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Fristlose Kündigung Verwaltervertrag und Abberufung Verwalter

AG Hamburg – Az.: 9 C 469/18 – Urteil vom 07.02.2020

1. Das Versäumnisurteil vom 21.05.2019 bleibt mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass der Negativbeschluss der Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft … vom 26.09.2018 zu TOP 2c, „Die … GmbH wird aufgefordert, unverzüglich, spätestens aber bis zum 30.11.2018, eine Rechnungslegung im Sinne von § 28 Abs. 4 WEG vorzunehmen…“ für ungültig erklärt und die … GmbH aufgefordert wird, eine Rechnungslegung im Sinne von § 28 Abs. 4 WEG vorzunehmen.

2. Die Kosten der Säumnis tragen die Kläger. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt diese selbst. Von den übrigen Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger 86 %, zu 3 % tragen sie die Beklagten, zu 11 % werden sie der Beigeladenen auferlegt.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die gegen sie gerichtete Zwangsvollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrags, wenn nicht die Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit leisten in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags. Die Vollstreckung gegen die Kläger erfolgt nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

4. Der Streitwert wird auf 155.616,82 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien sind die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft …. Sie streiten um Beschlüsse betreffend die Abberufung des beigeladenen ehemaligen Verwalters, dessen Rechnungslegung und die Reaktivierung eines Wachdienstes.

Das Gebäude wurde durch die … GmbH errichtet. Zum Zeitpunkt der hiesigen Beschlussfassungen war diese noch mit 414/1000 MEA Eigentümerin. Zur ersten Verwalterin war die Beigeladene eingesetzt. Die Beigeladene und die Miteigentümerin haben denselben Geschäftssitz und mindestens eine personelle Überschneidung in der Geschäftsführung.

Das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien des Rechtsstreits wird maßgeblich durch die Teilungserklärung vom 30.12.2011 bestimmt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K3 verwiesen. Ferner gibt es eine Gemeinschaftsordnung (Anlage T5 zur Teilungserklärung nebst Anlage GO2 hierzu). Wegen der Einzelheiten insoweit wird auf die Anlage K4 verwiesen. Eine Besonderheit der vorliegenden Wohnanlage ist, dass verschiedene Serviceleistungen für die Eigentümer bereits in der Gemeinschaftsordnung vorgesehen werden. Insbesondere soll es einen Sicherheitskonzept für die Überwachung der Tiefgarage und der Außenflächen sowie ein Concierge-Konzept geben. Zu diesen Konzepten finden sich in der Gemeinschaftsordnung verschiedene Vorgaben. Etwa sollen nach Seite 1 der Anlage GO2 den Bewohnern ein Concierge-Service bis zu 8 Stunden an 365 Tagen im Jahr zur Verfügung stehen. Im Übrigen sind in der Gemeinschaftsordnung weitreichende Kompetenzen des Verwalters vorgesehen. Insbesondere können die Konzepte nach seinem Ermessen durch einen oder durch mehrere Anbieter erbracht werden. Auch ist der Verwalter berechtigt, eine Nutzungs- und Leistungsanordnung zur Ausgestaltung des durch das Konzept vorgegebenen Rahmens entsprechend den Gegebenheiten und der Entwicklung der Wohnungseigentümergemeinschaft festzusetzen und anzupassen. Den Eigentümern bleibt dabei vorbehalten, die Entscheidungen des Verwalters durch Mehrheitsbeschluss von 75 % der abgegebenen Stimmen zu ändern.

In der ersten Zeit der noch jungen Wohnungseigentümergemeinschaft und insbesondere vor der Verabschiedung des ersten Wirtschaftsplans leistete die …-GmbH hohe teils sechsstellige Abschläge auf die zu erwartenden Verwaltungskosten. Ob es später auch zu Rückständen bei der Wohngeldzahlung kam, ist zwischen den Parteien streitig. Die Beigeladene legte sowohl die Wohngeldzahlungen als auch die Zuführungen zur Instandhaltungsrücklage auf einem einheitlichen Anderkonto an.

