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Freiwilligen Auszug bei unberechtigter Eigenbedarfskündigung – Schadensersatzanspruch?

Ein Vermieter aus Kassel wollte seine Mieterin loswerden und kündigte ihr wegen Eigenbedarfs. Doch dann vermietete er das Haus an jemand anderen – und muss nun über 14.000 Euro Schadensersatz zahlen. Das Landgericht Kassel bestätigte jetzt ein Urteil des Amtsgerichts, das den Eigenbedarf als vorgetäuscht ansah und dem Vermieter die hohen Kosten des Rechtsstreits aufbürdete.

Das Wichtigste in Kürze

  • In diesem Urteil ging es um eine Eigenbedarfskündigung, die der Vermieter ausgesprochen hatte, um das Mietverhältnis zu beenden.
  • Der Mieter klagte auf Schadensersatz, da er der Ansicht war, der Eigenbedarf sei nur vorgetäuscht, um sie aus dem Haus zu drängen und die Wohnung neu zu vermieten.
  • Schwierigkeiten bestanden vor allem darin, den tatsächlichen Bedarf des Vermieters glaubhaft zu machen, da das Haus nach dem Auszug der Mieter erst leer stand und schließlich neu vermietet wurde.
  • Das Gericht entschied zugunsten der Klägerin (Mieterin) und wies die Berufung des Beklagten (Vermieter) zurück, womit die Eigenbedarfskündigung als ungerechtfertigt anerkannt wurde.
  • Das Gericht sah die Beweise für den vorgetäuschten Eigenbedarf als ausreichend an, vor allem durch das Verhalten des Vermieters, der das Haus erneut zur Vermietung anbot.
  • Als Ergebnis muss der Vermieter Schadensersatz an die ehemalige Mieterin zahlen, einschließlich der von ihr geltend gemachten Umzugskosten und Mietdifferenzen.
  • Die Entscheidung verdeutlicht, dass Vermieter bei Eigenbedarfskündigungen glaubhafte und nachvollziehbare Gründe darlegen müssen, um diese zu rechtfertigen.
  • Dieses Urteil stärkt die Rechte von Mietern gegen unrechtmäßige Eigenbedarfskündigungen.

Eigenbedarfskündigung: Rechte der Mieter bei unberechtigter Kündigung

Die Eigenbedarfskündigung ist ein zentraler Aspekt des Mietrechts, der oft zu rechtlichen Auseinandersetzungen führt. Vermieter haben das Recht, einen Mietvertrag zu kündigen, wenn sie die Wohnung für sich selbst oder Angehörige benötigen. Doch nicht immer sind diese Kündigungen gerechtfertigt. Bei unberechtigten Kündigungen haben Mieter Rechte – inklusive des Rechts auf Schadensersatz, wenn sie zum freiwilligen Auszug gedrängt werden. Die komplexen Kündigungsfristen und der Kündigungsschutz erfordern eine genaue rechtliche Analyse, insbesondere wenn es um eine Räumungsklage oder Mietminderung geht. Im Folgenden betrachten wir einen konkreten Fall, der diese Thematik beleuchtet.

Der Fall vor Gericht


Gericht weist Berufung in Eigenbedarfs-Streitfall zurück

Das Landgericht Kassel hat die Berufung eines Vermieters gegen ein Urteil des Amtsgerichts Kassel zurückgewiesen. Der Fall dreht sich um eine umstrittene Eigenbedarfskündigung und daraus resultierende Schadensersatzansprüche der ehemaligen Mieterin.

Langjähriges Mietverhältnis durch Eigenbedarfskündigung beendet

Eigenbedarfskündigung vorgetäuscht
(Symbolfoto: Ideogram gen.)

Die Klägerin hatte seit 1983 gemeinsam mit ihrem Ehemann ein Einfamilienhaus in Kassel gemietet. Der Beklagte, der als neuer Eigentümer in das Mietverhältnis eingetreten war, kündigte den Mietvertrag am 3. Januar 2019 zum Jahresende wegen Eigenbedarfs. Als Grund gab er an, dass seine Mutter in das Haus einziehen solle.

