AG Gronau – Az.: 2 C 121/18 – Urteil vom 19.11.2018
Der Beklagte wird verurteilt, die im Objekt H-Str. ###, 48599 Gronau, im 2. Obergeschoss gelegene Wohnung, Wohnungsnr. ##, bestehend aus 2 Zimmern, Küche, Bad inkl. Kellerraum geräumt an den Kläger herauszugeben.
Der Beklagte wird verurteilt, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 413,64 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 14.07.2018 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 4.500,00 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung bezüglich der Herausgabe der Wohnung Sicherheit in Höhe von 4.500,00 EUR leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung.
Die Parteien sind über einen Mietvertrag über die Wohnung Nr. ## im zweiten Obergeschoss des Objekts H-Str. ### in 48599 Gronau verbunden, welche der Kläger an den Beklagten vermietete. Die Nettokaltmiete betrug zuletzt 278,33 EUR. Die Zeugin M1 ist ebenfalls Mieterin des Klägers und wohnt im selben Objekt.
Bereits mit Schreiben vom 05.08.2016 wurde der Beklagte durch den Klägervertreter abgemahnt. Wegen der Einzelheiten der Abmahnung wird auf Anl. K 2 (Bl. 7 f. d. A.) Bezug genommen.
Am 14.05.2018 arbeitete der Zeuge C1, der als Hausmeister für den Kläger tätig ist, mittags mit einem Benzinlaubbläser außerhalb des Gebäudes, in dem sich die streitgegenständliche Wohnung befand. Der Beklagte suchte den Zeugen C1 im Bereich eines vor dem Haus befindlichen Fahrradschuppens auf. Die Einzelheiten des Zusammentreffens sind zwischen den Parteien streitig.
Mit Schreiben vom 18.05.2018 erklärte der Kläger durch seine jetzigen Prozessvertreter die außerordentliche Kündigung des Mietvertrages mit der Begründung, dass der Beklagte den Zeugen C1 beleidigt und körperlich angegriffen habe. Wegen der Einzelheiten des Kündigungsschreibens wird auf Anlage K 1 (Bl. 5 f. d. A.) Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 13.09.2018 erklärte der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten, gestützt auf eine behauptete Beleidigung des Beklagten gegenüber einer Mitarbeiterin des Klägers, erneut die fristlose Kündigung.
Mit Schriftsatz vom 19.10.2018 erklärte der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten hilfsweise erneut die fristlose Kündigung, gestützt auf einen weiteren behaupteten Vorfall.
Durch die vorgerichtliche Beauftragung seiner Prozessvertreter sind dem Kläger Kosten in Höhe von 413,64 EUR entstanden, die klägerseits bereits beglichen wurden.
Der Kläger behauptet, der Beklagte sei in der Vergangenheit bereits mehrfach auffällig geworden. Am 14.05.2018 habe der Beklagte sodann den Zeugen C1 körperlich angegriffen. Er sei alkoholisiert gewesen und habe den Zeugen C1 geschubst. Zudem habe er den Zeugen C1 beleidigt, wobei er die Formulierungen „sofort raus“, „Du Arschloch“, „Scheiß Ausländer“ und „Du hast hier nichts zu suchen“ geäußert habe. Dies sei von der Zeugin L1, einer Mitarbeiterin des Klägers, zufällig beobachtet worden.
Am 11.09.2018 habe der Beklagte eine weitere Mitarbeiterin des Klägers beleidigt und sich ihren Aufforderungen widersetzt.
Der Kläger beantragt den Beklagten zu verurteilen, die im Objekt H-Str. ###, 48599 Gronau, im 2. Obergeschoss gelegene Wohnung, Wohnungsnr. ##, bestehend aus 2 Zimmern, Küche, Bad inkl. Kellerraum geräumt an ihn herauszugeben.
den Beklagten zu verurteilen, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 413,64 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.
Der Beklagte beantragt die Klage abzuweisen.
Hilfsweise beantragt er ihm eine angemessene Räumungsfrist zu bewilligen.
