Skip to content
Menü

Fristlose Mietvertragskündigung bei Zutrittsverweigerung durch Mieter

AG München – Az.: 416 C 5151/21 – Urteil vom 19.05.2021

I. Der Beklagte wird verurteilt, die Wohnung in …, bestehend aus 2 Zimmern, 1 Küche, 1 Bad mit WC, 1 Flur zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.

II. Dem Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 30.09.2021 gewährt.

III. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich Ziffer III. nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages. Hinsichtlich Ziffer I. kann die Vollstreckung von dem Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 6.000,00 € abgewendet werden.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Räumung und Herausgabe der von dem Beklagten angemieteten Wohnung in der … aufgrund der außerordentlichen Kündigung vom 2.3.2021.

Mit Mietvertrag vom 15.10.2001 vermietete die Klägerin die im Tenor benannte beschriebene Wohnung an den Beklagten. Der monatliche Mietpreis betrug zuletzt 344,00 € Grundmiete zuzüglich Nebenkosten, insgesamt 426,00 € pro Monat.

Nach ergebnislosen Versuchen im Jahr 2019 seitens der Klägerin mit dem Beklagten Termine zur Besichtigung eines gemeldeten Schimmelbefalls sowie zur Sanierung des Schimmels zu vereinbaren, machte die Klägerin ihren Anspruch auf Besichtigung der gegenständlichen Wohnung samt Duldungsanspruch in Bezug auf die erforderlichen Instandsetzungsarbeiten mit Duldungsklage vom 18.8.2020 gerichtlich geltend. Dabei schlossen die Parteien am 13.11.2020 einen unwiderruflichen Vergleich. Zum genauen Wortlaut des Vergleichs wird auf das Protokoll AZ: 414 C 14491/20 (Anlage B 1, Bl. 68 ff.) verwiesen.

Entsprechend der Vereinbarung des Vergleichs konnte der Schaden am 23.11.2020 in der streitgegenständlichen Wohnung begutachtet werden. Weiter wurde vereinbart, dass die Klägerin dem Beklagten auf dessen ausdrücklichen Wunsch hin einen Ablaufplan der erforderlichen Sanierungsmaßnahmen bis spätestens 10 Tage nach der erfolgten Begehung übermittelt. Mit Scheiben vom 1.12.2020 wurde dem Beklagten in Erfüllung des gerichtlichen Vergleichs der Ablaufplan der erforderlichen Maßnahmen übersandt. Zum Inhalt des Sanierungsplans wird auf die Anlage K 1 (Bl. 13 ff., insbesondere Bl.15) verwiesen.

Somit war eine Bauzeit von ca. 8 Tagen für die Schimmelsanierung angesetzt. Nach der Planung sollten alle Arbeiten in allen Zimmern gleichzeitig stattfinden. Der Beklagte wurde unter Fristsetzung bis spätestens 4.1.2021 aufgefordert mitzuteilen, ob die erforderlichen Arbeiten in KW 2 beginnen könnten. Zur Räumung der Wohnung forderte der Beklagte einen Kostenvorschuss auf von ihm zu verauslagende Aufwendungen an. Darauf wurde dem Beklagten ein Betrag in Höhe von 250,00 € zur Anschaffung von Verpackungsmaterial überwiesen. Zudem wurde dem Beklagten ein für die Dauer der Arbeiten zur Auslagerung geeigneter Kellerraum im Anwesen … angeboten. Dieser Kellerraum war zur kostenfreien Nutzung durch den Beklagten gedacht. (Schreiben der Klägerin vom 7.12.2020 K 2).

Der Beklagte lehnte eine Nutzung des Kellerraums unter Verweis auf angeblich schiefe Böden und einer nicht möglichen Identifizierung des zuständigen Hausmeisters ab. Die Klägerpartei hält den angebotenen Kellerraum für nutzbar und geeignet. Mit E-Mail vom 13.12.2020 monierte der Beklagte einen „Identitätsbetrug“ oder „Rollenspiele“ im Hinblick auf das Verhalten von Herrn … dem Hausmeister sowie der Mitarbeiterin der Klägerin Frau … Des Weiteren stellte der Beklagte in der E-Mail fest, dass er erst bei Behörden eine formelle Anzeige diesbezüglich erstatten müsse, da er nicht mit beliebig natürlichen Personen, die „unter einer festen Identität aufträten“, agieren könne. Zudem erklärte er, dass er Erklärungsfristen oder Räumungsfristen bezüglich des zur Verfügung gestellten Kellerabteils nicht als verbindlich ansehen könne. Man könne die Arbeiten erst beginnen, wenn er bereit sei. Schließlich fragte er an, ob eine Streckung der Arbeiten über jeweils 1 Woche pro Zimmer möglich sei (E-Mail vom 13.12.2020 K 3).