Die Mieter zogen daraufhin vorzeitig zum 31. Juli 2019 aus und mieteten eine neue Wohnung an. Kurz darauf bot der Vermieter das Haus jedoch zur Neuvermietung an und vermietete es schließlich ab Mai 2020 an einen anderen Mieter.

Gericht sieht vorgetäuschten Eigenbedarf

Das Amtsgericht Kassel gab der Schadensersatzklage der ehemaligen Mieterin statt. Es sah den Eigenbedarf als vorgetäuscht an, da der im Kündigungsschreiben genannte Nutzungswunsch offenbar nicht bestanden habe. Das Gericht stellte fest: „Wenn der Vermieter den im Kündigungsschreiben behaupteten Nutzungswunsch nach dem Auszug des Mieters nicht in die Tat umsetze, so liege der Verdacht nahe, dass der Eigenbedarf nur vorgeschoben gewesen sei.“

Der Vermieter konnte nach Ansicht des Gerichts nicht plausibel darlegen, warum der zunächst geltend gemachte Eigenbedarf nachträglich entfallen sein sollte. Seine Behauptung, erst im März 2020 gemeinsam mit seiner Mutter aufgrund der Corona-Pandemie entschieden zu haben, dass diese doch nicht einziehen werde, überzeugte das Gericht nicht.

Umfangreicher Schadensersatz zugesprochen

Das Amtsgericht verurteilte den Vermieter zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 14.742,57 Euro nebst Zinsen. Darin enthalten sind unter anderem Umzugskosten, Mietdifferenz für dreieinhalb Jahre, Kosten für neue Einrichtungsgegenstände sowie Aufwendungen für Umzugsarbeiten.

Das Landgericht Kassel bestätigte nun diese Entscheidung und wies die Berufung des Vermieters zurück. Die Kosten des Berufungsverfahrens muss der Vermieter tragen. Sowohl das Urteil des Amtsgerichts als auch das des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.

Der Fall unterstreicht die strenge Prüfung von Eigenbedarfskündigungen durch die Gerichte. Vermieter müssen demnach nicht nur zum Zeitpunkt der Kündigung einen ernsthaften Nutzungswillen haben, sondern diesen auch umsetzen. Andernfalls drohen erhebliche Schadensersatzforderungen der Mieter.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil unterstreicht die strenge Prüfung von Eigenbedarfskündigungen durch die Gerichte. Vermieter müssen nicht nur zum Kündigungszeitpunkt einen ernsthaften Nutzungswillen nachweisen, sondern diesen auch tatsächlich umsetzen. Wird der behauptete Eigenbedarf nicht realisiert, liegt der Verdacht eines vorgetäuschten Eigenbedarfs nahe. Dies kann zu erheblichen Schadensersatzansprüchen der Mieter führen, wie im vorliegenden Fall die Verurteilung zur Zahlung von über 14.000 Euro zeigt.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil stärkt die Rechte von Mietern, die von einer Eigenbedarfskündigung betroffen sind. Wenn Sie als Mieter den Verdacht haben, dass der Eigenbedarf nur vorgetäuscht wurde, haben Sie gute Chancen auf Schadensersatz. Das Gericht legt strenge Maßstäbe an die Begründung des Vermieters an, warum der behauptete Eigenbedarf nicht umgesetzt wurde. Können Sie plausibel darlegen, dass der Vermieter von Anfang an keinen echten Eigenbedarf hatte, müssen Sie dies nicht weiter beweisen. In diesem Fall können Sie verschiedene Kosten ersetzt bekommen, die Ihnen durch den erzwungenen Umzug entstanden sind – etwa Umzugskosten, Maklergebühren, Renovierungskosten oder eine höhere Miete in der neuen Wohnung. Wichtig ist, dass Sie trotz Zweifeln an der Kündigung zunächst ausziehen können, ohne Ihre Schadensersatzansprüche zu verlieren. Sie müssen sich also nicht auf einen riskanten Rechtsstreit einlassen.


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was gilt rechtlich als vorgetäuschter Eigenbedarf?