Auf der Eigentümerversammlung vom 18.07.2017 entschieden sich die Eigentümer entgegen dem Vorschlag der Beigeladenen, die eine Durchführung durch die Firma … zu 87.400,- € im Jahr vorgesehen hatte, mit mehr als 75 % der anwesenden Stimmrechte, keinen Wach- bzw. Sicherheitsdienst für die Zeit von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr morgens zu installieren.

Für die Monate Juli und August 2017 zahlte die Beigeladene aus dem Vermögen der WEG insgesamt 7.401,80 € für Concierge-Dienste in der Zeit von Montag bis Sonntag von 6:00 Uhr bis 22:00 Uhr.

Trotz der entgegenstehenden Beschlusslage teilte die Beigeladene mit Schreiben vom 29.08.2017 (Anlage K10) mit, von der Mehrheitseigentümerin sei ein Wachmann „eingesetzt“ worden. Auch dessen Kosten werden der WEG in Rechnung gestellt. In einem Schreiben vom 11.04.2018 (Anlagenkonvolut K14) erklärt sich die Eigentümerin bereit, die Kosten für den Wachdienst zu übernehmen. Zu jenem Zeitpunkt hatte die WEG bereits gut 50.000,- € verauslagt. Im Übrigen bittet die Eigentümerin die Beigeladene darum, den Betrag für 2017 nicht sofort, sondern erst mit der Jahresabrechnung 2017 in Rechnung zu stellen. Bis zur hier angegriffenen Beschlussfassung erfolgte keine Erstattung.

Auf der Eigentümerversammlung vom 26.09.2019 erfolgten u.a. folgende Beschlussfassungen:

„TOP 2a Beschlussantrag:

Die … wird aus wichtigen Gründen mit sofortiger Wirkung als Verwalter abberufen. […] Antrag nicht angenommen. […]

TOP 2b Beschlussantrag:

Der Verwaltervertrag zwischen der Eigentümergemeinschaft und der … GmbH vom 27.10.2016/03.11.2016 nebst 1. Nachtrag wird mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt. Die Vorsitzende des Verwaltungsbeirats wird beauftragt und bevollmächtigt, namens der Eigentümergemeinschaft gegenüber dem Verwalter die fristlose Kündigung des Verwaltervertrages zu erklären. […] Antrag nicht angenommen […].

TOP 2c Beschlussantrag:

Die … GmbH wird aufgefordert, unverzüglich, spätestens aber bis zum 30.11.2018 (Datum des letzten Tages der Amtszeit) eine Rechnungslegung im Sinne von § 28 Abs. 4 WEG vorzunehmen. Diese Rechnungslegung ist dem neuen Verwalter spätestens binnen drei Wochen bis zum 30.11.2018 zu übergeben. Sollte die … GmbH dieser Aufforderung nicht, nicht ordnungsgemäß oder nicht fristgerecht nachkommen, wird der neue Verwalter ermächtigt, den Anspruch der Eigentümergemeinschaft auf Rechnungslegung gegenüber der … GmbH namens der Eigentümergemeinschaft unter Beauftragung einer Anwaltskanzlei außergerichtlich, notfalls auch gerichtlich geltend zu machen. […] Antrag nicht angenommen […].

TOP 4 Antrag des Eigentümers … (WE 74 + TG 141)

Beschlussantrag:

Die Gemeinschaft beschließt, dass der Wachdienst, wie bis zum 30.06.2018 erfolgt, wieder aktiviert wird. D. h. täglich im Anschluss an den Concierge von 16-24 Uhr. Der Wachdienst nimmt seine Tätigkeit zum frühestmöglichen Zeitpunkt wieder auf. Die monatlichen Kosten hierfür betragen 6.371,26 € brutto. Es wird mit der Firma … – eine Kündigungsfrist von zwei Monaten vereinbart. Das Leistungsverzeichnis wird an die Eigentümer nachgereicht. […] Abstimmung [Gesamt]: 611 Ja, 150 Nein, 20 Enthaltungen [39 nicht abgegebene Stimmen]