Aufgrund des Verhaltens des Beklagten, welches einer Sanierung verzögerte, und der damit einhergehenden erheblichen Gefährdung der Bausubstanz wurde der Beklagte mit Schreiben der Klägerin vom 18.12.2020 abgemahnt und zur Einhaltung seiner mietvertraglichen Duldungs-, Mitwirkungs- und Sorgfaltspflichten aufgefordert (Abmahnung vom 18.12.2020 Anlage K 4).

Mit E-Mail vom 28.12.2020 teilte der Beklagte mit, dass ein Sanierungstermin in der 2. Kalenderwoche 21 nicht stattfinden wird. Mit E-Mail vom 29.12.2020 erklärte der Beklagte, dass die Klägerin sicherstellen müsse, dass nur autorisierte Personen tätig würden. Zu den Einzelheiten wird auf die E-Mail vom 29.12.2020 verwiesen (Anlage K 6).

Fristlose Mietvertragskündigung bei Zutrittsverweigerung durch Mieter
(Symbolfoto: Andrey_Popov/Shutterstock.com)

Aufgrund des Verhaltens des Beklagten wurden die geplanten Arbeiten ab der 2. Kalenderwoche 2021 abgesagt. Um dem Beklagten entgegenzukommen und um trotz des verzögerten Verhaltens eine außergerichtliche Lösung zu erreichen, erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 27.1.2021, die Zimmer entsprechend dem Wunsch des Beklagten nacheinander zu sanieren. Dazwischen sollte jeweils 1 Woche Pause sein, d.h. keine Arbeiten stattfinden, es sollten maximal 2 Monteure der ausführenden Firma … vor Ort sein. Zu den Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 27.1.2021 (Anlage K 7 Bl. 27 ff.) verwiesen. Gleichzeitig wurde in dem Schreiben ein Sanierungsplan vorgelegt. Für die Verpackung in Kartons hatte der Beklagte 250,00 € überwiesen bekommen. Gleichzeitig wurde ihm nochmals die Nutzung des Kellerraums während der Sanierungszeit angeboten. Die Arbeiten wurden beginnend ab dem 15.2.2021 terminiert.

Mit Schreiben vom 8.2.2021 verlangte der Beklagte erneut weitere Erläuterungen und Überprüfung der Identitäten aller Beteiligten. Mit E-Mail vom 12.2.21 wurde dem Beklagten nochmals die Vorgehensweise in Bezug auf die Sanierungsmaßnahmen erläutert. Der Beklagte wurde eindringlich aufgefordert, die Arbeiten ab dem 15.2.21 zu dulden (E-Mail des Beklagten vom 8.2.21 K 8, E-Mail der Klägerin vom 12.2.21 Anlage K 9).

Weder am 15.2.2021, noch am 16.2.2021 konnten die beauftragten Sanierungsfirmen mit den Sanierungsarbeiten in der streitgegenständlichen Wohnung des Beklagten beginnen.

Mit Schreiben vom 2.3.2021 hat die Klägerpartei das Mietverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigt. Bezüglich der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Kündigung verwiesen (Kündigung vom 2.3.2021 K 10 Bl. 34 ff.).

Die Klägerpartei beantragt daher.

Der Beklagte wird verurteilt, die Wohnung in … (EG Mitte, bestehend aus 2 Zimmern, 1 Küche, 1 Bad mit WC, 1 Flur zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.

Der Beklagte beantragt: Klageabweisung.

Der Beklagte ist der Rechtsauffassung, die Abmahnung vom 18.12.2020 sowie die Kündigung vom 2.3.2021 seien unwirksam. Zu den Einzelheiten der Argumente des Beklagten wird auf die Klageerwiderung vom 16.4.2021 Bl. 44 ff. verwiesen.

