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Fristlose Mietvertragskündigung aufgrund Ruhestörungen

Räumung trotz mehrmaliger Ruhestörung: Mieter erhalten Fristverlängerung

Im Falle eines Mietverhältnisses, das aufgrund wiederholter Ruhestörungen und daraus resultierender fristloser Kündigungen von Seiten der Vermieter gekündigt wurde, hat das Amtsgericht Essen eine Entscheidung getroffen. Die Mieter erhielten eine Räumungsfrist bis zum 30.06.2023.

Direkt zum Urteil Az: 138 C 93/22 springen.

Hintergrund des Falles: Abmahnungen und Kündigungen wegen Ruhestörung

Die Parteien hatten am 01.04.2016 einen Mietvertrag über eine Wohnung in E. geschlossen. Aufgrund von nächtlichen Ruhestörungen zwischen dem 02.08. und 12.08.2020 wurde der Beklagte zu 2) am 14.08.2020 von den damaligen Vermietern abgemahnt. Trotz der Abmahnung kam es zu weiteren Ruhestörungen, woraufhin die Kläger die Beklagten am 12.05.2021 erneut abmahnten und auf einen Vorfall in der Nacht vom 10. auf den 11.05.2021 verwiesen.

Mit Schreiben vom 10.02.2022 kündigten die Kläger das Mietverhältnis gegenüber den Beklagten wegen weiterer Ruhestörungen fristlos mit sofortiger Wirkung zum 28.02.2022 und hilfsweise ordentlich zum 31.05.2022. Die Kläger bezogen sich auf mehrere Vorfälle Ende Januar und Anfang Februar 2022, bei denen es zu lauter Musik, lauten Gesprächen, Dartspielen und Streitgesprächen kam. Die Beklagten räumten die Wohnung jedoch nicht.

Weitere fristlose Kündigung während des laufenden Verfahrens

Innerhalb des laufenden Verfahrens sprachen die Kläger durch Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 06.09.2022 eine erneute fristlose Kündigung aus und beriefen sich auf weitere Vorfälle im Mai und September 2022, bei denen lautstarke Gespräche, Grölen, Lachen und Streitigkeiten auf dem Balkon, der offenen Wohnzimmertür und auf der Straße stattfanden. Zudem beriefen sie sich auf zwei Vorfälle am 17.09.2021.

Das Urteil des Amtsgerichts Essen

Das Amtsgericht Essen hat im Urteil vom 15.03.2023 (Az.: 138 C 93/22) entschieden, das Versäumnisurteil vom 23.11.2022 aufrechtzuerhalten und den Beklagten eine Räumungsfrist bis zum 30.06.2023 zu gewähren. Die Beklagten wurden zudem dazu verurteilt, die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wobei die Beklagten die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 8000,00 EUR abwenden können, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in derselben Höhe leisten.

Bedeutung des Urteils für Mieter und Vermieter

Das Urteil des Amtsgerichts Essen zeigt, dass trotz wiederholter Ruhestörungen und mehrfacher fristloser Kündigungen seitens der Vermieter, die Gerichte eine differenzierte Betrachtung des Sachverhalts vornehmen. In diesem Fall wurde den Beklagten eine Räumungsfrist bis zum 30.06.2023 gewährt, was eine gewisse Flexibilität und Zeit für die Mieter bedeutet, um alternative Wohnmöglichkeiten zu finden.

Für Vermieter ist dieses Urteil ein Ansporn, bei derartigen Fällen von Ruhestörungen und Störung des Hausfriedens konsequent vorzugehen und entsprechende Maßnahmen, wie Abmahnungen und Kündigungen, zu ergreifen. Gleichzeitig verdeutlicht es die Wichtigkeit, solche Vorfälle sorgfältig zu dokumentieren, um im Falle eines Rechtsstreits eine stichhaltige Beweisführung vorlegen zu können.


Das vorliegende Urteil

AG Essen – Az.: 138 C 93/22 – Urteil vom 15.03.2023

Das Versäumnisurteil vom 23.11. 2022 wird aufrechterhalten mit der Maßgabe dass sich die vorläufige Vollstreckbarkeit nach diesem Urteil richtet.

Den Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 30.6.2023 bewilligt.

Die Beklagten tragen die weiteren Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 8000,00 EUR abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in derselben Höhe leisten.

Tatbestand:

mieter ruhestörung
(Symbolfoto: Antonio Guillem/Shutterstock.com)

Die Parteien schlossen am 01.04.2016 einen Mietvertrag über die Wohnung im Erdgeschoss rechts A-straße in E..

