höhe von 201,82 EUR, welche der Antragsteller auf die Miete Februar 2014 verrechnet hat.

Nachdem die Räumungs- und Zahlungsklage durch Zustellung an den Beklagtenvertreter am 20.09.2013 rechtshängig geworden war, hat der Kläger im Wege der Klageerweiterung u.a. die Mieten für die Monate Oktober 2013 bis Mai 2014 (abzüglich der genannten Teilzahlung) rechtshängig gemacht.

Die Beklagten wenden gegen die Räumungs- und Zahlungsklage Minderung gem. § 536 Abs. 1 BGB ein. So entspreche die Elektrik nicht den aktuellen Standards, die Wohnung weise zudem Schimmelbildungen auf. Weiterhin machen sie Zurückbehaltungsrechte an den Betriebskostenvorauszahlungen geltend, da eine ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnung nicht vorläge.

II.

Der Antrag statthaft und zulässig, er ist in der austenorierten Höhe auch begründet.

Aufgrund der mit der am 01.05.2013 in Kraft getretenen Mietrechtsreform eingeführten Regelung des § 283a ZPO kann der Vermieter bei verbundener Räumungs- und Zahlungsklage (wobei die Zahlungsklage nicht zwingend zahlungsverzugsbedingt sein muss) beantragen, dass der Mieter für diejenigen einbehaltenen Mieten Sicherheit zu leisten hat, die nach Rechtshängigkeit fällig geworden sind, wenn eine hohe Erfolgsaussicht bzgl. der Zahlungsklage besteht und das Interesse der Vermieters gegenüber demjenigen des Mieters auf Sicherheitsleistung überwiegt (zu den Voraussetzungen der Sicherungsanordnung insg. Streyl in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Aufl. 2013, § 283a Rn. 9; Lützenkirchen ZMR 2012, 605; Zehelein WuM 2013, 133 (137)).

Erfasst sind gem. Abs. 1 Satz 1 zunächst nur die Zahlungsansprüche, die nach Rechtshängigkeit der Klage fällig geworden sind. Das sind hier, da die Rechtshängigkeit am 20.09.2014 eingetreten ist, alle Mieten ab Oktober 2013. Weiterhin müssen diese selbst streitgegenständlich sein, also im Wege der Klageerweiterung oder des Klageantrages nach § 259 ZPO geltend gemacht werden (Streyl in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Aufl. 2013, § 283a 14; Hinz NZM 2012, 777 (790); Zehelein WuM 2013, 133 (136)). Vorliegend unterliegen die Mieten Oktober 2013 bis einschließlich Mai 2014 der Klage (letzte Klageerweiterung am 21.05.2014).

Die Zahlungsklage muss weiterhin hohe Aussicht auf Erfolg haben. Dieses schon in dem Gesetzgebungsverfahren hoch umstrittene Tatbestandsmerkmal (hierzu umfassend Zehelein WuM 2012, 418 (420 ff.)) ist nach wie vor nicht ausreichend konkretisiert. Überwiegend wird inzwischen ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab angenommen, der zwischen der hinreichenden Erfolgsaussicht und dem Vollbeweis des § 286 Abs. 1 ZPO liegt (Streyl in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Aufl. 2013, § 283a Rn. 20 f. m.w.N.). Sie ist grundsätzlich dann, bzw. soweit anzunehmen, wie die Klageerwiderung eine Minderung bereits selbst nicht hergibt. In dem Fall ist die Sicherheitsleistung anteilig auszusprechen (Streyl in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Aufl. 2013, § 283a Rn. 24). Das ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 17/10485, S. 28).

„Damit ist die Sicherungsanordnung stets ein wirksames Instrument, wenn das Beklagtenvorbringen nur einen Teil des Klaganspruchs zu Fall bringen kann.“