Im Wesentlichen trägt der Beklagte folgende Argumente vor:

  • Nach dem geschlossenen Vergleich der Parteien vom 13.11.2020 sei es rechtlich nicht wirksam bzw. unbillig, dass die Klägerin dem Beklagten ihrerseits Fristen für eine vorgesehene Räumung der Wohnung setze.
  • Im Wesentlichen sei es, wie auch der Vergleich im Wortlaut unter Ziffer 3. wiedergibt, Sache der Vermieterin, für die entsprechende Räumung zu sorgen.
  • Ein adäquater Ausweichraum sei klägerseits dem Beklagten nicht angeboten worden.
  • Eine fehlende und abweichende Identifizierung der Mittelspersonen bei der Besichtigung des Raums (Hausmeister und ähnliche) sei nicht gewährleistet.
  • Unklar sei, welcher Grad der Ausräumung nötig sei.

In der mündlichen Verhandlung vom 28.4.2021 hat die Klägerpartei den Vergleichsvorschlag unterbreitet, das streitgegenständliche Mietverhältnis nach Durchführung einer erfolgreichen Sanierung unbefristet fortsetzen zu können. Diesen Vorschlag hat der Beklagte abgelehnt.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien und zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die eingereichten Schriftsätze und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.4.2021 Bezug genommen. Beweis wurde in diesem Verfahren nicht erhoben.

Entscheidungsgründe

I. Zulässigkeit der Klage:

Die zum örtlich und sachlich gemäß § 29a Abs. 1 ZPO, 23 Nr. 2a GVG zuständigen Amtsgericht München erhobene Klage ist zulässig.

II. Begründetheit der Klage:

Die Klage ist in vollem Umfang begründet.

Die Klägerin kann von dem Beklagten Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung gem. § 546 Abs. 1 BGB verlangen. Das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis wurde durch die außerordentliche Kündigung vom 2.3.2021 gem. § 543 Abs. 1, § 569 Abs. 2 BGB beendet.

1. Formelle Wirksamkeit der Kündigung vom 2.3.2021:

Das Kündigungsschreiben vom 2.3.2021 ist formell wirksam. Die Schriftform ist gem. § 568 Abs. 1 BGB eingehalten.

Auch wurde der zur Kündigung führende wichtige Grund in dem Kündigungsschreiben gem. § 569 Abs. 4 BGB angegeben.

2. Materielle Wirksamkeit der Kündigung:

Gem. § 543 Abs. 1 BGB kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen.

Ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung gem. § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Verschuldens der Vertragspartner und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

Nach den Schilderungen der Prozessvertreterin in der mündlichen Verhandlung vom 28.4.2021 geht das Gericht davon aus, dass die Sanierungsarbeiten durch die beauftragten Firmen … und der Firma … am 15.2.2021 und 16.2.2021 durch die Zutrittsverweigerung des Beklagten nicht durchgeführt werden konnten. Die Prozessvertreterin hat insoweit ausgeführt, dass am 15.2.2021 die Mitarbeiter der Firma … nicht in die streitgegenständliche Wohnung gelassen wurden. Am 16.2.2021 versuchten Mitarbeiter der Firma … Zutritt zu der streitgegenständlichen Wohnung zu erlangen, was ihnen verweigert wurde. In einer entsprechenden Rechnung an die Klägerin wurde von der Firma … ausgeführt:

Zutritt verweigert Ankündigung des Mieters: Zimmer noch nicht geräumt.

Damit hat der Beklagte seine entsprechende Mitwirkungspflicht zur Vorbereitung der Sanierung zur Beseitigung des Schimmels in der streitgegenständlichen Wohnung nachhaltig verletzt, so dass die Sanierungsarbeiten nicht stattfinden konnten.

Eine entsprechende Duldungspflicht des Beklagten folgt aus § 555a Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem geschlossenen Vergleich der Vertragsparteien vom 13.11.2020.

Gem. § 555a Abs. 1 BGB hat der Mieter Maßnahmen zu dulden, die zur Instandhaltung oder Instandsetzung der Mietsache erforderlich sind. Unstreitig bedarf die streitgegenständliche Wohnung der Sanierung, da sich in der gesamten Wohnung Schimmel gebildet hat.

Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang vorträgt, dass Ziffer 3. des geschlossenen Vergleiches noch nicht geklärt war, ist hierzu Folgendes auszuführen:

Zwar haben die Parteien in dem Vergleich in Ziffer 3. Folgendes vereinbart:

Soweit ein Freiräumen der gesamten Wohnung des Beklagten zur Beseitigung des Schimmelbefalls nötig ist, geschieht dies auf Kosten und durch die Klägerin.

Sachstand zum geplanten Beginn der Sanierungsarbeiten am 15.2.2021 war, dass die Parteien auf den Wunsch des Beklagten hin den Sanierungsplan dahingehend geändert hatten, dass innerhalb eines Zeitraums von 8 Tagen jeweils nur 1 Zimmer saniert wird, danach 1 Woche Pause erfolgt und dann ein weiteres Zimmer saniert wird. Aus dem vorgelegten Schriftverkehr war deutlich geworden, dass der Beklagte die entsprechenden Zimmer selbst freiräumen wollte. (Vgl. E-Mail vom 29.12.2020, Seite 2: „Nach aktueller Einschätzung schlage ich Folgendes vor: Sie führen Arbeiten an 3 Terminen durch jeweils ca. 1 Woche Pause dazwischen mit der von Ihnen gewünschten Dauer von ca. 8 Tagen jeweils. Hierzu bestätigen Sie mir, dass dies keine zusätzlichen Nachteile bedeuten und falls doch, welche. Dann würde ich jeweils 1 Raum freiräumen. Dies wäre viel einfacher und auch billiger als eine Kompletträumung, die nur sehr schwer machbar wäre meines Erachtens, da einige Gegenstände sehr empfindlich sind und nicht achtlos gelagert werden sollten und der Platzbedarf geringer wäre.“

Nach Überweisung von 250,00 € für Verpackungsmaterial, der zitierten E-Mail und der Zusendung des geänderten Sanierungsplans durfte die Klägerin davon ausgehen, dass der Beklagte seine Sachen selbst so freiräumen würde, dass jeweils die Sanierung eines Zimmers möglich wäre. Nachdem die Klägerpartei auf den Wunsch des Beklagten der sukzessiven Sanierung ausdrücklich eingegangen ist, sogar auch dem Wunsch entsprochen hat, nach der Sanierung je eines Zimmers 1 Woche zu pausieren, und der Tatsache, dass eine gesamte Räumung der Wohnung nach diesem Plan gar nicht notwendig war, durfte die Klägerin nach den Gesamtumständen sehr wohl davon ausgehen, dass eine Vereinbarung zwischen dem Beklagten und der Klägerpartei dahingehend bestand, dass am 15.2.2021 mit der Sanierung der Wohnung begonnen werden konnte. Der Beklagte hat die entsprechenden Zutrittsverweigerungen in der mündlichen Verhandlung vom 28.4.2021 insoweit nicht substantiiert bestritten, als er lediglich das Betretungsrecht der jeweiligen Personen bestritt. Auch die übrigen Argumente des Beklagten, die Voraussetzungen für eine Sanierung seien nicht gegeben gewesen, können nicht überzeugen. Es ist ausreichend, dass die Vermieterin einen Kellerraum in dem streitgegenständlichen Anwesen zur vorübergehenden Nutzung während der Sanierungsarbeiten zur Verfügung gestellt hat. Insoweit ergibt es keinen Sinn, dass der Beklagte einen anderen adäquaten Ausweichraum beansprucht. Auch musste die Vermieterin keine weiteren Maßnahmen zur Identifizierung beteiligter Personen, die Zutritt zu der Wohnung erhalten sollten, beachten. Insoweit hätte nach Ankündigung durch den Sanierungsplan ausgereicht, dass die entsprechenden Mitarbeiter die Firmenzugehörigkeit belegen und ihre Personalausweise vorzeigen.