Der Beschluss wird verkündet.“

Mit ihrer form- und fristgerecht erhobenen Anfechtungsklage beanstanden die Kläger hinsichtlich der Ablehnung der Verwalterabberufung insbesondere, dass die Beigeladene die Instandhaltungsrücklage und die Wohngeldzahlungen auf einem einzigen Konto verwahrt habe. Ferner sei die Abberufung nötig gewesen, weil die Beigeladene zulasten der Wohnungseigentümergemeinschaft Verträge abgeschlossen hat, ohne dies mit den Mitgliedern der Eigentümergemeinschaft abzustimmen. Dabei habe sie auch außerhalb des ihr durch die Gemeinschaftsordnung zugewiesenen Befugnisrahmens gehandelt. Insbesondere hinsichtlich des Wachmanneinsatzes beanstanden die Kläger die Zahlung aus dem Vermögen der WEG, obwohl die „Einsetzung“ durch die „Mehrheitseigentümerin“ erfolgt sei.

Hinsichtlich der Ablehnung der Aufforderung zur Rechnungslegung sind die Kläger der Auffassung, die aufgetretenen Unregelmäßigkeiten würden eine solche erfordern.

Hinsichtlich der Reaktivierung des Wachdiensts beanstanden die Kläger, dass im Zeitpunkt der Beschlussfassung keine drei Vergleichsangebote vorlagen. Die Eigentümergemeinschaft habe nicht aber das angebliche Konkurrenzangebot diskutiert und als mögliche Alternative zur Abstimmung gestellt bekommen. Auch der Inhalt der letztlich zur Abstimmung gestellten Verträge sei den Eigentümern nicht bekannt gewesen.

Übergreifend sind die Kläger der Ansicht, die Beschlüsse seien schon deshalb falsch verkündet worden, weil die Stimmen der … GmbH bei der Abstimmung wegen der Nähe zur Verwalterin nicht hätten gezählt werden dürfen.

Die Kläger haben zunächst beantragt,

1a) der Negativbeschluss der Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft … vom 26.09.2018 zu TOP 2a, „Die … GmbH wird aus wichtigen Gründen mit sofortiger Wirkung als Verwalter außerordentlich abberufen“ wird für ungültig erklärt;

1b) entsprechend § 21 Abs. 8 WEG die … GmbH als Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft … mit sofortiger Wirkung abzuberufen;

2a) der Negativbeschluss der Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft … vom 26.09.2018 zu TOP 2b, „Der Verwaltervertrag zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und … GmbH vom 27.10.2016/ 03.11.2016 nebst 1. Nachtrag wird mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt. Die Vorsitzende des Verwaltungsbeirats wird beauftragt und bevollmächtigt, namens der Eigentümergemeinschaft gegenüber dem Verwalter die fristlose Kündigung des Verwaltervertrags zu erklären“, wird für ungültig erklärt.

2b) entsprechend § 21 Abs. 8 WEG auszusprechen, dass der Verwaltervertrag zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft … und … GmbH vom 27.10.2016/ 03.11.2006 nebst 1. Nachtrag mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt wird. Die Vorsitzende des Verwaltungsbeirats wird beauftragt und bevollmächtigt, namens der Eigentümergemeinschaft gegenüber dem Verwalter die fristlose Kündigung des Verwaltervertrags zu erklären;

3a) der Negativbeschluss der Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft … vom 26.09.2018 zu TOP 2c, „Die … GmbH wird aufgefordert, unverzüglich, spätestens aber bis zum 30.11.2018 eine Rechnungslegung im Sinne von § 28 Abs. 4 WEG vorzunehmen ………..“ wird für ungültig erklärt;

3b) entsprechend § 21 Abs. 8 WEG auszusprechen, dass die … GmbH, unverzüglich eine Rechnungslegung im Sinne von § 28 Abs. 4 WEG vorzunehmen hat;

4. der Beschluss der Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft … vom 26.09.2018 zu TOP 4, „die Gemeinschaft beschließt, dass der Wach-dienst, wie bis zum 30.06.2018 erfolgt, wieder aktiviert wird …..“ wird für ungültig erklärt.

