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Fassadengemälde – Umgestaltung der Wohnanlage

Kunst an der Fassade sorgte für heftigen Streit in einer Düsseldorfer Eigentümergemeinschaft. Ein einzelner Bewohner zog wegen eines großflächigen Wandgemäldes vor Gericht. Doch das Amtsgericht hat nun entschieden: Die umstrittene Streetart darf tatsächlich kommen.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 95b C 72/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Rechtsbereiche: Wohnungseigentumsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Sondereigentümer, der einen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft anfocht.
  • Beklagte: Die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG), deren Beschluss angefochten wurde.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Eine Wohnungseigentümergemeinschaft beschloss, die Fassade eines Hochhauses in der Anlage mit einem großflächigen Kunstwerk zu versehen. Der Kläger, ein Eigentümer in diesem Hochhaus, klagte gegen den Beschluss.
  • Kern des Rechtsstreits: War der Beschluss der WEG, die Anbringung des Fassadengemäldes zu genehmigen, rechtmäßig oder stellte er eine unzulässige, die Anlage grundlegend umgestaltende oder den Kläger unbillig benachteiligende Bauliche Veränderung dar?

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Amtsgericht Düsseldorf wies die Klage des Sondereigentümers ab. Der angefochtene Beschluss wurde nicht für ungültig erklärt.
  • Begründung: Das Gericht sah die Beschlusskompetenz der WEG gegeben. Die Veränderung der Fassade war eine bauliche Veränderung, stellte aber weder eine Grundlegende Umgestaltung der Gesamtanlage noch eine Unbillige Benachteiligung des Klägers dar. Der Beschluss war zudem nicht zu unbestimmt.
  • Folgen: Der angefochtene Beschluss der WEG behält seine Gültigkeit. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Fall vor Gericht


Fassadenkunst vor Gericht: Grünes Licht für Streetart-Gemälde an Düsseldorfer Hochhaus

Ein großflächiges Fassadengemälde an einem Hochhaus in Düsseldorf darf realisiert werden. Das hat das Amtsgericht Düsseldorf entschieden und damit die Klage eines Wohnungseigentümers abgewiesen, der sich gegen das Kunstprojekt gewehrt hatte. Im Zentrum des Streits stand die Frage, ob der Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) – das ist der Zusammenschluss aller Eigentümer einer Wohnanlage, die gemeinsam über das Gemeinschaftseigentum entscheiden – zur Genehmigung des Kunstwerks rechtmäßig war oder die Rechte einzelner Eigentümer verletzte.

Gruppe von Wohnungseigentümern vor frisch gestrichener Hochhausfassade mit Baugerüst, einer besorgt.
Wohnungseigentümer beschließen Streetart-Gemälde auf Hochhausfassade im Mehrfamilienhaus. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der Kläger, ein Sondereigentümer – das bedeutet, ihm gehört eine oder mehrere bestimmte Wohnungen innerhalb der Anlage, während andere Teile des Gebäudes wie Fassaden, Dach oder Treppenhäuser als Gemeinschaftseigentum allen Eigentümern gemeinsam gehören – sah in dem geplanten Kunstwerk eine unzulässige Veränderung der Wohnanlage und befürchtete diverse Nachteile. Das Gericht folgte seiner Argumentation jedoch nicht und befand, dass die geplante künstlerische Gestaltung weder die Anlage grundlegend umgestalte noch den klagenden Eigentümer unbillig benachteilige.

Der Fall im Detail: Streetart für die Z.-straße

Der Ausgangspunkt des Rechtsstreits war das geplante Kunstprojekt an einem Hochhaus in der Z.-straße in O., das Teil einer größeren Wohnungseigentümergemeinschaft ist. Eine etwa 600 Quadratmeter große Fassadenseite dieses Hochhauses, die zuletzt im Jahr 2022 einen hellen Anstrich erhalten hatte, sollte mit einem Fassadengemälde der international bekannten Streetart-Künstlerin G. gestaltet werden. Finanziert werden sollte das Projekt durch den Verein „U. Kunstraum O. – U..“ (UKW).

Am 15. Juli 2024 fassten die Wohnungseigentümer in ihrer Versammlung mehrheitlich den Beschluss, ihre Verwalterin zu ermächtigen, einen sogenannten Gestattungsvertrag mit dem Verein UKW abzuschließen. Dieser Vertrag sollte die rechtliche Grundlage für die Anbringung des Kunstwerks bilden. Den Eigentümern lagen vor der Abstimmung umfangreiche Informationen zum Projekt, zur Künstlerin und der Entwurf des Fassadenvertrags vor.

Im Protokoll der Versammlung wurde festgehalten, dass sich das Kunstwerk eng an den bekannten Stil und die Farbgebung der Künstlerin G. anlehnen und frei von diskriminierenden Inhalten sein werde. Um Interessierten Hintergrundinformationen zugänglich zu machen, ohne dass diese das Grundstück der WEG betreten müssen, war die Anbringung von zwei QR-Codes geplant: einer direkt am Kunstwerk und ein identischer zweiter Code an der Zuwegung zum Grundstück.

Für die Wohnungseigentümergemeinschaft sollten durch das Projekt keine Kosten entstehen. Die Ausführung der Arbeiten sollte von einem Architekturbüro überwacht und abgenommen werden, wobei hochwertige Farben verwendet werden sollten, die auch Algen- und Schimmelbefall vorbeugen.

Die grundsätzliche Idee war, dass das Gemälde möglichst lange, also mehr als zehn Jahre, an der Fassade verbleiben sollte. Allerdings sicherte sich die Eigentümergemeinschaft die Freiheit, nach Ablauf von fünf Jahren neu über die Fassadengestaltung zu entscheiden – dies schloss ausdrücklich auch die Möglichkeit ein, die Fassade zu überstreichen oder beispielsweise eine Wärmedämmung anzubringen. Der gefasste Beschluss enthielt spezifische Klarstellungen: die Entscheidungsfreiheit der WEG nach fünf Jahren (einschließlich der Option einer Dämmung), die Kostenfreiheit für die WEG, die Installation des zweiten QR-Codes an der Zuwegung und die Verwendung von Algen- und Schimmelbefall vorbeugenden Farben.