Unzutreffend ist die Auffassung des Beklagten, dass die Klägerpartei für das Freiräumen der gesamten Wohnung des Beklagten zur Beseitigung des Schimmelbefalls verantwortlich war. Insoweit hatten die Parteien abweichend von dem geschlossenen Vergleich gerade vereinbart, dass eine vollständige Räumung der Wohnung durch die sukzessive Sanierung nicht erforderlich war. Der Beklagte hat durch die Entgegennahme des Aufwendungsersatzes für Verpackungsmaterial in Höhe von 250,00 € sowie durch zahlreiche E-Mails deutlich gemacht, dass er selbst seine Sachen zusammenräumen möchte, auch war der Grad der Ausräumung hinreichend klar. In dem Schriftverkehr hatte die Klägerpartei dargestellt, dass ein vollständiges Ausräumen der Zimmer nicht erforderlich sei, dass lediglich der Zugang zu den Wänden freigeräumt sein müsse. Es ist der Klägerpartei nicht zumutbar, diesbezüglich nähere Ausführungen, Erklärungen, Pläne oder Fristen gegenüber den Mietern darzulegen. Vielmehr soll dem Mieter diesbezüglich auch größtmöglicher Freiraum für das Zusammenpacken seiner Sachen belassen werden. Insoweit führen die von dem Beklagten vorgetragenen Argumente nicht dazu, die mietvertragliche Pflichtverletzung des Mieters anders zu beurteilen. Auch hatte die Klägerin ihre Mitwirkungspflichten für die entsprechende Duldung der Instandhaltung und Instandsetzung erfüllt. Insoweit ist das Angebot des Kellerabteils in dem streitgegenständlichen Haus ausreichend. Die Anmietung eines auswärtigen Raumes war insoweit nicht erforderlich und auch nicht praktikabel. Neben weiteren Kosten ist auch kein sachlicher Grund ersichtlich, wieso der Kellerraum nicht als Abstellraum für den Zeitraum der Sanierung ausreichend den Bedürfnissen des Beklagten Rechnung trägt.

Die Pflichtverletzung des Beklagten führt vorliegend nach umfassender Abwägung der beiderseitigen Interessen der Parteien zum außerordentlichen Kündigungsrecht des Vermieters. Unstreitig lag in der streitgegenständlichen Wohnung ein Schimmelbefall vor. Schimmelbefall zerstört die Bausubstanz und ist sowohl für den Mieter als auch für andere Mieter gesundheitsgefährdend. Insoweit hat der Vermieter die nachhaltige Verpflichtung, Gesundheitsschäden bei den Mietern zu vermeiden und die Bausubstanz entsprechend zu erhalten bzw. instandzusetzen.

Interessenabwägung:

Da die Kündigung eines Mietverhältnisses regelmäßig einen sehr schweren Eingriff in den persönlichen Lebensbereich des Mieters darstellt, sind an deren Voraussetzungen hohe Anforderungen zu stellen; jedoch ist auch auf dieser Grundlage der hohen Anforderungen die Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung gegeben. Bei der erforderlichen Interessenabwägung sind alle Umstände des Einzelfalls, insbesondere das Verschulden der Vertragsparteien, aber auch die Auswirkungen der Vertragsverletzung, die Folgen des Wohnungsverlustes für den Mieter, die persönlichen Verhältnisse der Parteien und die Dauer des Mietverhältnisses zu berücksichtigen (vgl. Schmidt-Futterer, Mietrechtskommentar, 14. Auflage, § 569 Rdnr. 23 m.w.N.).

Die Pflichtverletzung des Beklagten führt vorliegend nach umfassender Abwägung der beiderseitigen Interessen der Parteien und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zur Unzumutbarkeit der Fortsetzung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist.

Vorliegend sind bei der Interessenabwägung insbesondere folgende Umstände zu berücksichtigen:

