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Fristlose Mietvertragskündigung bei schweren Beleidigungen des Vermieters

AG Münster – Az.: 7 C 3562/10 – Urteil vom 13.10.2011

Die Beklagte wird verurteilt, die Wohnung im Erdgeschoss des Hauses A. Str. … in … M., bestehend aus 2 Zimmern, 1 Küche, 1 Korridor, 1 Toilette mit Bad/Wanne sowie 1 Kellerraum und Garage vollständig geräumt und einschließlich sämtlicher Schlüssel am 31.12.2011 an den Kläger herauszugeben.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 489,45 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.09.2010 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Beklagte mietete vom Kläger zum 01.06.2005 die Wohnung im Erdgeschoss des Hauses … in M.. Im Sommer 2007 wurde der Kläger durch andere Mieter des Hauses darauf aufmerksam gemacht, dass die Beklagte die Wohnung nicht mehr alleine bewohne. Bei einer Wohnungsbesichtigung der von der Beklagten bewohnten Wohnung wurde durch den Kläger eine weitere Schlafgelegenheit im Wohnzimmer wahrgenommen. Am 05.07.2010 mahnte der Kläger die Beklagte wegen nicht genehmigter Untervermietung ab. Am 28.07.2010 kam es zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und der Beklagten im Hause.

Der Kläger behauptet, die Beklagte habe die Wohnung ohne seine Erlaubnis untervermietet. Zur Auseinandersetzung am 28.07. behauptet der Kläger, die Beklagte habe gegenüber seiner Person schwerste Beleidigungen ausgesprochen: „Ihr Arschlöcher, ich haue Dir was in die Schnautze. Ihr könnt mich am Arsch lecken.“ Danach habe die Beklagte ihre Wohnungseingangstür mindestens 6 Mal zugeschlagen, bis dass die mittlere Scheibe zerbrochen sei. Die zuvorige Beschimpfung habe über 10 Minuten angedauert. Die Beklagte habe ferner gesagt: „Kümmere Dich um Deine Scheiße, Du Arschloch! Du kannst mich am Arsch lecken, Du blöde Sau. Und wegen da oben zeige ich Euch auch noch an. Du brauchst mich nicht zu Siezen, ich duze Dich weiter, Du blöde Sau.“

Der Kläger beantragt,

1.

die Beklagte zu verurteilen, die Wohnung im Erdgeschoss des Hauses … bestehend aus 2 Zimmern, 1 Küche, 1 Korridor, 1 Toilette mit Bad/Wanne sowie 1 Kellerraum und Garage vollständig geräumt und einschließlich sämtlicher Schlüssel am 31.12.2011 an den Kläger herauszugeben,

2.

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 489,45 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.09.2010 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise ihr eine angemessene Räumungsfrist zu bewilligen.

Sie bestreitet, dass sie die Wohnung unberechtigt untervermietet habe, und behauptet hierzu, die Zeugin … sei eine Freundin, die lediglich häufiger zu Besuch sei und bei Hausarbeiten helfe. Die Zeugin … wohne jedoch nicht in der Wohnung. Bei der Schlafgelegenheit im Wohnzimmer handele es sich lediglich um eine Schlafcouch, die von gelegentlichen Besuchen genutzt werde. Hinsichtlich der Auseinandersetzung am 28.07.2010 bestreitet die Beklagte, dass es zu schweren Beleidigungen gekommen sei. Abgesehen von dem Ausdruck „Arschloch“ habe sie keinerlei beleidigende Äußerungen gegenüber dem Kläger zum Ausdruck gebracht. Beim Zuknallen der Tür habe es sich nicht um ein Handeln im Sinne einer vorsätzlichen Sachbeschädigung gehandelt.

Wegen der übrigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Parteien sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.03.2011 und 08.09.2011 verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Sch, A und S.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Unabhängig von der Frage, ob dem Kläger ein Recht zur außerordentlichen Kündigung zustand, hat der Kläger jedenfalls einen Räumungsanspruch gegen die Beklagte aufgrund der ordentlichen Kündigung vom 03.12.2010, §§ 535, 542, 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

Die Beklagte hat vertragliche Pflichten aus dem zwischen den Parteien bestehenden Mietverhältnis schuldhaft in nicht unerheblicher Weise verletzt.