Die Argumente des klagenden Wohnungseigentümers gegen das Fassadenprojekt

Der Wohnungseigentümer, der die Klage einreichte, focht diesen Mehrheitsbeschluss der Eigentümerversammlung an. Er war der Auffassung, der WEG fehle die sogenannte Beschlusskompetenz für eine derartige Maßnahme. Unter Beschlusskompetenz versteht man die rechtliche Befugnis der Eigentümergemeinschaft, über eine bestimmte Angelegenheit überhaupt entscheiden zu dürfen.

Seiner Ansicht nach handelte es sich bei dem Fassadengemälde nicht um eine sogenannte privilegierte Maßnahme nach § 20 Absatz 2 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG). Solche privilegierten Maßnahmen sind bestimmte bauliche Veränderungen, die zum Beispiel der Barrierefreiheit, dem Einbruchschutz oder dem Laden von Elektrofahrzeugen dienen und von einzelnen Eigentümern unter erleichterten Bedingungen verlangt werden können. Auch sei die Maßnahme nicht von einem einzelnen Eigentümer gemäß § 20 Absatz 3 WEG verlangt worden, der spezielle Regelungen für solche Fälle vorsieht.

Stattdessen sah der klagende Eigentümer in dem Gemälde eine bauliche Veränderung, die nach § 20 Absatz 4 WEG unzulässig sei. Dieser Paragraph besagt, dass bauliche Veränderungen, die die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer ohne dessen Zustimmung unbillig benachteiligen, nicht beschlossen werden dürfen, selbst wenn eine Mehrheit dafür ist.

Der Kläger argumentierte, die Fassade werde von einer dezenten hellen Farbe in ein vollflächiges Kunstwerk verwandelt, dessen konkretes Aussehen zum Zeitpunkt des Beschlusses noch unbekannt war. Dies stelle eine grundlegende Umgestaltung dar.

Zudem befürchtete er eine Reihe konkreter Nachteile, die ihn unbillig benachteiligen würden:
Er sah die Gefahr, dass durch den QR-Code eine Vielzahl von Kunstinteressierten auf das Grundstück gelockt würde, trotz des geplanten zweiten QR-Codes außerhalb des Geländes.
Auch hatte er ästhetische Bedenken, da er vermutete, das Kunstwerk könne überwiegend in Schwarz-Weiß gehalten sein, was er persönlich als nachteilig empfand.

Weiterhin sorgte er sich um mögliche Kosten für einen Neuanstrich nach fünf Jahren, die seiner Meinung nach höher ausfallen könnten als bei einer hell gestrichenen Fläche

Er äußerte auch die Befürchtung, die Künstlerin könne minderwertige Farben verwenden.
Ein weiterer Kritikpunkt war, dass das Projekt seiner Ansicht nach nicht vom Stiftungszweck des finanzierenden Vereins gedeckt sei, und er sah die Gefahr, dass die Arbeiten aufgrund von Geldmangel unvollendet bleiben könnten.

Er meinte zudem, durch die Gestattung der Fassadenbemalung werde der Künstlerin faktisch ein Sondernutzungsrecht eingeräumt. Ein Sondernutzungsrecht ist das ausschließliche Recht eines Wohnungseigentümers oder eines Dritten, bestimmte Teile des Gemeinschaftseigentums – wie hier die Fassade – alleine zu nutzen, obwohl sie eigentlich allen Eigentümern gemeinsam gehören.

Schließlich hielt er den Beschluss für unbestimmt, da das konkrete Aussehen des Kunstwerks nicht festgelegt war und die Künstlerin sich laut den Informationen erst während des Arbeitsprozesses inspirieren lassen wolle.

Die Position der Wohnungseigentümergemeinschaft: Kunst als Bereicherung ohne unzumutbare Lasten

Die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft beantragte die Abweisung der Klage. Sie vertrat die Ansicht, dass das Aufbringen eines Gemäldes auf nur einer einzigen Wand eines Gebäudes keine grundlegende Umgestaltung der gesamten Wohnanlage darstelle. Auch werde der klagende Eigentümer dadurch nicht unbillig beeinträchtigt.

Die Beschlusskompetenz der WEG ergebe sich aus § 20 Absatz 1 WEG, der die allgemeine Zuständigkeit der Eigentümer für Maßnahmen der Verwaltung und bauliche Veränderungen regelt, sofern keine Ausschlussgründe vorliegen.

Der Beschluss sei auch hinreichend bestimmt. Die zu bemalende Fläche sei konkretisiert, es sei klar, dass der WEG keine Kosten entstehen, eine fachliche Begleitung und Abnahme der Arbeiten seien vorgesehen, und es gebe Anforderungen an die zu verwendenden Farben. Zudem sei der Stil der Künstlerin den Eigentümern bekannt.

Die im Beschluss genannte Fünf-Jahres-Frist sei lediglich eine Mindestdauer für den Verbleib des Kunstwerks und kein Hinweis auf eine zu erwartende schnelle Verwitterung. Etwaige Beeinträchtigungen durch Besucher seien durch die Installation des zweiten QR-Codes außerhalb des Grundstücks unwahrscheinlich.

Zur Untermauerung der Bedeutung des Projekts verwies die WEG darauf, dass der Oberbürgermeister die Relevanz des Objekts für das Kunstprojekt bestätigt habe. Ein Sondernutzungsrecht für die Künstlerin werde durch den Beschluss nicht begründet.

Das Urteil: Amtsgericht Düsseldorf weist Klage gegen Fassadenkunst ab

Das Amtsgericht Düsseldorf folgte der Argumentation der Wohnungseigentümergemeinschaft und wies die Klage des Sondereigentümers ab. Der angefochtene Beschluss der Eigentümerversammlung vom 15. Juli 2024 wurde weder für ungültig erklärt noch wurde seine Nichtigkeit festgestellt. Ein nichtiger Beschluss wäre von Anfang an rechtlich unwirksam, etwa bei sehr schweren Fehlern.

Die Kosten des Rechtsstreits muss der klagende Wohnungseigentümer tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, das heißt, es könnte bereits umgesetzt werden, wenn der Kläger eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages hinterlegt. Der Streitwert des Verfahrens wurde auf 10.540,07 Euro festgesetzt.