Er behauptet, der Zeuge C1 habe unter dem Fenster der Zeugin M1 gearbeitet. Der Balkon der Zeugin M1 befinde sich drei Meter vom Fahrradschuppen entfernt. Diese habe Mittagsruhe halten wollen, was aufgrund vorhandener Erkrankungen auch erforderlich gewesen sein. Aufgrund der Arbeiten des Zeugen C1 sei dies aber nicht möglich gewesen. Sie habe vergeblich versucht, den Zeugen C1 durch Rufe anzusprechen. Anschließend habe sie telefonisch den Beklagten kontaktiert und diesen gebeten, den Zeugen C1 aufzusuchen und zu bitten, den Benzinlaubbläser auszuschalten.
Der Beklagte habe daraufhin den Zeugen C1 aufgesucht und diesen in normalem Tonfall gebeten, den Laubbläser abzuschalten, da die Zeugin M1 schlafen wolle. Dies habe der Zeuge C1 aber abgelehnt. Das Gespräch sei von der Zeugin M1 beobachtet worden. Die klägerseits behaupteten Beleidigungen habe der Zeuge C1 zudem in jedem Fall nicht verstehen können, da er Ohrenschützer getragen habe, zudem sei er Syrer und verstehe kein Deutsch.
Die Zeugin L1 habe das Geschehen nicht mitbekommen, da sie sich zu diesem Zeitpunkt in einem 40 Meter entfernten anderen Haus befunden und einen anderen Mieter gepflegt habe.
Der Beklagte ist der Ansicht, die Kündigung sei jedenfalls aufgrund einer fehlenden vorherigen Abmahnung unwirksam. Auf die Mahnung vom 05.08.2016 könne der Kläger sich bereits wegen Zeitablaufs nicht stützen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen M1, L1 und C1. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2018 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung aus § 546 Abs. 1 BGB. Der Beklagte ist zur Herausgabe der Mietsache verpflichtet, da das Mietverhältnis zwischen den Parteien beendet wurde.
Mit Schreiben vom 18.05.2018 hat der Kläger das Mietverhältnis aus wichtigem Grund fristlos gekündigt, § 543 Abs. 1 S. 1 BGB.
Denn es steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme mit der erforderlichen Sicherheit zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beklagte den Zeugen C1 am 14.05.2018 mehrfach gewaltsam am Oberteil gezogen und unter anderem als „Scheiß Ausländer“ und „Arschloch“ bezeichnete hat. Der Zeuge C1 hatte hierzu keinen Anlass gegeben, er war lediglich mit einer Laubgebläse in dem Fahrradschuppen vor dem Wohnhaus des Beklagten am Arbeiten.
Da es sich beim Vorliegen eines wichtigen Grundes, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigt, um eine für den Kläger günstige Tatsache handelt, ist er diesbezüglich beweisbelastet (vgl. Bieber, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2016, § 543 Rn. 76). Im Rahmen des § 286 ZPO ist ein Beweis dann geführt, wenn das Gericht mit einem für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. BGH, Urteil vom 16. 4. 2013, Az. VI ZR 44/12) von der Wahrheit der Behauptung überzeugt ist.
Der Zeuge C1 hat bekundet, dass er mit einem Laubläser im Fahrradschuppen gearbeitet habe. Der Beklagte habe den Schuppen betreten und sei dabei vom Zeugen zuerst nicht bemerkt worden, da dieser in seine Arbeit vertieft gewesen sei und Ohrenschützer getragen habe. Der Beklagte habe den Zeugen direkt „angefallen“ und ihn am Oberteil gepackt, mehrfach daran gezogen und den Zeugen aufgefordert, den Fahrradschuppen zu verlassen. Dabei habe er mehrere Schimpfwörter benutzt, nach der Erinnerung des Zeugen jedenfalls „Scheiße“, „scheiß Ausländer“ und „Arschloch“. Der Zeuge habe den Laubbläser sofort ausgeschaltet und den Beklagten mehrfach vergeblich aufgefordert, ihn in Ruhe zu lassen. Anschließend habe er den Beklagten aufgefordert, zusammen mit ihm zum Kläger zu gehen. Auch dies habe der Beklagte abgelehnt. Der Zeuge sei daher allein zum Büro des Klägers gegangen, wo er eine weitere Mitarbeiterin, Frau V1, getroffen und dieser das Geschehen geschildert habe. Er sei sehr nervös gewesen und habe sich bemüht, ruhig zu reagieren. Die Wohnung der Zeugin M1 sei zehn bis zwölf Meter vom Schuppen entfernt, der Balkon der Wohnung sei höher gelegen als der Schuppen. Ob man von dort in den Schuppen sehen könne, wisse er aber nicht.
