Skip to content
Menü

Formelle Unwirksamkeit einer Nebenkostenabrechnung

LG Köln – Az.: 6 S 237/18 – Urteil vom 04.07.2019

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 15.11.2018 – Az. 221 C 256/18 – unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung zu einem geringer Teil abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an die Beklagten als Gesamtgläubiger einen Betrag von 1.274,55 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.08.2018 zu zahlen. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 73 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 27 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird in beschränktem Umfang zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger war Mieter, die Beklagten als Erbengemeinschaft Vermieter einer Wohnung im Hause Q in Köln. Nachdem das Mietverhältnis zunächst am 31.06.2017 endete, schlossen der Kläger und die Beklagten am 15.11.2016 einen gerichtlichen Räumungsvergleich, in dem sich der Kläger unter anderem zur Räumung bis zum 30.04.2017 verpflichtete (Bl. 52R). Am 27.04.2017 bat der Kläger in einem an den Beklagten zu 4) gerichteten Schreiben um Fortsetzung des Mietverhältnisses (Bl. 55). Der Beklagte zu 4) antwortete mit Schreiben vom 28.04.2017 und bot an, unter bestimmten Voraussetzungen auf die Räumung der Wohnung bis zum 01.07.2017 zu verzichten. Bedingung hierfür war unter anderem, dass der Kläger ausstehende Strom- und Wasserrechnungen aus dem Zeitraum 2015 bis 2017 in Höhe von 1.588,46 EUR zahlen sollte (Bl. 56). Der Kläger antwortete dem Beklagten zu 4) mit Schreiben vom 03.05.2017 und akzeptierte darin das unterbreitete Angebot (Bl. 57). Der Kläger zog schließlich Anfang Juli 2017 aus, zahlte jedoch nicht die Strom- und Wasserrechnungen. Auch auf die „Schlussabrechnung“ vom 04.07.2018 für Wasser und Strom in Höhe von 365,44 EUR zahlte der Kläger nicht.

Im vorliegenden Verfahren fordert der Kläger die Rückzahlung seiner geleisteten Kaution nebst Zinsguthaben in Höhe von insgesamt 378,91 EUR. Die Beklagten haben die Aufrechnung mit Gegenansprüchen aus der Vereinbarung von April/Mai 2017 erklärt. Den überschießenden Betrag, den Betrag aus der „Schlussabrechnung“ sowie Räumungskosten haben die Beklagten widerklagend geltend gemacht.

formelle Unwirksamkeit einer Nebenkostenabrechnung
(Symbolfoto: fizkes/Shutterstock.com)

Mit Urteil vom 15.11.2018, auf das zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes verwiesen wird, hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen sowie der Widerklage überwiegend stattgegeben. Das Kautionsguthaben sei durch Aufrechnung mit Gegenansprüchen aus der Vereinbarung von April/Mai 2017 erloschen. Die Parteien hätten insoweit einen umfassenden außergerichtlichen Vergleich geschlossen und damit auch die Ansprüche der Beklagten auf Nachzahlung von Strom- und Wasserrechnungen aus dem Zeitraum vn 2015 bis 2017 dem Streit entzogen. Soweit der Kläger meine, die zugrunde liegenden Abrechnungen seien formell unwirksam, dringe er damit nicht durch, nachdem er sich im Vergleichswege zur Zahlung der entsprechenden Beträge verpflichtet habe. Die Vereinbarung sei auch mit Wirkung für und gegen sämtliche Beklagte in ihrer Eigenschaft als Erbengemeinschaft zustande gekommen. Selbst wenn der Beklagte zu 4) nicht über die erforderliche Vertretungsmacht verfügt hätte, hätten die Beklagten den schwebend unwirksamen Vertrag spätestens durch ihren Vortrag aus der Klageerwiderung, wonach der Kläger „das von den Beklagten unterbreitete Angebot“ angenommen habe, genehmigt. Die Widerklage hat das Amtsgericht hinsichtlich der Räumungskosten als unzulässig verworfen und ihr im Übrigen überwiegend stattgegeben. Die „Schlussabrechnung“ vom 04.07.2018 sei hinsichtlich der darin enthaltenen „Umlage“-Positionen formell unwirksam und entsprechend zu kürzen. Im Übrigen begegne die Abrechnung jedoch keinen formellen Bedenken. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Der Beklagte zu 4) sei nicht befugt gewesen, für die übrigen Beklagten zu handeln und die Vereinbarung von April/Mai 2017 abzuschließen. Eine Genehmigung durch die übrigen Beklagten im Prozess sei jedenfalls zu spät. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung habe eine Genehmigung auch noch nicht vorgelegen. Da die Abrechnungen über die Strom- und Wasserkosten aus den Jahren 2015 bis 2017 formell unwirksam gewesen seien, habe der Kläger diese auch nicht rechtswirksam anerkennen können. Auch die „Schlussabrechnung“ vom 04.07.2018 sei formell unwirksam. Dies gelte insbesondere für die darin enthaltene Position „Wassergeld“.

