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Fristlose Kündigung Wohnraummietvertrag wegen Zahlungsverzug

LG Frankfurt – Az.: 2/11 S 232/19 – Beschluss vom 30.01.2020

1. Die Beklagte wird darauf hingewiesen, dass die Kammer beabsichtigt, ihre Berufung gegen das am 12.09.2019 verkündete Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main, Az. 33 C 356/18 (26), nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

2. Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen

3. Der Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 12.09.2019 hat nach einstimmiger Überzeugung der Kammer offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls nicht geboten.

Das Amtsgericht hat zu Recht der Klage auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung stattgegeben.

Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens in der Berufung ist eine hiervon abweichende Bewertung der Sach- und Rechtslage nicht geboten. Weder liegt eine Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) vor, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung Gerhart-Hauptmann-Ring 256, 3.OG links, in Frankfurt am Main gemäß §§ 546 Abs. 1, 543 Abs. 1, 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 b BGB, da das Mietverhältnis mit der Beklagten durch die mit Schreiben vom 15.01.2018 ausgesprochene fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs wirksam beendet wurde.

Die Kündigung vom 15.01.2018 ist nicht nur formell, sondern auch materiell wirksam.

Die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs gemäß § 543 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 b BGB lagen zum Kündigungszeitpunkt vor. Gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 b BGB liegt ein wichtiger Grund vor, wenn der Mieter in einem Zeitraum, der sich über 2 Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für 2 Monate erreicht. Zum Zeitpunkt der Kündigung Mitte Januar 2018 bestand entsprechend der Aufstellung im Kündigungsschreiben vom 15.01.2018 ein Rückstand in Höhe von 4.402,10 Euro für den Zeitraum November 2016 bis Januar 2018. Die monatliche Miete für die streitgegenständliche Wohnung beträgt 601,00 Euro, so dass die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 b BGB zweifellos erfüllt sind, da der Rückstand deutlich über 2 Monatsmieten beträgt.

Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie in den streitgegenständlichen Monaten zu einer Mietminderung in Höhe von 50 % berechtigt war bzw. ihr zumindest bezüglich der vorgenommenen Mietminderung kein Verschulden angelastet werden kann. Aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichtes Frankfurt am Main vom 03.04.2019, Az.: 33 C 650/19 (51), steht fest, dass die Beklagte lediglich im Zeitraum von Januar 2017 bis August 2017 zu einer Mietminderung im Umfang von 10 % berechtigt war. Diese Feststellung aus dem vorgenannten von der Beklagten nicht angefochtenen Urteil muss diese gegen sich gelten lassen. Demzufolge war die von der Beklagten darüber hinaus vorgenommene Mietminderung nicht gerechtfertigt.

Der Zahlungsverzug war auch nicht unverschuldet. Der Beklagten fällt zumindest Fahrlässigkeit zur Last. Nicht ersichtlich ist, dass im Sinne von § 286 Abs. 4 BGB die Zahlung der Mieten in der geschuldeten Höhe auf Grund eines Umstandes unterblieb, welchen die Beklagte nicht zu vertreten hatte. Die Beklagte, die die Voraussetzungen für ein fehlendes Verschulden hätte substantiiert darlegen und gegebenenfalls beweisen müssen (Münchener Kommentar zum BGB/Ernst, 4. Aufl., § 286 Rn. 115), hat dafür keine ausreichenden Anhaltspunkte dargelegt. Verschulden in diesem Sinne fehlt nur, wenn sich der Mieter mit seiner Auffassung, die Miete nicht oder nicht in voller Höhe zu schulden, in einem entschuldbaren Rechts- oder tatsächlichen Irrtum befunden hat. Ein entschuldbarer Irrtum ist zu bejahen, wenn sich der Schuldner – hier die Beklagte – mit Sorgfalt um die Klärung der zweifelhaften Fragen bemüht hat (BGH NJW 1992, 3296 m.w.N.). Ein solcher zu entschuldigender Rechtsirrtum kann angenommen werden, wenn der Mieter sich in der Höhe der Minderung irrte und zwar bis ums Doppelte, weil die Bestimmung des Umfangs der Mietminderung von vielen Detailfragen abhängt sowie von den Gerichten im Einzelnen unterschiedlich beurteilt wird und deshalb häufig nicht vorab und eindeutig vom Mieter geklärt werden kann, auch wenn er entsprechenden rechtlichen Rat einholt und dabei den Sachverhalt umfassend und zutreffend vorträgt. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Vorliegend hat sich die Beklagte nicht lediglich nur um das Doppelte geirrt, sondern hat die Miete um das 5-fache dessen, was angemessen war, gemindert. Eine 50 %ige Mietminderung war bei weitem übersetzt. Die Beklagte hätte sich bewusst sein müssen, dass sie der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig ist und daher die Zusammenhänge nicht richtig erkennen kann. Von daher hätte sie sich, bevor sie die Minderung in Höhe von 50 Prozent vornimmt, Rat holen müssen. Zudem hätte auch bei bestehender Unsicherheit hinsichtlich der Höhe der Mietminderung die Möglichkeit bestanden, die Miete unter Vorbehalt zu zahlen.