Ein vorgetäuschter Eigenbedarf liegt vor, wenn der Vermieter eine Eigenbedarfskündigung ausspricht, ohne tatsächlich die Absicht zu haben, die Wohnung selbst zu nutzen oder sie einer berechtigten Person zur Verfügung zu stellen. Entscheidend ist der fehlende ernsthafte Nutzungswille zum Zeitpunkt der Kündigung.

Rechtliche Kriterien

Gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB muss der Vermieter bei einer Eigenbedarfskündigung die Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigen. Fehlt diese Absicht, liegt ein vorgetäuschter Eigenbedarf vor. Dies kann sich auf verschiedene Weise äußern:

  • Der Vermieter zieht nach dem Auszug des Mieters nicht selbst ein.
  • Die Wohnung wird kurz nach dem Auszug des Mieters an Dritte vermietet.
  • Der angegebene Grund für den Eigenbedarf entfällt kurz nach der Kündigung, ohne dass der Vermieter den Mieter darüber informiert.

Wichtig ist, dass der Vermieter bis zum Ablauf der Kündigungsfrist verpflichtet ist, den Mieter über den Wegfall des Eigenbedarfs zu informieren.

Typische Anzeichen

Folgende Situationen können auf einen vorgetäuschten Eigenbedarf hindeuten:

  • Der Vermieter kündigt kurz nach dem Erwerb der Immobilie.
  • Die Begründung des Eigenbedarfs ist vage oder widersprüchlich.
  • Der Vermieter bietet dem Mieter eine andere Wohnung an.
  • Die als Eigenbedarfsperson angegebene Person hat bereits eine adäquate Wohnung.

Grenzfälle und Ausnahmen

Es gibt Situationen, in denen der Eigenbedarf zunächst bestand, sich aber die Umstände geändert haben. Wenn Sie als Mieter beispielsweise nach einer Eigenbedarfskündigung ausziehen und der Vermieter kurz darauf die Wohnung verkauft, muss dies nicht zwangsläufig ein vorgetäuschter Eigenbedarf sein. Entscheidend ist, ob zum Zeitpunkt der Kündigung ein ernsthafter Nutzungswille bestand.

Wenn der Eigenbedarf nach Ihrem Auszug wegfällt, etwa weil die einziehende Person verstirbt oder sich ihre Lebensumstände ändern, liegt kein vorgetäuschter Eigenbedarf vor, solange der Vermieter zum Zeitpunkt der Kündigung in gutem Glauben gehandelt hat.

Beachten Sie: Die Beweislast für einen vorgetäuschten Eigenbedarf liegt beim Mieter. Wenn Sie einen Verdacht haben, sollten Sie Indizien sammeln, wie etwa Nachforschungen zur tatsächlichen Nutzung der Wohnung nach Ihrem Auszug.


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Welche Schadensersatzansprüche haben Mieter bei vorgetäuschtem Eigenbedarf?

Bei vorgetäuschtem Eigenbedarf haben Mieter Anspruch auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB. Dies gilt auch, wenn Sie freiwillig ausgezogen sind, solange Sie von der Rechtmäßigkeit der Kündigung ausgehen durften. Folgende Schadensposten können Sie geltend machen:

Umzugskosten

Sie können sämtliche mit dem Umzug verbundenen Kosten ersetzt verlangen. Dazu gehören:

  • Kosten für das Umzugsunternehmen
  • Aufwendungen für Verpackungsmaterial
  • Fahrtkosten für Besichtigungstermine neuer Wohnungen
  • Kosten für An- und Abmeldungen (z.B. Telefon, Internet)

Bewahren Sie alle Rechnungen und Belege sorgfältig auf, um Ihre Ansprüche zu dokumentieren.

Mietdifferenz

Wenn Ihre neue Wohnung teurer ist als die gekündigte, können Sie die Mietdifferenz für einen angemessenen Zeitraum geltend machen. Die Rechtsprechung geht hier oft von einem Zeitraum von 3-4 Jahren aus. Beachten Sie, dass nur die reine Nettokaltmiete verglichen wird.

Renovierungskosten

Mussten Sie die alte Wohnung beim Auszug renovieren oder die neue Wohnung für den Einzug herrichten, sind auch diese Kosten erstattungsfähig. Gleiches gilt für notwendige Neuanschaffungen, wenn Ihre alten Möbel nicht in die neue Wohnung passen.

