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Formularmietvertrag – Wirksamkeit einer Schönheitsreparaturklausel

AG Dresden – Az.: 141 C 4810/12 – Urteil vom 12.12.2012

1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin 499,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.08.2012 zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 499,80 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Formularmietvertrag - Wirksamkeit einer Schönheitsreparaturklausel
Symbolfoto: Von U.J. Alexander /Shutterstock.com

Die Klägerin begehrt von den Beklagten die Rückzahlung eines Teils ihrer Mietsicherheit.

Zwischen der Klägerin als Mieterin und den Beklagten als Vermieterin wurde am 30.10./ 02.11.2009 ein Mietvertrag über eine Wohnung in … geschlossen. Gemäß § 9 Ziffer 2 des von den Beklagten verwendeten Formularmietvertrags übernimmt der Mieter die Schönheitsreparaturen während der Mietzeit auf eigene Kosten. Ferner heißt es in dieser Vertragsklausel:

„(…) Alle Schönheitsreparaturen sind fachgerecht, nach Zweck und Art der Mieträume regelmäßig auszuführen, wenn das Aussehen der Räume des Mietobjekts mehr als nur unerheblich durch den Gebrauch beeinträchtigt ist.“

Es folgt eine Quotenabgeltungsklausel, derzufolge sich der Anteil des Mieters an den Renovierungskosten bei noch nicht fälligen Schönheitsreparaturen „nach dem Verhältnis des Zeitraumes seit Durchführung der letzten Schönheitsreparaturen während der Mietzeit zu dem vollen Renovierungsturnus (bemisst), bezüglich dessen die Parteien davon ausgehen, dass die Schönheitsreparaturen an Wänden und Decken der Küchen, Bäder und Duschräume in der Regel alle drei Jahre, der Wohn- und Schlafräume, Flure, Dielen und Toiletten in der Regel alle fünf Jahre und der sonstigen Räume in der Regel alle sieben Jahre, gerechnet vom Beginn des Mietverhältnisses, beträgt.“

Am 27.06.2011 gab die Klägerin die Wohnung zurück, wobei der von ihr vorgenommene Anstrich von Wänden und Decken fleckig ausgeführt war. Das vom Vater der Klägerin gegengezeichnete Rückgabeprotokoll enthält u.a. den handschriftlichen Eintrag:

„Alle Räume bis auf Bad müssen malermäßig instandgesetzt werden. Kosten dafür sind der Kaution in Abzug zu bringen.“

Unter dem 11.01.2012 rechneten die Beklagten über das Kautionsguthaben ab. Entsprechend ihrer Abrechnung behielten sie vom Kautionsguthaben 499,80 EUR für die „malermäßige Instandsetzung“ der Wohnung ein.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass § 9 Ziffer 2. des Mietvertrags gemäß § 307 BGB insbesondere deshalb unwirksam ist, weil diese Klausel bei kundenfeindlichster Auslegung eine Renovierungspflicht schon bei leichten und mittelgradigen Abnutzungsspuren begründe und der der Abgeltungsklausel zugrunde gelegte Renovierungsturnus von 3/ 5/ 7 Jahren schon bei Abschluss des Mietvertrags der technisch verbesserten Qualität von Renovierungen und Änderungen der Wohnsituation nicht mehr gerecht wurde. Sie beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 499,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.08.2012 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie halten § 9 Ziffer 2. des Mietvertrags für wirksam und sind der Auffassung, dass durch den oben wiedergegebenen Eintrag im Rückgabeprotokoll vom 27.06.2011 jedenfalls eine wirksame Individualvereinbarung über die malermäßige Instandsetzung der Wohnung und den Abzug der hierdurch anfallenden Kosten von der Mietkaution getroffen worden sei.

Wegen des weiteren Vorbringens beider Parteien wird ergänzend auf die von ihnen zur Akte gereichten Schriftsätze samt Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig und begründet. Denn die Klägerin kann aufgrund der mit Stellung der Mietkaution getroffenen Sicherungsabrede der Parteien die Rückzahlung eines restlichen Kautionsguthabens von 499,80 EUR von den Beklagten verlangen. Zinsen kann sie im geltend gemachten Umfang aufgrund der §§ 288 Abs. 1, 291 BGB beanspruchen.