Unter dem 14.08.2020 wurde der Beklagte zu 2) durch die damaligen Vermieter wegen nächtlicher Ruhestörungen in der Zeit vom 02.08. – 12.08.2020 abgemahnt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Abmahnschreiben vom 14.08.2020 Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 12.05.2021 mahnten die Kläger die Beklagten erneut wegen Ruhestörungen ab und verwiesen auf einen Vorfall in der Nacht vom 10. auf den 11.05.2021.

Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 12.05.2021 Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 10.02.2022 kündigten die Kläger gegenüber den Beklagten wegen weiterer Ruhestörungen fristlos mit sofortiger Wirkung zum 28.02.2022 und hilfsweise ordentlich zum 31.05.2022.

In dem Kündigungsschreiben beziehen sich die Kläger konkret auf einen Vorfall am 28.01.2022 gegen 23.14 Uhr (laute Musik, laute Gespräche, Darten), gegen 23.37 Uhr lautes Gepolter mit Streitgesprächen, 3.18 Uhr laute Musik, Streitgespräche und Dartspiel. Ferner auf einen Vorfall am 29.01.2022, 9.45 – 10.15 Uhr (lautes Türenknallen, Geschrei), weiter auf einen Vorfall am 31.01.2022 gegen 21.30 Uhr laute Musik sowie um 0.33 Uhr laute Musik und schließlich auf einen Vorfall am 02.02.2022 ab 13.54 Uhr laute Musik, laute Gespräche und Streitgespräche sowie Dartspiel.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Kündigungsschreiben vom 10.02.2022 Bezug genommen.

Die Beklagten räumten die streitgegenständliche Wohnung nicht.

Innerhalb des laufenden Verfahrens sprachen die Kläger durch Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 06.09.2022 eine erneute fristlose Kündigung aus und beriefen sich diesbezüglich auf weitere Vorfälle, namentlich am 15.05.2022 zwischen 22.15 Uhr – 23.00 Uhr (lautstarke Gespräche, Grölen und Lachen auf dem Balkon bzw. offener Wohnzimmertür), 18.05.2022, 22.30 Uhr bis nach 24.00 Uhr (lautstarke Gespräche, Grölen und Lachen auf dem Balkon und Streitigkeiten untereinander auf der Straße), 02.09.2022, 0:45 Uhr (lautstarke Gespräche auf dem Balkon bzw. offener Wohnzimmertür), 05.09.2022, 23:45 Uhr lautstarke Gespräche auf dem Balkon bzw. offener Wohnzimmertür.

Ferner beriefen sie sich auf zwei Vorfälle am 17.09.2021 zwischen 22:45 Uhr und 1:00 Uhr (lautstarke Gespräche, Grölen und auf dem Balkon bzw. offene Wohnzimmertür).

Ferner stützen die Kläger ihre Kündigung vom 06.09.2022 auch auf folgende im Schriftsatz vom 10.08.2022 aufgeführte vermeintliche Lärmbelästigungen:

Lautes Grölen, laute Gespräche, lautes Lachen durch mehrere Personen, wechselseitig ausgehend von Ihrem Balkon und aus Ihrer Wohnung heraus am 02.08.2020 in der Zeit von 22:00 bis 04:30 Uhr Polizei benachrichtigt 03:23 Uhr, – 09.08.2020 in der Zeit von 22:30 bis 02:30 Uhr Polizei benachrichtigt 23:50 Uhr, – 10.08.2020 in der Zeit von 22:30 bis 02:00 Uhr Polizei benachrichtigt 23:57 Uhr und am – 12.08.2020 in der Zeit von 22:15 bis 23:55 Uhr Polizei benachrichtigt 23:40 Uhr.

…..

Mit Schriftsatz vom 07.09.2022 sprachen die Kläger nochmals die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses gegenüber den Beklagten aus und bezogen sich dabei auf folgende Vorwürfe:

……..

Schließlich erfolgte im Schriftsatz vom 12.10.2022 eine erneute fristlose Kündigung des Mietverhältnisses unter Berufung auf einen Vorfall am 15.09.2022 ab ca. 16.00 Uhr (Beschallung durch die Beklagten).

Die Kläger behaupten, sie seien Eigentümer der streitgegenständlichen Wohnung. Hierzu haben sie einen Grundsteuerbescheid sowie den Grundbuchauszug vorgelegt, auf welche Bezug genommen wird (Blatt 119 und 125 der Akte). Die Kläger behaupten, die den Kündigungen zu Grunde gelegten Lärmbelästigungen und Ruhestörungen durch die Beklagten seien allesamt erfolgt. Die Kläger sind der Auffassung, eine Fortsetzung des Mietverhältnisses sei nicht zumutbar.