Das ist hier in Höhe von 70% der Klageforderung zu bejahen, da dem Vorbringen der Beklagten in keiner Weise ein dieses übersteigendes Minderungsrecht zu entnehmen ist. Diese berufen sich, ohne, das hieraus eine konkrete Tauglichkeitsbeeinträchtigung überhaupt substantiiert erkennbar wäre, auf einen unzureichenden Stand der Hauselektrik, also insbesondere dahingehend, dass dieser nicht den „geltenden Richtlinien“ entsprechen würde (Bl. 61 d.A.). Das ist schon aus dem Grunde problematisch, weil derartiges nicht per se von dem Vermieter geschuldet ist. Dieser muss grundsätzlich eine Ausstattung und somit auch eine elektrische Versorgung leisten, die dem Stand bei Errichtung des Gebäudes entspricht (BGH, Urteil vom 10. Februar 2010 – VIII ZR 343/08). Was genau geschuldet ist und worin die Standardabweichungen liegen, ist nicht ersichtlich. So die Beklagten auf unzutreffende Schalter, etc. hinweisen, ist nicht ersichtlich, auch nicht, worin genau die Tauglichkeitsbeeinträchtigung liegt, die neben einer behaupteten Mangelhaftigkeit Voraussetzung des Minderungsrechts nach § 536 Abs. 1 BGB ist. Der Hinweis auf fehlende, bzw. unzutreffende Schalter kann das ebenso wenig begründet, wie er allgemeine Hinweis auf eine Gefahrensituation.

Der Verweis auf Schimmelbildungen ist ebenfalls oberflächlich und lässt wenig konkretes erkennen. Insbesondere sind keine Gesundheitsgefährdungen durch Gutachten oder Atteste belegt, die erforderlich sind, um hier in höhere Minderungsquoten zu gelangen (KG Berlin, Beschluss vom 03.06.2010, Aktenzeichen: 12 U 164/09; LG Berlin, Urteil vom 20.01.2009, Aktenzeichen: 65 S 345/07 – Juris). Nach § 536 Abs. 1 BGB setzt eine Mietminderung, voraus, dass die Mietsache einen Mangel aufweist. Hierunter ist eine für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache von dem vertraglich geschuldeten zu verstehen, wobei sowohl tatsächliche Umstände als auch rechtliche Verhältnisse in Bezug auf die Mietsache als Fehler in Betracht kommen können (BGH, Urteil vom 05.06.2013, Aktenzeichen VIII ZR 287/12 und Urteil vom 20.11.2013, Aktenzeichen XII ZR 77/12 – Juris). Soweit Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache fehlen, wird der geschuldete zum vertragsgemäße Gebrauch geeignete Zustand unter Berücksichtigung des vereinbarten Nutzungszwecks und des Grundsatzes von Treu und Glauben nach der Verkehrsanschauung, sowie den bei der Errichtung des Gebäudes herrschenden Normen bestimmt (BGH, Urteil vom 05.06.2013, Aktenzeichen VIII ZR 287/12 und Urteil vom 19.12.2012, Aktenzeichen VIII ZR 152/12 – Juris). Im Wohnraummietrecht entspricht diese Vereinbarung zudem demjenigen Zustand der Mietsache, über den die Parteien mit dem Abschluss des Mietvertrages eine Einigung getroffen haben (BGH, Urteil vom 01.07.1987, Az. VIII ARZ 9/86; KG Berlin, Beschluss vom 19.12.1983, Az. 8 W RE-Miet 4298/83; AG Charlottenburg, Urteil vom 07.05.2004, Az. 232 C 24/04; AG Wetzlar, Urteil vom 10.03.2009, Az. 38 C 736/08; AG Hanau, Urteil vom 10.03.2011, Aktenzeichen 91 C 87/10 – Juris). Erforderlich ist allerdings, um Ausuferungen des Fehlerbegriffs zu vermeiden, stets eine unmittelbare Beeinträchtigung der Tauglichkeit bzw. eine unmittelbare Einwirkung auf die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache, wohingegen Umstände, die die Eignung der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch nur mittelbar berühren, nicht als Mängel zu qualifizieren sind (BGH, Urteil vom 26.09.2012, Aktenzeichen XII ZR 122/11 – Juris). Es ist nach allgemeinen Regeln der Beweislast Sache des Mieters, zum Vorliegen eines Mangels vorzutragen und Beweis hierfür anzutreten (KG, Urteil vom 25.09.2006, Aktenzeichen: 12 U 118/05 – Juris). Er muss zwar nicht das Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung, jedenfalls aber den Mangel so konkret beschreiben, dass sich hieraus eine Tauglichkeitsbeeinträchtigung erkennen lässt (BGH, Beschluss vom 12.02.2014, Aktenzeichen XII ZR 92/13 und Urteil vom 29.02. 2012, Aktenzeichen VIII ZR 155/11 – Juris). Im Zivilprozess erforscht das Gericht den Sachverhalt nicht von Amts wegen, sondern es ist Sache der Parteien, dem Gericht den Sachverhalt im Einzelnen so zu erläutern, dass es nachvollziehen kann, dass die begehrte Rechtsfolge begründet sei (Streyl, Wann ist ein Mangel ein Mangel?, NZM 2012, 104; Wetekamp, Substanziierungslasten bei Mietmängeln, NZM 2012, 441). Soll das Gericht den Grad einer Mietzinsminderung bewerten, so bedarf es einer ins Einzelne gehenden Beschreibung des Mangels, die je nach dessen Art unterschiedlichen Anforderungen unterliegt, so dass der Sachverhalt dem Gericht in greifbarer Weise vor Augen geführt und eine Bewertung der Minderung und eine Feststellung der Überschreitung der Erheblichkeitsgrenze ermöglicht wird (BGH, Urteil vom 20.06.2012, Aktenzeichen VIII ZR 268/11; Urteil vom 29.02.2012, Aktenzeichen VIII ZR 155/11 und Beschluss vom 25.10.2011, Aktenzeichen: VIII ZR 125/11; LG Berlin, Urteil vom 14.09.2006, Aktenzeichen: 62 S 90/06 und Urteil vom 07.02.2011, Aktenzeichen: 67 S 61/10 – Juris; LG Hanau, Beschluss vom 16.01.2012, Az. 2 S 264/11; Streyl, Wann ist ein Mangel ein Mangel?, NZM 2012, 104). In jedem Fall muss der Sachvortrag so beschaffen sein, dass er den Schluss auf die Erheblichkeit des Mangels erlaubt (RiBGH Schneider, Die Suche nach den Substantiierungsanforderungen bei Mietminderung, WuM 2013, 209, 211). Hiervon strikt zu trennen, sind allein mögliche Mängel der Mietsache, hinsichtlich derer der Mieter zwar eine Anspruch gegen den Vermieter auf Behebung iSe. Aufrechterhaltungspflicht nach § 535 Abs. 1 BGB hat, die jedoch mangels tatsächlicher, bzw. nachvollziehbarer Beeinträchtigung der Nutzung keinen Einfluss auf die geschuldete Miete hat. Diesen Anforderungen genügt der Vortrag nicht, bzw. nur ansatzweise, da jedenfalls das Vorhandensein von Schimmel vorgetragen wird, so dass eine Mietminderung in der Höhe, wie die Beklagten sie anstreben, nicht ersichtlich ist.

