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Fristlose Kündigung des Mieters bei mehrfacher unpünktlicher Mietzahlung

AG Würzburg – Az.: 13 C 900/14 – Urteil vom 04.06.2014

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Widerklage wird abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerseite 90 %, die Beklagten gesamtschuldnerisch 10 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar

Tatbestand

Aufgrund Mietvertrages vom 26.07.2011 vermietete die Klägerseite an die Beklagten eine Doppelhaushälfte im Anwesen … in … .

Die Klägerseite trägt vor, dass das Mietverhältnis berechtigterweise wegen unpünktlicher Mietzahlung und Nichtzahlung von Forderungen aus Betriebskosten berechtigterweise gekündigt worden sei. Eine Abmahnung sei am 11.04.2012 erfolgt. Auch sei immer wieder auf den pünktlichen Zahlungseingang hingewiesen worden. Die Oktobermiete 2011 sei erst am 10.10.2011 erfolgt. Die Dezembermiete 2011 am 14.12.2011, die Betriebskostenabrechnung 2011 sei erst am 24.02.2012 bezahlt worden. Die Zahlung der Aprilmiete für 2012 sei am 12.04.2012 erfolgt, die Nachzahlung der Nebenkostenabrechnung über 1.237,84 € aus dem Jahre 2012 sei erst am 31.01.2013 bezahlt worden. Die Julimiete 2013 erst am 05.07.2013, Oktobermiete am 18.10.2013, die Novembermiete am 04.11.2013, die Dezembermiete am 05.12.2013 und die Januarmiete 2014 am 20.01.2014 sowie die Zahlung der Miete Februar 2014 am 07.02.2014. Aufgrund dieser Gesamtumstände sei ein Festhalten am Mietverhältnis nicht mehr zumutbar.

Die Kündigung sei berechtigt. Dementsprechend sei auch eine Klage auf Erstattung der Anwaltskosten der Beklagten abzuweisen.

Die Klägerseite beantragt daher zu erkennen wie folgt:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die von ihnen bewohnte Wohnung in … (Doppelhaushälfte mit Terrasse und Garten) zu räumen und an die Kläger herauszugeben.

2. Die Widerklage wird abgewiesen.

3. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

Die Beklagten beantragen: Kostenpflichtige Klageabweisung.

Sie beantragen im Rahmen der Widerklage zu erkennen wie folgt:

Der Kläger wird verurteilt, 989,13 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz heraus seit dem 01.02.2014 an die Beklagten zu bezahlen.

Insoweit trägt die Beklagtenseite vor, dass die Kündigung unberechtigterweise erfolgt sei und dementsprechend sei die Klägerseite aus Schadensersatzgesichtspunkten zur Erstattung der Rechtsverfolgungskosten verpflichtet.

Ferner trägt die Beklagtenseite vor, dass kein wesentlicher Kündigungsgrund vorgelegen habe, da teilweise die Werktage nicht richtig berechnet worden seien und eine Zahlung über einen längeren Zeitraum genehmigt worden sei durch die Klägerseite.

Auf die gewechselten Schriftsätze und auf die Niederschriften wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die zulässige Widerklage ist ebenfalls nicht begründet.

Soweit Betriebskostennachzahlungen im Raume stehen, ist auszuführen, dass diese zwischenzeitlich bezahlt wurden. Diesbzgl. liegt kein Mietrückstand vor, sondern eine ggf. zu titulierende Schuld. Ein Kündigungsgrund wegen Nichtzahlung von titulierten Forderungen besteht nicht, da eine Forderungseintreibung nicht nötig war.

Seit der grundsätzlichen Entscheidung des BGH vom 26.03.1969 ist allgemein anerkannt, dass der Vermieter auch dann fristlos kündigen kann, wenn der Mieter die Miete unpünktlich bezahlt (Schmitt-Futterer, Mietrecht zu § 543, RNr. 158). Der BGH hat auch in der Folgezeit an dieser Rechtssprechung  festgehalten (BGH, NJW RR 1988, Seite 77 = ZMR 1988, Seite 16). Diese Rechtslage besteht auch ab dem 01.09.2011, also nach der Mietrechtsreform fort. Mit der Rechtssprechung des BGH unter Az. VII ZR 364/04 reicht eine Abmahnung und ein Fehlverhalten nach Abmahnung (so auch vormals LG Würzburg, Beschluss vom 18.08.2009, 43 S 65/09 im Anschluss am Amtsgericht Würzburg 13 C 917/09 sowie auch LG Würzburg, 3 T 346/10). Diese Voraussetzungen liegen grundsätzlich vor wie man der Zusammenstellung der Klägerseite entnehmen kann.