Die Begründung des Gerichts im Detail: Warum die Fassadenbemalung rechtens ist

Das Gericht begründete seine Entscheidung ausführlich. Zwar sei die Klage des Wohnungseigentümers zulässig gewesen, also formal korrekt eingereicht worden, in der Sache selbst sei sie jedoch unbegründet. Der Beschluss der Eigentümergemeinschaft zur Fassadenbemalung widerspreche nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung und sei auch nicht nichtig im Sinne des § 44 WEG. Ordnungsmäßige Verwaltung bedeutet, dass Entscheidungen der WEG im Interesse aller Eigentümer liegen, vernünftig sind und dem Gesetz entsprechen müssen.

Beschlusskompetenz der WEG für die Fassadengestaltung nach § 20 Abs. 1 WEG

Das Gericht bejahte zunächst die grundlegende Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft für die geplante Fassadengestaltung. Die Umgestaltung einer Fassade durch ein Gemälde stelle unzweifelhaft eine bauliche Veränderung im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes dar.

Entscheidend war für das Gericht, dass die Ausschlussgründe des § 20 Absatz 4 WEG nicht vorlagen. Dieser Paragraph verbietet Beschlüsse über bauliche Veränderungen, wenn diese die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einzelne Eigentümer ohne ihre Zustimmung unbillig benachteiligen.

Keine unbillige Benachteiligung des klagenden Eigentümers

Eine unbillige Benachteiligung des klagenden Wohnungseigentümers sah das Gericht nicht. Es verwies auf die Definition des Bundesgerichtshofs (BGH), wonach eine Benachteiligung dann unbillig ist, wenn die Maßnahme einem verständigen Wohnungseigentümer unter Berücksichtigung aller Umstände „in zumutbarer Weise nicht abverlangt werden“ kann. Die vom Kläger vorgebrachten Befürchtungen – etwa hinsichtlich möglicher Besucher, der Ästhetik des Kunstwerks oder zukünftiger Kosten – beträfen entweder alle oder zumindest eine nicht unerhebliche Anzahl weiterer Eigentümer und nicht ihn speziell und isoliert. Zudem, so das Gericht, erreichten diese Befürchtungen nicht das notwendige Ausmaß einer unzumutbaren Belastung.

Keine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage

Auch eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage konnte das Gericht nicht erkennen. Zwar verändere sich der optische Eindruck der betroffenen Fassadenseite durch das Gemälde erheblich. Dies allein genüge jedoch nicht, um von einer „grundlegenden“ Umgestaltung im juristischen Sinne zu sprechen. Entscheidend sei vielmehr, ob die Veränderung der gesamten Wohnanlage ein „neues Gepräge“ verleihe und das charakteristische Aussehen oder die besondere Eigenart der Anlage gravierend beeinträchtige.

Da die Wohnungseigentümergemeinschaft aus mehreren Gebäuden bestehe und das geplante Gemälde nur an einer einzigen Wand – der Schmalseite – eines dieser Gebäude angebracht werden solle, bleibe der optische Eindruck der Anlage aus den anderen drei Himmelsrichtungen sowie in Bezug auf die übrigen Gebäude unverändert. Das betroffene Hochhaus, so das Gericht, beziehe seine prägende Wirkung insbesondere aus seiner Höhe und seiner exponierten Lage. Diese charakteristischen Merkmale gingen durch das Fassadengemälde nicht verloren. Es liege zwar eine Umgestaltung vor, diese sei aber nicht „grundlegend“.

Da somit weder eine unbillige Benachteiligung noch eine grundlegende Umgestaltung vorlag, sah das Gericht die Beschlusskompetenz der Eigentümergemeinschaft gemäß § 20 Absatz 1 WEG als gegeben an.

Der Beschluss zur Fassadenkunst: Ausreichend bestimmt trotz unbekannten Motivs

Den Einwand des Klägers, der Beschluss sei rechtlich unbestimmt, weil das genaue Aussehen des Kunstwerks noch nicht feststehe, wies das Gericht ebenfalls zurück. Ein Beschluss muss zwar klar und verständlich sein, damit die Eigentümer wissen, worüber sie abstimmen und was die Konsequenzen sind.

Im vorliegenden Fall beschreibe der Beschluss jedoch ausreichend konkret die zu bemalende Fläche, den Kostenrahmen (nämlich kostenfrei für die WEG), den voraussichtlichen Arbeitsbeginn, die fachliche Begleitung und Abnahme der Arbeiten, die Anforderungen an die zu verwendenden Farben (Algen- und Schimmelbefall vorbeugend), die Mindestdauer des Verbleibs des Kunstwerks (fünf Jahre) und die Anbringung des zweiten QR-Codes.

Dass eine konkrete, detailgenaue Beschreibung des fertigen Kunstwerks fehle, führe nicht zur Unbestimmtheit des Beschlusses im Rechtssinne. Das Gericht führte hierzu aus, es gehöre „zum Wesen der Kunst“, dass das Ergebnis nicht immer bis ins letzte Detail vorhersehbar sei, besonders wenn die Künstlerin – wie hier – ihre Inspiration erst während des Schaffensprozesses gewinne.

Für die ausreichende Bestimmtheit des Beschlusses genüge es, dass unstreitig sei, dass die Künstlerin ihren Stil gefunden habe, sich das Werk „eng an Stil + Farbgebung anlehnen“ werde und diskriminierende Inhalte von vornherein ausgeschlossen seien. Das Gericht verwies in diesem Zusammenhang auch auf die Kunstfreiheit, die im Grundgesetz (Artikel 5 Absatz 3 GG) verankert ist. Diese strahle auch auf privatrechtliche Beziehungen aus und müsse bei der Beurteilung der Bestimmtheit eines solchen Beschlusses berücksichtigt werden, auch wenn sie hier von vornherein durch die berechtigten Interessen der Eigentümer (z.B. Ausschluss diskriminierender Inhalte) beschränkt sei.

Die Ermächtigung der Verwalterin zum Abschluss des Gestattungsvertrags sei ebenfalls zulässig, auch ohne dass ihr vom Beschluss detaillierte „Leitplanken“ für jede Einzelheit des Vertragsinhalts vorgegeben würden. Das Gericht bezog sich hier auf eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 5. Juli 2024, V ZR 241/23) und stellte fest, dass die Verwalterin im Rahmen des Vertragsabschlusses noch steuernd eingreifen könne.