Auch die aufgeführten Gerüche durch Faulgase sind nicht substantiiert. Bei wiederkehrenden Beeinträchtigungen durch zB. Lärm, Geruch oder Schmutz ist zwar die Vorlage eines „Protokolls“ nicht erforderlich, notwendig ist jedoch zumindest eine Beschreibung, aus der sich ergibt, um welche Art von Beeinträchtigungen es geht, sowie zu welchen Tageszeiten, über welche Zeitdauer und in welcher Frequenz diese ungefähr auftreten (BGH, Urteil vom 29.02.2012, Aktenzeichen VIII ZR 155/11 – Juris), was jedenfalls voraus setzt, dass der Mieter die Vorfälle schriftsätzlich im Einzelnen dargelegt und ggf. durch Zeugen unter Beweis stellt  (BGH, Urteil vom 20.06.2012, Aktenzeichen VIII ZR 268/11 – Juris), was in diesem Umfang dem Mieter auch zumutbar ist (Wetekamp, NZM 2012, 441). Diese Anforderungen sind hier durch die lediglich allgemeinen Hinweise nicht erfüllt.

Bei dem anzusetzenden Maß der Wahrscheinlichkeit ist auch der Schutzzweck der Sicherungsanordnung zu berücksichtigen (BT-Drucks 17/10485, S. 72728):

„Befindet sich der Schuldner von Zahlungsleistungen in Verzug, sieht sich der Gläubiger der Gefahr ausgesetzt, dass er durch die Dauer des Hauptsacheverfahrens einen wirtschaftlichen Schaden erleidet, wenn der Schuldner am Ende des Prozesses nicht mehr zahlungsfähig ist. Dieses Risiko erhöht sich für Gläubiger wiederkehrender Leistungen, deren Außenstände sich durch Forderungen, die erst nach Rechtshängigkeit der Klage fällig werden, im Verlauf des Prozesses weiter erhöhen.