Das LG Würzburg als Obergericht des Amtsgerichts Würzburg hat seine Rechtssprechung  und auch die Rechtssprechung des BGH mit seinem Urteil vom 10.07.2013 (sog. 6 + 13-Entscheidung, Az. 42 S 406/13 im Anschluss an 13 C 950/12)-zumindest diskutabel – erweitert. Dabei hat das Landgericht ausgeführt, dass eine unpünktliche Mietzahlung nur dann den Tatbestand des § 543 Abs. 1 BGB erfüllt, wenn sie nachhaltig erfolgt ist. Ein Grenzwert sei  von der Rechtssprechung  nicht entwickelt worden, es dürfte jedoch grundsätzlich sachgerecht sein das Merkmal der Nachhaltigkeit für gegeben zu erachten, wenn der Mieter innerhalb eines Jahres 6 Zahlungstermine oder mehr überschreitet. Ferner ist nach der Ansicht des Landgerichts auch eine Zahlungsverzögerung von mehr als 13 Werktagen erforderlich. Als weiteres Kriterium kommt hinzu nach der Auffassung des Landgerichts, dass es sich nicht nur um geringfügige Zahlungsverzögerungen handelt, sondern dass sich maßgebliche Nachteile des Klägers aus  dem vom Beklagten verschuldeten Zahlungsverzögerungen ergeben.

Ein gravierender Nachteil für die Klägerseite aus den verspäteten Zahlungen ist klägerseits aber nicht vorgetragen. Es besteht max. ein Zinsausfall von um die 50,00 €. Bereits aus diesem Grund dürfte die Klage nach der Auffassung des Landgerichts als Obergericht des Amtsgerichtes scheitern.

Zu sehen ist aber auch, wenn man die Abmahnung vom 11.04.2012 zu Grunde legt, welche einzig und allein mit einem Kündigungsrecht droht, vor dieser Abmahnung nur max. 3 verspätete Zahlungen vorgelegen haben. Betreffend der nach dieser Abmahnung ergangenen Fehlverhalten liegt die Zahl von 6 nicht vor, da betreffend der Monate November 2013 und Dezember 2013 kein Rückstand vorliegt, da der 04.11.2013 und der 05.12.2013 ein Werktag war. Nach der Rechtssprechung  des LG Würzburg war daher die Kündigung unbegründet. Dass diese Rechtssprechung möglicherweise im Widerspruch zum BGH steht (1 Verstoß nach Abmahnung) kann diesseits nicht kommentiert werden. Das Amtsgericht hat sich an sein Obergericht zu halten. Demzufolge war die Räumungsklage abzuweisen.

Die Widerklage war ebenfalls abzuweisen, da hierfür erforderlich wäre, dass die im Verkehr erforderliche Sorgfalt vom Vermieter bei Ausspruch seiner Kündigung missachtet worden sei. Eine sog. Plausibilitätskontrolle ist hierbei ausreichend (BGH, Urteil vom 23.01.2008). Hier ist die Rechtsmeinung durchaus strittig (vgl. das zuvor Dargelegte); bleibt aber ungewiss, ob tatsächlich eine Pflichtverletzung der anderen Vertragspartei vorliegt, darf der Gläubiger die sich aus einer Pflichtverletzung ergebenden Rechte geltend machen, ohne Schadensersatzpflichten wegen schuldhaften Vertragsverletzungen befürchten zu müssen, auch wenn sich sein Verlangen im Ergebnis als unberechtigt herausstellt (vgl. BGH, Urteil vom 23.01.2008, VII ZR 246/06).

Die Kostenfolge beruht auf § 92 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 11 ZPO.

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