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Fristlose Kündigung wegen unzumutbarer Störungen des Hausfriedens

AG Lichtenberg, Az.: 6 C 425/13, Urteil vom 25.03.2014

1. Die Beklagte wird verurteilt, die in B , A d  K , achte Etage, gelegene Wohnung, bestehend aus einem Zimmer, einer Küche, einem Bad/WC, einem Flur, einer Bodenkammer (Nummer 28), zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in der Hauptsache in Höhe von 1800,– € und hinsichtlich der Kosten in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in der Hauptsache 1800,– € und hinsichtlich der Kosten 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages als Sicherheit leistet.

4. Der Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 31.5.2014 gewährt.

Tatbestand

Die Beklagte ist seit dem 1.4.2012 Mieterin der im Tenor bezeichneten Genossenschaftswohnung mit einer monatlichen Miete von 276,64 €. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Dauernutzungsvertrag vom 16. März 2012 (Blatt 5-9 der Akte) Bezug genommen.

Fristlose Kündigung wegen unzumutbarer Störungen des Hausfriedens
Symbolfoto: Von Andrey_Popov/Shutterstock.com

Am 13.12.2012 sprach die Klägerin eine Abmahnung wegen Störung des Hausfriedens durch Beleidigung und Beschimpfung anderer Mieter, Verunreinigung der Wohnung sowie Sachbeschädigung aus. Im Einzelnen wurde die Abmahnung auf die Vorfälle vom 5. 8.und 11.12.2012 gestützt, bei denen die Beklagte durch Mitarbeiter der Klägerin bei offener Wohnungstür in einem nicht ansprechbaren, offenbar betrunkenen, Zustand angetroffen wurde und ein beißender Uringestank festgestellt werden konnte. Im Übrigen wurden vier Beschwerden von Mietnachbarn hinzugefügt und in Bezug genommen, aus denen sich weitere einzelne Verstöße gegen die Störung des Hausfriedens, insbesondere durch Belästigung anderer Mieter, ergaben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Abmahnung nebst Anlagen (Blatt 31-42 der Akte) Bezug genommen.

Am 2.10.2013 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis wegen Störung des Hausfriedens, Vernachlässigung und Gefährdung der Mietsache fristlos. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Beklagte seit April 2012 anderer Hausbewohner belästige und beleidige, zu allen Tages- und Nachtzeiten an den Wohnungstüren anderer Mieter klingle, den Hausflur verunreinige, betrunken im Haus herumirre und so viel Lärm verursache, dass fast wöchentlich Polizei oder Feuerwehr geholt werden müsse. Weiterhin wurde auf die bereits erfolgte Abmahnung Bezug genommen und weitere konkrete Beschwerden von Nachbarmietern vorgetragen, die Ereignisse betrafen, welche nach der Abmahnung lagen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Kündigung nebst in Bezug genommene Mieterbeschwerden (Blatt 20 bis 29 der Akte) Bezug genommen.

Sowohl Abmahnung als auch Kündigung wurden dem Betreuer der Beklagten, Rechtsanwalt K , zugestellt.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die in B , A d K , achte Etage, gelegene Wohnung, bestehend aus einem Zimmer, einer Küche, einem Bad/WC, einem Flur, einer Bodenkammer (Nummer 28), zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass gelegentliche Herumirren durch das Haus sei kein vertragswidriger Mietgebrauch. Die Verunreinigung des Mietobjekts mit Kot und Urin wird (genauso wie der Uringeruch) bestritten. Der Vortrag der Klägerin decke sich nicht mit den eingereichten Beschwerden der Mieter und sei daher unsubstantiiert und nicht einlassungsfähig. Jedenfalls könne die Beklagte dann auch allgemein bestreiten.

Mit Schreiben vom 18.12.2013 hat die Klägerseite die in Bezug genommenen Verstöße nochmals ausdrücklich in ihrem Schriftsatz aufgenommen und weitere Erklärungen von Nachbarmietern bezüglich der konkreten Verstöße eingereicht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben nebst Anlagen (Blatt 73-89 der Akte) Bezug genommen.

Das Gericht hat mit Schreiben vom 6.1.2014 darauf hingewiesen, dass die Klägerseite sehr wohl zur Schilderung der einzelnen Verstöße auf anliegende Schreiben von Mieterbeschwerden und eingereichte Lärmprotokolle Bezug nehmen kann und vielmehr das pauschale Bestreiten der Beklagtenseite, ohne Eingehen auf die konkreten Verstöße, unzulässig sein dürfte. Weiter wurde darauf hingewiesen, dass aufgrund der zahlreichen erheblichen Verstöße ein Grund zur fristlosen Kündigung vorliegen dürfte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Hinweis (Blatt 97 der Akte) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Klägerin steht der Herausgabeanspruch gemäß § 546 Abs. 1 BGB zu.