Die Aussage des Zeugen C1 ist glaubhaft. Er schildert das Geschehen detailliert, räumt aber auch Unsicherheiten und Erinnerungslücken ein. Das zeitlich relativ klar umgrenzte Geschehen konnte der Zeuge umfassend beschreiben. Die Schilderung ist dabei, auch auf Nachfrage, stringent. Dabei konnte der Zeuge nicht nur schildern, wie der Beklagte unbemerkt in den Schuppen gelangen konnte, sondern auch, wie er sich nach der Auseinandersetzung mit dem Beklagten weiter verhielt. Auch eine einseitige Belastungstendenz ist nicht zu erkennen, insbesondere zu den Beleidigungen durch den Beklagten räumt er von sich aus ein, keine detaillierten Erinnerungen zu haben. Auf Nachfragen, auch zu Einzelheiten des Geschehensablaufs, konnte der Zeuge detailliert eingehen. Weiter erklärte er plausibel, dass er das Laubgebläse unmittelbar ausschaltete und so verstehen konnte, was der Beklagte sagte. Er gibt weiter an, dass der die deutsche Sprache besser verstehe als spreche und aus diesem Grund einen Dolmetscher für den Gerichtstermin brauche. Nach dem Eindruck des Gerichts ist der Zeuge der deutschen Sprache hinreichend mächtig, um die vom Beklagten genutzten Beleidigungen zu verstehen.
Die Schilderung des Zeugen C1 wird weiter gestützt durch die Bekundung der Zeugin L1. Diese bekundete, zum Zeitpunkt der Auseinandersetzung zwischen dem Beklagten und dem Zeugen C1 im Hausflur an einem Seiteneingang gewesen zu sein und durch die offene Haustür den Wortwechsel zwischen dem Beklagten und dem Zeugen C1 gehört zu haben. Der Fahrradschuppen sei vielleicht zehn oder fünfzehn Meter vom Hauseingang entfernt. Sie räumte ein, das Geschehen nicht gesehen zu haben, sie kenne aber sowohl die Stimmen des Beklagten als auch die des Zeugen C1 gut. An den Wortlaut des Gesprächs könne sie sich nicht genau erinnern, sie meine aber, „scheiß Ausländer“ und „fass mich nicht an“ gehört zu haben. Anschließend sei sie zum Büro des Klägers gegangen, wo sie die Mitarbeiterin Frau V1 sowie kurz darauf trafen sie den Zeugen C1 habe.
Auch die Aussage der Zeugin K1 ist glaubhaft. Insbesondere konnte sie, auch auf Nachfrage, plausibel schildern, wie die Räumlichkeiten beschaffen waren, warum sie den Wortwechsel verstehen konnte und warum sie sich über die Identität des Beklagten und des Zeugen C1 sicher war. Hierbei räumte sie von sich aus ein, sich an den konkreten Gesprächsinhalt nicht erinnern zu können. Auch die Zeugin beschrieb dabei nicht nur das eigentliche Kerngeschehen, sondern auch Randtatsachen präzise, etwa aus welchem Grund sie sich am Seiteneingang befand. Die Schilderung des anschließenden Geschehens deckt sich mit der des Zeugen C1. Eine Belastungstendenz zeigt die Zeugen nicht, insbesondere räumt sie von sich aus umfangreiche Erinnerungslücken zum Inhalt des Wortwechsels ein, obwohl dies für den Kläger nachteilig war.
Auch an der Glaubwürdigkeit der Zeugen C1 und L1 bestehen keine Zweifel. Beide Zeugen arbeiten zwar für den Kläger und stehen daher in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis, dies allein genügt jedoch nicht, um ihre Glaubwürdigkeit zu erschüttern. Weitere Anzeichen, die gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugen sprechen, sind nicht ersichtlich, insbesondere zeigten beide Zeugen, wie dargestellt, keine Belastungstendenz gegenüber dem Beklagten, sondern räumten auch für diesen vorteilhafte Erinnerungslücken ein.