Ein Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen, die den Beklagten durch die malermäßige Instandsetzung der Wohnung entstanden sind, ergibt sich nicht aus § 9 Ziffer 2 des Mietvertrags. Denn unabhängig davon, ob der der Quotenabgeltungsklausel zugrunde gelegte Renovierungsturnus zeitgemäß ist, ist die in dieser Klausel vorgesehene Renovierungsverpflichtung der Klägerin jedenfalls deswegen gemäß § 307 BGB unwirksam, weil sie unter Zugrundelegung der gemäß § 305 c Abs. 2 BGB maßgeblichen „kundenfeindlichsten“ Auslegung des Merkmals einer „mehr als nur unerheblichen“ optischen Beeinträchtigung bereits bei leichten bis mittelgradigen Abnutzungsspuren einträte (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 14.07.2009, I-28 U 14/09, zitiert nach juris, Tn. 30). Eine solche Auslegung ist auch – anders als die Beklagten meinen – nicht fernliegend. Denn § 9 Ziffer 2 ist kein Maßstab dafür zu entnehmen, woran die Beklagten die Erheblichkeit oder Unerheblichkeit einer optischen Beeinträchtigung messen. Diese könnte sich – ausgehend vom Vertragswortlaut – auch an den gehobene Ansprüche eines Neumieters orientieren, der eine Wohnung ohne jegliche erkennbare Gebrauchsspuren anmieten möchte.

Dem Rückgabeprotokoll vom 27.06.2011 ist auch keine von § 9 Ziffer 2 des Mietvertrags losgelöste Individualvereinbarung über den Abzug von Kosten einer malermäßigen Instandsetzung einer Mietwohnung von der Mietkaution zu entnehmen. Wenn die Parteien des Mietverhältnisses nicht bereits vor dem 27.06.2011 über die Wirksamkeit von § 9 Ziffer 2 des Mietvertrags gestritten haben, wofür die Beklagten nichts vortragen, ist der im Tatbestand wiedergegebene handschriftliche Eintrag gemäß §§ 133, 157 BGB so zu verstehen, dass die Parteien am 27.06.2011 keine Pflicht zur Übernahme von Instandsetzungskosten neu begründen wollten, sondern ausgehend von der Wirksamkeit der im Formularmietvertrag festgelegten Instandsetzungsverpflichtung lediglich eine Verrechnungsabrede getroffen haben. Insofern unterscheidet sich die Interessenlage der Mietvertragsparteien bei Rückgabe der Wohnung am Ende der Mietzeit auch grundlegend von dem der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 14.01.2009, Az. VIII ZR 71/08, zugrundeliegenden Fall, dass bei der Übergabe einer renovierten Mietsache an den Mieter im Übergabeprotokoll eine formularvertraglich vereinbarte Verpflichtung des Mieters zur renovierten Rückgabe nochmals ausdrücklich bekräftigt wird.

Schließlich besteht auch kein Anspruch auf Ersatz eines über die quotale Abgeltung der Schönheitsreparaturen hinausgehenden weiteren Schadens aus §§ 280 Abs. 1, 546 BGB. Denn es ist nicht ersichtlich, dass den Beklagten ohne die von der Klägerin vorgenommenen, unstrittig nicht fachgerechten Malerarbeiten die von ihnen geltend gemachten Kosten für die malermäßige Instandsetzung der Wohnung nicht oder nur in geringerem Umfang entstanden wären. Zu Recht weisen die Klägervertreter mit nachgelassenem Schriftsatz vom 19.11.2012 darauf hin, dass ihr Vortrag, die Klägerin habe die Wohnung eineinhalb Jahre bewohnt, genutzt und in vertraglichem Rahmen abgenutzt, nicht zwangsläufig bedeutet, dass die Wohnung bei Rückgabe oder für einen bestimmbaren hieran anschließenden Zeitraum nicht renovierungsbedürftig war.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO. Weil – ausgehend von der Anmerkung von Eisenschmid vom 11.09.2012 zum Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 20.03.2012, VIII ZR 192/11, jurisPR-MietR 18/2012, Anm. 1 – in der dort kommentierten BGH-Entscheidung eine Formularklausel nicht beanstandet wurde, die eine Renovierungsverpflichtung regelmäßig vorsah, „wenn das Aussehen der Wohnräume mehr als nur unerheblich durch den Gebrauch beeinträchtigt ist“, ohne dass die Entscheidung jedoch das vom Oberlandesgericht Hamm vom 14.07.2009 aufgeworfene Problem anspricht, lässt das Gericht gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 Nr. 1 ZPO die Berufung zu.

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