AG Erfurt, Az.: 2 C (WEG) 12/13, Urteil vom 07.07.2015
1. Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 23.02.2013 unter den Tagesordnungspunkten 3 (Jahresabrechnung 2011/2012) und 4 (Entlastung der Hausverwaltung) werden für ungültig erklärt.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Beklagten.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 % vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Kläger sind Eigentümer einer Wohnung der Wohnungseigentümergemeinschaft F. in Erfurt. In der Eigentümerversammlung vom 23.02.2013 fasste die Wohnungseigentümergemeinschaft den Beschluss zur Jahresabrechnung 2011/2012 (bezüglich der Einzelheiten der Jahresabrechnung wird auf Anlage „K1“, Bl. 11-13 d. A., Bezug genommen).
Die Kläger sind der Auffassung, die Jahresabrechnung 2011/2012 entspreche nicht den gesetzlichen Vorschriften und sei deshalb für ungültig zu erklären. Aufgrund dessen könne auch der Hausverwaltung keine Entlastung erteilt werden. Sie behaupten, Angaben zu den tatsächlichen Einnahmen, welche im Abrechnungszeitraum angefallen seien, würden gänzlich fehlen. Auch hinsichtlich der Gesamteinnahmen seien keine Angaben vorhanden. Angaben bezüglich des Anfangs- und Endbestandes hinsichtlich des normalen WEG-Hausgeldkontos sei nicht vorhanden. Die Position Instandhaltungsrücklage sei als Ausgabe gebucht. Dies sei nicht zulässig. Darüber hinaus entspreche der Abrechnungszeitraum nicht den gesetzlichen Vorschriften.
Die Kläger beantragen, wie zuerkannt.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die von der Klägerseite angefochtenen Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 3 und 4 waren für ungültig zu erklären, da insbesondere der Tagesordnungspunkt 3 die Jahresabrechnung für 2011/2012 an nicht unerheblichen Mängeln leidet. Grundsätzlich muss die Jahresabrechnung eine geordnete übersichtliche inhaltlich zutreffende Aufstellung sämtlicher Einnahmen und Ausgaben für das betreffende Wirtschaftsjahr enthalten. Neben der Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben muss die Jahresabrechnung auch Angaben über die Höhe der gebildeten Rücklagen und die Kontostände auf den Gemeinschaftskonten am Anfang und Ende des Abrechnungszeitraumes enthalten. Zwar sind in der Abrechnung die Ausgaben aufgeführt und auch die Einnahmen hinsichtlich der Rücklage, Instandhaltungsrücklage und Kellermiete R. Aus Gründen besserer Übersichtlichkeit können die eingegangenen Vorschüsse auch in einer gesonderten Kontoübersicht, wie vorliegend geschehen, ausgewiesen werden, die dann als Bestandteil der Gesamtabrechnung Beschlussgegenstand sein muss. Vorliegend ist jedoch versäumt worden, sämtliche Kontostände auf den Gemeinschaftskonten mit Anfang- und Endbestand darzustellen. Dies betrifft insbesondere das WEG-Hausgeldkonto. Darüber hinaus wurde fälschlicherweise die Instandhaltungsrücklage als Ausgabe gebucht. Zahlungen der Wohnungseigentümer, die für die Instandhaltungsrückstellung vorgesehen sind, sind in der Abrechnung grundsätzlich als Einnahmen auszuweisen. Werden sie intern auf einem Sonderkonto für die Instandhaltungsrücklage verbucht, so bedeutet dies mangels tatsächlichen Abflusses keine Ausgabe, so dass die Umbuchungen nicht in die Abrechnung als Ausgabe aufgenommen werden darf (vgl. hierzu Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 11. Auflage, § 28 RN 72). Letztlich ist auch der gesetzlich vorgesehene Abrechnungszeitraum nach § 28 Abs. 3 WEG nicht eingehalten worden. Grundsätzlich hat der Verwalter nach Ablauf des Kalenderjahres eine Abrechnung aufzustellen. Die vorliegende Jahresabrechnung betrifft weder das ganze Kalenderjahr 2011 noch das ganze Kalenderjahr 2012, vielmehr den Abrechnungszeitraum vom 01.06.2011 bis 31.05.2012. Die gesetzliche Regelung, dass nach Ablauf des Kalenderjahres abzurechnen ist, ist vorliegend durch die Wohnungseigentümer nicht wirksam abbedungen worden. Soweit von Beklagtenseite hierzu vorgetragen wird, dass bereits in der ersten Eigentümerversammlung der Wohnanlage am 22.02.1997 erklärt wurde, dass keine Einwände bestehen, den Abrechnungszeitraum für die Nebenkosten in den Sommermonaten beginnen zu lassen, so ist diese von den Wohnungseigentümern abgegebene Erklärung nicht geeignet, die gesetzliche Regelung wirksam zu ersetzen, da dies nur durch eine konkrete Vereinbarung der Wohnungseigentümer geschehen kann. Eine solche Vereinbarung liegt aber nicht vor. Zwar kann grundsätzlich die Berufung auf eine unzulässige Abweichung der Jahresabrechnung vom Kalenderjahr nach § 242 BGB unzulässig sein, wenn eine entsprechende langjährige Übung besteht. Dies muss sich die Klägerseite aber nicht entgegenhalten lassen, da die Kläger das Eigentum erst zum 01.09.2011 erworben haben und damit an der ständigen Übung zuvor keine Teilhabe hatten.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 709 ZPO.