Nachdem im ordnungsgemäß geladenen Termin am 21.05.2019 auf Klägerseite niemand erschienen ist, hat das Gericht die Klage durch Versäumnisurteil vom selben Tage abgewiesen. Nach dem form- und fristgerechten Einspruch hat die Eigentümergemeinschaft einen Verwalterwechsel beschlossen und auch den Verwaltervertrag mit der Beigeladenen nicht verlängert. Die Parteien haben daraufhin den Rechtsstreit hinsichtlich der Anträge 1 und 2 (jeweils lit. a) und lit. b)) übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Kläger beantragen nunmehr, die Beklagten unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 21.05.2019 gemäß den Anträgen 3a und 3b sowie 4 zu verurteilen.

Die Beklagten beantragen, das Versäumnisurteil insoweit aufrecht zu erhalten.

Die Beklagte ist u.a. der Ansicht, dass ein Abberufungsgrund wegen der einheitlichen Kontenführung ausscheide, weil es sich um ein Anderkonto handele, auf das Gläubiger der Beigeladenen keinen Zugriff hätten. Zu den Vertragsschlüssen sei die Beigeladene nach der Teilungserklärung berechtigt gewesen. Aus Rücksichtnahme und um dem letztlich offensichtlichen Willen der Gemeinschaft zu entsprechen, habe der Beigeladene eine Einigung mit der Mehrheitseigentümerin zur Kostenübernahme herbeigeführt. Durch die Abschlagszahlungen auf die Hausgelder sei der WEG kein Nachteil entstanden.

Entscheidungsgründe

Das Aktivrubrum ist wegen der zwischenzeitlichen Vollrechtserwerbe und des Wechsels in der Verwaltung zu korrigieren.

I.

Der statthafte und auch sonst zulässige Einspruch hat den Rechtsstreit in die Lage bei Säumnis zurückversetzt.

II.

Das Versäumnisurteil ist im Hinblick auf den Antrag zu 4 (Anfechtung des Beschlusses zu TOP 4 – Reaktivierung des Wachschutzes) aufrechtzuerhalten, weil die Klage insoweit zwar zulässig, nicht aber begründet ist.

Der Beschluss über die Reaktivierung des Wachdiensts widerspricht weder ordnungsgemäßer Verwaltung noch ist er nichtig. Innerhalb der Anfechtungsbegründungsfrist haben die Kläger insoweit nur beanstandet, dass im Zeitpunkt der Beschlussfassung keine drei Vergleichsangebote vorgelegen haben, dass das eine vorliegende Konkurrenzangebot weder diskutiert noch zur Abstimmung gestellt wurde, sowie dass den Eigentümern nicht zur Kenntnis gebracht wurde, über welchen konkreten Leistungsumfangs sie hier abstimmen sollten. (Ein Stimmrechtsausschluss kommt hier mangels Interessenkollision von vornherein nicht in Betracht.)

Mit diesen Angriffen dringen die Kläger nicht durch.

Nach § 6 (2) der Anlage TE 5 obliegt die konkrete Ausgestaltung des in der Gemeinschaftsordnung umrissenen Service- und Sicherheitskonzepts einschließlich der Vertragsschlüsse grundsätzlich dem Verwalter. In § 6 (1) letzter Satz der Anlage TE 5 wird den Eigentümern lediglich eine Abänderungsbefugnis vorbehalten.

Diese Kompetenzverlagerung auf den Verwalter ist wirksam. Die Wohnungseigentümer besitzen nach § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG die Kompetenz, die grundsätzlich gemeinschaftliche Verwaltung auf den Verwalter zu übertragen, sofern sie nicht die „personenrechtliche Gemeinschaftsstellung“ aushöhlen oder den „Kernbereich“ der Eigentümerbefugnisse verletzen (Hügel/Elzer, 2. Aufl. 2018, WEG § 21 Rn. 5 m.w.N.). Von beidem kann hier keine Rede sein. In der Sache betreffen die Konzepte von vornherein nur einen Randbereich des Wohnens. Auch sind die wesentlichen Umrisse der Konzepte bereits in der Anlage zur Teilungserklärung selbst festgelegt. Schließlich haben sich die Eigentümer die Möglichkeit vorbehalten, die Entscheidungen der Verwaltung durch (qualifizierte) Mehrheitsbeschlüsse abzuändern.