Prüfung weiterer Einwände des Wohnungseigentümers: Kein Ermessensfehlgebrauch der WEG

Das Gericht betonte, dass es nicht seine Aufgabe sei, das Ermessen der Eigentümermehrheit durch sein eigenes zu ersetzen. Es prüfe lediglich, ob ein sogenannter Ermessensfehlgebrauch vorliege, also ob die Entscheidung der Mehrheit willkürlich, unsachlich oder grob unbillig war. Ein solcher Ermessensfehlgebrauch sei hier nicht erkennbar, da die Eigentümer vor der Beschlussfassung ausreichend über das Vorhaben informiert worden seien.

Die einzelnen weiteren Befürchtungen des klagenden Wohnungseigentümers wurden vom Gericht wie folgt bewertet:

  • Befürchtete Belästigungen durch Kunstinteressierte: Die Eigentümer seien über das mögliche Interesse an dem Kunstwerk und die Funktion der QR-Codes informiert gewesen. Sie hätten die Genehmigung des Projekts unter der Bedingung erteilt, dass ein zweiter QR-Code außerhalb des Grundstücks angebracht wird, um genau dieses Problem zu minimieren. Ein Ermessensdefizit oder -fehlgebrauch sei hier nicht feststellbar. Es bestehe zudem kein konkreter Anlass zu der Annahme, dass es zu erheblichen Beeinträchtigungen durch unbefugtes Betreten des Grundstücks kommen werde, da großflächige Kunstwerke typischerweise aus der Ferne betrachtet würden und der zweite QR-Code den Abruf von Informationen ohne Betreten des Grundstücks ermögliche.
  • Notwendigkeit und Kosten eines Neuanstrichs nach fünf Jahren: Diese Befürchtung sei unbegründet. Die im Beschluss genannte Frist von fünf Jahren stelle lediglich die Mindestverbleibenszeit des Kunstwerks dar, nicht die zu erwartende Haltbarkeit. Die Fassade sei erst 2022 frisch gestrichen worden, und es sei nicht nachvollziehbar, warum das neue Kunstwerk eine kürzere Lebensdauer haben sollte. Die Angst vor möglicherweise höheren Kosten bei einem späteren Überstreichen einer dunklen Fläche im Vergleich zu einer hellen sei spekulativ und führe nicht dazu, dass der Beschluss gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung verstoße. Die Gemeinschaft könne grundsätzlich auch teurere Maßnahmen beschließen, solange dabei kein fehlerhaftes Ermessen vorliege.
  • Verwendung minderwertiger Farbe oder mangelhafte Ausführung: Diese Befürchtung sei durch nichts belegt. Im Gegenteil: Die Beschlussfassung schreibe ausdrücklich die Verwendung von Algen- und Schimmelbefall vorbeugenden Farben vor. Zudem sei vorgesehen, dass ein Architekturbüro die Ausführung der Arbeiten begleitet und eine Endabnahme durchführt. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der Zustand der Fassade verschlechtern könnte.
  • Gefahr unvollendeter Arbeiten oder Finanzierungsprobleme: Dies stelle ein allgemeines Lebensrisiko dar, das bei vielen Projekten bestehe. Zudem habe ein Schreiben des Oberbürgermeisters klargestellt, dass das Objekt trotz seiner Lage außerhalb der Hauptachse des Kunstprojekts unter den Stiftungszweck des finanzierenden Vereins fallen dürfte, da hier „Ausnahmen“ möglich seien und das Projekt „Leuchtturm-Potenzial“ habe.
  • Einräumung eines Sondernutzungsrechts an die Künstlerin: Die Ansicht des Klägers, der Künstlerin werde durch die Gestattung der Fassadenbemalung ein Sondernutzungsrecht eingeräumt, sei rechtlich falsch. Die Wohnungseigentümergemeinschaft beauftrage die Künstlerin vielmehr, die Fassade kostenfrei zu gestalten. Im Gegenzug verpflichte sich die WEG, das Kunstwerk für mindestens fünf Jahre zu belassen. Es liege keine Nutzung der Fassade durch die Künstlerin selbst im Sinne eines Sondernutzungsrechts vor.
  • Ästhetische Bedenken: Die rein ästhetischen Bedenken des Klägers seien nicht hinreichend konkretisiert worden und könnten ohnehin keinen Ermessensfehler der Eigentümermehrheit begründen. Das Gericht sei nicht zur Kunstkritik berufen und habe nicht darüber zu befinden, ob ein Kunstwerk gefällt oder nicht, solange keine objektiven Beeinträchtigungen vorliegen.

Zusammenfassend konnte keines der vom klagenden Wohnungseigentümer vorgebrachten Argumente die Anfechtung des Beschlusses rechtfertigen. Eine Nichtigkeit des Beschlusses, die noch schwerwiegender wäre als eine bloße Anfechtbarkeit, lag nach Ansicht des Gerichts ebenfalls nicht vor.

Formale Entscheidungen zu Kosten und Vollstreckbarkeit

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits, die der unterlegene Kläger zu tragen hat, beruht auf § 91 der Zivilprozessordnung (ZPO). Die ZPO ist das Gesetzbuch, das die Regeln für Gerichtsverfahren in zivilrechtlichen Streitigkeiten, also Streitigkeiten zwischen Privatpersonen oder Unternehmen, festlegt. § 91 ZPO besagt vereinfacht, dass die unterliegende Partei die Kosten des Verfahrens trägt.

Die Regelung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils ergibt sich aus § 709 ZPO. Diese Vorschrift ermöglicht es, ein Urteil schon vor seiner Rechtskraft – also bevor keine Rechtsmittel mehr dagegen eingelegt werden können – durchzusetzen, meist gegen eine Sicherheitsleistung.