Die Bekundung der Zeugin M1 ist nicht geeignet, die Überzeugung des Gerichts zu erschüttern. Die Zeugin bekundete, sie habe sich auf dem Balkon ihrer Wohnung befunden, um das Wetter genießen zu können. Sie habe sich nicht ausruhen und schlafen wollen, sondern sie habe sich extra eine Decke mitgenommen, um sich draußen auf ihre schöne Bank zu setzen. Der Zeuge C1 habe mit einem Laubbläser im Fahrradschuppen gearbeitet und dabei eine Zigarette geraucht. Vom Balkon ihrer Wohnung aus habe man gut in den fünf, sechs Meter entfernten Fahrradschuppen sehen können. Sie habe zweimal laut gerufen, was der Zeuge C1 aber nicht gehört habe. Anschließend habe sie den Beklagten angerufen, der daraufhin in ihre Wohnung gekommen sei. Sie habe den Beklagten auf das Verhalten des Zeugen C1 hingewiesen, woraufhin der Beklagte in den Fahrradschuppen gegangen sei. Sie habe das gesamte Geschehen von ihrem Balkon aus verfolgt. Im Fahrradschuppen habe der Beklagte den Zeugen C1 aufgefordert, den Laubbläser auszuschalten. Dieser habe dies nicht gehört, woraufhin der Beklagte ihn zur Seite gedrängt, an die Schulter gefasst und den Laubbläser ausgeschaltet habe. Einen Angriff habe es nicht gegeben. Was gesprochen wurde, habe sie nicht verstehen können. Beleidigungen habe sie nicht gehört, dies sei aber auch nicht die Art des Beklagten. Nachdem der Laubbläser ausgeschaltet worden war, habe der Beklagte zum Zeugen C1 gesagt „Willst du uns hier alle abfackeln?“. Auf Nachfrage korrigierte die Zeugin sich dahingehend, dieser Satz sei gefallen, als der Zeuge C1 auf die Aufforderung, den Laubläser auszuschalten, nicht reagiert hatte, aber bevor der Laubbläser ausgeschalt wurde. Auf weitere Nachfrage korrigierte sie sich weiter dahin, dass sie die Aussagen des Beklagten trotz des Laubbläsers habe hören können, da der Beklagte sehr laut gesprochen habe. Weiter stellte sie auf Nachfrage klar, dass sie sich bezüglich des Gesprächs zwischen dem Zeugen C1 und dem Beklagten auf ein Gespräch zwischen diesen nach Verlassen des Schuppens bezogen habe. Anschließend seien beide in Richtung Büro weggegangen.
Ausgehend vom Maßstab der Nullhypothese, die besagt, dass jede Aussage zunächst als unzuverlässig gilt und Anhaltspunkte für die Glaubhaftigkeit festzustellen sind (vgl. BGH, NJW 1991, 3284; NJW 1999, 2746), ist das Gericht nicht mit der erforderlichen Sicherheit von dem Inhalt der Aussage der Zeugin M1 überzeugt. Die Zeugin bekundete das Geschehen schon nicht stringent. Insbesondere widersprach sie sich mehrfach dazu bei der Schilderung des Geschehensablaufs. Auf Nachfrage hin änderte sie ihre Aussage mehrfach vollständig, insbesondere zum Umstand, welche Sätze vor und nach dem Ausschalten des Laubbläsers fielen und ob sie zuvor überhaupt etwas habe verstehen können. So trug sie auf die Frage, wann der Satz des Beklagten „Willst du uns alle abfackeln?“ fiel, nacheinander verschiedene Versionen sowohl zum Zeitpunkt als auch zum Ort vor. Widersprüchlich ist es auch, wenn die Zeugin erst bekundet, das Gespräch zwischen dem Beklagten und dem Zeugen C1 nicht verstanden zu haben, dann aber Einzelheiten zum Inhalt ebenjenes Gesprächs vorträgt und auf Nachfrage sich dann dahingehend korrigiert, sie habe sich auf das Gespräch nach Verlassen des Fahrradschuppens bezogen. Die Aussage war zudem gekennzeichnet von einem wohlwollen hinsichtlich des Beklagten, so äußerte sie mehrmals, der Beklagte habe den Zeugen C1 nicht beleidigt, denn dies sei nicht dessen Art. Auch machte sie mehrfach deutlich, dass sie als Mieterin des Klägers unzufrieden sei, mit dessen Verhalten. So bekundet sie sinngemäß, die Mieter müssten den Lärm des Laubbläsers ertragen und der Zeuge C1 sei durch seine Ohrenschützer geschützt. Auch passiere das häufig im Mittag und ihr sei gesagt worden, es gäbe ja keine Mittagspause mehr. Auch wiederspricht ihre Aussage den Angaben des Beklagten. Dieser trug vor, die Zeugin M1 habe sich aufgrund ihrer Erkrankung hinlegen wollen und einen Mittagsschlaf machen wollen. Sie habe ein massives Schlafbedürfnis aufgrund einer Vorerkrankung.
