Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Kassel vom 5.10.2023 (AZ 450 C 2595/20) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Dieses Urteil und das Urteil des Amtsgerichts sind vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Schadensersatz aufgrund einer Eigenbedarfskündigung vom 3.1.2019. Die Klägerin mietete gemeinsam mit ihrem Ehemann im Jahr 1983 ein Einfamilienhaus in der „…“ in „…“ an. Im Laufe der Jahre ging das Objekt von seinen Eltern auf den Beklagten über und dieser trat als neuer Vermieter in das Mietverhältnis ein. Mit Anwaltsschreiben vom 3.1.2019 kündigte der Beklagte das Mietverhältnis zum 31.12.2019 wegen Eigenbedarfs (Bl. 26 der Akte). Die Klägerin und ihr Ehemann mieteten am 18.4.2019 eine Wohnung in der „…“ in „…“ zum 1.7.2019 an. Mit Schreiben vom 2.5.2019 (Bl. 31 der Akte) kündigten sie das Mietverhältnis zum 31.7.2019. Am 18.7.2019 zogen sie um, das Haus und die Schlüssel gaben sie am 31.7.2019 zurück. Mit Schreiben vom 15.10.2019 kündigte der Beklagte sodann wegen Einstellung der Mietzinszahlungen ab August 2019 fristlos und hilfsweise ordentlich. Mit Anzeige vom 23.10.2019 (Bl. 37 der Akte) bot der Beklagte das Haus über „…“-Kleinanzeigen zur Anmietung an. Eine weitere Anzeige schaltete er am 21.3.2020. Mit Mietvertrag vom 14.4.2020 vermietete er das Haus, das bis dahin leer gestanden hatte und an welchem Renovierungsarbeiten vorgenommen werden sollten, insbesondere am Dach, zum 1.5.2020 an einen anderen Mieter.
Die Klägerin verlangt Schadensersatz für folgende Positionen: 1.487,50 Euro Umzugskosten, 10,80 Euro Kosten für Änderung des Kfz-Scheins, 650,34 Euro Anwaltskosten, 4.704 Euro Mietdifferenz von monatlich 112 Euro für dreieinhalb Jahre ab 1.8.2019, 900 Euro Abstandszahlung an Vormieter für übernommene Gegenstände in der neuen Wohnung, 546,40 Euro für Fahrtkosten der Tochter der Klägerin, 960 Euro für bezahlte Hilfeleistung der Tochter der Klägerin, 4.440 Euro für Umzugsarbeiten der Klägerin in der 10. bis 32. Kalenderwoche 2019, Kosten für die Anschaffung verschiedener Gegenstände für die neue Wohnung 546,60 Euro für Sonnenschutz, 199 Euro für Teppiche, 129 Euro für Fliegenschutzgitter, 58,78 Euro für Lampe/Bad und 466,62 Euro für Regale.
Die Klägerin hat erstinstanzlich behauptet, der Beklagte habe nie beabsichtigt, das Haus seiner Mutter zu überlassen. Der Eigenbedarf sei vorgetäuscht gewesen, um die Klägerin und ihren Ehemann loszuwerden und das Haus neu vermieten.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag i.H.v. 15.099,04 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.7.2020 zu zahlen.
Der Beklagte hat erstinstanzlich beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat erstinstanzlich behauptet, die endgültige Entscheidung, dass seine Mutter nicht in das Haus einzieht, habe er gemeinsam mit seiner Mutter erst an deren 80. Geburtstag am 17.3.2020 getroffen, und zwar aufgrund der Corona-Pandemie, ohne diese hätte man den Umzug in Angriff genommen. Zu der Anzeige vom 23.10.2019 führte er aus, es sei angedacht gewesen, zunächst das Haus zwischenzuvermieten, der Wille zur Eigennutzung habe damals fortbestanden.
Das Amtsgericht hat der Klage i.H.v. 14.742,57 Euro nebst Zinsen mit Urteil vom 27.7.2022 nach Beweiserhebung durch Vernehmung von Zeuginnen stattgegeben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung führt es aus, der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB gegen den Beklagten zu, weil seine Kündigung unberechtigt gewesen sei. Wenn der Vermieter das Mietverhältnis schuldhaft unberechtigt kündige, auch im Falle des Vortäuschens von Eigenbedarf, sei er dem Mieter gemäß § 280 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Der Beklagte sei nicht gemäß § 573 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB zur Kündigung berechtigt gewesen. Es sei davon auszugehen, dass der im Kündigungsschreiben vom 3.1.2019 geltend gemachte Nutzungswunsch in Wirklichkeit nicht bestanden habe. Die Formulierung im Kündigungsschreiben „der Wunsch meines Mandanten als auch der Wunsch seiner Mutter ist es, dass sie in das Nachbarhaus, welches Sie derzeit bewohnen, einziehen kann“ sei so zu verstehen, dass damit ausgedrückt werden sollte, dass ein tatsächlicher Einzug der Mutter und nicht nur die Möglichkeit dazu gewünscht sei. Dies entspreche auch dem Vortrag des Beklagten zur damaligen Situation. Anderenfalls hätte es sich schon um eine unzulässige Vorratskündigung gehandelt, die ebenfalls zur Schadensersatzpflicht führen würde. Wenn der Vermieter den im Kündigungsschreiben behaupteten Nutzungswunsch nach dem Auszug des Mieters nicht in die Tat umsetze, so liege der Verdacht nahe, dass der Eigenbedarf nur vorgeschoben gewesen sei. Deshalb müsse der Vermieter gegenüber der Schadensersatzklage des Mieters im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast substantiiert plausibel darlegen, aus welchem Grund der mit der Kündigung vorgebrachte Eigenbedarf nachträglich entfallen sein solle, dabei seien strenge Anforderungen zu stellen. Erst wenn der Vortrag des Vermieters dem genüge, obliege dem Mieter der Beweis für seine Behauptung, dass der vorgebrachte Nutzungswunsch nicht bestanden habe (BGH WUM 05,521, WUM 16,743, WUM 17,342). Das Vorbringen des Beklagten genüge diesen Anforderungen nicht. Es sei nicht hinreichend plausibel. Aus Sicht des Beklagten, der die Kündigung der Mieter zum 31.7.2019 für unwirksam gehalten habe, habe das Mietverhältnis durch seine fristlose Kündigung vom 15.10.2019 geendet. Wenn der im Beklagtenschriftsatz vom 11.8.2021 vorgetragene Wille zur Eigennutzung tatsächlich bestanden habe, wäre zu erwarten gewesen, dass nach dieser fristlosen Kündigung konkrete Schritte zur Vorbereitung des Einzugs der Mutter erfolgen würden. Stattdessen habe der Beklagte ab dem 23.10.2019 das Haus über „…“ Kleinanzeigen zur Anmietung angeboten. In der Anzeige deute nichts auf eine nur vorübergehende Zwischenvermietung hin. Vielmehr heiße es dort „lassen Sie Ihren kleinen Traum wahr werden… Das Haus… kann nach eigenen Wünschen gestaltet werden“. Ferner sei nicht plausibel, dass und warum der angebliche Wille zur Eigennutzung am 17.3.2020 endgültig aufgegeben worden sein solle. Zwar hätten Mitte März 2020 angesichts der damaligen Ausbreitung des Corona-Virus überall erhebliche Ängste und Unsicherheiten geherrscht und damals habe keiner gewusst, wie sich die Pandemie weiter entwickeln werde, auch habe die Mutter zu Hochrisikogruppe gehört. Dies aber erkläre nicht, warum damals bereits eine endgültige Entscheidung getroffen und der angebliche Plan endgültig aufgegeben worden sei. Man hätte zunächst abwarten können, wie sich alles entwickelt. Zumal der Umzug nach der Darstellung des Beklagten damals noch nicht unmittelbar bevorgestanden habe, denn es habe noch das Dach neu eingedeckt werden sollen und laut der Anzeige vom ein 21.3.2020 habe dies für April angestanden. Es erscheine nicht plausibel, dass ein auf signifikante Verbesserung für die persönlichen Lebensverhältnisse unmittelbaren Nähe zur Mutter im fortgeschrittenen Alter und ihre künftige Pflege gerichteter (Formulierung im Kündigungsschreiben) und seit mehr als einem Jahr verfolgter Plan, für den immerhin ein schwerkranker älterer Mann und seine Frau das von ihnen seit ca. 35 Jahren bewohnte Haus unter erheblichen Kosten und Mühen verlassen mussten, so schnell endgültig aufgegeben worden sei.
Da den zu stellenden strengen Anforderungen im Darlegungsstadium nicht genügt worden sei, sei zur vorgeworfenen Pflichtverletzung des Beklagten kein Beweis oder gar Gegenbeweis zu erheben.
Die, auch schuldhafte, Pflichtverletzung des Beklagten, von der hiernach auszugehen sei, nämlich die unberechtigte Eigenbedarfskündigung unter Vortäuschung einer in Wirklichkeit nicht bestehenden Nutzungsabsicht, sei ursächlich für den Auszug der Klägerin und ihres Ehemanns und die dadurch entstandenen Kosten.
Die beiden hätten nicht ohnehin ausziehen wollen. Ausweislich der mit Klageschrift und Schriftsatz vom 28.12.2020 vorgelegten Schreiben hätten Sie sich den vorangegangenen Versuchen des Beklagten zur Beendigung des Mietverhältnisses durchgängig widersetzt und auch noch im Schreiben vom 22.6.2018 und noch im Dezember 2018 wiederholt nachdrücklich zur Mängelbeseitigung aufgefordert. Die Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Auszug könne schon angesichts des zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Kündigung vom 3.1.2019 und dem Auszug als bewiesen angesehen werden (Schmidt/Futterer, Mietrecht,15. Aufl., § 573 Rn. 240). Hinzu komme, dass die neue Wohnung zwar behindertengerecht sei, aber sonst weder in allen Punkten besser für die krankheitsbedingten Bedürfnisse des Ehemanns geeignet (Lage im Obergeschoss) noch preislich günstiger gewesen sei als das von den beiden seit ca. 35 Jahren bewohnte Einfamilienhaus. Nur ergänzend werde auf die Aussage der Zeugin „…“ verwiesen.