Maklerkosten

Haben Sie für die Suche nach einer neuen Wohnung einen Makler beauftragt, können Sie diese Kosten ebenfalls geltend machen.

Beweislast und Vorgehen

Die Beweislast für den vorgetäuschten Eigenbedarf liegt bei Ihnen als Mieter. Sammeln Sie daher alle Indizien, die darauf hindeuten, dass der Vermieter die Wohnung nicht wie angekündigt nutzt. Beispiele sind:

  • Die Wohnung steht leer
  • Es sind andere Personen eingezogen als angekündigt
  • Die Wohnung wurde kurz nach Ihrem Auszug zum Verkauf angeboten

Wenn Sie einen begründeten Verdacht haben, können Sie Ihren Vermieter zur Stellungnahme auffordern. Reagiert er nicht oder nicht überzeugend, können Sie Ihre Ansprüche gerichtlich geltend machen.


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Wie können sich Mieter gegen eine Eigenbedarfskündigung wehren?

Mieter haben mehrere Möglichkeiten, sich gegen eine Eigenbedarfskündigung zu wehren:

Prüfung der Kündigungsvoraussetzungen

Zunächst sollten Sie die formellen und inhaltlichen Voraussetzungen der Kündigung genau prüfen. Eine wirksame Eigenbedarfskündigung muss schriftlich erfolgen und den Kündigungsgrund konkret darlegen. Fehlt eine ausreichende Begründung oder ist die Kündigung nicht unterschrieben, können Sie die Unwirksamkeit geltend machen.

Widerspruch einlegen

Sie können der Kündigung innerhalb von zwei Monaten nach Zugang schriftlich widersprechen. Begründen Sie den Widerspruch mit persönlichen Härten, die ein Auszug für Sie bedeuten würde. Dazu zählen beispielsweise hohes Alter, schwere Krankheit oder eine bevorstehende wichtige Prüfung.

Soziale Härte geltend machen

Wenn der Auszug für Sie eine besondere Härte darstellt, können Sie die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen. Das Gericht wägt dann Ihre Interessen gegen die des Vermieters ab. Besonders erfolgversprechend sind Härtefälle wie hohes Alter in Kombination mit langer Mietdauer oder schwere Erkrankungen.

Überprüfung des Eigenbedarfsgrunds

Hinterfragen Sie kritisch, ob der angegebene Eigenbedarf tatsächlich besteht. Wenn Sie Zweifel haben, können Sie den Vermieter um nähere Informationen bitten. Bei Verdacht auf vorgetäuschten Eigenbedarf haben Sie die Möglichkeit, rechtliche Schritte einzuleiten.

Kündigungssperrfrist beachten

In bestimmten Fällen, etwa nach Umwandlung der Mietwohnung in Eigentum, gilt eine Kündigungssperrfrist von bis zu zehn Jahren. Prüfen Sie, ob eine solche Sperrfrist auf Ihre Situation zutrifft.

Gerichtliche Klärung

Wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, können Sie die Wirksamkeit der Kündigung gerichtlich überprüfen lassen. Bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung müssen Sie die Wohnung nicht räumen. Beachten Sie jedoch, dass Sie bei Unterliegen vor Gericht mit erheblichen Kosten rechnen müssen.


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Welche Beweise brauchen Mieter, um vorgetäuschten Eigenbedarf nachzuweisen?

Um vorgetäuschten Eigenbedarf nachzuweisen, müssen Mieter stichhaltige Beweise sammeln. Folgende Beweismittel werden vor Gericht in der Regel anerkannt:

Dokumentation von Verdachtsmomenten

Notieren Sie alle Auffälligkeiten im Zusammenhang mit der Eigenbedarfskündigung. Dazu gehören widersprüchliche Aussagen des Vermieters oder ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Kündigung und vorherigen Streitigkeiten. Diese Aufzeichnungen können als Indizien dienen.

Immobilieninserate

Überprüfen Sie regelmäßig Immobilienportale und lokale Zeitungen. Wird die Wohnung dort zur Vermietung oder zum Verkauf angeboten, ist dies ein starkes Indiz für vorgetäuschten Eigenbedarf. Machen Sie Screenshots oder bewahren Sie Ausdrucke der Anzeigen auf.