Ein solches einmaliges Verhalten begründet zwar keine nachhaltige Störung des Hausfriedens im Sinne des § 569 Abs. 2 BGB, da es an der für eine nachhaltige Störung erforderlichen Dauerhaftigkeit des Verhaltens fehlt (Vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.11.2012, Az. I-10 U 44/12; OLG Köln, Urteil vom 12.11.2010, Az. 1 U 26/10; Blank, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Auflage 2017, § 569 BGB Rn. 22. Vgl. auch LG Hamburg, Beschluss vom 14.04.2008, Az. 307 T 22/08: Keine nachhaltige Störung bei einmaligem Faustschlag gegen einen Hauswart), allerdings verdrängt die Regelung des § 569 Abs. 2 BGB nicht § 543 Abs. 1 BGB (vgl. Bieber, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2016, § 569 Rn. 19). Ein Verhalten, dass zwar den Hausfrieden nicht nachhaltig stört, kann daher trotzdem so gewichtig sein, dass eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zumutbar ist und damit eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigen.
Ein körperlicher Angriff bzw. eine Nötigung oder eine schwere Beleidigung durch einen Mieter stellt auch bei gebotener Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls (vgl. BGH, Urt. v. 9.11.2016 – VIII ZR 73/16) und Abwägung der beiderseitigen Interessen ein solches Verhalten dar, welches es für den Vermieter nicht mehr zumutbar macht, am Mietvertrag weiter festzuhalten (Vgl. LG Berlin, Beschluss vom 26.06.2008, Az. 67 S 337/07; Bieber, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2016, § 543 Rn. 12; Blank, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Auflage 2017, § 569 BGB Rn. 187 ff. mit zahlreichen Nachweisen aus der Rspr.). Sowohl die körperliche Unversehrtheit als auch die persönliche Ehre stellen wichtige Schutzgüter der Rechtsordnung dar. Ein Vermieter muss sich daher darauf verlassen können, dass diese durch seinen Mieter nicht verletzt werden. Umgekehrt ist es einem Vermieter daher nicht zumutbar, ein Mietverhältnis mit einem Mieter fortzusetzen, der derartige Verletzungen begeht. Vorliegend wurde durch das Verhalten des Beklagten das für die Fortsetzung des Mietvertrages notwendige gegenseitige Vertrauensverhältnis irreparabel erschüttert, in dem der Beklagte den Zeugen C1 in dem Fahrradschuppen körperlich angegangen ist und diesen massiv beleidigt hat. Hierbei ist im Rahmen der Interessenabwägung zulasten des Beklagten auch zu berücksichtigen, dass der Grad des Verschuldens für die Bewertung einer Pflichtverletzung im Rahmen des § 543 Abs. 1 BGB besonders zu berücksichtigen ist und dass er die Tat gerade vorsätzlich begangen hat, ohne dass der Zeuge C1 hierzu einen Anlass gegeben hätte. Auch ist zu berücksichtigen, dass es sich, um einen Wohnkomplex handelt, der alten und kranken Menschen zum eigenständigen Wohnen dient und in dem sich auch die Verwaltung des Klägers befindet. Ein regelmäßiges Zusammentreffen des Beklagten als Mieter mit dem Kläger und dessen Mitarbeiten ist so nicht zu vermeiden.
