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Formularklausel in Wohnraumietvertrag – Anstreichen Mietwohnungswand in helllila

LG Halle (Saale) – Az.: 1 S 36/21 – Beschluss vom 08.07.2021

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung der Klägerseite gemäß § 522 Abs. 1 ZPO sowie die Berufung des Beklagten gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Gründe

I. Die Berufung des Beklagten hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

Die Berufungsbegründung enthält keine neuen Tatsachen, die nach Maßgabe der §§ 529, 520 Abs. 3 Nr. 4, 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen wären.

Das Vorbringen in der Berufungsbegründung ist nicht geeignet, das durch das Amtsgericht gefundene Ergebnis zu beeinflussen. Soweit in der Berufung Umstände behauptet werden, aus denen sich eine Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für das angefochtene Urteil ergeben sollen, sind diese nicht geeignet der Berufung zum Erfolg zu verhelfen.

Grundsätzlich schuldet der Vermieter die Schönheitsreparaturen. Seine Renovierungspflicht kann er allerdings auf den Mieter übertragen mit einer entsprechenden Regelung im Mietvertrag.

Vorliegend ist vertraglich vereinbart: § 7 Ziff. 4 Schönheitsreparaturen (vergleiche Mietvertrag vom 17.11.2015, Bd. I Bl. 59 der Akte):

„Soweit zur Beseitigung der durch die Nutzung des Mieters während der Mietzeit entstandenen Abnutzungserscheinungen und Verschmutzungen dazu ein Bedürfnis besteht, ist der Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses zur Ausführung der notwendigen Arbeiten verpflichtet.“

Formularklausel in Wohnraumietvertrag - Anstreichen Mietwohnungswand in helllila
(Symbolfoto: Viktoria Lytvyn/Shutterstock.com)

Hierbei handelt es sich um eine Klausel, die für den Mieter nicht ausreichend deutlich macht, was er schuldet. Die vorliegende Klausel lässt für den Mieter nicht erkennen, wann „zur Beseitigung von Abnutzungserscheinungen und Verschmutzungen (dazu) ein Bedürfnis besteht“. Diese Bestimmung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ist gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam. Eine unangemessene Benachteiligung, die zur Unwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen führt, kann sich daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Dies ist vorliegend der Fall. Selbst wenn man – wofür bisher keine Anhaltspunkte ersichtlich sind – von einer individualvertraglichen Regelung ausgehen wollte, wäre diese Formulierung derart unklar, dass sie nicht die der grundsätzlich gesetzlichen Regelung zuwiderlaufende Pflicht zur Endrenovierung nach sich ziehen könnte.

Aus diesem Grund schuldete die Klägerseite auch keine Endrenovierung. Auf die amtsgerichtliche Beweisaufnahme dürfte es deshalb schon gar nicht ankommen, ebensowenig auf die zutreffende Erklärung der Kläger bei der Wohnungsabnahme, dass die Wände unrenoviert übergeben wurden.

Angesichts dessen wären die Kläger nur dann zur Übernahme der Kosten für das Überstreichen der (einen helllila) Wand verpflichtet, wenn das Streichen der Wand in dieser Farbe, die von den Klägern ausgewählt worden war, als Beschädigung der Mietsache anzusehen wäre. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass die Mieter in der Auswahl von Farbe und Material weitestgehend frei sind. Grundsätzlich darf ein Mieter die Wände, je nach Mode, in beliebiger Art streichen, sie mit Muster- oder sogar Fototapete versehen oder auch farbig streichen (vgl. Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Aufl., § 538 BGB, Rdnr. 229).

Etwas anderes hat nur dann zu gelten, wenn die von dem Mieter gewählte Dekoration völlig unsachgemäß ist oder zu Schäden an der Substanz führen kann. Ein solcher Fall kann auch dann vorliegen, wenn der Mieter sehr starke Farben aufbringt, zum einen, weil deckende helle Anstriche hier mehrere Arbeitsgänge erfordern, zum anderen, weil bei kleinen Farbabplatzungen infolge des Mietgebrauchs durch den Nachmieter sogleich die alte, dunklere Farbe störend sichtbar wird (vgl. Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Aufl., § 538 BGB, Rdnr. 245).

Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor, wird durch den Beklagten auch nicht geltend gemacht. Die Kläger haben keine in diesem Sinne besonders starke Farbe aufgebracht.

II. Die Berufungsbegründung der Klägerseite entspricht nicht den Erfordernissen des § 520 Abs. 3 Z. 2 ZPO, sodass die Berufung unzulässig sein dürfte.

Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO hat, wenn die Berufung darauf gestützt wird, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 513 Abs. 1, § 546 ZPO), die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände zu enthalten, aus denen sich nach Ansicht des Rechtsmittelführers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Da die Berufungsbegründung erkennen lassen soll, aus welchen tatsächlichen und rechtlichen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält, hat dieser – zugeschnitten auf den Streitfall und aus sich heraus verständlich – diejenigen Punkte rechtlicher Art darzulegen, die er als unzutreffend beurteilt ansieht, und dazu die Gründe anzugeben, aus denen sich die Fehlerhaftigkeit jener Punkte und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung herleiten BGH, Beschluss vom 11. März 2014 – VI ZB 22/13 –, Rn. 7, juris.

Diesen Erfordernissen entspricht die Berufungsschrift der Klägerseite nicht. Es wird ausschließlich vorgetragen, dass die Beweiswürdigung des Gerichts unzutreffend sei. Welche konkrete Auswirkung dies auf den Rechtsstreit haben soll, bleibt offen. Zwar wird vorgetragen, dass die Klägerseite mit der Beweiswürdigung des Gerichts nicht einverstanden ist, da diese „nicht nachvollziehbar und nicht überzeugend“ sei. Allerdings fehlen jedwede Gründe dafür, worauf diese Wertung des Klägervertreters beruht, vor allem wird aber nicht deutlich gemacht, welche rechtliche Situation eingetreten wäre, wenn die Beweiswürdigung des Gerichts eine andere gewesen wäre. Es fehlt jegliche Auseinandersetzung damit, wie das Gericht dann hätte entscheiden müssen. Die Erfordernisse des § 520 Abs. 3 ZPO dienen dazu, das Berufungsgericht ohne komplettes Aktenstudium in den Stand zu versetzen, nachzuvollziehen, in welchen Punkten das Urteil angegriffen wird (hier noch vertretbar vorgetragen) und warum die gerügten Fehler zu einer anderen Entscheidung des Gerichts hätten führen müssen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass diese Gründe rechtlich nachvollziehbar und letztlich rechtlich zutreffend sind, jedoch können Ausführungen zur Erheblichkeit nicht – wie vorliegend – gänzlich unterbleiben.

III. Es wird deshalb einen Berufungsführern anheimgestellt, eine Rücknahme der Berufungen in Erwägung zu ziehen. In einem solchen Fall ermäßigen sich die Gerichtskosten auf 2,0 Gebühren (Nr. 1222 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG), während im Fall eines Beschlusses nach § 522 Abs. 2 ZPO 4,0 Gebühren anfallen (Nr. 1220 der Anl. 1 zu § 3 Abs. 2 GKG).

III. Es ist beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren gemäß §§ 3 ZPO, 48 Abs. 1, 61 GKG auf 5.237,68 € festzusetzen.

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