Zeugenaussagen

Befragen Sie Nachbarn oder andere Hausbewohner, ob tatsächlich die in der Eigenbedarfserklärung genannte Person eingezogen ist. Zeugenaussagen können vor Gericht sehr wertvoll sein. Bitten Sie kooperative Nachbarn, ihre Beobachtungen schriftlich festzuhalten.

Klingelschild und Briefkasten

Überprüfen Sie nach Ihrem Auszug, welcher Name auf dem Klingelschild und Briefkasten steht. Weicht dieser von der in der Eigenbedarfserklärung genannten Person ab, deutet dies auf einen vorgetäuschten Eigenbedarf hin.

Fotos und Videos

Dokumentieren Sie den Zustand der Wohnung bei der Übergabe. Sollte der Vermieter später behaupten, Renovierungsarbeiten hätten den Einzug verzögert, können Sie dies widerlegen. Achten Sie dabei auf die Einhaltung des Datenschutzes und des Persönlichkeitsrechts.

Schriftverkehr mit dem Vermieter

Bewahren Sie sämtliche Korrespondenz mit dem Vermieter auf, insbesondere die Eigenbedarfskündigung und eventuelle Nachfragen Ihrerseits. Widersprüchliche oder ausweichende Antworten des Vermieters können als Indiz dienen.

Detektiv als letztes Mittel

In besonders schwerwiegenden Fällen kann die Beauftragung eines Detektivs erwogen werden. Dies sollte jedoch nur nach sorgfältiger Abwägung und als letztes Mittel geschehen, da die Kosten hierfür erheblich sein können.

Wenn Sie diese Beweise systematisch sammeln und dokumentieren, verbessern Sie Ihre Chancen, einen vorgetäuschten Eigenbedarf nachzuweisen. Bedenken Sie, dass die Beweislast bei Ihnen als Mieter liegt. Je mehr stichhaltige Indizien Sie vorlegen können, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Gericht Ihren Verdacht als begründet ansieht.


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Wie lange nach dem Auszug können Mieter Schadensersatz fordern?

Mieter können Schadensersatz wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs grundsätzlich bis zu drei Jahre nach dem Ende des Jahres, in dem sie von der Täuschung Kenntnis erlangt haben, geltend machen. Diese Frist ergibt sich aus der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB.

Beginn der Verjährungsfrist

Der Beginn der Verjährungsfrist richtet sich nach § 199 Abs. 1 BGB. Demnach beginnt die Frist mit dem Schluss des Jahres, in dem:

  1. der Anspruch entstanden ist und
  2. der Mieter von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

Wenn Sie also beispielsweise im Juni 2024 erfahren, dass der Eigenbedarf nur vorgetäuscht war, beginnt die Verjährungsfrist am 1. Januar 2025 und endet am 31. Dezember 2027.

Besonderheiten bei der Fristberechnung

Es ist wichtig zu beachten, dass die Verjährungsfrist nicht mit dem Auszug beginnt, sondern erst mit der Kenntnis von der Täuschung. In der Praxis kann dies bedeuten, dass Sie auch Jahre nach Ihrem Auszug noch Schadensersatzansprüche geltend machen können, sofern Sie erst später von der Täuschung erfahren haben.

Hemmung der Verjährung

Die Verjährung kann unter bestimmten Umständen gehemmt werden. Eine Hemmung tritt beispielsweise ein, wenn Sie mit dem Vermieter in Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände eintreten. In diesem Fall ist die Verjährung gehemmt, bis eine Partei die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert.

Beweislast und Dokumentation

Für die erfolgreiche Durchsetzung Ihres Anspruchs ist es entscheidend, dass Sie den vorgetäuschten Eigenbedarf nachweisen können. Sammeln und dokumentieren Sie daher alle Informationen und Beweise, die darauf hindeuten, dass der Vermieter die Wohnung nicht wie angekündigt selbst nutzt oder genutzt hat. Dies können beispielsweise Zeugenaussagen von Nachbarn oder neue Mietanzeigen für die betreffende Wohnung sein.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie spezielle Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Eigenbedarfskündigung

Eine Eigenbedarfskündigung ist eine spezielle Form der Kündigung im Mietrecht, bei der ein Vermieter den Mietvertrag kündigt, weil er die Wohnung für sich selbst oder nahe Angehörige benötigt. Diese Form der Kündigung ist gesetzlich im § 573 BGB verankert und erfordert eine nachvollziehbare Begründung des Vermieters.