Das Mietverhältnis ist durch die fristlose Kündigung vom 2.10.2013 gemäß §§ 543Abs. 1, Abs.2 Nr.2, 569 Abs.2 BGB beendet worden.

Insbesondere der starke Uringeruch im Hausflur, das wiederholte Klingeln und Klopfen mitten in der Nacht bei Nachbarn, die Beleidigungen der Nachbarn sowie die Verunreinigung des Hausflurs stellen einen Kündigungsgrund im Sinne der § § 543Abs. 1 S.2, 569 Abs. 2 BGB bzw. § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB dar.

Der ständige Uringeruch, das Verunreinigen des Hausflurs durch Kot und Urin, dass „Sturmklingeln” bei anderen Mietern sowie Beleidigungen sind unstreitig.

Die Klägerseite hat im Einzelnen zu den konkreten Vorfällen vorgetragen und entsprechende Schreiben der Mieter mit konkreten Zeitangaben eingereicht. Die Beklagtenseite konnte sich dementsprechend nicht auf ein pauschales Bestreiten der Vorfälle zurückziehen, sondern hätte zu den einzelnen Vorgängen vortragen müssen. Die Tatsachen gelten daher gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden. Auf die Unbeachtlichkeit des Bestreitens hat das Gericht mit Hinweis vom 6.1.2014 hingewiesen.

Bereits der ständige Lärm in den Nachtstunden, mit teilweisem Herausklingeln der Nachbarn, stellt eine unzumutbare Störung des Hausfriedens dar, die zur fristlosen Kündigung berechtigt (Palandt/ Weidenkaff, 73. Aufl., § 569 Rn. 14; OLG München ZMR 1996, 557f). Die Kündigung ist insbesondere auch bei schuldlosem Verhalten möglich (Palandt a.a.O; Rn. 13). Zwar sind bei der Interessenabwägung unter anderem das Sozialstaatsprinzip, die Menschenwürde und der Gleichbehandlungsgrundsatz zu berücksichtigen, so dass zu prüfen ist, ob die Störungen eines krankheitsbedingt verwirrten Mitbewohners bei grundgesetzorientierter Wertung noch als hinnehmbar angesehen werden können (vgl. OLG Karlsruhe MDR 2000, 578). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Dabei hat das Gericht die hohe Anzahl der massiven nächtlichen Lärmstörungen genauso berücksichtigt wie den Umstand, dass eine Grenze auch dort überschritten ist, wo höchstpersönliche Rechtsgüter der anderen Mieter (wie Gesundheit oder Ehre) nachhaltig verletzt werden (Palandt a.a.O., Rn. 14; LG Köln MDR 1974, 232 (Ehre); AG Hamburg ZMR 2001, 898 (körperliche Integrität). Das Gericht berücksichtigt hier, dass die häufige Störung der Nachtruhe ebenfalls den Umstand einer Gesundheitsbeeinträchtigung nach sich zieht.

Aufgrund des unsubstantiierten Bestreitens musste keine Beweisaufnahme durch Vernehmung der einzelnen Mieter als Zeugen zu den konkreten Vorgängen erfolgen.

Es kommt daher bereits nicht mehr darauf an, dass bei einer Gesamtabwägung im Übrigen auch die erhebliche Geruchsbelästigung, Verunreinigungen des Hausflurs durch Kot/ Urin und Beleidigung gegenüber Nachbarn zu berücksichtigen wäre.

Es kommt weiter nicht mehr darauf an, dass sich die Beklagte sehr wohl den Lärm von Mitnutzern der Wohnung zurechnen lassen muss, die sich teilweise in ihrer Wohnung aufhielten (vgl. Palandt a.a.O. Rn. 13). Insofern ist es unerheblich, ob diese Personen die Wohnung nur deshalb aufsuchen konnten, weil die Beklagte alkoholbedingt nicht ansprechbar war und die Wohnungstür offenließ.

Schließlich kommt es nicht mehr darauf an, ob die Klägerin durch die Mitteilung der zwei durch die Beklagte verursachten Wohnungsbrände einen weiteren Kündigungsgrund nachschieben wollte, wovon im Zweifel auszugehen sein dürfte.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91Abs.1, 708 Nr.7,711 S.1, S.2 ZPO. Die Räumungsfrist war gem. § 721 ZPO zu gewähren, da sich nach dem zugrundeliegendem Sachverhalt eine Heimunterbringung durch den Betreuer aufdrängen dürfte, um eine weitere Gefährdung der Beklagten sowie etwaiger Mitbewohner durch alkohol- und krankheitsbedingtes Verhalten zu vermeiden. Dazu ist ein kurze Übergangsfrist zu gewähren, wobei zu berücksichtigen war, dass die Beklagtenseite aufgrund des Räumungsverfahrens bereits mit einem Verlust der Wohnung rechnen musste.

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