Von dieser Abänderungsbefugnis haben die Eigentümer hinsichtlich der Wachdienstzeiten erstmals auf der Eigentümerversammlung vom 18.07.2017 zu TOP 6 Gebrauch gemacht, indem sie für die Zeit von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr die Wachdienststellung abschafften. Der nun angegriffene Beschluss zu TOP 4, der ebenfalls mit mehr als 75 % der abgegebenen Stimmen gefasst wurde, nimmt diesen Eingriff zurück und macht punktuelle Vorgaben, die der Verwalter bei der weiteren Ausgestaltung berücksichtigen muss.

Das Gericht folgt nicht der Ansicht der Kläger, dass solche Beschlüsse dann an die „üblichen Voraussetzungen, auch formaler Art“ von Vergabebeschlüssen geknüpft wären. Vielmehr liegt der erkennbare Sinn der in der Teilungserklärung vorgenommenen Kompetenzverlagerung auf den Verwalter gerade darin, dass sich die Eigentümer nicht im Detail mit der Ausgestaltung der Konzepte oder mit den vertraglichen Fragen beschäftigen wollen. Dieses Anliegen ist aber umso mehr zu beachten, wenn die Eigentümer lediglich einen Eingriff in die Verwalterhoheit rückgängig machen.

Soweit die Kläger zunächst auch eine Unterschreitung der Einladungsfrist gerügt hatten, halten sie diesen Einwand mit Einreichung der erweiterten Einladung datierend auf den 05.09.2018 (und nicht 12.09.2018) als Anlage K17 (Bl. 355) der Akte konkludent nicht mehr aufrecht.

III.

Im Hinblick auf die Anträge zu 3a) und 3b) ist das Versäumnisurteil aufzuheben und der Klage antragsgemäß stattzugeben, da den Wohnungseigentümern gegen den beigeladenen Verwalter nach § 28 Abs. 4 WEG ein Anspruch auf Rechnungslegung zusteht, den der einzelne Wohnungseigentümer nach §§ 21 Abs. 4, 43 Nr. 1 WEG erzwingen kann, wenn das Verlangen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht (Niedenführ/Vandenhouten, WEG, 12. Auflage 2017, § 28 WEG Rn. 237). Das Gericht kann nach den allgemeinen Grundsätzen zu § 21 WEG (Niedenführ/Vandenhouten, a.a.O., § 21 Rn. 49) die Maßnahme dann auch selbst nach § 21 Abs. 8 WEG anordnen.

Die formale Vorbefassung der Wohnungseigentümer mit dem Verlangen der Kläger auf Rechnungslegung ist erfolgt.

In der Sache entsprach es insbesondere deshalb ordnungsgemäßer Verwaltung, den Verwalter zur Rechnungslegung aufzufordern, weil auf der einen Seite unstreitig hohe Abschlagszahlungen der Mehrheitseigentümerin erfolgt waren und auf der anderen Seite der WEG Kosten für den von der Mehrheitseigentümerin „eingesetzten“ Wachmann in Rechnung gestellt wurden. Der Vermögensstand der WEG und mögliche Verwendung des WEG-Vermögens zur Begleichung von Forderungen gegenüber der Mehrheitseigentümerin waren damit dringend zu überprüfen.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt im Wege einer einheitlichen Kostenmischentscheidung aus §§ 344, 92, 91a ZPO i.V.m. § 49 Abs. 2 WEG.

Die Kosten des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits sind dabei dem beigeladenen ehemaligen Verwalter aufzuerlegen.