Trotz der angesichts der Vorgeschichte bestehenden Verdachtsgründe hätten die Klägerin und ihr Ehemann nicht wissen können, ob die Eigenbedarfskündigung berechtigt gewesen sei, insbesondere ob die vom Beklagten geltend gemachte Nutzungsabsicht tatsächlich bestand (der dazu im Kündigungsschreiben mitgeteilte Sachverhalt sei an sich nachvollziehbar gewesen), und wie ein etwaiger Räumungsprozess ausgehen würde (z.B. was die Mutter des Beklagten als mögliche Zeugin dort aussagen würde). Vor diesem Hintergrund könne nicht angenommen werden, dass sie sich aus freien Stücken auf Wohnungssuche begeben und aus freien Stücken das Mietverhältnis beendet hätten. Sie hätten damit rechnen müssen, auf Räumung verklagt zu werden, möglicherweise sogar schon deutlich vor dem 31.12.2019, mit ungewissem Ausgang und mit dem Risiko, zur Räumung verurteilt zu werden und dann ausziehen zu müssen, ohne eine Ersatzwohnung zur Verfügung zu haben. Im April 2019 hätten Sie aus dieser unsicheren Risikosituation heraus entschieden, ob Sie die nunmehr gefundene Wohnung nehmen oder sich weiter genanntem Risiko ausgesetzt sehen wollten. In einer solchen Situation sei die Entscheidung für die nun gefundene Ersatzwohnung keine Entscheidung aus freien Stücken.
In dieser ungewissen Situation könne es ihnen ferner auch nicht gemäß § 254 BGB als Mitverschulden angelastet werden, dass sie sich trotz ihrer Zweifel der bestehenden Verdachtsgründe nicht gegen die Eigenbedarfskündigung gewährt haben (Schmidt/Futterer, § 542 Rn. 109, OLG Düsseldorf ZMR 13,956 Z. 10). Zumal bei bewussten Vortäuschung von Eigenbedarf durch den Vermieter grundsätzlich dessen uneingeschränkte Haftung angemessen sei.
Auch auf einen Fortsetzungsanspruch wegen Härtegründen nach § 574 BGB hätten Sie sich nicht sicher verlassen können. Trotz der Krankheit des Ehemannes habe im Juli 2019 ein Umzug erfolgen können. Dass ein erzwungener Wohnungswechsel prognostisch die ernsthafte Gefahr einer erheblichen Verschlechterung der gesundheitlichen Situation des Ehemanns begründet habe, sei nicht vorgetragen.
Die Ursächlichkeit der Eigenbedarfskündigung für den entstandenen Schaden könne durch die Kündigung des Beklagten vom 15.10.2019 nicht entfallen sein. Diese sei ins Leere gegangen, denn die Kündigung der Mieter vom 2.5.2019 habe das Mietverhältnis trotz der Formularklausel in § 2 Z. 2 S. 1 des Mietvertrags rechtswirksam zum 31.7.2019 beendet (§ 573c Abs. 1 S. 1, Abs. 4 BGB, Art. 229 § 3 Abs. 10 S. 2 EGBGB).
Dass seine Kündigung vom 10.9.2016 wirksam gewesen sei, mache der Beklagte im Prozess nicht geltend und könne auch nicht angenommen werden.
Der Klägerin könne auch nicht vorgehalten werden, dass das Angebot des Beklagten vom 25.5.2019 nicht angenommen worden sei. Zu diesem Zeitpunkt hätten sie und ihr Ehemann bereits längst einen Mietvertrag für die neue Wohnung geschlossen.
Selbst wenn die streitige Behauptung des Beklagten zutreffe, dass die Klägerin schon früher von der Umzugsabsicht der Frau J“…“ gewusst hätte, hätte sie damit angesichts der Äußerung des Beklagten im Schriftwechsel nicht auch schon annehmen können, dass der Beklagte diese Wohnung an sie vermieten werde.
Die Klägerin sei berechtigt, den vom Beklagten geschuldeten Schadensersatz allein geltend zu machen. Nach dem vorgelegten notariell beurkundeten gemeinschaftlichen Testament sei sie Alleinerbin ihres Ehemannes.
Zu den Schadenpositionen führt das Amtsgericht, soweit es in der 2. Instanz hierauf noch ankommen, aus:
Der Beklagte habe die geltend gemachten Umzugskosten in Höhe von 1.487,50 Euro zu ersetzen. Die Entstehung dieser Kosten sei hinreichend nachgewiesen durch das vorgelegte Festpreisangebot der Firma „…“ vom 1.6.2019 mit dem handschriftlichen Vermerk „Betrag in bar erhalten“ (Bd. I Bl. 43 d.A.). Dass der Umzug durch eine Umzugsfirma durchgeführt worden sei (durch wen sonst?) sei im Übrigen auch durch die Mitteilungen der Zeuginnen „…“ und „…“ (wenn auch nur aufgrund Wissens vom Hörensagen) bestätigt worden. Das einfache Bestreiten des Beklagten hinsichtlich der Ortsüblichkeit und Angemessenheit des Betrages greife nicht durch, das von der Klägerin beantragte Sachverständigengutachten brauche nicht eingeholt zu werden (§ 287 Abs. 1 S. 3 ZPO). Der Betrag halte sich nach Einschätzung des Gerichts im Rahmen des ungefähr Üblichen. Zudem sei er nur einmal angefallen (OLG Düsseldorf ZMR 13,956 Rz. 9). Die Klägerin und ihr Ehemann hätten keine Marktforschung vor Beauftragung des Umzugsunternehmens betreiben müssen, um das preisgünstigste Unternehmen ausfindig zu machen. Selbst im Rahmen von § 249 Abs. 2 BGB gelte, dass nur dann, wenn für den Geschädigten ohne weiteres erkennbar sei, dass das von ihm ausgewählte Unternehmen Preise verlange, die außerhalb des Üblichen liegen, er einen Vertrag zu solchen Bedingungen nicht auf Kosten des Schädigers schließen kann.
Die Klägerin könne Erstattung der Rechtsanwaltskosten aus der vorgelegten Kostenrechnung vom 15.1.2020 an die Rechtsschutzversicherung in gewillkürter Prozessstandschaft für die „…“ i.H.v. 406,50 Euro vom Beklagten verlangen. Nach der Erörterung dieser Position im Termin habe die Klägerin mit Schriftsatz vom 23.7.2021 ein Ermächtigungsschreiben der „…“ vom 21.7.2021 vorgelegt. Damit habe sie konkludent zum Ausdruck gebracht, diese Schadenspositionen nunmehr in gewillkürter Prozessstandschaft geltend zu machen. Diese sei zulässig. Der Schadensersatzanspruch sei gemäß § 86 Abs. 1 VVG auf die Rechtsschutzversicherung übergegangen. Die „…“ führe die Rechtsschutzversicherungsverträge der „…“ seit einigen Jahren weiter. Eine Antragsumstellung auf Zahlung an die „…“ sei nicht nötig, diese sei ersichtlich mit der Einziehung durch die Klägerin einverstanden (§ 362 BGB).
Geltend gemacht würden die Anwaltskosten nicht als Nebenforderung zu dem eingeklagten Anspruch, sondern, wie sich aus dem anwaltlichem Geschäftszeichen und dem angesetzten Gegenstandswert ergebe, als weitere Hauptforderung wegen der anwaltlichen Tätigkeit in Zusammenhang mit der Kündigung bzw. mit Bestand und Dauer des Mietverhältnisses. Auf Basis des Prozessvortrags könnten solche Anwaltskosten aber nur i.H.v. 406,50 Euro verlangt werden, nämlich eine gemäß Nr. 1008 VV RVG um 0,3 erhöhte 1,3 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG alte Fassung aus einem Gegenstandswert von 3000 Euro (5 × 600 Euro, §§ 23 Abs. 1 RVG, 41 Abs. 1 GKG) zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer. Eine Vertretung nach außen sei nicht zur Abwehr der Kündigung vom 3.1.2019 (hierzu sei auch kein entsprechender Auftrag vorgetragen), sondern erst im Zusammenhang mit den auf Seite 3/4 der Klageschrift dargelegten telefonischen und schriftlichen Bemühungen seit dem 20.4.2019 um ein Ende des Mietverhältnisses schon zum 31.7.2019 (statt zum in der Eigenbedarfskündigung genannten Kündigungstermin 31.12.2019). Streitige Zeit im Sinne von § 41 Abs. 1 S. 1 GKG seien somit die 5 Monate von Ende Juli bis Ende Dezember 2019, „Entgelt“ die ungeminderte Miete von monatlich 600 Euro. Auch diese anwaltlichen Bemühungen seien letztlich Folge der unberechtigten Eigenbedarfskündigung, die Schreiben vom 24.7. und 31.7.2019 zudem auch Folge der unberechtigten Aufforderung im Schreiben K10. Ob zusätzlich auch eine Beratungsgebühr nach § 34 RVG wegen der vorgetragenen Beratung nach der Kündigung vom 3.1.2019 geltend gemacht werden könne (ganz oder teilweise), brauche nicht geklärt zu werden, denn die Kostenrechnung K 18c enthalte keine Beratungskosten.
Die geltend gemachte Mietdifferenz von 4.704 Euro (monatlich 112 Euro für den Zeitraum August 2019 bis einschließlich Januar 2023) habe der Beklagte ebenfalls zu ersetzen.
Die Mehrkosten von monatlich 112 Euro beruhten nicht auf einen höheren Wohnwert der neuen Wohnung im Vergleich zum bisher bewohnten Mietobjekt. Die bisherige Miete von 600 Euro habe sich bezogen auf ein freistehendes Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 115 m² oder 120 m², im Garten gelegen, mit Schuppen und großen Keller. Es habe sich nach den Vereinbarungen im schriftlichen Mietvertrag um eine Teilinklusivmiete, mit der die wesentlichen Betriebskostenarten abgegolten waren, gehandelt. Demgegenüber handele es sich bei der Miete von 672 Euro für die Wohnung ausweislich des vorgelegten Mietvertrages K 18e um eine reine Nettomiete. Der Beklagte habe das Haus im März 2020 immerhin für 800 Euro Nettomiete bzw. 1.100 Euro Gesamtmiete angeboten und vor diesem Hintergrund sei zu vermuten, dass er seit der anschließenden Neuvermietung eine viel höhere Miete für das Haus erhalte als früher von der Klägerin und ihrem Ehemann. Die neue Wohnung hingegen sei kleiner, liege in einem Mehrfamilienhaus im Dachgeschoss, mit Dachschrägen, laut Mietvertrag ohne Garten und ersichtlich ohne Aufzug. Vor diesem Hintergrund komme es nicht einmal darauf an, ob die Miete für das Haus inklusive Garage gewesen sei, die von der Klägerin und ihrem Ehemann jedenfalls ohne zusätzliche Entgeltzahlung genutzt worden sei.