Der Kläger beantragt, das am 15.11.2018 verkündete Urteil des Amtsgerichts Köln (Az. 221 C 256/18) abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 378,91 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2018 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 83,54 zu zahlen, und die Widerklage insgesamt abzuweisen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das amtsgerichtliche Urteil.

II.

Die zulässige Berufung hat nur zu einem geringen Teil Erfolg.

1. Hinsichtlich des mit der Klage verfolgten Anspruchs auf Kautionsrückzahlung ist die Berufung unbegründet. Das angegriffene Urteil beruht insoweit weder auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO) noch rechtfertigen die in der Berufungsinstanz zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§§ 513 Abs. 1, 529 ZPO).

a) Zu Recht hat das Amtsgericht die Klage auf Kautionsrückzahlung mit der Begründung abgewiesen, dass der Anspruch infolge Aufrechnung gemäß §§ 387, 389 BGB erloschen ist. Es wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die ausführlichen und zutreffenden Gründe des amtsgerichtlichen Urteils vom 15.11.2018 verwiesen, welchen im Ergebnis gefolgt werden kann. Die Angriffe der Berufung rechtfertigen keine andere Beurteilung, sondern bieten lediglich Anlass zu folgenden ergänzenden Ausführungen:

aa) Zu Recht ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagten aus der mit dem Kläger Ende April/Anfang Mai 2017 geschlossenen Vereinbarung die Zahlung von Strom- und Wasserkosten in Höhe von 1.588,46 EUR beanspruchen können, wobei die Beklagten hiervon lediglich einen Teilbetrag in Höhe des Kautionsguthabens (378,91 EUR) zur Aufrechnung stellen.

Die Parteien haben einen außergerichtlichen Vergleich geschlossen, in welchem sich die Beklagten zum Zuwarten mit der Räumungsvollstreckung verpflichtet haben und der Kläger wiederum die Zahlung der Strom- und Wasserkosten für 2015 bis 2017 zugesagt hat. Auch wenn die Abrechnungen formell unwirksam gewesen sein sollten, ist dieser Einwand jedenfalls mit Abschluss der Vereinbarung dem Streit entzogen worden, so dass sich der Kläger nun nicht mehr darauf berufen kann.

Frei von Beanstandungen sind auch die Ausführungen des Amtsgerichts zur Vertretung der Beklagten durch den Beklagten zu 4). Der Vertrag ist jedenfalls während des Rechtsstreits durch die Beklagten genehmigt und damit nach § 177 BGB wirksam geworden. Anders als der Kläger meint, kommt es auf den Zeitpunkt der Genehmigung nicht an. Der Kläger, der von fehlender Vertretungsmacht des Beklagten zu 4) ausgeht, hätte es selbst in der Hand gehabt, die Beklagten nach § 177 Abs. 2 S. 1 BGB zur Erklärung über die Genehmigung aufzufordern, um die schwebende Unwirksamkeit der Vereinbarung zu beenden.

bb) Der Aufrechnung durch die Beklagten steht im vorliegenden Fall auch kein Aufrechnungsverbot entgegen. Das Befriedigungsverbot, aus dem grundsätzlich auch nach Beendigung des Mietverhältnisses ein Aufrechnungsverbot des Vermieters hinsichtlich streitiger und nicht rechtskräftig festgestellter Forderungen folgen dürfte, gilt nach Überzeugung der Kammer jedenfalls nicht in der zur Entscheidung vorliegenden Konstellation, in welcher die vom Vermieter (auch) prozessual zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung die Kautionsrückzahlungsforderung summenmäßig übersteigt und der überschießende Teil der Gegenforderung vom Vermieter zugleich im Wege der Widerklage geltend gemacht wird.