Selbst wenn man der Beklagten zugestehen würde, dass sie sich sogar um das 3-fache dessen, was angemessen ist, verschätzen durfte, so wären vorliegend, wie vom Amtsgericht zutreffend ausgeführt, auch bei Ansatz einer Minderung von 30 % die Voraussetzungen der §§ 543 Abs. 1, 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 B BGB erfüllt.

Dass mittlerweile das Job-Center die Mieten direkt an die Klägerin zahlt und dieses auch angeboten hat, die offenen Mieten und Verfahrenskosten, zu zahlen, ändert an der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs nichts. Hinsichtlich des Vorliegens des Kündigungsgrundes kommt es auf den Zeitpunkt der Kündigungserklärung an. Die Voraussetzungen des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB sind unzweifelhaft nicht gegeben. Es ist insbesondere auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis weggefallen. Durch ein nachträgliches Wohlverhalten wird die Wirksamkeit der Kündigung nicht berührt. Die gilt ausnahmslos. Im Einzelfall kann das Festhalten am Räumungsanspruch rechtsmissbräuchlich sein, wenn der Mieter sein Verhalten später nachhaltig ändert (Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 13.Auflage, § 569 BGB, Rn.32). Dies kann vorliegend nicht angenommen werden. Es liegt lediglich ein Angebot des Jobcenters vor, die Mietrückstände und Verfahrenskosten zu übernehmen, wenn die Kündigung zurückgenommen wird. Zudem werden die laufenden Mieten vom Jobcenter übernommen. Von einer nachhaltigen Änderung des Verhaltens der Mieterin kann damit aber keine Rede sein.

Soweit die Beklagte nun dem Räumungsanspruch der Klägerin Härtegründe entgegenhalten will, indem sie vorträgt, dass ihr aus gesundheitlichen Gründen eine Räumung nicht zugemutet werden kann, so kann dieser Vortrag bereits deshalb keinen Erfolg haben, weil er unzureichend ist. Gesundheitliche Gründe könnte die Beklagte dem Räumungsanspruch allenfalls dann entgegensetzen, wenn durch die Räumung eine erhebliche Verschlechterung ihres Gesundheitszustands zu befürchten wäre. Dies hat die Beklagte aber nicht substantiiert dargelegt. Sie hat lediglich, gestützt durch ärztliche Bescheinigungen, ausgeführt, dass sie sich seit dem 04.12.2019 in stationärer Behandlung befindet, chronisch lungenkrank ist und unter wiederkehrenden Depressionen und einer paranoiden Persönlichkeitsstörung leidet. Eine drohende erhebliche Gesundheitsverschlechterung durch die Räumung kann hieraus nicht entnommen werden.

Damit hat die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

Es wird darauf hingewiesen, dass im Fall einer Rücknahme abgesehen von den ohnehin anfallenden Anwaltskosten lediglich zwei Gerichtsgebühren nach KV 1222 Nr. 1 GKG entstehen. Wird demgegenüber die Berufung förmlich durch Beschluss zurückgewiesen, verbleibt es bei der vierfachen Gerichtsgebühr nach KV 1220 GKG.

II.

Der Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren war zurückzuweisen, da die von der Beklagten beabsichtigte Berufung entsprechend der unter I. gemachten Ausführungen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht.

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