Zugunsten des Beklagten ist zu berücksichtigen, dass es sich in diesem Fall um ein langjähriges Mietverhältnis handelt, der Beklagte bewohnt seit knapp 20 Jahren die streitgegenständliche Wohnung. Die Ersatzwohnraumsuche in München ist infolge des dauerhaft angespannten Wohnungsmarktes sehr schwierig. Die Corona-Pandemie hat die Wohnungsmarktlage eher verschlechtert und erschwert eine Wohnungssuche. Zudem zahlt der Beklagte eine eher geringe Miete, so dass ein Ersatzwohnraum noch schwieriger zu erlangen ist. Das Gericht verkennt nicht, dass manche Menschen nicht böswillig oder absichtlich das Aufräumen oder eine strukturierte Ordnung ihrer Wohnung verweigern, sondern dazu nicht imstande sind. Auch wenn der konkrete Zustand der streitgegenständlichen Wohnung des Beklagten in dem Rechtsstreit nicht näher Thema war, hatte das Gericht den Eindruck, dass sich der Beklagte der Verpflichtung, seine Wohnung zur Sanierung vorzubereiten, schwertut oder nicht imstande sieht. So entstand der Eindruck, dass der Beklagte nicht willens und in der Lage ist, innerhalb einer gesetzten Frist einen entsprechenden Zustand herstellen zu können. Vielmehr findet er jedes Mal neue Wünsche, Ausreden und Einzelheiten, die eine zielgerichtete Regelung zu dem Thema nicht ermöglichen. Zu Lasten des Beklagten spricht die nachhaltige Vertragsverletzung. So ist die Klägerin dem Wunsch des Beklagten nach einer sukzessiven Sanierung nachgekommen und hat ihre Pläne dahingehend angepasst. Dem Vermieter ist es bei der Koordinierung von Handwerkerterminen und Durchführung von Handwerkerleistungen nicht möglich, die Realisierung von entsprechenden Sanierungsarbeiten ohne Vereinbarung von Fristen zu realisieren. Demnach müssen Vereinbarungen getroffen und von allen Seiten eingehalten werden. Dem Gericht ist hierbei bekannt, dass Handwerkerfirmen nachhaltig ausgelastet sind und diese sich entsprechende Kunden aussuchen können. Ist wie hier die Koordination von 2 Handwerkerfirmen und eine sukzessive Sanierung geplant, ist es dem Vermieter unzumutbar, wenn der Mieter entgegen den ausgemachten Terminen dann den Zutritt zu seiner Wohnung verweigert. Dementsprechend wurde der Vermieterin wohl auch ein entsprechender Schaden für nicht durchgeführte Arbeiten in Rechnung gestellt. Ein solches Verhalten führt nicht selten dazu, dass nicht nur die geplanten Sanierungsarbeiten nicht durchgeführt werden können, sondern dass entsprechende Handwerkerfirmen von ihren Auftraggebern Abstand nehmen. Dem Beklagten war mit Schreiben vom 27.1.2021 unter Ankündigung des Sanierungsbeginns am 15.2.2021 eine rechtzeitige Ankündigung erklärt worden gem. § 555a Abs. 2 BGB. Durch die Verweigerung des Zutritts der Wohnung am 15. und 16.2.2021 war zudem ein Freiräumen der zu sanierenden Zimmer durch die Klägerpartei selbst bzw. durch entsprechende Mitarbeiter nicht möglich. Weiterhin ist bei der Abwägung zu berücksichtigen, dass die Klägerin als Vermieterin bei der Beseitigung von Schimmelschäden Schäden an der Bausubstanz beseitigen muss und dafür Sorge tragen muss, dass keine Gesundheitsschäden bei Mietern entstehen. Die entsprechenden Vertragspflichten der Vermieterin stellen erhebliche Pflichten dar und nicht nur Pflichten, die dazu dienen beispielsweise die Optik des streitgegenständlichen Hauses zu erhalten. Insoweit war die Zutrittsverweigerung des Beklagten als nachhaltige Vertragsverletzung anzusehen. Besonders hervorzuheben bei der Interessenabwägung ist der Umstand, dass die Klägerin den Wünschen und Vorstellungen des Beklagten weitestgehend entgegengekommen ist. Insoweit ist die Klägerpartei von dem ursprünglichen Plan, die streitgegenständliche Wohnung in insgesamt 8 Tagen zu sanieren, weitestgehend abgerückt. Insoweit hatte der Beklagte auch aus diesem Gesichtspunkt eine gesteigerte Mitwirkungspflicht, dass die Sanierung nunmehr durchgeführt werden kann. Inzwischen sind bereits Monate ins Land gegangen, in der sich die Vermieterin um die Sanierung der Wohnung bemüht. Seit dem beschlossenen Vergleich der Parteien im November 2020 sind wiederum Monate vergangen, in denen sich der gesundheitsgefährdende und die Bausubstanz gefährdende Schimmel ausbreitet.

Die Pflichtverletzung des Beklagten führt vorliegend nach umfassender Abwägung der beiderseitigen Interessen der Parteien zum außerordentlichen Kündigungsrecht des Vermieters. Auch in Rechtsprechung und Literatur ist das außerordentliche Kündigungsrecht wegen Gefährdung der Mietsache unstreitig dann anerkannt, wenn eine Gefährdung der Bausubstanz eintritt (Blank-Börstinghaus, Mietrechtskommentar, 5. Auflage, § 543 Rdnr. 115 mit weiteren Nachweisen).