Zwar ist anerkannt und unterliegt – soweit ersichtlich – in Rechtsprechung und Literatur keinem Streit, dass sich der Vermieter während des laufenden Mietverhältnisses nur dann aus der Kaution bedienen darf, wenn die von ihm erhobene Gegenforderung rechtskräftig festgestellt, unstreitig oder offensichtlich begründet ist. Streitig ist hingegen, ob die vorerwähnte Beschränkung auch nach Beendigung des Mietverhältnisses fort gilt. Der Bundesgerichtshof hat die Frage bislang ausdrücklich offen gelassen (BGH, Urt. v. 07.05.2014 – VIII ZR 234/13, NJW 2014, 2496 Rn. 13; dazu auch Emmerich, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2018, § 551 Rn. 31). Die Frage wird indes in Literatur und instanzgerichtlicher Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet:

(1) Nach einer Auffassung habe die Kaution nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht nur Sicherungs-, sondern auch Verwertungsfunktion, weshalb der Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses auch mit streitigen Gegenforderungen auf die Kaution zugreifen dürfe (KG, Urt. v. 09.09.2013 – 8 U 254/12, BeckRS 2013, 18882; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 18.08.2008 – 8 W 34/08, NJW-RR 2009, 514; LG Potsdam, Urt. v. 21.06.2007 – 11 S 192/06, BeckRS 2008, 2455 Rn. 8; LG Berlin, Beschl. v. 15.01.2007 – 62 T 5/07, BeckRS 2007, 6750 Rn. 4; LG Hamburg, Urt. v. 29.11.2016 – 316 O 247/16, BeckRS 2016, 116013 Rn. 11; AG Brandenburg, Urt. v. 22.06.2017 – 31 C 112/16, NJOZ 2018, 857, 859 Rn. 19; AG Dresden, Urt. v. 06.10.2005 – 140 C 7205/05, BeckRS 2005, 18784). Gerade wenn die Kaution ihren Zweck erfüllen solle, dem Vermieter – nach Beendigung des Mietverhältnisses – die Möglichkeit zu geben, sich wegen noch bestehender Ansprüche auf einfache Weise befriedigen zu können, müsse ihm die Kaution als Instrument zur schnellen Durchsetzung seiner Ansprüche zur Verfügung stehen. Dieser Zweck würde vereitelt, wenn der Vermieter zunächst die Klärung streitiger Ansprüche in einem Rechtsstreit herbeiführen müsste (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 18.08.2008 – 8 W 34/08, NJW-RR 2009, 514 m.w.N.).

(2) Nach einer anderen Auffassung sei die Mietsicherheit auch nach Beendigung des Mietverhältnisses nur ein Sicherungs- und kein Befriedigungsmittel für den Vermieter, so dass ein Aufrechnungsverbot in Bezug auf bestrittene und nicht rechtskräftig festgestellte Gegenforderungen bestehe (LG Krefeld, Beschl. v. 27.12.2018 – 2 T 31/18, BeckRS 2018, 34805 Rn. 7; LG Halle, Urt. v. 25.09.2007 – 2 S 121/07, NZM 2008, 685; LG Darmstadt, Beschl. v. 13.12.2004 – 11 T 11/04, juris; LG Wuppertal, Urt. v. 27.11.2003 – 9 S 194/03, NJW-RR 2004, 1309, 1310; AG Dortmund, Urt. v. 13.03.2018 – 425 C 5350/17, BeckRS 2018, 2876 Rn. 18; AG Bremen, Beschl. v. 15.05.2007 – 4 C 166/07, BeckRS 2007, 08715). Nur durch eine solche Beschränkung des Aufrechnungsrechts könne der Mieter vor dem Insolvenzrisiko des Vermieters geschützt werden (so auch Emmerich in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2018, § 551 Rn. 31). Dies ergebe sich daraus, dass die Mietkaution nach der zwingenden Vorschrift des § 551 BGB vom Vermögen des Vermieters getrennt angelegt werden muss. Würde man eine Aufrechnung zulassen, würde die Verpflichtung zur insolvenzfesten Anlage entfallen, da das Guthaben dann in das sonstige Vermögen des Vermieters fallen würde. Im Falle einer Vermieterinsolvenz würde dann, wenn sich herausstellen sollte, dass die Aufrechnung unberechtigt war, der Kautionsrückzahlungsanspruch eine einfache Masseforderung darstellen (vgl. AG Dortmund, Urt. v. 13.3.2018 – 425 C 5350/17, BeckRS 2018, 2876 Rn. 18 m.w.N.).