Die Sicherungsanordnung zielt vor allem auf alle Ansprüche auf wiederkehrende Zahlungsleistungen einschließlich etwaiger Nebenforderungen, soweit keine Sonderregelungen ein- greifen. Sie ist auf Geldforderungen beschränkt, weil sie den besonderen Belastungen entgegenwirken soll, von denen Zahlungsgläubiger betroffen sind. Diese sind vor allem Liquiditätsschwierigkeiten und das Risiko der Insolvenz am Ende eines längeren Gerichtsverfahrens.“

Es geht also um die Herstellung eines angemessenen wirtschaftlichen Interessenausgleich, mit der auch keine Vorwegnahme der Hauptsache wie bei § 940 ZPO verbunden ist, so dass der Mieter seinerseits, da er nur Sicherheit leistet, nicht befürchten muss, die ohnehin mit Vertragsschluss einkalkulierten Mieten zu verlieren. Da die Sicherungsanordnung somit nicht die umfassende Prüfung der Minderungen ermöglichen kann und soll, ist hier zugunsten der Beklagten ein Minderungsrecht von 30% der Miete anzunehmen. Das übersteigt nach derzeitigem Kenntnisstand die mögliche Minderung deutlich, ist jedoch mit Blick auf die Rechtsfolge des § 940a Abs. 3 ZPO den Beklagten zuzuerkennen.

Das hieraus gem. § 320 Abs. 1 BGB zugleich resultierende Zurückbehaltungsrecht des Mieters in Höhe des 3-5 fachen Minderungsbetrages (Eisenschmid in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Aufl. 2013, § 536 Rdn. 409), der sogenannten „Druckzuschlag“, ist im Rahmen der Sicherungsanordnung nach § 283a ZPO nicht zu berücksichtigen. Zwar unterfallen Zurückbehaltungsrechte an sich auch der Prüfung der Erfolgsaussicht, die bei einredebehafteten Forderungen daher erst einmal zu verneinen wäre (BT-Drucks 17/10485, S. 28). Die Besonderheit bei der Minderung besteht jedoch dabei, dass bereits die entsprechende Mietbefreiung, die an den Mangel anknüpft, das Äquivalenzinteresse des Mieters hinsichtlich des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung herstellt. Das darüber hinausgehende Zurückbehaltungsrecht ist somit nicht, wie § 273 Abs. 1 BGB an sich voraussetzt, das Gegenstück zu der von dem Vertragspartner nicht erhaltenen Leistung, es dient alleine dazu, den Vermieter zusätzlich dadurch zur Mangelbehebung anzuhalten, weil ihm diese Miete ebenfalls wegbricht, er soll also nicht eine herabgesetzte Miete schlicht hinnehmen, ohne seiner Instandsetzungspflicht nachzukommen, und somit einseitig faktisch den Vertragsinhalt ändern. Dazu muss dem Mieter das Geld, das dem Zurückbehaltungsrecht untersteht, jedoch nicht seinerseits zur Verfügung stehen, es genügt, wenn er es dem Vermieter dadurch vorenthält, dass er es als Sicherheitsleistung erbringt, denn die Drucksituation ist für den Vermieter keine andere. Umgekehrt besteht aber das von § 283a ZPO geschützte Vermieterinteresse, aufgrund der Laufzeit des Prozesses am Ende leer auszugehen, weil der Mieter die finanziellen Mittel zur Nachzahlung des zurückbehaltenen Betrages, die mit Mangelbehebung oder Vertragsende fällig wird, nicht mehr zur Verfügung hat. Es bleibt daher bei der Minderung von 30%, der Rest unterfällt der Sicherungsanordnung.

Das bedeutet, dass der Kläger von den insgesamt nach Rechtshängigkeit fällig geworden und selbständig eingeklagten Mieten für den Zeitraum Oktober 2013 bis einschließlich Mai 2014 insg. 7 x 600,00 EUR und 1 x 398,16 EUR, zusammen also 4.598,16 EUR geltend machen kann. Hiervon ist aufgrund der Minderung von 30% der Bruttomiete ein Betrag in Höhe von 1.260,00 EUR für die 7 vollen Monate und in Höhe von 218,18 EUR (unter Berücksichtigung der Teilzahlung) für Februar 2014 abzuziehen, so dass noch 3.119,98 EUR verbleiben.