Beispiel: Ein Vermieter kann die Wohnung kündigen, wenn seine Tochter nach einem Umzug die Wohnung benötigt. Ist dies nicht glaubhaft, könnte ein Verdacht auf vorgetäuschten Eigenbedarf entstehen.

Im Vergleich zu anderen Kündigungen, wie z.B. der fristlosen Kündigung nach § 543 BGB, muss der Vermieter hier den Bedarf genau belegen. Der Unterschied zu einem normalen Kündigungsrecht liegt hauptsächlich im Erfordernis eines nachvollziehbaren Eigenbedarfs und seiner ernsthaften Umsetzung.

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Schadensersatz

Schadensersatz im Mietrecht ist eine Entschädigung für Verluste oder Nachteile, die ein Mieter aufgrund einer unberechtigten Handlungsweise des Vermieters erlitten hat. Im Kontext der Eigenbedarfskündigung kann ein Mieter Schadensersatz verlangen, wenn der Eigenbedarf des Vermieters nur vorgetäuscht war und ihm dadurch Kosten wie Umzugskosten oder eine höhere Miete entstanden sind.

Beispiel: Ein Mieter muss in eine teurere Wohnung umziehen, da der Vermieter vorgab, die alte Wohnung für persönliche Zwecke zu benötigen. Später wird die Wohnung jedoch an jemand anderen vermietet.

Der Schadensersatzanspruch fußt auf § 280 Abs. 1 BGB, der vertragliche Pflichtverstöße regelt. Wichtig ist hier die Darlegung der konkreten Schäden und der Kausalität zur unrechtmäßigen Kündigung.

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Vorgetäuschter Eigenbedarf

Vorgetäuschter Eigenbedarf liegt vor, wenn ein Vermieter einen Eigenbedarf angibt, der tatsächlich nicht besteht, um einen Mieter loszuwerden. Dieser Missbrauch des Kündigungsgrundes kann erhebliche rechtliche Konsequenzen wie Schadensersatzansprüche nach sich ziehen.

Beispiel: Ein Vermieter gibt an, die Wohnung für seine Mutter zu benötigen, vermietet sie aber nach dem Auszug des Mieters an jemand Fremdes.

Kennzeichnend ist die Missachtung des tatsächlichen Bedürfnisses im Kündigungsverfahren. Ein vorgetäuschter Eigenbedarf erfordert oft die Überprüfung durch Gerichte, die ihre Entscheidung auf die Glaubwürdigkeit der vorgebrachten Gründe stützen.

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Mieterschutz

Mieterschutz bezeichnet die rechtlichen Bestimmungen, die Mieter vor willkürlichen oder unberechtigten Kündigungen schützen sollen. Dies umfasst u.a. den Kündigungsschutz, bei dem Eigenbedarfskündigungen auf ihre Berechtigung hin geprüft werden müssen.

Beispiel: Ein Mieter, der aufgrund einer vorgetäuschten Eigenbedarfskündigung seine Wohnung verlässt, kann sich auf rechtlichen Schutz und Schadensersatzforderungen stützen.

Mieterschutzgesetze, wie sie z.B. im § 574 BGB festgelegt sind, erlauben Mietern auch, Kündigungen zu widersprechen, wenn soziale Härten drohen. Der Mieterschutz zielt darauf ab, Mieter vor ungerechtfertigten Benachteiligungen durch Vermieterentscheidungen zu bewahren.

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Kündigungsrecht

Das Kündigungsrecht im Mietrecht erlaubt es beiden Parteien, das Mietverhältnis unter bestimmten Bedingungen zu beenden. Auf Vermieterseite, insb. bei Eigenbedarf, ist das Kündigungsrecht an strenge Voraussetzungen gebunden, wie im § 573 BGB festgelegt.

