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Erstattungsanspruch des Wohnraummieters auf überzahlte Betriebskosten

AG Aachen – Az.: 103 C 131/16 – Urteil vom 06.05.2021

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 98,59 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.06.2016 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 340,29 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.07.2020 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage ist überwiegend begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein vertraglicher Anspruch auf Rückzahlung zu viel geleisteter Betriebskostenvorauszahlungen aus der Vereinbarung über die Betriebskosten gemäß § 2 Abs. 4 des zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrages iVm § 556 BGB in Höhe von 98,59 Euro für das Jahr 2014 und in Höhe von 215,19 Euro für das Jahr 2018 zu. Ferner hat der Kläger einen Anspruch auf Rückzahlung von Betriebskosten gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 535 BGB, die auf Gartenpflegearbeiten in Höhe von 125,10 Euro im Jahr 2018 entfallen sind.

Erstattungsanspruch des Wohnraummieters auf überzahlte Betriebskosten
(Symbolfoto: Stanislaw Mikulski/Shutterstock.com)

Die Beklagte hat dem Kläger im Rahmen des wirksam zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrages über die Wohnung 1. OG rechts Nr. 0 im Haus Cstraße in G für den Abrechnungszeitraum Kalenderjahr 2014 mit Nebenkostenabrechnung vom 10.08.2015 bei der Position Hauswart 98,59 Euro zu viel berechnet. Insoweit fehlt es an der Umlagefähigkeit der Kosten sowie dem Nachweis der die Kosten auslösenden Tätigkeiten.

Nach §§ 535 Abs. 1 Satz 3, 556 Abs. 1, Abs. 4 BGB hat der Mieter Betriebskosten zu tragen, wenn die Parteien eine entsprechende vertragliche Vereinbarung getroffen haben. Dabei genügt ein Verweis auf § 27 der II. BerechnungsVO. Ist die Umlage von Hauswart- oder Hausmeisterkosten vertraglich vereinbart, kommen als umlagefähige Kosten Aufwendungen für bestimmte Wartungs-, Reinigungs- und Pflegetätigkeiten eines Hausmeisters in Betracht. Zu den umlagefähigen Kosten gehören weiter die Kosten, die durch die Erfüllung von Aufgaben entstehen, die typischerweise von einem Hausmeister erledigt werden, wie etwa in den allgemein zugänglichen Räumen und auf den allgemein zugänglichen Flächen des Mietobjekts regelmäßig auch ohne besonderen Anlaß „nach dem Rechten“ zu sehen und für Sicherheit und Ordnung zu sorgen. Nicht zu den umlagefähigen Kosten gehören hingegen Aufwendungen, die der Instandhaltung und Instandsetzung dienen; denn sie dienen der Erhaltung der Mietsache, damit diese gebraucht werden kann. Kosten, die sich auf Tätigkeiten des Hausmeisters beziehen, die der Behebung von Mängeln dienen wie z.B. Reparaturen können demnach nicht umgelegt werden. Genauso können die Kosten, die auf von dem Hausmeister erbrachte Verwaltungsaufgaben entfallen, nicht umgelegt werden, also z.B. Tätigkeiten des Hausmeisters im Zusammenhang mit Verwaltungsarbeit oder der Aufsicht über von Dritten zu verrichtenden Tätigkeiten (BGH, NZM 2020, 457). Bei der Abrechnung von Hausmeisterkosten muss der Vermieter daher die auf die jeweiligen Leistungsanteile entfallenden Kosten bezeichnen. Es muss für den Mieter nachvollziehbar sein, ob Gegenstand der von ihm zu tragenden Kosten nur solche sind, die bei der Überwachung der des ordnungsgemäßen Zustandes des Mietobjektes angefallen sind oder solche die durch Instandhaltung und Verwaltung entstanden sind. Macht der Mieter einen Anspruch auf Erstattung von überzahlten Betriebskosten geltend, handelt es sich um einen auf der jeweiligen Betriebskostenvereinbarung iVm § 556 BGB beruhenden vertraglichen Anspruch auf Rückzahlung nicht verbrauchter Vorschüsse, so dass der Mieter nur darlegen und beweisen muss, dass er Vorschüsse geleistet hat, während der Vermieter darlegen und beweisen muss, dass seine Abrechnung ordnungsgemäß erfolgt ist, es sich insbesondere um umlagefähige Kosten handelt und dass diese Kosten soweit bestritten tatsächlich angefallen sind. Insoweit gilt dieselbe Verteilung der Darlegungs- und Beweislast wie bei der Klage des Vermieters auf Nachzahlung. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn der Mieter eine bereits geleistete Nachzahlung zurückfordern würde; denn dabei würde es sich um einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung nach § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB handeln.

