Skip to content
Menü

Fahrradtransport durch das Treppenhaus eines Mietshauses – Unterlassungsanspruch

AG Hamburg-Altona – Az.: 318c C 1/19 – Urteil vom 05.07.2019

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 2.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung des Transports ihres Fahrrads durch das Treppenhaus in ihre Wohnung in Anspruch.

Zwischen den Parteien besteht für eine Wohnung in dem Mehrfamilienhaus … ein Mietverhältnis (Mietvertrag, Anlage K 1, Bl. 5 ff. d.A. mit zugehöriger Hausordnung, Bl. 16 d.A.). Die Beklagte trägt ihr Fahrrad regelmäßig durch das Treppenhaus in ihre Wohnung im 2. OG, um es dort unterzustellen. Bei dem Transport stieß die Beklagte mit ihrem Fahrrad gegen die Wand im Treppenhaus, das Treppengeländer, die Eingangstür zu ihrer Wohnung sowie den benachbarten Wandbereich und verursachte hierdurch deutlich sichtbare Beschädigungen.

Die Klägerin forderte vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten die Beklagte mit Schreiben vom 12.06.2017 auf, den Transport durch das Treppenhaus zu unterlassen (Anlage K4, Bl. 26 f.). Dem kam die Beklagte jedoch nicht nach.

Die Klage ist der Beklagten am 24.01.2019 zugestellt worden. Mit Verfügung vom 22.01.2019 hat das Gericht eine Frist von zwei Wochen zur Anzeige der Absicht der Verteidigung und von zwei weiteren Wochen zu Klagerwiderung gesetzt. Weder eine Verteidigungsanzeige noch eine Klagerwiderung ist bei Gericht eingegangen. Mit Verfügung vom 02.04.2019 hat das Gericht die Parteien zum Termin vom 21.06.2019 geladen. Die Ladung ist der Beklagten am 05.04.2019 zugestellt worden. Zum Termin ist sie nicht erschienen.

Die Klägerin beantragt, es der Beklagten zu untersagen, ihr Fahrrad durch das Treppenhaus des Hauses …, … Hamburg, bis zu ihrer im 2. OG links gemieteten Wohnung zu tragen, zu rollen oder in sonstiger Weise zu transportieren, sowie ein Versäumnisurteil zu erlassen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Trotz der Säumnis der Beklagten war nicht zu deren Lasten im Wege des Versäumnisurteils zu entscheiden. Die Klage ist vielmehr gem. § 331 Abs. 2 Hs. 2 ZPO abzuweisen, weil das tatsächliche Vorbringen der Klägerin den Klagantrag nicht rechtfertigt. Die Klage ist nicht schlüssig. Der Vortrag der Klägerin erfüllt nicht die Voraussetzungen der für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen.

Fahrradtransport durch das Treppenhaus eines Mietshauses - Unterlassungsanspruch
(Symbolfoto: Von Bykfa/Shutterstock.com)

Ein Anspruch auf Unterlassung gem. § 541 BGB scheidet aus. Hiernach kann der Vermieter auf Unterlassung klagen, wenn der Mieter einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache trotz einer Abmahnung des Vermieters fortsetzt. Der Transport des Fahrrads durch das Treppenhaus in die Wohnung der Mieterin stellt keinen vertragswidrigen Gebrauch dar. Im Allgemeinen ist die Vertragswidrigkeit aus Vertragsinhalt und Vertragszweck zu bestimmen. Primär ist hierbei auf die Vereinbarung der Parteien im Mietvertrag abzustellen (vgl. etwas AG Stuttgart, Urt. v. 01.04.2016 – 37 C 5953/15, juris Rn. 23). Soweit keine mietvertragliche Regelung vorhanden ist, ist im Wege der Vertragsauslegung zu klären, ob ein entsprechender Gebrauch der Mietsache zulässig ist. Dabei ist der hypothetische Parteiwille unter Berücksichtigung der Verkehrssitte und der Gebote von Treu und Glauben nach §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Hierbei ist auch auf die Ortsüblichkeit oder auf diejenige Betrachtungsweise abzustellen, die zum Zeitpunkt des zu bewertenden Gebrauchs allgemein üblich ist (MünchKommBGB/Bieber, 7. Aufl. 2016, § 541, Rn. 4). Nach diesen Grundsätzen ist der Transport des Fahrrads durch das Treppenhaus von der Klägerin zu dulden.

Aus dem Mietvertrag ergibt sich kein entsprechendes Verbot, das Fahrrad durch das Treppenhaus in die Wohnung zu transportieren. Vielmehr ist nach Ziff. II Nr. 3 der Hausordnung, auf die in § 28 des Mietvertrags verwiesen wird, lediglich das Unterstellen von benzinbetriebenen Zweirädern in den Mieträumen ohne vorherige Zustimmung des Vermieters untersagt. Das Unterstellen von Fahrrädern in der Wohnung – und damit zwangsläufig auch der Transport des Fahrrads in die Wohnung – bedarf jedenfalls nach der Regelung der Hausordnung nicht der vorherigen Zustimmung des Vermieters.

Auch nach dem hypothetischen Parteiwillen unter Berücksichtigung der Verkehrssitte und der Gebote von Treu und Glauben ergibt sich nicht, dass der Transport des Fahrrads in die Wohnung als vertragswidriger Gebrauch einzuordnen ist. Das Abstellen von Fahrrädern in der Wohnung gehören zum allgemeinen Gebrauch einer Mietwohnung. Die entsprechende Tätigkeit wird lediglich nicht vom Kernbereich der Mietnutzung umfasst (vgl. entsprechend für das Eigentum: LG München I, Urt. v. 23.11.2017 – 36 S 3100/17 WEG -, juris Rn. 23). Dem Mieter ist es nicht zumutbar, sich auf anmietbare Fahrradabstellplätze im Außenbereich verweisen zu lassen. Zunächst geht der Gebrauch dieser Plätze mit höheren Kosten für die Mieterin einher. Auch ist die Gefahr von Diebstählen oder Beschädigungen im Außenbereich größer. Hinzu kommt, dass das Fahrrad in dem nicht zu allen Seiten abgeschlossenen Überstand – anders als in der Wohnung – zu jeder Jahreszeit der Witterung ausgesetzt ist. Es ist auch gerade in Großstädten üblich, vor allem hochwertige Fahrräder in Mehrfamilienhäusern in der Wohnung abzustellen.

Hieraus folgt selbstverständlich nicht, dass es einem Mieter erlaubt ist, das Treppenhaus des Mehrfamilienhauses bei dem Transport zu beschädigen. Dies führt aber nicht dazu, dass die Handlung als solche – der Transport in die Wohnung – als vertragswidrig einzuordnen ist.

Ein Unterlassungsanspruch kann auch nicht auf § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB gestützt werden, da ein Unterlassungsanspruch in einem Mietverhältnis nur auf § 541 BGB und nicht auf § 1004 BGB gestützt werden kann (MünchKommBGB/Emmerich, Stand: 01.04.2019, § 541 Rn. 5).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11 ZPO.

 

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!