Die Festsetzung des Streitwerts erfolgte auf Grundlage von § 49 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Das GKG regelt die Höhe der Gebühren, die für Gerichtsverfahren und andere gerichtliche Tätigkeiten anfallen. Der Streitwert ist der in Geld ausgedrückte Wert des Gegenstands, über den gestritten wird, und bildet die Basis für die Berechnung der Gerichts- und Anwaltskosten.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil zeigt, dass Wohnungseigentümergemeinschaften künstlerische Fassadengestaltungen mehrheitlich beschließen können, solange diese keine „grundlegende Umgestaltung“ der Gesamtanlage darstellen oder einzelne Eigentümer „unbillig benachteiligen“. Besonders bemerkenswert ist die Anerkennung der Kunstfreiheit in diesem Kontext – das Gericht akzeptierte, dass bei Kunstprojekten nicht jedes Detail im Voraus festgelegt sein muss, sondern ein grundlegender Stilrahmen ausreicht. Für Wohnungseigentümergemeinschaften eröffnet diese Entscheidung Spielraum für kreative Gestaltungsmaßnahmen, solange diese ordnungsgemäß beschlossen werden und angemessene Vorkehrungen gegen mögliche Nachteile getroffen werden.

Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet es, wenn eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) über etwas beschließt?

Wenn Sie Teil einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) sind, teilen Sie sich mit anderen Eigentümern ein Gebäude oder eine Anlage. Bestimmte Bereiche, wie das Treppenhaus, das Dach, die Fassade oder der Garten, gehören allen gemeinsam – das ist das sogenannte Gemeinschaftseigentum. Aber auch die Finanzen der Gemeinschaft oder die Hausordnung betreffen alle.

Um diese gemeinsamen Angelegenheiten zu regeln, trifft sich die WEG regelmäßig, meist in der Eigentümerversammlung. Dort werden Themen besprochen, die das Gemeinschaftseigentum oder die Verwaltung betreffen. Am Ende der Diskussionen steht oft ein Beschluss.

Ein WEG-Beschluss ist also eine gemeinsame Entscheidung der Eigentümer über ein bestimmtes Thema, das die Gemeinschaft betrifft. Stellen Sie sich das wie eine Art „Abstimmung“ der Eigentümer vor.

Warum sind WEG-Beschlüsse wichtig?

Das Besondere an einem rechtmäßig gefassten WEG-Beschluss ist seine Bindungswirkung. Das bedeutet: Sobald ein Beschluss gefasst wurde, ist er grundsätzlich für alle aktuellen und zukünftigen Wohnungseigentümer verbindlich. Das gilt auch für Eigentümer, die bei der Versammlung nicht dabei waren oder gegen den Beschluss gestimmt haben.

Dieser Mechanismus stellt sicher, dass die Gemeinschaft handlungsfähig ist. Wenn zum Beispiel das Dach repariert werden muss, kann die Gemeinschaft darüber beschließen, die Kosten auf alle aufzuteilen, auch wenn einzelne Eigentümer anderer Meinung sind.

Wie kommen Beschlüsse zustande?

Beschlüsse werden in der Eigentümerversammlung durch Abstimmung gefasst. Wie viele Stimmen für einen Beschluss nötig sind, hängt vom Thema und von den Regeln in Ihrer Gemeinschaftsordnung oder im Gesetz ab.

  • Oft reicht eine einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Das bedeutet: Mehr „Ja“-Stimmen als „Nein“-Stimmen.
  • Für manche weitreichenden Entscheidungen, wie größere bauliche Veränderungen, kann eine qualifizierte Mehrheit oder sogar die Zustimmung aller Eigentümer nötig sein.

Die Ergebnisse der Abstimmungen werden in einem Protokoll festgehalten. Dieses Protokoll ist ein wichtiges Dokument, da es die gefassten Beschlüsse offiziell festhält.

Für Sie als Eigentümer bedeutet ein Beschluss, dass Sie sich an die darin festgelegten Regeln halten und ggf. die daraus entstehenden Pflichten (wie z.B. die Zahlung eines Beitrags für eine Reparatur) erfüllen müssen.


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Was ist der Unterschied zwischen Sonder- und Gemeinschaftseigentum und warum ist das wichtig?

Wenn Sie eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus besitzen, das einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) angehört, gehört Ihnen nicht das gesamte Gebäude. Stattdessen wird das Eigentum in zwei Hauptbereiche aufgeteilt: Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum. Diese Unterscheidung ist fundamental und hat große Auswirkungen auf Ihre Rechte, Pflichten und die Kostenverteilung.

Sondereigentum: Ihr persönlicher Bereich

Sondereigentum ist der Teil des Gebäudes, der Ihnen allein gehört und über den Sie grundsätzlich frei verfügen können. Stellen Sie sich das wie Ihre private Wohnung vor. Dazu gehören typischerweise:

  • Die Innenräume Ihrer Wohnung (Wände, Decken, Böden – aber nur die Oberflächen und der Estrich, nicht tragende Teile).
  • Fenster und Wohnungstüren (in der Regel die Innenseite und der Rahmen, aber die Außenseite gehört oft zum Gemeinschaftseigentum).
  • Nicht tragende Innenwände, Einbauten und Installationen innerhalb Ihrer Wohnung (z.B. Elektroleitungen, Wasserrohre bis zur Abzweigung im Gemeinschaftsbereich).
  • Zu Ihrer Wohnung gehörende Kellerräume, Dachböden oder Garagen, sofern sie im Teilungsvertrag als Sondereigentum ausgewiesen sind.

Über Ihr Sondereigentum können Sie grundsätzlich frei entscheiden, zum Beispiel die Wohnung renovieren oder die Wände streichen. Wichtig ist jedoch, dass Ihre Maßnahmen das Gemeinschaftseigentum oder das Sondereigentum anderer Eigentümer nicht beeinträchtigen dürfen.

Gemeinschaftseigentum: Was allen gehört

Gemeinschaftseigentum sind alle Teile des Gebäudes und Grundstücks, die nicht Sondereigentum sind. Es gehört allen Wohnungseigentümern gemeinsam. Dieses Eigentum dient der Gemeinschaft und ist für den Bestand und die Sicherheit des Gebäudes oder für den gemeinsamen Gebrauch unerlässlich. Dazu zählen typischerweise:

  • Das Grundstück, auf dem das Gebäude steht.
  • Das Fundament, tragende Wände, Decken zwischen den Stockwerken.
  • Das Dach und die Fassade.
  • Treppenhäuser, Flure, Eingangsbereiche und Gemeinschaftsräume (z.B. Waschküche).
  • Gemeinsame Versorgungsleitungen wie Heizungsrohre, Wasserleitungen, Stromkabel (bis zum Eintritt ins Sondereigentum) und die zentrale Heizungsanlage.
  • Aufzugsanlagen.
  • Fenster und Außentüren (oft die Außenseite).