Die Klage wäre in ihren ursprünglichen Anträgen zu 1a), 1b), 2a) und 2c) ohne den nach Rechtshängigkeit eingetretenen Verwalterwechsel zulässig und begründet gewesen. Den Klägern stand vorliegend gemäß § 21 Abs. 4 WEG ein Anspruch auf Abberufung des Beteiligten als Verwalter und auf Kündigung des Verwaltervertrags zu. Aus demselben Grunde, da den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechend, wären die Negativbeschlüsse vom 26.09.2018 für ungültig zu erklären gewesen.

Ein wichtiger Grund für die Abberufung des Verwalters liegt vor, wenn den Wohnungseigentümern unter Beachtung aller, nicht notwendig vom Verwalter verschuldeter Umstände nach Treu und Glauben eine weitere Zusammenarbeit mit dem Verwalter nicht mehr zuzumuten ist. Auch bei Vorliegen eines wichtigen Grundes steht den Wohnungseigentümern jedoch ein Beurteilungsspielraum zu, der erst überschritten ist, wenn die Ablehnung der Abberufung aus objektiver Sicht nicht mehr vertretbar erscheint (vgl. BGH MDR 2012, 574). So liegt der Fall hier.

Es stellt bereits einen gravierenden Fehler der Verwaltung dar, die Instandsetzungsrücklage nicht vom sonstigen Wohngeldkonto getrennt zu halten (ebenso LG Berlin, ZWE 2014, 460, beck-online). Eine Vermischung der für die Instandhaltung bestimmten Gelder mit den für die Begleichung der laufenden Verbindlichkeiten gezahlten Wohngelder zieht eine unübersichtliche Finanzlage nach sich.

Im konkreten Fall gewinnt diese Intransparenz zudem besonderes Gewicht durch das enge Näheverhältnis zwischen dem Verwalter und dem aufteilenden Mehrheitseigentümer, was u.a. in der persönlichen Überschneidung in der Geschäftsführung beider GmbHs zum Ausdruck kommt. Auch wenn dies allein noch nicht ausreicht, um entgegen den Negativbeschlüssen eine Abberufung durchzusetzen, ist der Ermessensspielraum der übrigen Eigentümer doch jedenfalls dadurch überschritten, dass in der tatsächlichen Durchführung die Kompetenzen der Mehrheitseigentümerin und des Verwalters nicht hinreichend klar getrennt wurden.

Zum einen wurde der Blick auf die wirtschaftliche Lage der WEG weiter verwischt, indem die Mehrheitseigentümerin die von ihr geschuldeten Wohngeldzahlungen unstreitig weder zu den bestimmten Fälligkeitszeitpunkten noch in genau bezifferter Höhe, sondern durch große Abschlagszahlungen erbracht hat. Ob diese Abschlagszahlungen der WEG letztlich zum Vorteil gereichten, weil sie vor Fälligkeit erfolgten und so die Liquidität der WEG sicherstellten, kann im Ergebnis dahinstehen, weil sie jedenfalls zusätzlich dazu beigetragen haben, die tatsächliche Finanzlage der WEG zu verwirren.

Diese unübersichtliche Finanzlage ist auch deshalb besonders gravierend, weil der Verwalter aufgrund der Kompetenzzuweisungen in der Teilungserklärung in erhöhtem Umfang ohne vorherige Einbeziehung der Eigentümer Verträge abschließen kann. Dass es hier in der Tat zu Verwirrungen und auch zu konkreten Vermögensgefährdungen gekommen ist, zeigt sich an den Rechnungen gem. Anlagen K11 a und K11 b. Hier werden der WEG für die Monate Juli und August 2017 Kosten für einen Concierge-Service in der Zeit von täglich 6:00 Uhr bis 22:00 Uhr in Rechnung gestellt (insgesamt also 16 Stunden pro Tag), obwohl nach den Vorgaben in der Gemeinschaftsordnung (Conciergekonzept Anlage GO2) ein Service nur für bis zu 8 Stunden pro Tag vereinbart war.