Nach diesen Grundsätzen ist zunächst festzustellen, dass die von der Beklagten angesetzten Hauswartkosten nicht auf den Kläger umgelegt werden können, das sich eine Umlagefähigkeit nicht feststellen lässt. Die Beklagte hat in ihrer Abrechnung vom 10.08.2015 keine Differenzierung hinsichtlich Kosten der Hauswarttätigkeit in dem oben dargestellten Sinne vorgenommen. Es werden vielmehr pauschal 5.295,20 Euro für den Hauswart angesetzt. Abzüge für die im Rahmen der Hausmeistertätigkeit anfallenden Instandhaltungs- und Verwaltungstätigkeiten werden nicht vorgenommen. Es wird auch nicht dargelegt, dass sich die Gesamtkosten nur auf die umlagefähigen Positionen bezieht. Der Vortrag zu den von einzelnen Personen erbrachten Leistungen aufgrund der vorgelegten Leistungsnachweisen vermag diese fehlende Darlegung nicht zu kompensieren. Die Leistungsnachweise beschreiben lediglich die ausgeführten Tätigkeiten und die hierzu aufgewandten Stunden, aus ihnen lassen sich aber nicht die tatsächlich entstanden Kosten ableiten. Die Beklagte errechnet lediglich einen fiktiven Stundensatz, wenn sie die Gesamtkosten durch die in den Leistungsnachweisen erfassten Stunden teilt. Da die Beklagte aber ihre Kosten konkret abgerechnet hat, ist eine derartige fiktive Abrechnung unzulässig. Die Kosten von 5.295,20 Euro sind damit weiterhin nicht erläutert und belegt, so dass der Anspruch des Klägers bereits aus diesem Grunde begründet ist.

Aber selbst wenn man eine Umlagefähigkeit annehmen wollte, lässt sich nicht feststellen, dass – wie von der Beklagten behauptet – 375 umlagefähige Hausmeisterstunden im Abrechnungsjahr 2014 angefallen sind.