Auch wenn sich Angriff oder Beleidigung nicht gegen den Vermieter selbst, sondern einen Mitarbeiter richten, stellt dies einen wichtigen, zur fristlosen Kündigung berechtigenden, Grund dar (vgl. LG Berlin, Urteil vom 05.05.2008, Az. 67 S 160/07). Denn Mitarbeiter sind ebenfalls der Sphäre des Vermieters zuzurechnen und auch derart grob pflichtwidriges Verhalten gegen Mitarbeiter ist dem Vermieter nicht zumutbar.
Anderweitige Umstände, die ein überwiegendes, schutzwürdiges Interesse des Beklagten an der Fortsetzung des Mietverhältnisses begründen könnten, sind nicht ersichtlich.
Eine vorherige Abmahnung war vorliegend nicht erforderlich. Gemäß § 543 Abs. 3 Nr. 2 BGB bedarf es einer vorherigen Abmahnung dann nicht, wenn die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist. Dies war hier der Fall. Denn bereits bei schweren Beleidigungen gilt, dass der dadurch hervorgerufene schwerwiegende Verlust des für die Fortsetzung des Mietverhältnisses notwendigen Vertrauens durch eine Abmahnung nicht rückgängig gemacht werden kann, sodass es dem Vermieter nicht zumutbar ist, das Mietverhältnis fortzusetzen (Vgl. BGH, Urteil vom 15. 9. 2010 – XII ZR 188/08; Blank, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Auflage 2017, § 543 Rn. 189). Bei erfolgten körperlichen Übergriffen gilt dies erst recht (Vgl. dazu LG Berlin, Urteil vom 05.05.2008, Az. 67 S 160/07). Gemessen an diesem Maßstab ist es dem Kläger daher nicht zumutbar, trotz der schweren Beleidigungen und Übergriffe des Beklagten diesen zuerst abmahnen zu müssen, da das Vertrauensverhältnis zum Beklagten tiefgreifend und irreparabel erschüttert wurde. Überwiegende, schutzwürdige Interessen des Beklagten, die eine abweichende Betrachtung rechtfertigen würden, sind auch hier nicht ersichtlich. Auf die Abmahnung des Klägers vom 05.08.2016 kommt es daher nicht an.
Der Kläger hat die Kündigung auch unstreitig schriftlich, § 568 Abs. 1 BGB, und unter Angabe des Kündigungsgrundes, § 596 Abs. 4 BGB, erklärt.
Aufgrund der Wirksamkeit der außerordentlichen fristlosen Kündigung vom 18.05.2018 kann die Wirksamkeit der weiteren Kündigungen dahinstehen.
Der Anspruch auf Rückgabe gemäß § 546 BGB umfasst inhaltlich sowohl den Anspruch auf Herausgabe der Mietsache als auch auf Räumung (vgl. Bieber, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2016, § 546 Rn. 4, 7; Streyl, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Auflage 2017, § 546 BGB Rn. 18 ff.).
Eine Frist zur Räumung wird dem Beklagten nicht gewährt. Angesichts der ausgeführten Umstände und des schwerwiegenden, dass Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien irreparabel erschütternden Pflichtverletzung des Beklagten, die, wie ausgeführt, eine sofortige fristlose Kündigung ohne vorherige Mahnung rechtfertigt, ist dies insbesondere für den Kläger nicht zumutbar und daher nicht angezeigt (Vgl. Götz, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Auflage 2016, § 721 Rn. 10). Umstände, die eine besondere Schutzwürdigkeit des Beklagten begründen könnten, werden hier auch nicht vorgetragen.
Der Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgt aus §§ 280 Abs. 1 BGB. Aufgrund der an eine Kündigung zu stellenden, formalen Anforderungen kann ein privater, nicht rechtskundiger Vermieter im Falle einer Kündigung wegen einer Vertragsverletzung des Mieters einen Rechtsanwalt mit der Vornahme der Kündigung beauftragen (Blank, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Auflage 2017, § 542 BGB Rn. 105). Der Zinsanspruch folgt aus § 291 BGB.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 7, 11, 711 ZPO.
Der Streitwert wird auf 3.339,96 EUR festgesetzt.