Zunächst hat die Beklagte ihre vertraglichen Nebenpflichten durch unbefugte Gebrauchsüberlassung an Dritte verletzt. Zu diesem Ergebnis gelangt das Gericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, nach Vernehmung der Zeugin …. Die Zeugin … sagte aus, dass sie im Zeitraum vom 11.05. bis 15.06.2010 übergangsweise in der Wohnung der Beklagte gewohnt habe. Auch bei einer Aufnahme zum Mitgebrauch der Wohnung ohne Erlaubnis des Vermieters liegt eine unbefugte Überlassung der Mietsache an einen Dritten vor (vgl. BayOLG, NJW-RR 1991, 461). Dies gilt unabhängig davon ein Anspruch gem. § 553 Abs. 1 BGB bestanden hätte, dass der Vermieter einem solchen Mitgebrauch der Wohnung zustimmt. Wenn die Zeugin … ausführte, dass sie aufgrund der Trennung von einem Lebenspartner in der Wohnung der Beklagten untergekommen sei, und dieser darüber hinaus aufgrund gesundheitlicher Probleme auch geholfen habe, so muss dies unberücksichtigt bleiben. Bereits der Zeitraum von mehreren Wochen musste dem Vermieter mitgeteilt werden. Dies galt auch für eine rein tatsächliche Benutzung. Auf die Frage, ob ein Untermietvertrag geschlossen worden ist, kommt es somit nicht an. Auch wenn ein berechtigtes Interesse an einer dahingehenden Erlaubnis des Vermieters möglicherweise vorgelegen haben könnte, zählte es zur vertraglichen Nebenpflicht aus dem Mietverhältnis, dass eine solche Mitteilung an den Kläger erfolgte, damit dieser dahingehende etwaige angemessene Mieterhöhung verlangen können.

Darüber hinaus hat die Beklagte ihre vertraglichen Nebenpflichten durch den Vorfall vom 28.07.2010 verletzt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, nach Vernehmung der Zeugen … ist das Gericht davon überzeugt, dass die Beklagte unberechtigterweise gegenüber dem Kläger schwerste Beleidigungen ausgesprochen hat. Dies schilderten übereinstimmend die Zeugen … und …. Beide hatten die verbale Auseinandersetzung aus dem Hausflur hören können und schilderten präzise und detailgenau die Beleidigungen, welche die Beklagte ausgesprochen habe. Zwar gab die Zeugin S. an, dass der Kläger auch in provozierender Weise an der verbalen Auseinandersetzung beteiligt gewesen sei, die Zeugin … konnte sich aber an keinerlei Einzelheiten des Gesprächs erinnern. Da sowohl die Zeugin … als auch die Zeugin … jeweils einer der Parteien dieses Rechtsstreits nahe standen, kommt es für das Gericht maßgeblich auf die Aussage des Zeugen … an. Dieser konnte als einzig unbeteiligter Zeuge ausführen, dass die Beklagte tatsächlich schwerste Beleidigungen gegenüber dem Kläger zum Ausdruck gebracht hatte, während der Kläger während der Auseinandersetzung sprachlos gewesen sei. Im Rahmen einer schuldhaften Pflichtverletzung gem. § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine Beleidigung des Vermieters, wenn sie ein ausreichendes Ausmaß angenommen hat, bereits ohne Abmahnung ausreichend (vgl. AG Coburg, ZMR 2009, 373).

Aufgrund gesundheitlicher Probleme, wie im vorgelegten ärztlichem Attest vom 03.03.2011 bescheinigt, war der Beklagten jedoch eine Frist zur Räumung zu bewilligen. Das Gericht hält hierfür eine Frist bis zum Jahresende für angemessen.

Weiter steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB zu.

Der zuerkannte Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 BGB.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert wird festgesetzt auf 4.800,00 Euro.

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