Über das Gemeinschaftseigentum können Sie nicht allein entscheiden. Veränderungen, Instandhaltungen oder Reparaturen am Gemeinschaftseigentum werden von der Eigentümergemeinschaft gemeinsam verwaltet und beschlossen, meist in der Eigentümerversammlung mit Mehrheit. Die Kosten für das Gemeinschaftseigentum tragen alle Eigentümer gemeinsam, verteilt nach ihren jeweiligen Miteigentumsanteilen oder einem anderen in der Teilungserklärung festgelegten Maßstab.

Warum diese Unterscheidung wichtig ist

Die klare Unterscheidung zwischen Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum ist aus mehreren Gründen entscheidend:

  • Zuständigkeit für Instandhaltung und Instandsetzung: Wer ist für Reparaturen zuständig? Für Sondereigentum sind Sie selbst verantwortlich. Für Gemeinschaftseigentum ist die WEG zuständig, und die Kosten tragen alle.
  • Recht zur Veränderung: Können Sie einfach eine Wand versetzen oder ein Fenster austauschen? Im Sondereigentum ja (mit Einschränkungen), im Gemeinschaftseigentum nur mit Zustimmung der WEG.
  • Kostenverteilung: Welche Kosten müssen Sie allein tragen und welche werden auf alle Eigentümer umgelegt? Kosten für Ihr Sondereigentum tragen Sie allein; Kosten für das Gemeinschaftseigentum teilen sich alle Eigentümer.
  • Entscheidungsbefugnisse: Wer darf über welche Maßnahmen bestimmen? Über Ihr Sondereigentum entscheiden Sie (im Rahmen der Gesetze und der Teilungserklärung), über das Gemeinschaftseigentum entscheidet die Gemeinschaft.

Die genaue Abgrenzung zwischen Sonder- und Gemeinschaftseigentum ist im Wohnungseigentumsgesetz (WEG-Gesetz) und vor allem in der Teilungserklärung sowie einem zugehörigen Aufteilungsplan festgelegt. Diese Dokumente sind für jeden Eigentümer bindend und beantworten oft konkrete Fragen zur Zuordnung einzelner Bauteile. Das Verständnis dieser Unterscheidung hilft Ihnen zu wissen, welche Bereiche in Ihrer alleinigen Verantwortung liegen und bei welchen Entscheidungen und Kosten die gesamte Eigentümergemeinschaft betroffen ist.


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Unter welchen Voraussetzungen kann ein einzelner Wohnungseigentümer einen Beschluss der WEG anfechten?

Als einzelner Wohnungseigentümer haben Sie die Möglichkeit, einen Beschluss der Eigentümergemeinschaft (WEG) rechtlich anzufechten. Dies ist wichtig, wenn Sie der Meinung sind, dass ein Beschluss nicht korrekt zustande gekommen ist oder inhaltlich falsch ist.

Die Hauptvoraussetzungen für eine Anfechtung sind in der Regel, dass der Beschluss gegen Gesetze (insbesondere das Wohnungseigentumsgesetz), gegen die Gemeinschaftsordnung der WEG oder gegen die Grundsätze der ordnungsmäßigen Verwaltung verstößt.

  • Verstoß gegen Gesetze oder Gemeinschaftsordnung: Stellen Sie sich vor, ein Beschluss erlaubt etwas, das im Gesetz oder in Ihrer spezifischen Gemeinschaftsordnung ausdrücklich verboten ist. Oder er wurde gefasst, obwohl die erforderliche Mehrheit laut Gesetz oder Ordnung nicht erreicht wurde. In solchen Fällen kann der Beschluss fehlerhaft sein.
  • Verstoß gegen Grundsätze der ordnungsmäßigen Verwaltung: Dieser Punkt betrifft Beschlüsse, die zwar vielleicht nicht direkt gegen ein geschriebenes Verbot verstoßen, aber trotzdem nicht fair, nicht zweckmäßig oder nicht im besten Interesse der Gesamtheit aller Eigentümer sind. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Beschluss einen einzelnen Eigentümer ungerechtfertigt bevorzugt oder benachteiligt, oder wenn er wirtschaftlich unvernünftig ist und das Vermögen der Gemeinschaft gefährdet.

Wenn Sie einen Beschluss anfechten möchten, müssen Sie dies fristgerecht tun. Die Anfechtung erfolgt durch eine sogenannte Anfechtungsklage vor Gericht. Diese Klage muss innerhalb eines Monats nach der Versammlung, in der der Beschluss gefasst wurde, beim zuständigen Gericht eingereicht werden. Es ist eine sehr kurze Frist, die unbedingt beachtet werden muss. Nach Ablauf dieser Frist ist der Beschluss, selbst wenn er eigentlich fehlerhaft war, in der Regel gültig und kann nicht mehr angefochten werden (er wird „bestandskräftig“).


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Was bedeutet Beschlusskompetenz der WEG und wann fehlt sie?

Die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft (kurz: WEG) kann man sich wie einen festgelegten Aufgabenbereich vorstellen. Sie beschreibt, über welche Themen oder Sachverhalte die Eigentümer gemeinsam gültige Beschlüsse fassen dürfen. Stellen Sie sich die WEG wie ein kleines Unternehmen vor, das sich um das gemeinsame Gebäude kümmert. Dieses Unternehmen hat nur bestimmte Zuständigkeiten.

Grundsätzlich ist die WEG dafür zuständig, alles zu regeln, was das Gemeinschaftseigentum betrifft. Das ist der Teil des Eigentums, der allen gehört, wie das Treppenhaus, das Dach, die Außenwände oder der Garten. Auch bestimmte Verwaltungsaufgaben gehören dazu, wie das Aufstellen eines Wirtschaftsplans oder die Wahl eines Verwalters. Die Grundlage dafür findet sich im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) und in der sogenannten Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung. Diese Dokumente sind sehr wichtig, denn sie legen viele Regeln für das Zusammenleben und die Zuständigkeiten fest.