Eine zeitliche Begrenzung des Anspruchs auf Schadenersatz wegen höherer Miete, die für die Ersatzwohnung zu zahlen ist, bestehe grundsätzlich nicht. Hinsichtlich der Mietdifferenz für die Monate August 2022 bis Januar 2023 sei der Schadensersatzanspruch zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung zwar noch nicht fällig. Aber auch für diese Monate sei er bereits entstanden. Er habe gemäß § 257ff ZPO auch bereits geltend gemacht werden können.
Der Beklagte habe auch die für die übernommenen Gegenstände in der neuen Wohnung geleistete Abstandszahlung von 900 Euro zu ersetzen. Das Gericht sei aufgrund der Aussage der Zeugin „…“ und des vorgelegten Teils der Kontoauszüge vom 1.7.2019 überzeugt, dass die Klägerin und ihr Ehemann 900 Euro für Gegenstände gezahlt haben, die sie in der neuen Wohnung von der Vormieterin übernommen hätten. Die Zeugin „…“ habe bestätigt, dass für die Einbauküche einschließlich Geräten, für mehrere Leuchten, für Gardinen und für mehrere Rollos eine Abstandszahlung von ca. 900 Euro oder mehr geleistet worden sei. Von der im Kontoauszug belegten Zahlung von 980 Euro habe die Klägerin in der Klageschrift 80 Euro in Abzug gebracht. Aus der Zeugenaussage ergebe sich, dass die Gardinen und Rollos für diese Wohnung angefertigt worden waren und auch die Einbauküche auf Maß eingebaut worden sei, die Leuchte auch wegen der Dachschrägen gut in die Wohnung passte. Bei der Übernahme von Ausstattung, die auf den Zuschnitt der neuen Wohnung und deren Besonderheiten (Dachschrägen und entsprechende Fenster) angepasst bzw. eigens dafür angefertigt worden seien, gehöre die dafür geleistete Zahlung ebenfalls zu den durch den Umzug veranlassten Kosten. Diese wären nicht entstanden, wenn der Beklagte das Ehepaar nicht durch seine rechtswidrige Kündigung aus dem Haus gedrängt hätte. Eine Vorteilsausgleichung durch Anrechnung des Sachwerts der erworbenen Gegenstände, die teilweise für erforderlich gehalten werde (Schmitt/Futterer, Mietrecht, 15. Aufl., § 542 Rz. 117), erscheine bei solchen teils eingebauten bzw. festinstallierten Gebrauchsgegenständen, die im Wesentlichen an die neue Wohnung gebunden seien, nicht angebracht. Die Klägerin und ihr Ehemann hätten ja auch entsprechendes Mobiliar, das sie in den anders zugeschnitten alten Räumlichkeiten hatten, nicht mehr verwenden können. Voraussetzung für die Anrechnung eines Vorteils sei indes, dass sie dem Sinn und Zweck der Schadensersatzpflicht entsprechen müsse, mithin den Geschädigten nicht unzumutbar belasten und den Schädiger nicht unbillig begünstigen darf. Zudem sei für die Voraussetzungen einer Vorteilsausgleichung grundsätzlich der Schädiger darlegungs- und beweispflichtig, er müsse zunächst überhaupt geltend machen, dass ein Vorteil anzurechnen ist.
Der Beklagte habe der Klägerin Schadensersatz i.H.v. 4.400 Euro für ihren eigenen Arbeitsaufwand für Vor- und Nacharbeiten im Zusammenhang mit dem Umzug (einschließlich ihres Zeitaufwands für die Wohnungssuche) zu leisten. Aufgrund der Aussagen der Zeuginnen „…“, „…“ und „…“ sowie der persönlichen Anhörung der Klägerin sei das Gericht davon überzeugt, dass die Klägerin im angegebenen Zeitraum ganz erhebliche eigene Arbeitsleistung erbracht habe für das Ausräumen, Aussortieren, Abbauen und Wegbringen von Gegenständen und ähnlichen Arbeiten vor dem Umzug und das Einräumen von Gegenständen und ähnlichen Arbeiten nach dem Umzug.
Eigene Arbeitsleistungen des Geschädigten seien nach schadensrechtlichen Grundsätzen ersatzfähig, wenn sich für die Arbeitsleistung ein objektiv nach dem Maß der Arbeitskraft bemessender geldlicher Wert ermitteln lasse. Das sei bei solchen Arbeiten der Fall, die auch von Hilfskräften ausgeführt werden können, wie vorliegend. Abzusetzen sei allerdings der Zeitaufwand für die naturgemäß im Wesentlichen nicht übertragbaren persönlichen Entscheidungsprozesse, welche vorhandenen Gegenstände behalten werden und welche nicht.
Die Klägerin habe bei ihrer Anhörung mitgeteilt, dass sie beim Ansatz ihrer Arbeitsleistungen auch ihren Zeitaufwand für die Wohnungssuche mitberücksichtigt habe. Entgegen der bei der Erörterung mitgeteilten Ansicht sei das Gericht nunmehr der Auffassung, dass auch Wohnungssuche und Wohnungsbesichtigungen durch den Geschädigten Tätigkeiten seien, die schadensrechtlich erstattungsfähig seien (LG Leipzig WuM 21,683, LG Karlsruhe DWW 95,144, AG Bonn, Urteil vom 17.1.2020 – 203 C 66/19). Zwar handele es sich dabei im wesentlichen Umfang auch um persönliche Entscheidungsprozesse. Aber zu großen Teilen könnten auch solche Tätigkeiten durch Hilfskräfte ausgeführt werden, z.B. das Heraussuchen von Wohnungsinseraten und die Durchführung von Wohnungsbesichtigungen nach vorgesprochenen Kriterien, und ließe sich ein Marktwert hierfür ermitteln. Dass für Wohnungsvermittler im Sinne des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung das Erfolgsprinzip gelte und nicht nach Zeitaufwand, Besichtigungsgebühren oder Ähnliches abgerechnet werden könne, stehe dem nicht entgegen, denn diese Regelungen dienten dem Schutz von Wohnungsuchenden und nicht dem Ausschluss von Schadensersatzansprüchen eines Mieters gegen seinen Vermieter. Das Kriterium des Marktwertes diene, wie sich den Ausführungen in BGHZ 131, 220, 225 entnehmen lasse, eher der Abgrenzung zu Tätigkeiten, die sich vermögensrechtlicher Bewertung entziehen oder, wie die Arbeitsleistung eines Unternehmers für sein Unternehmen, nicht objektiv nach dem Maß der Arbeitskraft bewertet werden könnten (BGHZ 54, 45, 51).
Aus den Aussagen der Zeuginnen lasse sich naturgemäß nicht exakt ableiten, welchen genauen Zeitaufwand die Klägerin für ihre Tätigkeit im genannten Zeitraum gehabt habe. Bei ihrer persönlichen Anhörung habe die Klägerin, die auf das Gericht einen ehrlichen und glaubwürdigen Eindruck gemacht habe, glaubhaft ausgeführt, dass sie tatsächlich sogar deutlich mehr als 20 Stunden pro Woche aufgewendet haben. Das Gericht glaubt ihr das und schätzt gemäß § 287 Abs. 1 S. 1 ZPO den Zeitaufwand der Klägerin für die schadensrechtlich erstattungsfähigen Tätigkeiten auf die angesetzten 440 Stunden (20 Stunden pro Woche im genannten Zeitraum 10.-32. Kalenderwoche 2019). Der angesetzte Stundensatz von 10 Euro sei nicht zu beanstanden. Das ergebe einen Ersatzanspruch von 4.400 Euro (4.440 Euro in der Klageschrift beruhten auf einem Rechen- oder Schreibfehler).
Die Beklagte habe ferner angefallenen Kosten von 1.327,37 Euro für die Anschaffung verschiedener Gegenstände, die für die neue Wohnung benötigt worden, zu ersetzen:
Die Zeugin „…“ habe bestätigt, dass für 3 Fenster der Mansardenwohnung, die Dachfenster seien ungewöhnlich geformt, jeweils ein Sonnenschutz nach Maß beschafft werden musste. Dass hierfür Kosten in Höhe von insgesamt 546,65 Euro angefallen seien, ergebe sich aus dem vorgelegten Lieferschein K18h (Bl. 59 der Akte). Eingeklagt seien davon 546,60 Euro. Dass im bis dahin bewohnten Haus keine besonderen Schutze mit zufällig genau diesen nun erforderlichen Maßen vorhanden gewesen waren, liege auf der Hand. Ebenso, dass für eine Dachgeschosswohnung bzw. Dachfenster in der Regel Sonnenschutze benötigt würden.
Die Zeugin habe ferner bestätigt, dass für die neue Wohnung Teppiche angeschafft werden mussten, da im bis dahin bewohnten Haus Teppichboden fest verlegt gewesen sei, der dort verbleiben musste, bzw. im alten Wohnzimmer gar kein Teppich, sondern Parkettboden gewesen sei. Die angefallenen Kosten von 199 Euro würden sich aus dem vorgelegten Lieferschein K18i (Bl. 61 der Akte) ergeben.
Auch hinsichtlich des Fliegengitters reiche dem Gericht die Aussage der Zeugin zur Balkontür aus. Aus dem vorgelegten Zahlungsbeleg K18j (Bl. 62 der Akte) ergebe sich, dass für 129,01 Euro eine Alu-Insektenschutztür erworben worden sei. Das bisher bewohnte Haus habe unstreitig keinen Balkon gehabt. Und zum Klägervortrag, dass das alte Teil am Ausgang von der Küche in den Garten des alten Hauses für die Wohnzimmertür zum Balkon der neuen Wohnung nicht passe, habe sich der Beklagte, der dies anhand der im Zahlungsbeleg K18j angegebenen Maße und der Maße der Küchenausgangstür in seinem Haus hätte überprüfen können, nicht hinreichend geäußert (§ 138 Abs. 2 ZPO).