(3) Eine grundsätzliche Entscheidung des Streits kann im vorliegenden Fall unterbleiben, da die von der vorgenannten Auffassung für ein Aufrechnungsverbot angeführten Argumente jedenfalls in der zur Entscheidung stehenden Konstellation nicht durchschlagen (vgl. LG Krefeld, Beschl. v. 27.12.2018 – 2 T 31/18, BeckRS 2018, 34805 Rn. 8). Denn die Kammer muss zum einen im Rahmen der Widerklage ohnehin abschließend über die Berechtigung des überschießenden Teils der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung entscheiden. Zum anderen ist anerkannt, dass sich der Vermieter trotz eines grundsätzlichen Befriedigungsverbots jedenfalls wegen rechtskräftig festgestellter Ansprüche aus einer Mietsicherheit befriedigen darf. Da die Beklagten die Gegenforderung zur Primäraufrechnung gestellt haben, erstreckt sich die Rechtskraft der klageabweisenden Entscheidung gemäß § 322 Abs. 2 ZPO auch auf das Bestehen oder Nicht-Bestehen der Gegenforderung (vgl. BGH, Urt. v. 13.12.2001 – VII ZR 148/01, NJW 2002, 900). Damit erwachsen die Entscheidung über die Gegenforderung und die Entscheidung über die Kautionsrückzahlungsforderung in der vorliegenden Konstellation zeitgleich in Rechtskraft, so dass ein Aufrechnungsrecht der Beklagten schon aus Gründen der Prozessökonomie in dieser Konstellation zu bejahen ist.

Zudem dürfte die Zulassung der Aufrechnung im laufenden Berufungsverfahren für den Mieter mit keinen zusätzlichen Risiken verbunden sein. Denn bis zum Eintritt der Rechtskraft darf der Vermieter auf die Mietsicherheit noch nicht zugreifen, weil seine im Prozess erklärte Aufrechnung erst mit Rechtskraft wirksam wird. Zudem schützen den Mieter bei insolvenzfester Anlage der Kaution im Falle der Vermieterinsolvenz das Recht zur (Ersatz-)Aussonderung nach §§ 47, 48 InsO.

Mangels Aufrechnungsverbots konnte die berechtigte Gegenforderung der Beklagten die Kautionsrückzahlungsforderung des Klägers mithin zu Fall bringen.

cc) Da die Aufrechnung nach § 387 BGB nicht die Fälligkeit der Hauptforderung – hier: der Kautionsrückzahlungsforderung -, sondern nur deren Erfüllbarkeit voraussetzt, brauchte auch der Streit über die Frage nicht entschieden werden, ob eine Kautionsrückzahlungsforderung bereits fällig ist, wenn noch streitige Gegenforderungen aus dem Mietverhältnis bestehen (vgl. hierzu AG Dortmund, Urt. v. 13.03.2018 – 425 C 5350/17, BeckRS 2018, 2876 Rn. 20; AG Dortmund, Urt. v. 19.06.2018 – 425 C 376/18, juris, Rn. 18 ff.; LG Dortmund, Beschl. v. 16.11.2018 – 1 S 85/18, juris, Rn. 4).

2. Hinsichtlich des widerklagend zuerkannten Betrages ist das Urteil des Amtsgerichts insoweit abzuändern, als die Beklagten von dem Kläger nur die Zahlung von 1.274,55 EUR – statt 1.382,49 EUR – verlangen können.

a) Wie oben dargestellt, ist das Amtsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagten aus der mit dem Kläger Ende April/Anfang Mai 2017 geschlossenen Vereinbarung die Zahlung von Strom- und Wasserkosten in Höhe von 1.588,46 EUR beanspruchen können, wobei die Beklagten mit der unbedingt erhobenen Widerklage allein den das Kautionsguthaben überschießenden Teil von 1.209,55 EUR verfolgen (1.588,46 – 378,91 = 1.209,55).

b) Soweit sich der Kläger mit der Berufung gegen den amtsgerichtlich zuerkannten Betrag aus der „Schlussabrechnung“ vom 04.07.2017 wendet, welcher nicht Gegenstand der Vereinbarung von Ende April/Anfang Mai 2017 war, ist die Abrechnung über die vom Amtsgericht bereits in Abzug gebrachten „Umlage“-Positionen hinaus auch um die Position „Zimmer-Stromkosten“ zu kürzen (85,44 EUR), da insoweit jedenfalls keine formell ordnungsgemäße Abrechnung vorliegt. So ist schon nicht erkennbar, auf welchen Zeitraum sich die Schlussabrechnung insoweit überhaupt beziehen soll. Fehlt die Angabe des Abrechnungszeitraums, so ist die Abrechnung formell unwirksam (Blank, in: Blank/Börstinghaus, Miete, 5. Aufl. 2017, § 556 BGB, Rn. 159; Schneider, in: Spielbauer/Schneider, Mietrecht, 2. Aufl. 2018, § 556 BGB Rn. 408). Auch wenn ausweislich § 3 des Mietvertrags eine Umlegung der Stromkosten entsprechend den angefallenen Kosten erfolgen soll, ohne dass insoweit Vorauszahlungen vereinbart worden sind, gelten die für die Abrechnung über Vorauszahlungen geltenden Regelungen und Grundsätze zu § 556 Abs. 3 BGB hier entsprechend (vgl. LG Köln, Urt. v. 20.09.2017 – 13 S 50/17, juris, Rn. 16 ff.; Schmid, NZM 2012, 855 ff.)