Weiterhin kann der Kläger die Vorauszahlungen auf die Betriebskosten bis einschließlich Oktober 2013 nicht geltend machen, was zu einem weiteren Abzug von 450,00 EUR (3 x Vorauszahlung in Höhe von 150,00 EUR) führt. Dieser Anspruch ist weggefallen, da er über diesen Zeitraum bereits eine Betriebskostenabrechnung erstellt hat (Bl. 334 d.A.). Mit der Abrechnungserstellung und/oder dem Ablauf der Abrechnungsfrist wandelt sich jedoch der Vorauszahlungsanspruch in denjenigen aus dem Saldo. Der Vorauszahlungsanspruch kann nicht mehr gefordert werden (BGH, Urteil vom 30.03.2011, Aktenzeichen VIII ZR 133/10 – Wohnraum – und Urteil vom 26.09.2012, Aktenzeichen: XII ZR 112/10 – Gewerberaum – Juris; LG Bonn, Urteil vom 16.01.2014, Aktenzeichen: 6 S 43/13; LG Berlin, Urteil vom 10.06.2002, Aktenzeichen: 62 S 556/01; AG Bremen, Urteil vom 20.02.2014, Aktenzeichen: 9 C 0455/13, 9 C 455/13 – Juris; Schmitt-Futterer, Mietrecht, 11. Aufl. 2013, § 556 Rdn. 266 m.w.N.; Langenberg, Betriebskosten- und Heizkostenrecht, 7. Aufl. 2014, J Rdn. 16 und G Rdn. 80; v. Brunn/Emmerich in Bub/Treier Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 4. Aufl. 2014, III. A Rn. 237; Zehelein, Noch einmal: Die Einstellung von Sollzahlungen in die Betriebskostenabrechnung, WuM 2014, 3 ff.). Die Sicherungsanordnung nach § 283a Abs. 1 ZPO kann zwar auch Betriebskostennachforderungen erfassen, setzt aber in jedem Fall voraus, dass diese rechtshängig sind, was zumindest eine Klageänderung der Vorauszahlungen auf den Saldo bedingt, die nicht vorliegt.

Es verbleibt damit der als Sicherheit zu leistende Betrag in Höhe von 2.669,98 EUR.

Ein Zurückbehaltungsrecht an den Vorauszahlungen besteht ab November 2013 nicht. Der Kläger hat mangels abweichender vertraglicher Vereinbarung zulässiger Weise nach eigenem Ermessen den Abrechnungszeitraum bestimmt und diesen auf 01.11.2012 bis 31.10.2013 festgesetzt, insgesamt also auf November bis Oktober eines Jahres. Daraus folgt, dass die Beklagten die Vorauszahlungen für den Abrechnungszeitraum 01.11.2013 bis 31.10.2014 nicht einbehalten können, da insoweit die Abrechnungsfrist noch nicht abgelaufen sind, das ist erst am 31.10.2015 der Fall. Sie können die Vorauszahlungen auch nicht wegen der angeblich nicht ordnungsgemäßen Abrechnung 01.11.2012 bis 31.10.2014 zurück halten. Einerseits reicht diese für die Anforderungen des § 259 BGB aus. Formell ordnungsgemäß ist eine Betriebskostenabrechnung, wenn sie eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthält. Soweit keine besonderen Abreden getroffen sind, sind in die Abrechnung bei Gebäuden mit mehreren Wohneinheiten regelmäßig folgende Mindestangaben aufzunehmen: Eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung der zugrunde gelegten Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug seiner Vorauszahlungen (zuletzt BGH, Urteil vom 09.10.2013, Aktenzeichen: VIII ZR 22/13; grundlegend: BGH, Urteil vom 28.05.2008, Aktenzeichen: VIII ZR 261/07 – Juris; LG Hanau, Urteil vom 11.02.2011, Az. 2 S 173/10; v.Brunn/Emmerich in Bub/Treier Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 4. Aufl. 2014, III.A Rn. 207; Lammel, Stolperstein Formelle (Un-)Wirksamkeit einer Heizkostenabrechnung, WuM 2014, 387 (388); Langenberg, Betriebskosten- und Heizkostenrecht, 7. Aufl. 2014, H IV. Rn. 124). Hier sind die Gesamtkosten eingestellt, der Umlageschlüssel ist erkennbar 1 von 6 Wohneinheiten (ob dieser selbst zutreffend ist, ist kein Frage der formalen, sondern der materiellen Richtigkeit) und von den umgelegten Positionen ist der eingestellte Vorauszahlungsbetrag abgezogen worden. Dass der Abrechnungszeitraum der Heizkostenabrechnung von demjenigen der Abrechnung selbst abweicht und 1 Monaten hinter dieser zurück liegt, ist für die formale Rechtmäßigkeit ebenfalls ohne Bedeutung (BGH, Urteil vom 30.04.2008, Aktenzeichen VIII ZR 240/07 – Juris). Zudem wäre die Abrechnungsfrist für den Abrechnungszeitraum 01.11.2012 bis 31.10.2013 derzeit ebenfalls noch nicht abgelaufen (31.10.2014).