Die Zeugin habe weiterhin bestätigt, dass im alten Bad eine Neonröhre als Beleuchtung gewesen sei. Zu dem Vortrag der Klägerin, dass diese schon bei Beginn des alten Mietverhältnisses vorhanden gewesen war und zum Haus gehörte (also von ihnen nicht mitgenommen und in der neuen Wohnung verwendet werden konnte) habe sich der Beklagte, der diesbezüglich bei seiner Mutter hätte nachfragen können, nicht hinreichend geäußert. Die geltend gemachten Kosten von 58,78 Euro für eine neue Lampe habe die Klägerin durch die vorgelegte Quittung K18k vom 26.10.2019 belegt.
Ferner hätte die Zeugin bestätigt, dass Regale für die neue Wohnung angeschafft hätten werden müssen, weil die Regale aus dem bisher bewohnten Haus teilweise zu hoch waren und wegen der Dachschrägen nicht in die neuen Räume passten und auch die großen Wohnzimmerschränke aus dem Haus zu groß für die neue Mansardenwohnung waren. Durch die vorgelegten IKEA Zahlungsbelege K18l (Bl. 63 der Akte) seien Kosten in Höhe von insgesamt 393,99 Euro belegt. Die weiteren geltend gemachten Beträge von 37,46 Euro und 35,17 Euro aus dieser Position seien nicht nachgewiesen, da die erwähnten Rechnungen vom 22.11. und 23.11.2019 für Juna Regale nicht mit vorgelegt worden seien.
Für die weiteren Entscheidungsgründe wird auf das Urteil des Amtsgerichts (Bd. I Bl. 231 ff. der Akte) verwiesen.
Der Beklagte hat gegen das am 30.11.2022 zugestellte Urteil mit anwaltlichem Schriftsatz vom 15.12.2022, bei Gericht am 16.12.2022 eingegangen, Berufung eingelegt und hat diese mit Schriftsatz vom 23.2.2023 begründet, nachdem die Begründungsfrist auf fristgerechten Antrag um einen Monat verlängert worden war.
Zur Begründung führt er aus, das Amtsgericht habe der Klage rechtsirrig mit der Begründung stattgegeben, dass beklagtenseits nicht hinreichend plausibel dargetan worden sei, dass der Grund für die vorgebrachte Eigenbedarfskündigung nachträglich entfallen sein soll.
Hieran anknüpfend gehe das Gericht fehlerhaft davon aus, dass der Klägerin ein Schadensersatzanspruch in zugesprochenen Höhe zustehe.
Das Gericht verweise insofern noch zutreffend auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 18.5.2005 zum Az. VIII ZR 368/03.
Der Bundesgerichtshof führe in der Entscheidung detailliert aus, dass im Grundsatz der Mieter das Nichtvorliegen des Selbstnutzungswillens zu beweisen habe.
Den Vermieter treffe in derartigen Konstellation, in denen tatsächlich nach Ablauf der Kündigungsfrist der Selbstnutzungswille entfalle jedoch eine sekundäre Darlegungslast.
Er müsse plausibel darstellen, warum es nicht zum Einzug gekommen sei.
Das erstinstanzliche Gericht gehe dann unzutreffend davon aus, dass der Beklagte das Wegfallen des Selbstnutzungswillens nicht ausreichend begründet habe, da er nach Aussprache der außerordentlichen fristlosen Kündigung bzw. der Kündigung der Mieter zum 31.7.2019 die Immobilie zur Vermietung bei „…“ Kleinanzeigen angeboten habe.
Die Feststellungen des Gerichts sowie die daraus folgenden rechtlichen Würdigungen seien nicht nachvollziehbar. Das Urteil sei aufgrund dessen verfehlt.
Zunächst sei nochmals auf den Schriftverkehr im Hinblick auf die Abkürzung der Kündigungsfrist hingewiesen. An den Beklagtenvertreter sei herangetragen worden, dass die Klägerin sowie ihr mittlerweile verstorbener Ehemann die Kündigungsfrist habe abkürzen wollen, da sie etwas Neues gefunden hätten. Zu diesem Zeitpunkt sei offensichtlich weder dem Klägervertreter noch dem Beklagtenvertreter gegenwärtig gewesen, dass das Mietverhältnis, da es bereits 1983 begründet worden sei, eine Kündigungsfrist von einem Jahr vorgesehen habe. Vor diesem Hintergrund erschließe sich dem Beklagtenvertreter nicht, warum man nicht einfach das Mietverhältnis kündigte. Durch den Beklagtenvertreter sei daher vorgeschlagen worden, doch einmal schriftlich die Gründe für das Anliegen darzutun. Das sei verweigert worden. Im Ergebnis habe die Klägerin mit ihrem Ehemann sodann das Vertragsverhältnis ordentlich gekündigt.
Nach der Aussprache dieser Kündigung habe sich dem Beklagten ein völlig neues Bild geboten. Er sei davon ausgegangen, dass die Klägerin aus freien Stücken gekündigt habe. Angesichts dieser Situation habe der Kläger zwischenzeitlich eruiert, inwieweit sich die Immobilie vermieten lassen. Das zunächst dennoch am Eigenbedarf festgehalten worden sei, zeige sich darin, dass eben keine Neuvermietung stattgefunden habe.
Die Wertungen des Amtsgerichts im Hinblick auf die Coronapandemie seien verfehlt. Die Mutter des Beklagten habe zur Hochrisikogruppe gezählt. Das Gericht erziele daraus den nicht nachvollziehbaren Schluss, dass man doch die Eigennutzung nicht endgültig habe aufgeben müssen. Man habe doch zunächst abwarten können, wie sich alles entwickelt. Es sei nicht Aufgabe des Gerichtes die eigenen Abwägungen zwischen dem Kläger und seiner Mutter zu hinterfragen. Es sei keine Prüfung dessen, ob die Entscheidung richtig oder falsch gewesen ist, sondern eben nur eine alleinige Plausibilitätsprüfung. Das Vorbringen des Beklagten im Hinblick auf die Aufgabe des Eigenbedarfes sei dann auch mehr als plausibel.
Im Rahmen der vorbereitenden Schriftsätze sei darauf hingewiesen worden, dass man sich am Geburtstag der Mutter des Beklagten nochmals intensiv zusammengesetzt habe, die Problematik erörtert habe, insbesondere auch im Hinblick auf die ungewisse Lage der Corona-Pandemie. Man müsse sich vergegenwärtigen: der erste Lock-Down in Deutschland sei am 16.3.2020 beschlossen worden, zu diesem Zeitpunkt sei schlicht absehbar gewesen, dass sich die Situation nicht zeitnah ändern werde. Auch hier könne man sich die damalige Situation einfach nochmals vergegenwärtigen: Die Bundesregierung habe seinerzeit versucht, die Bevölkerung damit zu beruhigen, dass die Impfstoffe in der Entwicklung seien. Man habe für die Entwicklung ursprünglich mindestens ein Jahr veranschlagt. Dass das Gericht dann hier von einer fehlenden Plausibilität ausgehe, sei schlichtweg nicht nachvollziehbar. Die Corona-Pandemie habe wohl das Leben aller zu diesem Zeitpunkt auf den Kopf gestellt. Daran ändere auch nicht, wie das Gericht ausführe, man habe den Plan leichtfertig aufgeben, obwohl man doch einen schwer kranken älteren Mann und seiner Frau nach 35 Jahren das Mietverhältnis gekündigt habe. Das zeige, dass sich das Gericht vom einseitigen Vortrag der Kläger leiten lasse und im Zuge dessen die Anforderung an eine Plausibilitätsprüfung überspanne. Man müsse sich dann schon die Gesamtsituation vor Augen führen: Das Verhältnis zwischen den Klägern und dem Beklagten sei nicht gut gewesen. Das Gericht ziehe hier nicht in Erwägung, dass maßgeblich für das Verlassen der Immobilie aus Sicht des Beklagten eben nicht seine Eigenbedarfskündigung gewesen sei, sondern vielmehr der Wunsch der Kläger, sich zu verkleinern.
Die Klägerin habe nicht den Beweis erbringen können, dass der Selbstnutzungswille gefehlt habe. Die Plausibilitätskontrolle des Gerichts sei jedenfalls deshalb verfehlt, weil das Gericht die Mutter des Klägers nicht vernommen habe.
Die Eigenbedarfskündigung sei nicht ursächlich für das endgültige Ausziehen der Klägerin und ihres Ehemanns gewesen. Sie seien ausgezogen, weil sie eine für sich bessere Wohnung gefunden hätten.
Für die rechtsschutzversicherte Klägerin sei es ein Leichtes gewesen, den Rechtsstreit zu führen und auf das vermeintliche Vorschieben einer Eigenbedarfskündigung zu verweisen. Nach der Rechtsprechung des BGH (Az. VIII ZR 368/03) habe der Mieter im Falle einer vermeintlich vorgeschobenen Eigenbedarfskündigung sämtliche anspruchsbegründenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen.
Das Gericht gehe ferner davon aus, dass die neue Wohnung zwar behindertengerecht gewesen sei, aber sonst in allen Punkten doch nicht besser gewesen sein könne als das Einfamilienhaus. Diese Wertung sei nicht nachzuvollziehen. Regelmäßig zögen ältere Menschen aus ihren Einfamilienhäusern aus und suchten sich kleinere Wohnungen um eben nicht mehr so viel mit der Immobilie selbst tun zu haben.
Auch aus der Kündigungserklärung selbst ergebe sich, dass sie nicht wegen der Eigenbedarfskündigung ausgezogen seien. Hier offenbare sich im letzten Absatz, warum man überhaupt auf die Eigenbedarfskündigung im Rahmen der selbst erklärten Kündigung hingewiesen habe: Es sei schlicht darum gegangen, Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Dies zeige, dass man lediglich die Gelegenheit genutzt habe, und den ohnehin anstehenden Auszug sich habe durch den Beklagten finanzieren lassen wollte.