Das in die „Schlussabrechnung“ eingestellte Wassergeld in Höhe von 32,50 EUR für Februar bis Juni 2017 können die Beklagten allerdings von dem Kläger beanspruchen. Insoweit liegt gemäß § 3 des Mietvertrages die Vereinbarung einer Betriebskostenpauschale vor („Pauschale für Wassergeld z.Zt. 6,50 EUR monatlich“). Es ist – so wie im vorliegenden Fall – durchaus möglich, eine Pauschale für bestimmte Betriebskostenarten und eine Abrechnung für andere Positionen vorzusehen (Schmid, WuM 2001, S. 424, 425). Bei dem geltend gemachten Betrag in Höhe von 32,50 EUR handelt es sich rechnerisch korrekt um die in den Monaten Februar bis Juni 2017 angefallene Pauschale für Wassergeld in Höhe von monatlich 6,50 EUR (6,50 x 5 = 32,50). Anders als der Kläger meint, begegnet die Vereinbarung der Betriebskostenpauschale keinen Wirksamkeitsbedenken, und zwar weder unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB noch gegen die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB.

Hinsichtlich der Position „Zählermiete/Grundgebühr“ hat jedoch eine Kürzung in Höhe von 22,50 EUR zu erfolgen, so dass die Beklagten insoweit nur 32,50 EUR beanspruchen können. Denn nach § 3 des Mietvertrags können die Beklagten von dem Kläger als „Pauschale für Zählermiete“ nur 6,50 EUR pro Monat beanspruchen, so dass sich der Anspruch der Beklagten insoweit für die berechneten Monate Februar bis Juni 2017 auch nur auf 32,50 EUR beläuft. Auch in Bezug auf die Zählermiete liegt die Vereinbarung einer Betriebskostenpauschale vor. Soweit die Position in der „Schlussabrechnung“ nicht nur mit „Zählermiete“, sondern mit „Zählermiete/Grundgebühr“ bezeichnet wird, ist nicht erkennbar, dass es sich dabei um etwas anderes handelt. Es ist auch weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass der Kläger den Beklagten eine höhere Pauschale als die im Mietvertrag niedergelegte in Höhe von 6,50 EUR pro Monat schuldet. Zwar ist der Vermieter bei einer Betriebskostenpauschale gemäß § 560 Abs. 1 S. 1 BGB berechtigt, Erhöhungen der Betriebskosten in Textform anteilig auf den Mieter umzulegen, soweit dies im Mietvertrag vereinbart ist. Auch eröffnet § 3 des Mietvertrags den Beklagten die einseitige Anpassung der Pauschale. Ob, in welchem Umfang und in welcher Form es hier seit Beginn des Mietverhältnisses aber zu Erhöhungen gekommen ist, ist nicht einmal im Ansatz dargelegt und auch sonst nicht erkennbar, so dass die Höhe der mit der „Schlussabrechnung“ geltend gemachten Position „Zählermiete/Grundgebühr“ nicht überprüft werden kann, soweit sie über 32,50 EUR für Februar bis Juni 2017 hinausgeht. Hierauf sind die Beklagten auch nicht mehr gesondert nach § 139 ZPO hinzuweisen gewesen, nachdem der Kläger die Höhe der „Schlussabrechnung“ bereits im Einzelnen bestritten hat.

Nach alledem ergibt sich hinsichtlich der Widerklage folgender Zahlungsanspruch:

Widerklagend geltend gemachte Restsumme aus der Vereinbarung von April/Mai 2017

(1.588,46 – 378,91 =) 1.209,55 EUR

Schlussrechnung vom 04.07.2017  (365,44 – 85,44 – 102,50 – 90,00 – 22,50 =) + 65,00 EUR

1.274,55 EUR

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

III.

Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO zuzulassen, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dies erfordert. Allerdings wird die Zulassung beschränkt auf die Frage, ob nach Beendigung eines Wohnraummietverhältnisses die im Prozess erklärte Aufrechnung des Vermieters mit streitigen, (noch) nicht rechtskräftig festgestellten Forderungen gegen eine Kautionsrückzahlungsforderung des Mieters verboten ist.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 2.264,73 EUR

 

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!