Das Gericht konnte sich auf der Grundlage der durchgeführten Beweisaufnahme hierzu nicht die notwendige Überzeugung verschaffen. Aus den vorgelegten Leistungsnachweisen ergibt sich kein Nachweis tatsächlich erbrachter Hausmeistertätigkeiten, da die Leistungsnachweise weder von den Leistungsausführenden noch von Mietern gegengezeichnet wurden. Der Zeuge in den Leistungsnachweisen genannte Zeuge R. hat bekundet, dass er im Abrechnungszeitraum 2014 nicht an dem Objekt Cstraße in G tätig war. Der Zeuge L hat bekundet, dass er für drei Monate als Vollzeithausmeister bei der Beklagten zu einem Festgehalt angestellt war, aber nicht nur für das Objekt Cstraße sondern für diverse Objekte der Beklagten. Am Objekt Cstraße hat er verschiedene Arbeiten ausgeführt, u.a. auch die Installationsarbeiten. An den genauen Zeitraum hat er keine Erinnerung mehr gehabt. Der Zeuge T hat bekundet, dass er 2014 bei der Beklagten eingestellt wurde, aber zunächst in O eingesetzt wurde, am Cstraße wurde er eher 2015 eingesetzt. Feste Zeiten gab es seinem Bekunden nach nicht. Der Zeuge hat weiter bekundet, dass dann später 2015, 2016 Wartungsarbeiten am Objekt ausgeführt wurden. Der Zeuge B hat in seiner schriftlichen Aussage bekundet, dass er von September 2014 bis September 2015 arbeitete, aber nicht in der Cstraße mit Ausnahme eines Umzuges. Die Aussagen der Zeugen sind glaubhaft. Die Zeugen sind nicht mehr für die Beklagte tätig, Zweifel an der Glaubwürdigkeit haben sich nicht ergeben. Die Aussagen stehen ganz überwiegend im Widerspruch zu den von der Beklagten vorgelegten Leistungsnachweisen. Mit Ausnahme des Zeugen L haben die Zeugen angegeben, in dem maßgeblichen Zeitraum 2014 nicht in der Cstraße gearbeitet zu haben. Der Zeuge L hingegen hat nicht auf Stundenbasis gearbeitet, sondern war fest angestellt, so dass eine Abrechnung auf Stundensatzbasis nicht möglich ist. Zudem hat der Zeuge auch von Tätigkeiten berichtet, deren Aufwand, da Instandsetzungen betreffend, nicht umlagefähig sind. Die Aussage der Zeugin P hingegen ist zwar glaubhaft aber unergiebig, da sie zu dem Stundenaufwand gemäß Leistungsnachweisen keine konkreten Angaben machen konnte. Die Beklagte hat damit den Beweis nicht geführt, dass umlagefähige Hausmeistertätigkeiten 2014 tatsächlich nicht angefallen sind.

Die Beklagte hat dem Kläger weiter für den Abrechnungszeitraum Kalenderjahr 2018 mit Nebenkostenabrechnung vom 30.04.2019 bei der Position Hauswart 215,19 Euro und bei der Position Gartenpflege 125,10 Euro, insgesamt 340,29 Euro zu viel berechnet.

Nach Maßgabe der oben dargestellten Grundsätze fehlt es auch für den Abrechnungszeitraum 2018 in Hinblick auf die Position Hauswart an der gebotenen Differenzierung zwischen umlagefähigen Überwachungstätigkeiten eines Hausmeisters zu den nicht umlagefähigen Tätigkeiten, die die Durchführung von Instandhaltungen und die reine Verwaltungsarbeit betreffen.

Eine solche Differenzierung ist der Nebenkostenabrechnung vom 30.04.2019 nicht zu entnehmen, vielmehr werden hier nur Gesamtkosten in Höhe von 11.557,32 Euro genannt. Abzüge werden insoweit nicht vorgenommen. Es wird auch schriftsätzlich nicht dargelegt, dass es sich bei den abgerechneten Kosten nur um umlagefähige Positionen handelt. Den Rechnungen der von der Beklagten beauftragten W GmbH Bl. 27 ff d.A. sind die durchgeführten Arbeiten nicht zu entnehmen, es wird hier auf ein Leistungsverzeichnis Bezug genommen, das nicht vorgelegt worden ist und zu dessen Inhalt auch nicht vorgetragen worden ist. Die weiter seitens der Beklagten vorgelegten Stundenzettel enthalten lediglich die von den Mitarbeitern erfassten Zeiten aber ebenfalls keine Tätigkeitsbeschreibungen. Der Verweis auf das Leistungsverzeichnis kann wie dargelegt ohne Vorlage desselben bzw. Vortrag zu ihm nicht nachvollzogen werden. Da es damit bereits an dem Nachweis der Umlagefähigkeit fehlt, kann dahinstehen, ob die in den Serviceaufträgen erfassten Stunde n tatsächlich angefallen sind.