Vor diesem Hintergrund ist es auch zumindest dem Anschein nach zu einer jedenfalls abstrakten Vermögensgefährdung der WEG gekommen. Mit der Anlage K11c wird der WEG ein Wachmanneinsatz für monatlich 5.354,- € netto in Rechnung gestellt. Der Verwalter führt dazu bereits mit Schreiben vom 29.08.2017 (Anlage K10) aus, der Wachmann sei von der Mehrheitseigentümerin „eingesetzt“ worden. Gleichwohl zeigt sich diese erst mit Schreiben vom 11.04.2018 bereit, die Kosten für den Wachdienst zu übernehmen. Zu jenem Zeitpunkt hatte die WEG aber bereits gut 50.000,- € gegenüber der Mehrheitseigentümerin verauslagt. Zudem bittet sie den Verwalter noch darum, ihr den Betrag für 2017 nicht sofort, sondern erst mit der Jahresabrechnung 2017 in Rechnung zu stellen und tatsächlich war der Betrag sogar im September 2018 noch nicht zurückgezahlt.

Einer Auferlegung der anteiligen Prozesskosten auf den Verwalter steht auch nicht entgegen, dass diese, wie sie in ihrer Anhörung im Einzelnen ausführt, keine formellen Fehler begangen haben dürfte, die kausal zu einem nicht ordnungsgemäßen Beschlussergebnis geführt hätten. Vielmehr ist anerkannt, dass die Prozesskosten auch dann dem Verwalter auferlegt werden können, wenn er wegen zahlreicher Pflichtverletzungen auf die Klage eines Eigentümers abberufen wird (Suilmann in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 6. Aufl. 2019, § 49 WEG, Rn. 22 m.w.N.). Das Gericht macht hier angesichts der Schwere der oben ausgeführten Verletzungen von seinem Ermessen in dieser Weise Gebrauch.

V.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit zulasten der Kläger folgt aus § 709 ZPO, zulasten der Beklagten aus §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2. Die Vollstreckbarkeit zulasten der Beigeladenen ohne Sicherheitsleistung oder Abwendungsbefugnis ergibt sich daraus, dass materiell insoweit ein Beschluss (Hügel/Elzer, 2. Aufl. 2018, WEG § 49 Rn. 30) vorliegt.

VI.

Der Gesamtstreitwert beträgt 155.616,82 €.

Das Interesse der Parteien an den früheren Anträgen zu 1 und 2 (Abberufung des Verwalters) betrug 33.640,71 € (Restvergütung des Verwalters bis zum Ende der Vertragslaufzeit, vgl. BGH, Urteil vom 10.02.2012, Az: V ZR 105/11). Ausgehend von diesem Interesse bemisst sich der Streitwert insoweit unter Beachtung von § 49 a Abs. 1 Satz 2 GKG i.V.m. § 3 ZPO auf 16.820,36 €.

Der Streitwert für die Anträge zu 3 (Rechnungslegung) bemisst sich gemäß § 49 a Abs. 1 S. 2 GKG i.V.m. § 3 ZPO nach dem zeitlichen und finanziellen Aufwand der Rechnungslegung (vgl. OLG Köln JurBüro 2007, 488). Für die Erstellung der Abrechnung für eine Anlage der hier in Rede stehenden Größe (Wirtschaftsplan von knapp 1 Mio. €) schätzt das Gericht einen Aufwand von 5.000,- €.

Das Interesse der Parteien an den Anträgen zu 4 (Reaktivierung Wachschutz) beträgt ???. Bei dem Beschluss über kostenauslösende Maßnahmen bemisst sich das Interesse nach der Höhe der vereinbarten Vergütung (Suilmann in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 6. Aufl. 2019, § 49a GKG, Rn. 35). Die angefochtene Reaktivierung ist nicht mit einem Enddatum versehen, sondern nur mit einer Kündigungsfrist von 2 Monaten. Nach dem Rechtsgedanken des § 9 Abs. 1 ZPO ist damit der dreieinhalbfache Jahreswert maßgeblich. Bei monatlichen Kosten von 6.371,26 € brutto sind dies 267.592,92 €. Ausgehend von diesem Interesse bemisst sich der Streitwert insoweit unter Beachtung von § 49 a Abs. 1 Satz 2 GKG i.V.m. § 3 ZPO auf 133.796,46 €.

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