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Fristlose Kündigung einer Messie-Wohnung

AG Hamburg, Az.: 43b C 62/18, Urteil vom 03.07.2018

Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Hamburg vom 13.3.2018 (Geschäfts-Nr. 43b C 62/18) wird aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der durch die Säumnis verursachten Kosten zu tragen, die der Beklagte zu tragen hat.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Mit der Klage verlangt die Klägerin Herausgabe eine Mietwohnung.

Der Beklagte mietete mit Vertrag vom 9./10.9.1996 (Anl. K 1) von einer Rechtsvorgängerin der Klägerin eine Wohnung im Hause … in Hamburg an.

Auf Anregung des Vaters des Beklagten fanden am 13. und 22.9.2017 Besichtigungen der Wohnung statt.

Mit Schreiben vom 11.10.2017 (Anl. K 2) beanstandete die Klägerin den Zustand der Wohnung und forderte den Beklagten auf, die Wohnung von Müll zu befreien und grundzureinigen.

Am 1.11.2017 fand erneut eine Besichtigung statt. Im Anschluss darauf kündigte die Klägerin das Mietverhältnis mit Schreiben vom 27.11.2017 (Anl. K 4), da sich die Wohnung nach wie vor in einem nicht vertragsgerechten Zustand befinde.

Die Klägerin behauptet, die Wohnung habe sich bei den Besichtigungen im September 2017 in einem katastrophalen und verwahrlosten Zustand befunden. Sie sei erheblich verdreckt und vermüllt gewesen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vortrag in der Klageschrift verwiesen. Am 1.11.2017 habe festgestellt werden müssen, dass sich der Zustand abgesehen von geringfügigen Aufräumarbeiten nicht geändert habe.

Das Gericht hat am 13.3.2018 ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten erlassen, in welchem er zu Herausgabe der Wohnung verurteilt wurde.

Die Klägerin beantragt, das Versäumnisurteil vom 13.3.2018 aufrechtzuerhalten.

Der Beklagte beantragt, wie erkannt.

Fristlose Kündigung einer Messie-Wohnung
Symbolfoto: trekandshoot/Bigstock

Der Beklagte trägt vor, es habe zwar die Notwendigkeit bestanden, die Wohnung zu ordnen und aufzuräumen, die von der Klägerin beschriebenen Zustände habe es im April 2018 jedoch gegeben. Insbesondere habe es nicht mehrere Zentimeter dicken Dreck und üble und feuchte Gerüche gegeben.

Es habe bis zur Anregung einer Besichtigung durch den Vater des Beklagten (unstreitig) keine Beschwerden über das Wohnverhalten des Beklagten gegeben. Er, der Beklagte, leide an einer psychischen Krankheit, so dass er die Wohnung nicht habe so in Ordnung halten können, wie er sich dies selbst wünsche.

Die Wohnungsausstattung sei mehrere Jahrzehnte alt, so dass eine Renovierung durch die Klägerin überfällig sei.

Am 6.4.2018 habe die Abteilung für Wohnungspflege des Bezirksamtes die Wohnung besichtigt und ist (unstreitig) zu dem Ergebnis gelangt, dass kein behördlicher Handlungsbedarf bestehe. Dies zeige nach Ansicht des Beklagten, dass bei einer ernsthaften Abmahnung mit ausreichender Frist der Beklagte in der Lage gewesen wäre, die Wohnung in einen vertragsgerechten Zustand zu versetzen.

Im Übrigen sei eine einzige Abmahnung, die im Übrigen lediglich eine Fristsetzung von 2 Wochen enthalten habe, nicht ausreichend, denn sie trage nicht der gesundheitlichen Situation des Beklagten Rechnung.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klägerin kann von dem Beklagten nicht Herausgabe der Wohnung verlangen, weil das Mietverhältnis durch die Kündigung vom 27.11.2017 nicht beendet wurde.

Die Kündigung ist unwirksam, weil sie vor Ablauf einer angemessenen Frist nach Ausspruch der Abmahnung erklärt wurde. Es schadet zwar nicht, dass die in der Abmahnung genannte Frist von zwei Wochen zu kurz gewesen ist. Auch wenn diese kurze Frist zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung abgelaufen war, so hätte die Kündigung erst nach Ablauf einer angemessenen Frist erfolgen dürfen. Dies ist nicht der Fall.

Der vorliegende Fall weist die Besonderheit auf, dass die Klägerin erst durch die Aktivität des Vaters des Beklagten auf den Zustand der Wohnung aufmerksam gemacht wurde und keine Beschwerden über das Wohnverhalten des Beklagten vorlagen. Es war somit ersichtlich – bzw. hat sich dies aufgrund der Besichtigungen im September 2017 geradezu aufdrängen müssen – dass der Beklagte für die Verbesserung des Zustandes der Wohnung Hilfe benötigt. Die Sozialpflichtigkeit des Eigentums hätte es insbesondere bei einem psychisch nicht gesunden Menschen geboten, mit einer fristlosen Kündigung hinreichend lange zuzuwarten, bis eine Hilfe organisiert ist. Dies geschieht üblicherweise nicht binnen weniger Wochen. Es war für die Klägerin zumutbar, mit der Kündigung abzuwarten, da ersichtlich war, dass erste Schritte zur Änderung des Wohnungszustandes unternommen worden sind – dies bereits durch die Meldung des Vaters des Beklagten.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 344, 708 Nr. 7, 711 ZPO.

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