Die Kläger haben beantragt,

1. die Beklagten zu verurteilen, die Wohnung A-Straße, Essen, Erdgeschoss rechts, bestehend aus 3 Zimmern, 1 Küche, 1 Diele, 1 Bad, 1 Balkon und 1 Keller, in der Anlage zur Klageschrift 0 rot gekennzeichnet, zu räumen und an die Kläger herauszugeben,

2. die Beklagten weiter zu verurteilen, als Gesamtschuldner an die Kläger einen Betrag in Höhe von 766,36 Euro zu zahlen.

Wegen Nichtverhandelns im Termin vom 23.11.2022 ist gegen die Beklagten ein Versäumnisurteil ergangen, durch welches diese antragsgemäß verurteilt wurden.

Gegen dieses haben die Beklagten fristgerecht Einspruch eingelegt.

Die Kläger beantragen nunmehr, das Versäumnisurteil vom 23.11.2022 aufrechtzuerhalten.

Die Beklagten beantragen, das Versäumnisurteil vom 23.11.2022 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Beklagten bestreiten die durch die Kläger vorgetragenen und den Kündigungen zu Grunde liegenden Lärmbelästigungen. Hierzu behaupten sie, sie seien am 15.09.2022 nicht in der Wohnung gewesen, sondern in der Wohnung der Mitmieter B.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 1.2.2023 durch Vernehmung der Zeugen C, D und Frau B sowie gem. Beweisbeschluss vom 22.2.2023 durch Vernehmung des Zeugen Herrn B. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 1.2.2023 und 22.2.2023 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Kläger haben einen Anspruch auf Räumung der streitgegenständlichen Wohnung aus § 546 BGB.

Nach Vorlage der entsprechenden Grundbuchauszüge durch die Kläger steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass diese Eigentümer der an die Beklagten vermieteten Wohnung und damit aktivlegitimiert sind.

Das Mietverhältnis mit den Beklagten wurde spätestens durch fristlose Kündigung vom 7.9.2022 gem. §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB beendet.

Gem. §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB kann die Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Beklagten wie im Kündigungsschreiben vom 6. September und in den vorherigen Kündigungen und Abmahnungen aufgeführt durch erhebliche Lärmbelästigungen die weiteren Mitmieter, insbesondere den Zeugen C, unzumutbar beeinträchtigen.

Dabei kann dahinstehen, ob die Kündigung vom 7.9.2022 auf die klägerseits behaupteten Ruhestörungen zwischen dem 7.2.2022 und 28.5.2022 gestützt werden kann oder ob diese zu lange zurückliegen, um die fristlose Kündigung zu begründen.

Jedenfalls begründen die in der Kündigung aufgeführten Ruhestörungen zwischen dem 1.8.2022 und 6.9.2022 einen ausreichenden Grund für die fristlose Kündigung gem. §§ 543, 569 BGB. Danach haben am 1. August, 28. August, 2. September und 3. September Musik in ihrer Wohnung so laut abgespielt, dass diese in der Wohnung des Zeugen C deutlich zu hören war. Nach Überzeugung des Gerichtes haben sie am 06.09.2022 zur Nachtzeit ebenfalls Lärm durch Baumaßnahmen verursacht, der über das hinnehmbare Maß hinausging.

Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die vorgenannten Ruhestörungen durch die Beklagten, so wie sie in den Lärmprotokollen des Zeugen C festgehalten wurden, tatsächlich erfolgt sind.

Der Zeuge C hat im Rahmen seiner Zeugenvernehmung widerspruchsfrei und glaubhaft ausgesagt, dass er bereits seit seinem Einzug im August 2020 durch die Beklagten immer wieder gestört wurde, da diese extrem laute Musik spielten und auch durch Feierlichkeiten mit anderen Personen und Dartsspielen erheblichen Lärm verursachten. Die Aussage des Zeugen C ist glaubhaft. So schilderte dieser detailreich, wie man zunächst versucht habe, sich mit Ohropax zu behelfen, was aber nach der Geburt der Tochter nicht mehr möglich gewesen sei. Der Zeuge C konnte nachvollziehbar angeben, dass seine Frau und er schließlich überlegt hätten, was man gegen den Lärm tun könne und deswegen auf das Führen eines Lärmprotokolls gekommen sei. Das Gericht ist überzeugt davon, dass das Lärmprotokoll, so wie es im Rahmen des vorliegenden Gerichtsverfahrens vorgelegt wurde, durch den Zeugen C erstellt wurde. Dieser hat nämlich nachvollziehbar und glaubhaft ausgesagt, er habe eine Tabelle in seinem Handy geführt und zeitnah stets die Lärmbelästigungen eingetragen. Seine Frau sei ebenso verfahren. Es bestehen für das Gericht keine Zweifel daran, dass die Aussagen und auch die Eintragungen des Zeugen C zutreffend sind. Es ist kein sachfremder Grund ersichtlich, warum der Zeuge C diese Tabellen gefertigt haben sollte. Es ging ihm erkennbar lediglich um eine verlässliche Ruhe im Haus, die ihm nachts das Schlafen und tagsüber das Arbeiten ermöglicht. Der Zeuge ist auch glaubwürdig. Zwar hat er als Mietpartei ein eigenes erhebliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits. Es waren bei dem Zeugen aber keine Belastungstendenzen festzustellen. Vielmehr bemühte er sich um eine sachliche Darstellung. Für das Gericht wurde dennoch deutlich, wie angegriffen der Zeuge in seiner Lebenssituation aufgrund der fortwährenden Lärmbelästigung ist.