Die Beschlusskompetenz fehlt oder wird überschritten, wenn die WEG einen Beschluss fasst, der nicht in ihren Aufgabenbereich fällt. Das ist vor allem dann der Fall, wenn:

  1. In das Sondereigentum eingegriffen wird: Das Sondereigentum ist Ihr persönlicher Bereich, meist Ihre Wohnung selbst, mit Wänden, Böden und Decken (innen), sowie oft Keller und Balkon. Über Ihr Sondereigentum dürfen Sie grundsätzlich alleine bestimmen. Die WEG darf nicht einfach beschließen, dass Sie Ihre Wohnung in einer bestimmten Farbe streichen müssen oder ein bestimmtes Möbelstück entfernen sollen, es sei denn, dies ist in der Teilungserklärung geregelt oder es wirkt sich direkt auf das Gemeinschaftseigentum aus oder stört die anderen Eigentümer unzumutbar. Ein Beschluss, der unzulässig in Ihr Sondereigentum eingreift, ist in der Regel unwirksam.
  2. Gegen höherrangiges Recht verstoßen wird: Die Beschlüsse der WEG müssen sich an Gesetze halten, insbesondere das Wohnungseigentumsgesetz, aber auch andere Vorschriften wie Bauordnungen. Auch die Regelungen in der Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung sind für die WEG bindend. Ein Beschluss, der gegen ein Gesetz oder die Teilungserklärung verstößt, ist ebenfalls unwirksam.
  3. Eine grundlegende Angelegenheit ohne ausreichende Grundlage geregelt wird: Manchmal versucht die WEG, sehr weitreichende Entscheidungen zu treffen, die eigentlich eine Änderung der Teilungserklärung oder eine Vereinbarung aller Eigentümer erfordern würden, anstatt nur eines einfachen Beschlusses (der mit Mehrheit gefasst werden kann). Solche Entscheidungen können ebenfalls außerhalb der reinen Beschlusskompetenz liegen.

Für Sie als Eigentümer bedeutet das, dass nicht jeder Beschluss, der in einer Eigentümerversammlung gefasst wird, automatisch gültig ist. Es ist wichtig zu prüfen, ob die WEG überhaupt das Recht hatte, über das jeweilige Thema zu entscheiden. Liegt keine Beschlusskompetenz vor, kann der Beschluss rechtlich angefochten werden.


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Welche Rolle spielen ästhetische Veränderungen am Gemeinschaftseigentum (z.B. Fassadengestaltung) im Wohnungseigentumsrecht?

Ästhetische Veränderungen, wie eine neue Fassadengestaltung, betreffen Teile des Gebäudes, die allen Wohnungseigentümern gemeinsam gehören – das sogenannte Gemeinschaftseigentum. Für jede Veränderung am Gemeinschaftseigentum, die über die notwendige Instandhaltung hinausgeht, ist grundsätzlich ein Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft erforderlich.

Entscheidungen über ästhetische Veränderungen

Ob eine ästhetische Veränderung zulässig ist, hängt davon ab, wie die Eigentümergemeinschaft darüber entscheidet. Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) sieht für solche Maßnahmen, die das Aussehen verändern oder den Gebrauchswert erhöhen können (Modernisierung), typischerweise vor, dass darüber mit Mehrheit der abgegebenen Stimmen entschieden werden kann. Das bedeutet, nicht jeder Eigentümer muss zustimmen.

Grenzen für die Veränderungen

Auch wenn eine Mehrheit zustimmt, gibt es rechtliche Grenzen. Eine geplante ästhetische Veränderung darf nicht zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung einzelner Eigentümer führen. Eine Beeinträchtigung ist unzumutbar, wenn sie einem Eigentümer die Nutzung seiner Wohnung oder des Gemeinschaftseigentums erheblich erschwert oder unbillig benachteiligt, ohne dass dies durch die Maßnahme gerechtfertigt wäre. Stellen Sie sich vor, eine neue Fassadenfarbe würde das Licht in Ihrer Wohnung stark verändern oder ungewöhnliche Muster Ihre Sicht beeinträchtigen. Hier könnte eine unzumutbare Beeinträchtigung vorliegen.

Zudem darf die Veränderung nicht den Charakter der Wohnanlage grundlegend verändern. Das bedeutet, das Gesamtbild oder der Stil des Gebäudes sollte nicht so drastisch verändert werden, dass es kaum noch wiederzuerkennen ist oder nicht mehr zur Umgebung passt.

Kosten und Durchführung

Wird eine ästhetische Veränderung am Gemeinschaftseigentum beschlossen, tragen die Kosten dafür in der Regel alle Wohnungseigentümer gemeinsam nach ihrem jeweiligen Miteigentumsanteil. Die Durchführung und Beauftragung von Handwerkern obliegt dann der Wohnungseigentümergemeinschaft, oft vertreten durch die Hausverwaltung.

Für Sie als Wohnungseigentümer bedeutet das: Veränderungen am Aussehen des gemeinsamen Gebäudes sind möglich und werden von der Gemeinschaft beschlossen. Dabei müssen aber die Rechte jedes Einzelnen und das Gesamtbild des Hauses berücksichtigt werden.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Beschlusskompetenz

Beschlusskompetenz bezeichnet die rechtliche Fähigkeit einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG), über bestimmte Angelegenheiten gültige Beschlüsse zu fassen. Sie ist begrenzt auf Themen, die das Gemeinschaftseigentum oder gemeinschaftliche Verwaltung betreffen, wie es im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) geregelt ist. Fehlt diese Kompetenz, ist der gefasste Beschluss rechtlich unwirksam, etwa wenn in das Sondereigentum ohne Grundlage eingegriffen wird. Im vorliegenden Fall stritt das Gericht darüber, ob die WEG berechtigt war, die Fassadenbemalung zu genehmigen.

Beispiel: Wenn die WEG beschließen würde, dass ein einzelner Eigentümer seine Wohnung nicht mehr streichen darf, obwohl dies sein Sondereigentum betrifft, fehlt der WEG hierfür die Beschlusskompetenz.


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Bauliche Veränderung

Eine bauliche Veränderung liegt vor, wenn an einem Gebäude oder dessen gemeinschaftlichen Teilen bauliche Maßnahmen wie Umbauten, Anstriche oder Fassadengestaltungen vorgenommen werden, die über die einfache Instandhaltung hinausgehen. Nach § 20 WEG müssen bauliche Veränderungen von der WEG beschlossen werden, wobei besondere Vorschriften zu beachten sind, etwa dass grundlegende Umgestaltungen oder unzumutbare Beeinträchtigungen einzelner Eigentümer unzulässig sind. Die Fassadenbemalung im Fall wurde als bauliche Veränderung beurteilt.