Der Kausalitätsnachweis sei nicht erfolgt. Die Klägerin habe sehr wohl einen Räumungsprozess führen können. Dass das Gericht ausführt, die Klägerin habe damit rechnen müssen, zur Räumung verurteilt zu werden dann ausziehen zu müssen, ohne eine Ersatzwohnung zu haben, zeige nochmals, dass man den Sachverhalt ganz offensichtlich einseitig zu Gunsten der Klägerin gewertet habe. Insbesondere aufgrund des schwerkranken Ehemannes habe eine dort vorzunehmende Interessenabwägung der Mieter vorgenommen werden müssen. Eine Frist gemäß § 721 Abs. 1 ZPO habe von Amts wegen geprüft werden müssen.
Der Klägerin stünden zudem nicht die geltend gemachten Ansprüche zu:
Zu den Umzugskosten i.H.v. 1.487,50 Euro führe das Gericht lapidar aus, dass das Aufwenden des entsprechenden Betrages aufgrund dessen nachgewiesen sei, weil es eine Rechnung gebe mit dem handschriftlichen Barzahlungs-Vermerk. Es sei nicht nachgewiesen, dass sich die Mieter eines Umzugsservices bedient hätten. Der Umzug könne selbstverständlich durch eine andere, günstigere Umzugsfirma, durch die Klägerin selbst, die benannten Zeugen und ihrer Tochter oder sonst wen erfolgt sein.
Es verfange auch nicht, wenn das Gericht ausführe, dass das einfache Bestreiten der Ortsüblichkeit und Angemessenheit des aufgewandten Betrages nicht durchgreife. Man müsse erst einmal wissen, welche Arbeiten denn durch das Umzugsunternehmen tatsächlich durchgeführt worden sind. Die Klägerin verlange horrende Beträge aufgrund dessen, dass sie selbst einen wesentlichen Teil des Umzugs habe bewerkstelligen müssen. Es stelle sich natürlich die Frage, warum noch zusätzlich ein Unternehmen beauftragt werden muss und welche Leistung wie von wem und wann erbracht worden seien.
Die verlangten Rechtsanwaltskosten teilten das Schicksal der Hauptforderung bzw. seien im Falle des teilweisen Unterliegens zu reduzieren. Es verwundere zudem, wenn das Gericht ausführt, eine Vertretung nach außen sei nicht zur Abwehr der Kündigung, sondern erst im Zusammenhang mit den auf Seite 3/4 der Klageschrift dargelegten telefonischen und schriftlichen Bemühungen erfolgt. Woraus das Gericht dies ziehe, sei nicht ersichtlich.
Es sei nicht nachvollziehbar, wie das Gericht festgestellt haben wolle, dass die Mehrkosten von monatlich 112 Euro nicht auf einen höheren Wohnwert der neuen Wohnung im Vergleich zum bisher bewohnten Mietobjektes beruhten. Hier spielten viele Faktoren eine Rolle, neben Lage eben auch die Beschaffenheit, Wärmedämmung etc.
Der Klägerin seien auch keine Kosten i.H.v. 900 Euro aufgrund übernommener Gegenstände zuzusprechen. Der Klägerin sei insoweit kein Schaden entstanden. Für die 900 Euro, die sie für die Gegenstände bezahlt habe, habe sie einen Gegenwert erhalten. Ihr Vermögen sei nicht gemindert. Es fehle eine Subsumtion, warum die in der alten Immobilie vorhandenen oder nicht vorhandenen Gegenstände in der neuen Wohnung nicht hätten genutzt werden können. Ferner sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin die Wohnung dauerhaften bewohnen wolle. Da der Beklagte nicht wissen könne, welche Gegenstände in der seinerseits vermieteten Immobilie vorhanden gewesen seien, sei es zunächst eine Sache der Darlegung der Klägerin, was vorhanden gewesen ist und warum es nicht genutzt werden konnte. Das Gericht werte dann die Aussage der Zeugin „…“ als überzeugend. Dies begegne Bedenken. Es sei erstinstanzlich bestritten worden, dass die Tochter überhaupt zur Leistung von Hilfe vor Ort war und eben nicht, um Familienbesuche durchzuführen. Hierüber habe das Gericht keinerlei Beweise erhoben oder im Urteil berücksichtigt.
Ein Schadensersatzanspruch i.H.v. 4.400 Euro aufgrund eigener Leistungen sei nicht nachvollziehbar. Die Klägerin habe sich eines Umzugsunternehmens bedient. Die reinen Umzugsleistungen könnten dementsprechend nicht in den von ihr geltend gemachten 4.400 Euro enthalten sein. Auch die Hilfestellungen ihrer Tochter, wenn sie denn stattgefunden habe, müsste berücksichtigt werden. In Ansatz zu bringende 470 Arbeitsstunden bei einem Mindestlohn von 9,35 Euro seien nicht nachvollziehbar.
Zudem sei eine Vorteilsausgleichung anzunehmen. Die Klägerin habe lediglich diejenigen Gegenstände erworben, die es ohnehin zur täglichen Lebensführung bedürfe. Das Amtsgericht habe keine Beweiswürdigung vorgenommen. Es habe nur festgehalten, dass die Zeugin „…“ bestätigt habe, das Fenster etc. angeschafft worden seien. Das Gericht habe sich schon die Mühe machen müssen auszuführen, warum es die Zeugenaussage der Tochter der Klägerin für glaubwürdig erachtet.
Für das weitere Berufungsvorbringen wird auf die Schriftsätze vom 23.2.2023 (Bd. II 284 ff. d.A.) sowie vom 16.8.2023 (Bd. II Bl. 335 ff. d.A.) verwiesen.
Der Beklagte beantragt, unter Abänderung des am 5.10.2022 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Kassel, AZ: 450 C 2595/20 die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Fehler in der Rechtsauslegung, der Beweiserhebung und Beweiswürdigung seien nicht zu erkennen.
Der seitens des Beklagten in der Eigenbedarfskündigung dargestellte Lebenssachverhalt sei schlüssig und nachvollziehbar gewesen, so dass davon auszugehen gewesen sei, dass die Kündigung wirksam ist. Die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann hätten sich von dieser Rechtslage vorher informieren lassen, und sich daraufhin unverzüglich auf Wohnungssuche begeben, da aufgrund der angespannten Wohnungssituation und der Behinderung des Ehemannes absehbar gewesen sei, dass eine Wohnungssuche im näheren Umfeld der bisherigen Wohnung (Ärzte, Verwurzelung) schwierig werden würde. Das Gericht habe dies ermittelt und zutreffend gewürdigt. Die zuvor bestehenden Schwierigkeiten im Mietverhältnis seien nicht im Zusammenhang mit der Kündigung gewesen. Die Klägerin sei davon ausgegangen, dass die Eigenbedarfskündigung wirksam sei. Dies bis zu dem Moment, in welchem sie die Vermietungsanzeigen vom 23.10.2019 entdeckt habe. Hier habe nichts darauf hingewiesen, dass es sich um eine nur vorübergehende Vermietung handeln solle. Durch seine Darlegung habe das Amtsgericht klar dargestellt, dass der Eigenbedarf schon aufgrund dieser Anzeige nicht plausibel war. Davon, dass der Eigenbedarf weggefallen sei, habe der Beklagte auch nie etwas erwähnt, bis zu seinem Schreiben vom 11.8.2021. Nach Wegfall des Eigenbedarfs sei es aber Pflicht des Beklagten gewesen, dies an die Kläger weiterzugeben.
Hinsichtlich der Coronaproblematik werde darauf hingewiesen, dass bezüglich der Ausbreitung des Virus vermutlich im Einfamilienhaus die Gefahr einer Infektion erheblich geringer gewesen wäre als in einem Mehrfamilienhaus.
Der Beklagte habe die strengen Anforderungen, die an die Begründung des Wegfalls eines Eigenbedarfs im Rahmen der sekundären Darlegungslast geknüpft seien, nicht erfüllt.
Es sei nicht bestritten worden, dass ursprünglich eine begründete Eigenbedarfskündigung vorgelegen habe, die von der Beklagten auch ernst genommen worden sei.
Auf den potentiellen Wegfall des Eigenbedarfs im März 2020 könne es vor diesem Hintergrund nicht ankommen, da zum einen ein solcher Fall der Klägerin nicht mitgeteilt worden sei, zum anderen der Beklagte alleiniger Vermieter sei und es allein in seiner Hand liege, den Eigenbedarf weiterzuverfolgen oder zwischenzeitlich fallen zu lassen. Letzteres sei hier offensichtlich geschehen. Seine Mutter müsse von dieser Entscheidung nicht unbedingt etwas erfahren haben, da alleine der Beklagte verfügungsberechtigt über das Mietobjekt und rechtliche Handlungen gewesen sei. Eventuell spätere Gespräche zwischen ihm und seiner Mutter im März 2020 seien vor diesem Hintergrund unbeachtlich gewesen. Die Mutter des Beklagten habe daher vom Amtsgericht nicht vernommen werden müssen.
Zutreffend seien auch die Ausführungen des Gerichts zum Angebot der Alternativwohnung aus dem Angebot des Klägers (Auszug zum 31.7.2019). Es ergebe sich zwanglos, dass die Kündigung der dortigen Mieterin spätestens im April 2019 vorgelegen haben müsse, um die auch für sie geltende gesetzliche Kündigungsfrist einzuhalten. Zum Zeitpunkt des Auszugs der Klägerin habe ihm also die Kündigung der weiteren Mieterin „…“ bereits vorgelegen und sei der Klägern erst vorgelegt worden, nachdem diese bereits gekündigt und anderweitige Verbindlichkeiten eingegangen sei. Zutreffend habe das Gericht festgestellt, dass die Kündigung der Klägerin vom 2.5.2019 wirksam gewesen sei und die entsprechende Rechtsgrundlage genannt.
Vor diesem Hintergrund sei auch die auf angebliche Mietrückstände basierende fristlose Kündigung des Beklagten unwirksam. In diesem Zusammenhang werde noch darauf hingewiesen, dass sich der Beklagte widersprüchlich verhalten habe: Seine Eigenbedarfskündigung habe zum 31.12.2019 gegolten.