Die Ausbreitung des Schimmels in der streitgegenständlichen Wohnung gefährdet die Bausubstanz nicht nur der streitgegenständlichen Wohnung, sondern des gesamten Hauses. Somit liegt eine erhebliche Pflichtverletzung des Beklagten durch die Verweigerung des Zutritts vor. Maßgeblich ist in diesem Fall die Tatsache, dass ein Verschulden keine zwingende Voraussetzung für eine außerordentliche Kündigung ist (vgl. hierzu Schmidt-Futterer, Mietrechtskommentar, 14. Auflage, § 543 Rdnr. 164). Insofern muss in diesem Fall nicht näher geklärt werden, ob dem Beklagten insoweit ein Verschulden vorzuwerfen ist.

Auch ist bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass bereits ein geplanter Sanierungsplan wegen des Verhaltens des Beklagten nicht realisiert werden konnte.

Die Pflichtverletzung des Beklagten ist derart schwerwiegend, dass nach umfassender Abwägung der gegenseitigen Interessen der Parteien eine Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zumutbar war. Die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung liegen daher vor. Der Räumungsanspruch ist begründet. Die weiter hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung ist für den Rechtstreit nicht erheblich, da bereits die außerordentliche Kündigung vom 2.3.2021 das streitgegenständliche Mietverhältnis beendet hat.

3. Abmahnung gem. § 543 Abs. 3 BGB:

Die Klägerpartei hat den Beklagten mit Schreiben vom 18. Dezember 2020 abgemahnt. In diesem Schreiben wird insbesondere ausgeführt, dass behauptete Rechte des Beklagten, die Durchführung der Sanierungsmaßnahmen davon abhängig zu machen, dass der Vermieter erforderliche Arbeiten im Vorfeld minutiös erläutert, nicht bestehen. Auch wird auf den Umstand hingewiesen, dass ein Anspruch auf die Anmietung eines externen Abstellraumes nicht besteht, nachdem die Vermieterin ein Kellerabteil in dem streitgegenständlichen Haus als Auslagermöglichkeit anbietet. Schließlich wird der Ausspruch einer Kündigung in der Abmahnung in Aussicht gestellt. Damit ist die Voraussetzung gem. § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB erfüllt.

Somit hat die Klägerpartei Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung gem. § 546 Abs. 1 BGB. Die Klage war in vollem Umfang begründet.

III. Räumungsfrist:

Eine Räumungsfrist gem. § 721 ZPO ist einzuräumen. Neben den bereits erwähnten Interessen sind hier folgende Aspekte zu berücksichtigen:

Die außerordentliche Kündigung vom 2. März 2021 beendet das Mietverhältnis mit dem Zugang der Kündigung. Das Erlangungsinteresse der Klägerin hat insoweit jedoch angemessen zurückzustehen. Erst mit Verkündung des Endurteils erlangt der Beklagte Rechtssicherheit in Bezug auf die Wirksamkeit der ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung der Klägerpartei. Insofern ist dem Beklagten ein angemessener Zeitraum zu gewähren, in dem er entsprechend adäquaten Ersatzwohnraum suchen kann. Die Wohnungslage in München ist bekanntermaßen als schwierig Wohnungsmarkt einzustufen. Hinzu kommen die Erschwernisse aufgrund der Corona-Pandemie. Auch berücksichtigt das Gericht hierbei, dass für den Beklagten der Wohnungsverlust mit entsprechenden Verwurzelungen im Wohnungsumfeld schwer zu verkraften sein wird. Angesichts des Sanierungsbedarfs der streitgegenständlichen Wohnung hat die Klägerpartei aber auch ein gesteigertes Interesse daran, die streitgegenständliche Wohnung möglichst schnell geräumt wiederzuerlangen, um eventuelle Substanz- und Gesundheitsschäden für andere Mieter zu vermeiden bzw. zu beseitigen.

Unter den genannten Aspekten erscheint die gewährte Räumungsfrist angemessen.

IV. Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 7, Nr. 11, 711 ZPO.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!