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Fristgerechte Mieterkündigung bei Beleidigung der Bewohner benachbarter Häuser

AG Brandenburg – Az.: 35 C 92/13 – Urteil vom 06.06.2014

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern die Beklagten nicht zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.

Tatbestand

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin vermietete mit Vertrag vom 28.07.1988 die Wohnung …, 1. Obergeschoss links. Die Klägerin ist nicht nur Vermieterin der Wohnungen in dem Mehrfamilienhaus …, sondern auch der Häuser …. Die dort wohnenden Mieter … und … (…), … (…),… (…) sowie … (…) ferner … (…) teilten der Klägerin mit, dass sie sich von der den Beklagten, insbesondere der Beklagten zu 1) verbal angegriffen, insbesondere beleidigt fühlten sowie dass der – leicht behinderte – Sohn der Zeugin … von der Beklagten zu 1) mit abwertenden Bemerkungen diffamiert werde.

Die Klägerin mahnte daraufhin mit Schreiben vom 30.08.2012 die Beklagten ab. Es heißt u.a.: „Uns liegen mehrere Schreiben vor, dass Mitbewohner und Mieter der o.g. Wohnanlagen von … täglich massiv beschimpft, bedroht und beleidigt werden …“.

Fristgerechte Mieterkündigung bei Beleidigung der Bewohner benachbarter Häuser
Symbolfoto: Von Andrey_Popov /Shutterstock.com

Nachdem erneut entsprechende Schriftstücke der Mieter eingegangen waren, kündigte die Klägerin mit Schreiben vorn 25.09.2012 ordentlich zum 30.06.2013. Zur Begründung wurde auf die im Abmahnungsschreiben enthaltenen Bezug genommenen Vorwürfe Bezug genommen. Insbesondere, dass am 27.08.2012 die Beklagte zu 1) die Zeugin … als Lügnerin, Miststück und alte Schlampe beschimpft habe sowie dass die Klägerin nach Ausspruch der Abmahnung von weiteren Vorfällen erfahren habe.

Hilfsweise hat die Klägerin erneut mit der Klageschrift vom 14.08.2013 die außerordentliche Kündigung des Mietvertrages erklärt aufgrund des dauerhaft pflichtwidrigen und schuldhaften Verhaltens der Beklagten. In dem Schriftsatz werden weitere Vorfälle geschildert aus dem Januar, April und Juli 2013.

Die Klägerin beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die Wohnung …, 1. Obergeschoss links zu räumen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie verweisen darauf, dass sie umgekehrt von den Zeugen grundlos beleidigt worden sei und mit unzutreffenden Behauptungen belastet worden sei.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg.

Die Beklagten sind nicht zur Räumung verpflichtet, denn das Mietverhältnis dauert an. Die Kündigung der Klägerin vom 25.09.2012 ist unwirksam. Die ordentliche Kündigung eines Mietverhältnisses gem. § 573 Abs. 1 BGB ist nur möglich, soweit ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Kündigung nachgewiesen ist.

In Betracht kommt insbesondere die erhebliche Verletzung einer der Pflichten des Mieters aus dem Mietvertrag (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Zu den Pflichten des Mieters gehört auch die Bewahrung des Hausfriedens bzw. des Unterlassens der Störung des Hausfriedens. Diese Pflicht ergibt sich aus § 242 BGB als Nebenpflicht aus dem Mietvertrag. Dass eine solche Pflicht besteht, wird auch in § 569 BGB ausdrücklich vorausgesetzt, wenn dort die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund auch auf eine Störung des Hausfriedens gestört werden kann.

Die Störung des Hausfriedens bezieht sich allerdings nur auf das Zusammenleben innerhalb des Gebäudes.

Gegenüber den Mitbewohnern in diesem Haus, typischer Weise bei einem Mehrfamilienhaus, das im Besitz des Vermieters ist, also zugleich Mitmietern sind deshalb Störungen zu unterlassen. Zu diesen Störungen gehören nicht nur das Unterlassen von Immissionen wie Gerüchen, Erschütterungen oder auch lauten oder besonders störenden Geräuschen, von denen die Bewohner des Hauses in Mitleidenschaft gezogen werden.

Vielmehr muss auch auf ein Mindestmaß an sozialem Verhalten geachtet werden. Insbesondere stellten Beleidigungen, Verleumdungen oder andere Straftaten gegenüber den Mitbewohnern des Hauses eine Störung des Hausfriedens dar.

Derartige Störungen des Hausfriedens liegen hier jedoch nicht vor.

Die Beklagten haben sich nach dem Vortrag der Kläger nur gegenüber den Bewohnern anderer in der Straße liegender Gebäude entsprechend verhalten. Ein derartiges Verhalten stellt aber keine Störung des Hausfriedens dar. Der Begriff des Hausfriedens kann auch nicht in einen allgemeinen Begriff des Nachbarschaftsfriedens erweitert werden. Vielmehr ist er eingeschränkt auszulegen.

Es handelt sich nämlich insofern um eine Ausnahmeregelung, als der Vermieter sich darauf berufen kann, dass eine Störung des Vertragsverhältnisses durch den Mieter auch dann vorliegt, wenn das missbilligte Verhalten sich ausschließlich gegen einen Dritten, nämlich den Mitbewohner des Mietshauses wendet. Der Vermieter kann sich aber nicht darauf berufen, dass der Mieter sich gegenüber Nachbarn aus der Straße oder dem Stadtviertel gegenüber nicht ordnungsgemäß verhält. Anderenfalls würde man dem Vermieter die Möglichkeit geben, als eine Art Hilfspolizist die Lebensführung der Mieter zu kontrollieren und bei jedem sozial abweichenden Verhalten darauf entsprechend reagieren zu können bzw. dies als Verletzung des Mietvertrages anzusehen.

Das muss erst recht gelten, wenn es, wie hier, um die üblichen Nachbarschaftsanfeindungen wie üble Nachrede, Verleumdung und Beleidigung geht.

Eine Erweiterung des Begriffs des Hausfriedens ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil die Klägerin nicht nur Vermieter des von dem Beklagten bewohnten Hauses ist, sondern auch Vermieter der in den Nachbargebäuden liegenden Wohnungen. Denn es kommt auf den eng zu fassenden faktischen Begriff der häuslichen Gemeinschaft an im Sinne der Nachbarschaft innerhalb eines Gebäudes, mit der durch das enge Zusammenleben innerhalb des Hauses erforderlichen besonderen Rücksichtnahme.

Die Zeugen und die Beklagten werden ihre Differenzen auf anderem rechtlichen Wege klären müssen. Die Einschaltung der Klägerin ist dafür ein untaugliches Mittel.

Aus den vorstehenden Gründen hat auch die fristlose hilfsweise Kündigung des Mietverhältnisses durch die Klageschrift das Mietverhältnis nicht beenden können. Denn eine erhebliche Störung des Hausfriedens, die gemäß § 569 Abs. 2 BGB eine Kündigung aus wichtigem Grund rechtfertigen könnte liegt auch dann nicht vor, wenn die von der Klägerin über das Verhaltens der Beklagten aufgestellten Behauptungen zuträfen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 11 und 711 ZPO.

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