Beispiel: Ein Vermieter kündigt einem Mieter rechtmäßig mit ausreichender Frist, da er die Wohnung selbst nutzen will.

Dieses Recht muss mit Bedacht ausgeübt werden, da Missbrauch z.B. durch vorgetäuschten Eigenbedarf rechtliche Folgen hat. Wichtige Aspekte des Kündigungsrechts sind die Einhaltung gesetzlicher Fristen und die Bereitstellung einer ausreichenden Begründung bei Bedarfskündigungen.

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Räumungsklage

Eine Räumungsklage ist ein rechtliches Mittel, das Vermietern zur Verfügung steht, um einen Mieter gerichtlich zum Auszug zu bewegen, wenn dieser das Mietverhältnis nicht fristgerecht beendet. Voraussetzung ist eine rechtmäßige Kündigung, die der Mieter ignoriert hat.

Beispiel: Ein Mieter weigert sich auszuziehen, obwohl der Vertrag wegen Eigenbedarfs gekündigt wurde. Der Vermieter reicht daraufhin eine Räumungsklage ein.

Die Räumungsklage wird nötig, wenn Mieter auch nach Beendigung des Mietverhältnisses in der Wohnung verbleiben und kein freiwilliger Auszug erfolgt. Diese Klageform steht in direktem Zusammenhang mit dem rechtlichen Umgang bei Kündigungsfällen, insbesondere bei umstrittenen Kündigungsgründen, wie dem Eigenbedarf.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 280 Abs. 1 BGB: Dieser Paragraph regelt den Schadensersatzanspruch bei Pflichtverletzungen. Wenn eine Partei ihre vertraglichen Pflichten nicht erfüllt, kann die andere Partei Schadensersatz verlangen, sofern die Pflichtverletzung auch schuldhaft erfolgte. Im vorliegenden Fall wurde die Kündigung des Mietverhältnisses durch den Beklagten als unberechtigt eingestuft, was die Grundlage für den Schadensersatzanspruch der Klägerin bildet.
  • § 573 BGB: Dieser Paragraph beschreibt die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung durch den Vermieter, insbesondere bei Eigenbedarf. Der Vermieter muss eigenständige Gründe vorweisen können, die eine Kündigung rechtfertigen. Der Beklagte konnte nicht nachweisen, dass ein tatsächlicher Eigenbedarf bestand, was seine Kündigung rechtswidrig machte und die Grundlage für die Klage der Klägerin bietet.
  • § 543 BGB: Hier wird die fristlose Kündigung behandelt und unter welchen Umständen sie rechtlich zulässig ist. Eine fristlose Kündigung ist nur möglich, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der eine Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar macht. Der Beklagte kündigte das Mietverhältnis fristlos wegen Mietrückständen, jedoch war die vorherige Eigenbedarfskündigung unrechtmäßig, was im Falle der Klägerin zusätzliche Ansprüche auslöst.
  • § 574 BGB: Dieser Paragraph gibt dem Mieter die Möglichkeit, der Kündigung zu widersprechen, wenn die Fortsetzung des Mietverhältnisses für ihn den Verlust der Wohnung bedeutete und besondere soziale Härten drohen. Die Klägerin hätte dies als Argument anbringen können, falls die Kündigung vor Gericht geprüft worden wäre. Die unrechtmäßige Kündigung führt jedoch dazu, dass die Klägerin nicht nur ihre Wohnung verlor, sondern auch auf Schadensersatz klagen konnte.
  • § 985 BGB: Dieser Paragraph regelt den Herausgabeanspruch, der entsteht, wenn jemand unrechtmäßig im Besitz von etwas ist. Hier könnte der Beklagte in der rechtlichen Argumentation gefordert worden sein, die ihm nach der unberechtigten Kündigung überlassenen Räume zurückzugeben, sollten sie die Kündigung als ungerechtfertigt einordnen. Der Anspruch auf Schadensersatz der Klägerin ist auch im Kontext der illegalen Handhabung des Mietverhältnisses zu sehen.

Das vorliegende Urteil

 

LG Kassel – Az.: 1 S 222/22 – Urteil vom 23.11.2023


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

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