Auch der Umstand, dass nach dem – im übrigen nicht unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten – die Beklagten am 15.9.2022 ab 16.30 EUR nicht in ihrer Wohnung waren, ändert nichts an der Glaubwürdigkeit des Zeugen C. Die E-Mail datiert vom 15.9. um 16:59 EUR. Es ist gut möglich, dass die E-Mail sich mit dem Weggang der Beklagten überschnitten hat. Zudem sagt die bloße Abwesenheit der Beklagten nicht notwendig etwas darüber aus, ob in deren Wohnung Musik lief oder nicht. Dies ist auch in Abwesenheit möglich.

Die Aussage des Zeugen C wird zudem allgemein gestützt von der Aussage des Zeugen D. Zwar konnte dieser die einzelnen Vorfälle aus dem Lärmprotokoll des Zeugen C nicht bestätigen und war hierzu auch nicht als Zeuge benannt. Er hat aber insgesamt durch den Verweis auf eine seinerseits von ihm geführte Tabelle bestätigt, dass von den Beklagten ein erhebliches Lärmpotenzial ausgeht. So hat der Zeuge D glaubhaft und widerspruchsfrei mitgeteilt, dass es über einen Zeitraum von mindestens zweieinhalb Jahren eine permanente nächtliche Lärmbelästigung gab, weswegen er des Öfteren auch die Polizei gerufen habe. Diese Aussage bestätigt das Bild, das auch der Zeuge C von den Beklagten und deren Verhalten zeichnet. Die Aussage des Zeugen war glaubhaft. Sie war widerspruchsfrei. Der Zeuge war auch glaubwürdig. Er ließ insbesondere keine Belastungstendenzen erkennen und gab auch Wissenslücken – z.B. hinsichtlich des Termins vom 17. September, zudem er unumwunden einräumte er wisse nicht mehr Ob dieser 2021 oder 2022 stattgefunden habe – zu.

Die Aussagen der Zeugen B waren dagegen nicht geeignet Zweifel an der Überzeugung des Gerichts zu begründen.

Die Zeugin B hat lediglich bekundet, in der eigenen Wohnung nichts von den Beklagten zu hören und sich nicht gestört zu fühlen. Dies sagt nichts darüber aus, was in der Wohnung des Zeugen C zu hören ist. Zudem war die Aussage der Zeugin B in Teilen widersprüchlich. Zunächst sagte sie aus, sie höre nie etwas. Auf die Nachfrage durch das Gericht, ob die Beklagten nicht auch ab und zu feierten, erklärte sie dann lediglich, diese würden dabei stets einen Zettel aufhängen. Es ist aber unwahrscheinlich und erscheint lebensfremd, dass die Zeugin trotz eingeräumter Feiern der Beklagten auch von diesen nichts hört. Zudem räumte die Zeugin ein, sie habe sie auch selbst die Beklagten nach einem Vorfall in der Nacht angesprochen und dabei auch erklärt, die Beklagten wollten doch durch ihr Verhalten nicht die Wohnung verlieren. Der Umstand, dass die Zeugin wegen einer Lärmbelästigung in der Nacht sogleich die Verbindung zu einer Wohnungskündigung zieht, legt ebenfalls den Schluss nah, dass diese kein Einzelfall gewesen ist. Anderenfalls ist die Befürchtung, die Beklagten würden die Wohnung verlieren, fernliegend. Insgesamt war die Aussage der Zeugin nach dem Eindruck des Gerichts geprägt von dem – aus Sicht der Zeugin nachvollziehbaren – Wunsch, die Beklagten in Schutz zu nehmen.