Auch die im Weiteren durchzuführende Interessenabwägung (§ 283a ZPO Abs. 1 Nr. 2 ZPO) führt zu dem Erlass der Anordnung. Ob das überhaupt ein eigenständiges Tatbestandsmerkmal auf Seiten des Vermieters ist, wird bezweifelt. Denn das einzustellende und von § 283a ZPO bereits dem Wesen nach anerkannte Interesse des Vermieters liegt in der Abwendung eines späteren Forderungsausfalls (Streyl in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Aufl. 2013, § 283a Rn. 28; Zehelein WuM 2013, 133 (138)) Insofern ist hier eine im Gesetzestext genannte Glaubhaftmachung eine Möglichkeit, weitere Interessen darzulegen, sie ist jedoch kein notwendiges Erfordernis, dieses Interesse als solches zu berücksichtigen. Umgekehrt ist auf der Mieterseite in der Regel kein schützenswertes Interesse anzuerkennen, da er sich mit Vertragsschluss ohnehin auf die Mietzahlungen einstellen musste und das Geld daher zur Verfügung haben, bzw. stellen muss (Streyl in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Aufl. 2013, § 283a; Zehelein WuM 2012, 418 (422)). Tatsächlich entgegenstehende Interessen muss der Mieter daher vortragen, was hier nicht erfolgt ist, da die Beklagten lediglich die Einwände gegen die Zahlungsanträge selbst wiederholen. Diese wären auch nur zu berücksichtigen, wenn der Mieter darauf vertrauen konnte, die geminderten Mieten behalten zu können und in dem Vertrauen hierauf Dispositionen vorgenommen hat (Streyl in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Aufl. 2013, § 283a Rn. 34). Dafür ist nichts ersichtlich.

Ebenfalls einzustellen in die Abwägung ist die Dauer des Mietausfall und das daraus folgende Sicherungsinteresse des Klägers. Hierbei ist einerseits zu sehen, dass die Beklagten mit Ausnahme einer geringen Teilzahlung seit Mai 2013 keine Zahlungen erbringen, das Ausfallsrisiko des Klägers also hoch ist. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Beklagten die Verfahrensverzögerung und den Ausfall des durch die damalige Dezernentin umfassend vorbereiteten Verhandlungstermins vom 03.12.2013, zu dem auch eine Vielzahl von Zeugen geladen waren (wobei zumindest über den Eigenbedarf ggf. auch schon hätte entschieden werden können) selbst herbei geführt haben. Das durch die Stellung eines gänzlich aussichtslosen Befangenheitsantrages kurz vor dem Verhandlungstermin (Schriftsatz vom 28.11.2013, Bl. 227 d.A.), der, wie das Landgericht Hanau ebenso deutlich gemacht hat, schlicht der Einflussnahme auf die Verhandlungsführung diente (Beschluss vom 10.02.2014, Bl. 255 d.A.) und offenkundig auch der Verhinderung des Verhandlungstermins.

Die Sicherheitsleistung richtet sich nach §§ 232 ff. BGB (Streyl in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Aufl. 2013, § 283a Rn. 37).

Die Frist ist mit Blick auf die Höhe der zu erbringenden Leistung und die Tatsache, dass die Beklagten bereits seit Mai 2013 fast keine Zahlungen erbringen, über die Minderungsbeträge also mehr als ausreichend verfügen müssen, angemessen.

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