Auf die Bitte der Klägerin, auf die Kündigungsfrist zu verzichten und das Mietverhältnis zum 31.7.2019 zu beenden, habe der Beklagte mit dem Angebot geantwortet, den Vertrag zum 30. 6. 2019 zu beenden.
Zutreffend habe das Amtsgericht dargelegt, dass die Klägerin ausschließlich wegen der Eigenbedarfskündigung ausgezogen sei und nicht, um sich in irgendeiner Form zu verbessern. Schon die intensive Gegenwehr bezüglich aller Beendigungsbestrebungen des Mietverhältnisses durch den Beklagten bis Ende 2018 und der geäußerte Wunsch auf Mangelbeseitigung im Januar 2019 spreche für das Bestreben, im seit rund 35 Jahren bewohnten Einfamilienhaus zu bleiben. Die neue Wohnung sei lediglich behindertengerecht, in allen anderen Punkten könne man von einer Verbesserung nicht sprechen (vgl. zu den weiteren Einzelheiten Bd. II Bl. 329 d.A.).
Das Gericht habe zu Recht ausgeführt, dass es der Klägerin nicht zumutbar gewesen sei, sich auf einen Rechtsstreit einzulassen. Die Kündigung sei formal von der Begründung her nicht zu beanstanden.
Hinsichtlich der zugesprochenen Schadenspositionen sei das amtsgerichtliche Urteil nicht zu beanstanden.
Für das weitere Vorbringen wird auf die Schriftsätze vom 27.7.2023 (Bd. II Bl. 325 ff d.A.) und 15.9.2023 (Bd. II Bl. 342 d.A.) verwiesen.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nicht begründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Schadensersatzanspruch gem. §§ 535, 280 Abs. 1 BGB aufgrund unberechtigter Eigenbedarfskündigung vom 3.1.2019.
Aufgrund der Anhörung des Beklagten und der durchgeführten Beweisaufnahme geht die Kammer vorliegend – ebenso wie das Amtsgericht – davon aus, dass die Kündigung vom 3.1.2019 pflichtwidrig war.
Denn der Beklagte vermochte schon nicht für die Kammer plausibel darzulegen, dass und warum der mit der Kündigung vorgebrachte Eigenbedarf entfallen sein soll.
Zwar ist der Mieter darlegungs- und beweisbelastet für die Behauptung, die Eigenbedarfskündigung sei vorgeschoben. Dies gilt auch, obgleich der Mieter bei vorgetäuschtem Eigenbedarf als Pflichtverletzung eine negative Tatsache darlegen und beweisen muss. Dem Mieter steht auch kein Anscheinsbeweis zur Seite. Da er als darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihm vorzutragenden Geschehensablaufs steht und im Gegensatz zum Vermieter keine nähere Kenntnis von den maßgebenden Umständen besitzt, darf sich der Vermieter, wenn ihm nähere Angaben zumutbar sind, jedoch nicht auf ein bloßes Klageleugnen zurückziehen, sondern muss substantiiert entgegnen. Das Ausmaß dieser sog. sekundären Darlegungslast richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Darlegungen müssen so konkret sein, dass der beweisbelasteten Partei eine Widerlegung möglich ist (BGH, Urt. v. 24.3.2010 – XII ZR 175/08, NJW 2010, 1813 Rn. 20). Setzt der Vermieter den behaupteten Selbstnutzungswillen nach Auszug des Mieters nicht in die Tat um oder entfällt der Eigenbedarf schon nach kurzer Zeit, liegt der Verdacht nahe, dass der Eigenbedarf nur vorgeschoben war. Unter diesen Umständen ist es Aufgabe des Vermieters, substantiiert und plausibel (stimmig) darzulegen, aus welchem Grund der mit der Kündigung vorgebrachte Eigenbedarf nachträglich entfallen sein soll (BGH, Urt. v. 18.5.2005 – VIII ZR 368/03, NJW 2005, 2395).
Hierbei sind strenge Anforderungen zu stellen. Erst wenn der Vortrag des Vermieters diesem Maßstab genügt, obliegt dem Mieter der Beweis, dass ein Selbstnutzungswille des Vermieters schon vorher nicht bestand (BGH, Beschl. v. 11.10.2016 – VIII ZR 300/15; Bestätigung von BGH, Urt. v. 18.5.2005 a.a.O.).
So liegt der Fall aber hier. Aufgrund des Umstandes, dass der Eigengebrauch nicht vollzogen worden ist, obliegt dem Beklagten mithin eine sekundäre Darlegungs- und Beweislast, so dass er plausibel darzulegen hatte, warum und wann der Nutzungswille entfallen ist.
Dies ist dem Beklagten nicht gelungen.
Der Beklagte hat im Rahmen seiner informatorischen Anhörung in der Verhandlung vom 19.10.2023 vor der Berufungskammer erklärt, bereits Weihnachten 2016 bzw. 2018 den Eigenbedarf mit seiner Mutter erörtert zu haben. Dies erstmals im zeitlichen Zusammenhang mit dem Tod seines Vaters, der im Jahr 2015 verstorben war. Die Überlegung sei dann gewesen, dass das Haus zunächst renoviert werden und dann seiner Mutter zur Verfügung stehen sollte. Er habe dann die Eigenbedarfskündigung ausgebracht, wobei er zunächst davon ausgegangen sei, dass das Mietverhältnis der Klägerin und ihres Ehemanns zum Jahresende enden würde. Er sei weiter davon ausgegangen, dass das Haus wegen anstehender Dachdeckerarbeiten für ca. 1 Monat nicht bewohnbar sein würde. Er habe dann die „…“-Kleinanzeige geschaltet, das Ganze sei „schnell hingeschrieben worden“.
Bei seiner überschlägigen Planung – gemeint war jene zum Zeitpunkt des Schaltens der „…“-Kleinanzeige am 23.10.2019 – sei er für die Zwischenvermietung auf einen Zeitraum von ca. 6 Monate gekommen.
Sodann erklärte der Beklagte, dass die Dachdeckerarbeiten zunächst für Jahresanfang 2020 bestellt gewesen seien, das Ganze habe sich aber verzögert und sei dann erst im März gemacht worden. Die Anzeige bei „…“-Kleinanzeigen sei ein „Ballon“ gewesen, um zu sehen, ob eine Zwischenvermietung für 5 oder 6 Monate möglich sei. Er habe eine alte Anzeige, welche er im Zusammenhang mit einer anderen Kündigung im Jahr 2016 erstellt gehabt habe, genutzt.
Über die angedachte Zwischenvermietung habe er mit seiner Mutter nicht mehr gesprochen. Dann sei es zur Corona-Pandemie gekommen und am 80. Geburtstag der Mutter, am 17.3.2020, seien die Eigenbedarfspläne fallen gelassen worden, weil seine Mutter nicht mehr habe umziehen wollen. Deshalb habe er, der Beklagte, weiter nach Mietern gesucht.
Dieses Vorbringen wird dem strengen Maßstab, welcher für die Darlegung des Wegfalls des Eigennutzungsbedarfs anzulegen ist, nicht gerecht.
Die Kammer erachtet es – ebenso wie das Amtsgericht – aus folgenden Gründen als nicht plausibel, dass der mit der Kündigung vorgebrachte Eigenbedarf entfallen ist:
Der Beklagte hat selber vorgebracht, bis Oktober 2019 davon ausgegangen zu sein, dass das Mietverhältnis zum 31.12.2019 gekündigt gewesen ist und dass die Dachdeckerarbeiten für Anfang 2020 bestellt waren (spätestens aber – sofern sich die Arbeiten schon zu diesem Zeitpunkt verzögert haben sollten – für März 2020).
Der Beklagte konnte bei dieser Sachlage zum Zeitpunkt der Schaltung der Anzeige realistisch allenfalls von einer Zwischenvermietung für ca. drei (allenfalls vier) Monate ausgehen, bei einer Unbewohnbarkeit wegen Dachdeckerarbeiten bereits zum Jahresanfang 2020 sogar von allenfalls eins bis zwei Monaten.
Die Kammer erachtet schon dieses Vorbringen einer beabsichtigten Zwischenvermietung eines nicht möblierten Hauses für wenig wahrscheinlich und in Gesamtschau mit den nachfolgenden Umständen das Entfallen des Eigenbedarfs im März 2020 für nicht plausibel.
Zweifel an dem Vorbringen des Beklagten ergeben sich schon aus seiner Einlassung, die Erstellung der Kleinanzeige betreffend, welche widersprüchlich ist: zunächst erklärte der Beklagte in seiner informatorischen Anhörung, es habe sich um eine „schnell hingeschriebene“ „…“-Anzeige gehandelt; im weiteren Verlauf erklärte er hingegen, dass es sich um eine lediglich hochgeladene, bereits im Jahr 2016 erstellte, Anzeige gehandelt habe – jeweils als Erklärung dafür, dass in der Anzeige die Absicht einer kurzen Zwischenvermietung nicht erwähnt ist.
Schon der widersprüchliche Erklärungsansatz führt zu Zweifeln der Kammer an der Glaubhaftigkeit der Angaben des Beklagten. Weitere Zweifel ergeben sich aus der Anzeige selbst, die zwar nicht auf eine beabsichtigte Zwischenvermietung hinweist (vielmehr aufgrund der Angabe, das Haus könne nach eigenen Wüschen gestaltet werden, alles für eine unbefristete Vermietung spricht), jedoch aber auf die anstehende Dachsanierung. Diese Angabe lässt sich weder mit dem Vorbringen, es habe sich um eine „ältere“ Anzeige gehandelt, noch mit dem Vorbringen, die Anzeige sei „schnell dahingeschrieben“ und die Angabe zur beabsichtigten Zwischenvermietung schlicht vergessen worden, recht in Einklang bringen.
Nicht plausibel erscheint weiter, dass keine Vorbereitungen für den Umzug der Mutter getroffen worden sind, nachdem die Klägerin und ihr Ehemann bereits zum 18.7.2019 die streitgegenständliche Immobilie verlassen haben, der Wunsch der Mutter nach Angaben des Beklagten indes erst im März 2020 aufgegeben worden sei. Weder ist vorgetragen, noch sonst ersichtlich, dass hinsichtlich der im Eigentum der Mutter stehenden Eigentumswohnungen Maßnahmen hinsichtlich eines etwaigen Verkaufs oder einer Vermietung getroffen worden sind – und dies bis zur behaupteten Aufgabe des Eigennutzungswunsches Ende März 2020, obgleich die Dachsanierungsarbeiten, die für die Dauer eines Monats geplant waren, unmittelbar bevorstanden.