Auch die Kosten für Gartenpflege können nicht anteilig auf den Kläger umgelegt werden. Zwar stellen sich Kosten für die Gartenpflege dem Grunde nach als umlagefähig dar; indes lässt sich vorliegend nicht feststellen, dass die von der Beklagten angesetzten Kosten dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprechen, so dass dem Kläger insoweit ein Schadenersatzanspruch gegen die Beklagte in Höhe der angesetzten 125,10 Euro zusteht.

Nach § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB hat der Vermieter bei den Betriebskosten das Gebot der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Danach dürfen nur solche Kosten umgelegt werden, die bei gewissenhafter Abwägung aller Umstände und bei ordentlicher Geschäftsführung gerechtfertigt sind. Maßgebend ist somit der Standpunkt eines vernünftigen Vermieters, der ein vertretbares Kosten-Nutzen-Verhältnis im Auge behält. Dabei steht dem Vermieter ein Entscheidungsspielraum zu. Er ist nicht gehalten, stets die billigste Lösung zu wählen, sondern darf andere für eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung relevante Kriterien mit in seine Entscheidungsfindung einbeziehen (BGH, NJW 2008, 440). Legt der Vermieter unter Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebotes gemäß § 556 Abs. 3 BGB Kosten auf den Mieter um, begeht er eine Pflichtverletzung, die einen Schadenersatzanspruch nach §§ 280, 281 BGB auslöst. Dabei hat der Mieter die Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebotes darzulegen und ggfs. zu beweisen, dass die abgerechneten Kosten objektiv nicht den Marktpreisen entsprechen. Der Vermieter muss sich sodann im Rahmen des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB exkulpieren, d.h. darlegen und beweisen, dass die Kosten bezogen auf seine individuelle Situation mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot im Einklang stehen, etwa weil aufgrund seiner besonderen Situation kostengünstigere Möglichkeiten nicht bestanden.

Der Kläger hat vorliegend zu den von der Beklagten für Gartenpflegearbeiten angesetzten Kosten substantiiert vorgetragen, dass diese zu hoch sind. Die Beklagte hat die Gartenpflegearbeiten an die W GmbH vergeben, die ihre Tätigkeiten der Beklagten in Rechnung stellt. Der Stundensatz beläuft sich auf 40,00 Euro bis 70,00 Euro, gestaltet sich aber nach Maßgabe der eingereichten Rechnungen nicht einheitlich. Der Kläger hat weiter substantiiert vorgetragen, dass derartige Stundesätze für Hilfskräfte überhöht sind. Weiter hat der Kläger substantiiert vorgetragen, dass es sich bei dem von der W GmbH eingesetzten Personal um fest angestellte Mitarbeiter der Beklagten handelt, so dass auch aus diesem Grunde die Stundensätze überhöht sind bzw. die Beklagte bezogen auf diese Personen nur die auf die jeweiligen umlagefähigen Tätigkeiten entfallenden Personalkosten hätte ansetzen können. Diesen konkret vorgetragenen Anhaltspunkten für einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot ist die Beklagte nicht entgegengetreten, so dass sie als zugestanden zu werten sind (§ 138 Abs. 1 ZPO). Dass die Beklagten diesen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht zu vertreten hat, hat die Beklagte nicht dargelegt. Insbesondere hat sie nicht zu den Anstellungsverhältnissen der Mitarbeiter vorgetragen, nicht erläutert wie sich der variable Stundensatz von 40,00 Euro bis 70,00 Euro erklärt. Sie hat auch nicht dargelegt, dass die von ihr gewählte Auslagerung der Gartenpflegearbeiten auf eine eigene Dienstleistungs GmbH sich in ihrer Situation als wirtschaftlicher erweist als eine Durchführung der Arbeiten mit dem eigenen Personal.

Der Zinsanspruch beruht auf den §§ 288, 291 BGB.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 92 Abs. 2 Nr. 1, 713 ZPO.

Streitwert: 442,88 Euro

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