Beispiel: Ein neuer Anstrich der Fassade, der das Aussehen erheblich verändert, stellt eine bauliche Veränderung dar, während das Nachstreichen der gleichen Farbe zur Instandhaltung zählt.


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Unbillige Benachteiligung

Unbillige Benachteiligung bedeutet eine ungerechtfertigte und übermäßige Beeinträchtigung eines Wohnungseigentümers durch einen WEG-Beschluss, der ihm deutlich mehr Nachteile bringt als anderen Eigentümern, ohne dass ein sachlicher Grund hierfür besteht. Das Bundesgericht hat klargestellt, dass eine Benachteiligung nur dann unbillig ist, wenn sie einem verständigen Eigentümer nicht zumutbar ist. Im Streitfall verneinte das Gericht eine solche Benachteiligung, da die Nachteile allgemein oder nicht schwerwiegend genug waren.

Beispiel: Wenn eine Fassadenveränderung dazu führt, dass bei einem Eigentümer das Fenster nicht mehr richtig geöffnet werden kann, während andere davon nicht betroffen sind, könnte dies unbillig sein.


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Grundlegende Umgestaltung

Eine grundlegende Umgestaltung liegt vor, wenn sich durch eine bauliche Veränderung das Erscheinungsbild oder der Charakter der gesamten Wohnanlage wesentlich und dauerhaft verändert. Dies darf nach § 20 Abs. 4 WEG nicht ohne Zustimmung aller Eigentümer beschlossen werden, da es die Interessen einzelner schwerwiegend beeinträchtigen kann. Im vorliegenden Fall stellte das Gericht fest, dass die Fassadenbemalung zwar eine Veränderung ist, die das Gebäude optisch beeinflusst, jedoch keine grundlegende Umgestaltung der gesamten Anlage darstellt.

Beispiel: Das vollständige Verändern des Fassadenstils aller Wohnhäuser einer Anlage wäre eine grundlegende Umgestaltung, während das Bemalen nur einer Wand dies nicht ist.


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Sondernutzungsrecht

Ein Sondernutzungsrecht ist das ausschließliche Recht einer Person oder eines Eigentümers, bestimmte Teile des Gemeinschaftseigentums allein zu nutzen. Es wird in der Regel durch Vereinbarung oder Beschluss begründet und muss den anderen Eigentümern zugänglich gemacht werden. Im Streitfall befürchtete der Kläger, der Künstlerin werde ein Sondernutzungsrecht an der Fassade eingeräumt, was das Gericht jedoch verneinte, da die Nutzung durch die Künstlerin nur zeitlich begrenzt und nicht als alleiniges Nutzungsrecht angesehen wurde.

Beispiel: Wenn einem Eigentümer das alleinige Recht eingeräumt wird, einen bestimmten Pkw-Stellplatz oder einen Gartenabschnitt exklusiv zu nutzen, liegt ein Sondernutzungsrecht vor.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 20 Absatz 1 Wohnungseumsgesetz (WEG): Regelt die allgemeine Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft für bauliche Veränderungen und Maßnahmen der Verwaltung am Gemeinschaftseigentum. Hierdurch können Maßnahmen beschlossen werden, sofern keine speziellen Ausschlussgründe entgegenstehen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht bejahte die Beschlusskompetenz für die Fassadenbemalung als bauliche Veränderung, da keine Ausschlussgründe vorlagen und der Beschluss eine zulässige Entscheidung über das Gemeinschaftseigentum darstellt.
  • § 20 Absatz 4 WEG: Verbietet bauliche Veränderungen, die die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einzelne Eigentümer ohne ihre Zustimmung unbillig benachteiligen, selbst wenn eine Mehrheit die Maßnahme beschließt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht stellte fest, dass weder eine grundlegende Umgestaltung der gesamten Wohnanlage noch eine unbillige Benachteiligung des klagenden Eigentümers vorliegt, weshalb der Beschluss nicht gegen diesen Ausschlussgrund verstößt.
  • § 44 WEG: Definiert die Nichtigkeit von Beschlüssen der Eigentümerversammlung, wenn diese gegen zwingende Vorschriften verstoßen oder schwerwiegende Fehler aufweisen, die von Anfang an zur Rechtlosigkeit der Entscheidung führen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Amtsgericht verneinte die Nichtigkeit des Beschlusses, da keine schwerwiegenden Gesetzesverstöße oder formale Fehler vorlagen, die eine sofortige Unwirksamkeit begründen würden.
  • Artikel 5 Absatz 3 Grundgesetz (GG) – Kunstfreiheit: Gewährleistet die Freiheit der Kunst, die auch auf privatrechtliche Gemeinschaftsverhältnisse ausstrahlt, wobei Einschränkungen nur durch berechtigte Interessen zulässig sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht berücksichtigte die Kunstfreiheit als Grundrecht bei der Bewertung der Bestimmtheit des Beschlusses und hielt die Unbestimmtheit wegen künstlerischer Freiheit für zulässig, solange diskriminierende Inhalte ausgeschlossen sind.
  • § 91 Zivilprozessordnung (ZPO): Regelt die Kostenverteilung im Zivilprozess, nach der die unterliegende Partei die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, sofern das Gericht nichts anderes bestimmt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klage wurde abgewiesen, weshalb der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.
  • § 709 ZPO: Ermöglicht die vorläufige Vollstreckbarkeit von Urteilen, die noch nicht rechtskräftig sind, in der Regel gegen Sicherheitsleistung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, was der Beklagten ermöglicht, die Umsetzung der Fassadenkunst bereits vor Ablauf der Rechtsmittelfrist durchzusetzen.
  • § 49 Gerichtskostengesetz (GKG): Bestimmt die Grundlage für die Berechnung der Gerichtskosten anhand des Streitwerts. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Festsetzung des Streitwerts erlaubte die Erhebung der konkreten Verfahrenskosten, die der unterlegene Kläger zu tragen hat.

Das vorliegende Urteil


AG Düsseldorf – Az.: 95b C 72/24 – Urteil vom 12.12.2024


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