Zudem hat der Beklagte in seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 19.10.2023 angegeben, dass seine Mutter den Umzug und insbesondere auch die notwendige Renovierung des Hauses habe mitgestalten wollen. Dennoch sind die angedachten Arbeiten im Hinblick auf einen altersgerechten Umbau offensichtlich nicht in Angriff genommen, weiter besprochen oder in Auftrag gegeben worden, obgleich die Immobilie leer stand und der Beklagte ab Oktober 2019 nicht nur von einem gekündigten, sondern von einem beendeten Mietverhältnis ausgegangen ist. Von einer Beauftragung oder der Vorbereitung etwaiger dahingehender Arbeiten hat weder der Beklagte, noch seine als Zeugin vernommene Mutter berichtet.
Vielmehr schaltetet der Kläger, nachdem er nach eigenem schriftsätzlichen Vortrag im Oktober 2019 aufgrund der Kündigung der Mieter von einer „neuen Situation, in welcher er neu disponieren könne“, ausgegangen sei, o.g. Anzeige zur Vermietung der Immobilie.
Hierzu passt dann schließlich, dass die Mutter des Beklagten, die Zeugin „…“, welcher die gekündigten Räumlichkeiten nach der Dachsanierung zur Nutzung überlassen werden sollten, in ihrer Vernehmung in der mündlichen Verhandlung vom 19.10.2023 angegeben hat, dass die Planungen zu ihrem Umzug aus der Eigentumswohnung – obgleich ihr Wunsch, in ihr altes Elternhaus zu ziehen seit dem Tod ihres Ehemannes bestanden habe und eigentlich auch nach wie vor weiter bestehe – nie ein Zeitraum bestimmt worden ist, zu welchem sie in das Objekt einziehen sollte. Vielmehr habe sie immer und auch immer noch den Wunsch gehabt, dort einzuziehen, wobei mittlerweile ihr gesundheitlicher Zustand einem Umzug im Wege stünde. Angedacht gewesen sei immer ein altersgerechter Umbau der Immobilie, der einen Zeitraum von ca. 6-9 Monaten beanspruchen würde. Nach ihren Angaben gab es keine konkreten Umzugspläne, sondern lediglich einen jahrelang gehegten Wusch, der zwar soweit gediehen war, als dass für den Fall eines Umzuges auch ein altersgerechter Umbau angedacht war, einen konkreter Plan, diesen Wunsch in die Tat umzusetzen, gab es hingegen, wie sich aus den Angaben der Zeugin ergibt, nicht.
Vielmehr war der Plan für die Zeugin „…“ zum Zeitpunkt der Eigenbedarfskündigung bis hin zu dem Zeitpunkt, in welchem nach Angaben des Beklagten er und seine Mutter die Pläne aufgegeben hätten, derart abstrakt, dass die Zeugin „…“ nach ihren Angaben keine Kenntnis von der Kündigung des Mietverhältnisses hatte.
Schließlich erachtet die Kammer auch die Ausführungen des Beklagten, er sei nach der Kündigung der Mieter von einer Situation ausgegangen, in welcher die Eigenbedarfskündigung mehr oder weniger keine Rolle mehr spiele und er nunmehr neu disponieren könne, nicht stimmig mit dem Vorbringen, der Selbstnutzungswille sei im März 2020 aufgegeben worden.
Damit aber ist prozessual davon auszugehen, dass der Eigenbedarf vorgeschoben war, so dass die Kündigung vom 3.1.2019 pflichtwidrig war und der Klägerin die geltend gemachten Schadensersatzansprüche zustehen, §§ 535, 280 Abs. 1 BGB.
Die geltend gemachten Schadenspositionen sind kausal auf die Pflichtverletzung zurückzuführen.
Die Kausalität von Schadenspositionen infolge einer Eigenbedarfskündigung ist auch dann zu bejahen, wenn der Mieter freiwillig auszieht, weil er auf die Angaben des Vermieters in der Eigenbedarfskündigung vertraut hat (LG Saarbrücken, Urt. v. 19.12.1997 13 BS 135/97, NZM 1998,304). Dies ist dann der Fall, wenn der Mieter keinen Anlass hatte, den Angaben des Vermieters zu misstrauen (Bay OLG, Entsch. v. 25.5.1982- ReMiet 2/82, NJW 1982, 2003). In Fällen dieser Art kommt es immer nur darauf an, dass der Mieter den Besitz an der Wohnung deshalb aufgibt, weil er von der Richtigkeit der Erklärungen des Vermieters überzeugt ist (LG Saarbrücken a.a.O.). Eine derart motivierte Besitzaufgabe liegt auch dann vor, wenn ein Mieter sich zur Besitzaufgabe entschließt, ohne die Ernsthaftigkeit des Nutzungswunsches des Vermieters zu überprüfen; es genügt, das der Mieter keinen Anlass hatte, den Angaben des Vermieters zu misstrauen (vgl. BayObLG a.a.O.).
Die im Vorfeld bestehenden Uneinigkeit zwischen den Parteien, welche bereits im Jahr 2016 in einer Vermieterkündigung endeten und die Geltendmachung von Mängeln und Mängelbeseitigungsansprüche durch die Klägerin und ihren Ehemann sind zwar Umstände, welche einen Mieter dazu veranlassen können, darüber nachzudenken, ob ein Vermieter die Mieter loswerden möchte. Nach Ansicht der Kammer veranlassen sie indes nicht per se dazu, einem Vermieter zu unterstellen, Eigenbedarf lediglich vorzuschieben und damit gegebenenfalls einen strafrechtlich relevanten Betrug zu begehen. Vorliegend sind keine ausreichenden Umstände dahingehend vorgetragen, noch sonst ersichtlich, dass die Kläger konkrete Zweifel daran hatten, dass Pläne bestanden, dass die Mutter des Beklagten in das Einfamilienhaus einziehen soll.
Insoweit erachtet die Kammer die Ausführungen der Klägerseite, dass sie keine konkreten Zweifel an dem vorgebrachten Kündigungsgrund hatte, vielmehr das Vorbringen des Beklagten in der Kündigung für sie plausibel war, für stimmig. Nach Ansicht der Kammer war unter Zugrundelegung des Parteivorbringens nicht fernliegend und damit auch (zunächst) nicht anzuzweifeln, dass die Mutter des Beklagten in dessen räumliche Nähe ziehen sollte in ein Haus, welches die Möglichkeit bot, hier auch eine Pflegekraft unterzubringen.
Dafür, dass die Kläger Zweifel hieran hatten, könnten sich allenfalls – wie die Beklagtenseite vorbringt – aus deren Kündigung vom 2.5.2019 ergeben (Bl. 31 der Akte), wo die Klägerin und ihr Ehemann ausführen:
„Wir betonen, dass unsere Kündigung erfolgt ist, da sie wegen Eigenbedarfs gekündigt haben, weil ihre Mutter in die Mietsache einziehen soll. Schadensersatzansprüche und strafrechtliche Schritte im Falle eines vorgetäuschten Eigenbedarfs behalten wir uns vor.“
Hieraus ergeben sich indes allenfalls allgemeine Zweifel, nicht hingegen konkrete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Eigenbedarfskündigung. Diese Zweifel sind unbeachtlich.
Die Kausalität ist nicht durch die Kündigung und den (frühen) Auszug der Mieter unterbrochen. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin und ihr Ehemann auch ohne die Eigenbedarfskündigung ausgezogen wären. Vielmehr war die Eigenbedarfskündigung Anlass für den „freiwilligen“ Umzug.
Der Kausalzusammenhang wird nicht dadurch ausgeschlossen oder unterbrochen, dass ein auf eigenem Willensentschluss beruhendes Verhalten des Mieters hinzutritt; denn das Handeln des Mieters ist durch die Kündigung des Vermieters herausgefordert worden und stellt kein ungewöhnliches, sondern eine unter Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsparteien naheliegende Reaktion dar (vgl. Bay OLG a.a.O.; BGH, Urt. v. 7.6.1951 – III ZR 181/ 50, NJW 1951, 797 f.).
Soweit der Beklagte meint, es sei nicht ungewöhnlich, dass ältere Menschen sich verkleinern und altersgerechte Wohnungen suchen (mithin allein der Wunsch nach Verkleinerung zum Auszug führte), ist dies rein spekulativ und für den vorliegenden Fall ohne greifbare Anhaltspunkte. Ebenso wenig ungewöhnlich ist es, dass ältere Menschen – wie auch die Mutter des Beklagten -, gerade auch bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen den hohen Aufwand eines Umzuges und die räumliche Veränderung scheuen, vor allem, wenn dieser mit höheren Kosten verbunden ist.
Der Umstand, dass die Klägerin und ihr Mann nicht gegen die Eigenbedarfskündigung vorgegangen sind und es auf einen Räumungsprozess haben ankommen lassen, ändert weder etwas an der Kausalität, noch führt es zu einem Mitverschulden der Klägerin nach § 254 BGB.
Mangels stichhaltiger Anhaltspunkte für eine vorgeschobene Eigenbedarfskündigung waren die Klägerin und ihr Ehemann nicht gehalten, gegen die Kündigung vorzugehen.
Dem Mieter fällt bei einer Kündigung des Vermieters regelmäßig auch dann kein Mitverschulden zur Last, wenn er freiwillig räumt. In der unrechtmäßigen Kündigung oder Räumungsaufforderung liegt nämlich eine schwere Vertragsverletzung, die den Mieter zur fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB berechtigen würde. Überdies kann der Vermieter sich gegenüber dem Mieter nicht darauf berufen, dass das Mietverhältnis infolge der Unwirksamkeit der Kündigung fortbesteht. Nur wenn das Fehlen eines Kündigungsgrundes evident auf der Hand liegt oder wenn dem Mieter aus anderen Umständen des konkreten Einzelfalles zumutbar ist, sich gegen die Kündigung zu wehren, kann eine Ersatzpflicht des Vermieters für Kündigungsfolgeschäden aus dem Gesichtspunkt mitwirkenden Verschuldens des Mieters ganz oder teilweise entfallen. In diesen Fällen wird es aber meist schon an der Kausalität der Pflichtverletzung für den Schaden fehlen (Schmidt/Futterer, Mietrecht, 15.Aufl., § 542 RZ 109).