Die Aussage des Zeugen B war bereits widersprüchlich und damit nicht glaubhaft. So hat der Zeuge einerseits bekundet, das ganze Haus sei eigentlich laut, andererseits wollte er aber mit Sicherheit ausschließen, dass irgendwelche Lärmbelästigungen von den Beklagten ausgingen. Der Zeuge erklärte zudem auf konkrete Frage nach lautstarken Streitigkeiten zwischen den Beklagten, er könne hierzu nichts sagen, da er arbeitsbedingt meistens nicht im Haus sei. Andererseits konnte er aber viele Angaben zu dem Verhalten von Jugendlichen machen, die nach seiner Darstellung auf dem Spielplatz hinter dem Haus nachts und auch nach dem Training träfen und dort lärmten. Wieso ihm dies trotz der Abwesenheit möglich sein sollte, die andere Aussage aber nicht, erschließt sich nicht. Vielmehr drängte sich dem Gericht der Eindruck auf, der Zeuge wollte zugunsten der Beklagten den Eindruck vermitteln, die Ursache der Lärmbelästigungen liege bei anderen Personen, namentlich anderen Mietparteien mit Kindern und außenstehenden Jugendlichen. Derartiges ist nicht einmal von den Beklagten behauptet worden. Zudem hat der Zeuge B auch ausgesagt, ihn störe der Lärm im Haus nicht. Diese subjektive Einschätzung des Zeugen vermag nichts darüber auszusagen, ob die Störungen auch von anderen Mietern, namentlich dem Zeugen C, hinzunehmen wären. Denn das subjektive Empfinden und die Toleranzschwelle gegenüber nachbarlichem Lärm ist naturgemäß unterschiedlich und nicht zuletzt auch von den eigenen Lebensumständen (z.B. Arbeiten im Homeoffice) abhängig.

Die Beklagten sind auch hinsichtlich ihres ruhestörenden Verhaltens mehrfach abgemahnt worden.

Die Abmahnung vom 14.8.2020 war allerdings wirkungslos, da sie nur gegenüber dem Beklagten, aber nicht gegenüber der Beklagten ausgesprochen wurde. Die Abmahnung muss stets allen Mietern gegenüber erklärt werden, auch wenn ein am Mietverhältnis nicht beteiligter Dritter die Vertragsstörung begangen hat (Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 541 BGB, Rn. 7).

Die Abmahnung vom 12.5.2021 ist wirksam. Diese wurde an beide Beklagten gerichtet. Das gerügte Verhalten der Beklagten ist auch abmahnfähig.

Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht aus den vorgenannten Gründen zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Beklagten in der Nacht vom 10. auf den 11.5.2021 übermäßig Lärm verursacht und damit auf die ihnen obliegenden Rücksichtnahmepflichten als Mieter verstoßen haben. Der Vorfall vom 10. auf den 11.05.2021 ist durch den Zeugen C ebenfalls in seinem Lärmprotokoll, von dessen Richtigkeit das Gericht überzeugt ist, festgehalten worden.

Auch das Kündigungsschreiben vom 10.02.2022 ist zumindest – die Wirksamkeit der Kündigung dahingestellt – als Abmahnung hinsichtlich des ruhestörenden Verhaltens der Beklagten zu verstehen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt musste den Beklagten bewusst sein, dass weiteres lärmendes Verhalten vermieterseits nicht geduldet werden würde und auch Konsequenzen nach sich ziehen würde.

Der Umstand, dass die Beklagten dennoch trotz ausgesprochener Kündigung vom 10.02.2022 und eingeleitetem Räumungsverfahren weiterhin laute Musik abspielten und zur Nachtzeit Lärm produzierten, zeigt dass sie weder verlässlich noch dauerhaft gewillt sind an ihrem Verhalten etwas zu ändern. Dies macht die Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses von Klägerseite aus unzumutbar. Denn der vertragsgemäße Gebrauch der Mietwohnung für den Zeugen C ist durch den fortwährenden Lärm erheblich eingeschränkt, da er durch den Lärm regelmäßig nachts aufgeweckt bzw. tagsüber vom Arbeiten abgehalten wird.

Die Kläger haben ferner Anspruch auf Erstattung der ihnen vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten aus §§ 280, 286 BGB.

Unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der Parteien war den Beklagten gem. § 721 Abs. 1 ZPO eine Räumungsfrist bis zum 30.6.2023 zu bewilligen. Eine derartige Frist ist erforderlich aber auch ausreichend, um den Beklagten Zeit zu geben, sich eine Ersatzunterkunft zu suchen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 7, 711 ZPO.

Der Streitwert wird auf 5.700,00 EUR festgesetzt.

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