Vorliegend lag ein vorgeschobener Eigenbedarf nicht auf der Hand. Die Klägerin und ihr Ehmann waren daher nicht gehalten, eine Klage zu erheben. Der „freiwillige“ Auszug ohne Klage unterbricht weder den Kausalverlauf, noch führt er zu einem Mitverschulden. Die Klägerin und ihr Mann hatten nach eigenen Angaben Interesse daran, ihr Umfeld so gering wie möglich zu verändern (Ärzte etc), so dass der Abschluss des neuen Mietvertrages, auch wenn das Mietverhältnis aufgrund der Eigenbedarfskündigung (frühestens) mit Ablauf des Jahres geendet hätte, nachvollziehbar ist.
Die Schadenspositionen wären nicht auch bei rechtmäßigen Alternativverhalten angefallen. Hierfür trägt der Vermieter die Beweislast (Schmidt/Futterer, a.a.O., § 573 BGB Rz. 226).
Soweit sich der Beklagte darauf beruft, dass das Mietverhältnis im Ergebnis aufgrund seiner Kündigung wegen Zahlungsverzuges beendet worden sei, ändert dies nichts an der Kausalität der unrechtmäßigen Eigenbedarfskündigung für die Schadenspositionen.
Zum einen hat entsprechend der amtsgerichtlichen Ausführungen die Kündigung der Klägerin und ihres Ehemannes das Mietverhältnis beendet mit der Folge, dass die Mieter nicht in Zahlungsverzug geraten sind. Zudem dürfte ohnehin nicht außer Acht gelassen werden, dass der etwaige Zahlungsverzug indirekte Folge der Eigenbedarfskündigung gewesen wäre. Denkt man die unrechtmäßige Eigenbedarfskündigung hinweg, so wäre es nicht zur Kündigung durch die Klägerin und ihres danach verstorbenen Ehemannes mit Irrungen und Wirrungen betreffend die Kündigungsfrist gekommen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin und ihr Ehemann – ohne die Eigenbedarfskündigung und ohne Auszug – die Mietzinszahlungen eingestellt hätten und in Verzug gekommen wären.
Soweit der Beklagte der Klägerin und ihrem Ehemann bereits im Mai 2019 eine andere Wohnung angeboten hat, waren sie nicht gehalten, dieses Angebot anzunehmen.
Auch der Höhe nach hat die Berufung keinen Erfolg.
Betreffend die Kosten der Umzugsfirma begegnet es keinen Bedenken, dass das Amtsgericht seine Überzeugung hinsichtlich des Entstehens der Umzugskosten auf das Festpreisangebot und dem unterzeichneten Vermerk „Betrag in bar erhalten“ gestützt hat. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des Amtsgerichts wird zur Meidung von Wiederholungen verwiesen. Dem Angebot ist auch zu entnehmen, für welche Leistungen das Entgelt entrichtet worden ist, so dass auch betreffend die Angemessenheit und Ortsüblichkeit des Preises auf das amtsgerichtliche Urteil verwiesen werden kann.
2. Hinsichtlich der mit der Klage begehrten Anwaltskosten kann vollumfänglich auf dieAusführungen des Amtsgerichts verwiesen werden. Es handelt sich nicht um eine Nebenforderung, da die geltend gemachten Anwaltskosten keine anwaltliche Tätigkeit betreffend die hiesigen Schadensersatzansprüche betrafen. Dies ergibt sich, wie das Amtsgericht ausführt, aus dem Gegenstandswert (Kaltmiete 570 Euro * 12 Monate) und dem in der Kostenrechnung in Bezug genommenen Aktenzeichen IV 2/19.
3. Auch soweit das Amtsgericht der Klägerin die Mietdifferenz zugesprochen hat, hat dieBerufung keinen Erfolg.
Ersatzfähig sind die Kosten, die der Mieter für die Nutzung der neuen Mieträume zusätzlich aufbringen muss. Unterscheiden sich beide Mietobjekte nach Preis, Größe oder Ausstattung, kann die Höhe der Differenzmiete nach unten zu korrigieren sein. Eine geringfügig größere Fläche des neuen Mietobjekts nötigt dazu aber nur, wenn sie einen nennenswerten Vorteil bringt (BGH, Urt. v. 15.3.2000 – XII 81/97, NJW 2000, 2342).
Das Amtsgericht hat ausgeführt, dass die Mietdifferenz nicht auf einem höheren Wohnwert beruhe und hat dies ausführlich begründet. Auf die Ausführungen wird Bezug genommen. Die Berufung führt nicht aus, inwiefern vorliegend die Mietdifferenz Folge eines höheren Wohnwertes sein könnte.
Schon erstinstanzlich war nur bestritten, dass die Immobilie „gleicher Art und Güte“ sei.
Für eine Wohnwertverbesserung – mit Ausnahme der behindertengerechten Ausstattung – ist vorliegend nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich. Von Art (Einfamilienhaus mit Garten versus Dachgeschosswohnung) und Größe haben sich die Eheleute (jedenfalls objektiv) verschlechtert.
4. Hinsichtlich der Kosten für die Eigenleistungen der Klägerin gilt zunächst, dass zum Schaden statt der Leistung als „provozierte Aufwendungen“ die Kosten für die Suche nach einem neuen Mietobjekt gehören und der Mieter auch Kosten für eigene Arbeitszeit geltend machen kann, die für den Umzug erforderlich war, da sie über normalen Verwaltungsaufwand hinausgeht und dem Vermieter dadurch wesentlich höhere Kosten eines für diese Arbeiten beauftragten Unternehmens erspart wurden (im Ergebnis LG Hamburg, Urt. v. 6.11.1992 – 311 S 180/91, NJW-RR 1993, 333).
Die Kammer verweist betreff. die Kosten der Eigenleistungen auf die Ausführungen des Amtsgerichts, welche lediglich wie folgt ergänzt werden.
Für die Schadensberechnung gilt die Beweismaßreduktion des § 287 Abs. 1 ZPO. Zwar muss der Mieter belastbare Anknüpfungstatsachen darlegen und ggf. beweisen. Reichen sie für eine Schätzung aber nicht aus, ist zu prüfen, ob sie wenigstens die Ermittlung eines Mindestschadens erlauben (BGH, Urt. v. 28.2.1996 – XII ZR 186/94; NJW-RR 1996, 1077).
Die Darlegungslast des Geschädigten unterliegt geringeren Anforderungen als bei § 286 BGB. Es genügt, wenn er Tatsachen vorträgt und unter Beweis stellt, die für eine Beurteilung nach § 287 BGB ausreichende greifbare Anhaltspunkte bieten. Welche Anforderungen sich daraus ergeben, hängt vom Einzelfall ab, insbesondere auch von den Möglichkeiten, die dem Geschädigten zur Verfügung stehen, seinen Vortrag zu konkretisieren (BGH, Urt. v. 17.2.1998 – VI ZR 342/96, NJW 1998, 1633).
Das Amtsgericht hat vorliegend einen Stundenlohn i.H.v. 10 Euro/Stunde, welchen auch die Kammer für angemessen erachtet, für 440 Stunden in Ansatz gebracht und dazu ausgeführt, aufgrund der Anhörung der Klägerin und der Angaben der Zeuginnen davon überzeugt zu sein, dass die Klägerin im Zeitraum 10.-32. KW je 20 Stunden pro Woche für den Umzug aufgewendet hat. Dies ist nicht zu beanstanden.
Greifbare Anhaltspunkte für eine Schadenschätzung liegen vor. Die Klägerin hat ausgeführt, mehr als 20 Stunden pro Stunde für den Umzug im fraglichen Zeitraum aufgewendet zu haben. Die Tochter der Klägerin hat den erheblichen Arbeitseinsatz der Klägerin geschildert und auch die Zeuginnen „…“ und „…“ haben angegeben, dass die Klägerin keine Zeit mehr hatte und auch ihre Kurse an der Volkshochschule im fraglichen Zeitraum umzugsbedingt nicht besucht hat.
Berücksichtigt man diese Angaben, als auch, dass das Einfamilienhaus eine Wohnfläche von ca. 120 qm, einen großen Keller und nach Angaben der Zeuginnen zwei vollgestellte Schuppen und eine vollgestellte Garage hatte und die Eheleute dort 35 Jahre gelebt haben – selbst das Kinderzimmer der 46jährigen Tochter der Klägerin, die mit 20 Jahren ausgezogen ist, war noch eingeräumt – ist eine Schätzung auf 440 Stunden für die Arbeiten der Klägerin (Ausräumen der Räumlichkeiten, Aussortieren, Sachen zu Secondhandhandlern verbringen und Suche und Einrichten der neuen Wohnung) nicht zu beanstanden.
Entsprechend der Ausführungen des Amtsgerichts gehören auch die Anschaffungskosten für übernommenes uns neu angeschafftes Mobiliar zum ersatzfähigen Schaden, soweit diese Anschaffungen deshalb erforderlich waren, weil die in den alten Räumlichkeiten vorhandenen Gegenstände in die neuen Räume nicht hineinpassten/nicht vorhanden waren. So aber verhält es sich nach den Feststellungen des Amtsgerichts hier. Die übernommenen Gegenstände hätte die Klägerin entweder neu anschaffen oder aber übernehmen müssen. Die übrigen, neu angeschafften (zuvor nicht vorhandenen bzw. nicht in die Wohnung passenden) Gegenstände mussten die Mieter wegen des Umzugs neu anschaffen.
Da diese Gebrauchsgegenstände allesamt nicht werthaltig sind und regelmäßig einer höheren Entwertung unterliegen als Geld, ist auch eine Vermögensdifferenz festzustellen (siehe Beck online, Mietrecht, § 242 RZ 232; LG Hamburg, a.a.O., NJW-RR 1993, 333).
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708, 711, 713, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.