AG Frankfurt – Az.: 33 C 2744/17 (56) – Urteil vom 14.12.2017
Die Beklagte wird verurteilt, die von ihr innegehaltene Wohnung im 2. Obergeschoss des Hauses XXX Straße XX, xxx Frankfurt am Main, bestehend aus 4 Zimmern, einer Küche, einer Diele, einem Badezimmer, einem WC, einer Mansarde, einem Kellerraum, einem Verschlag und 2 Balkonen, zu räumen und im vertragsgemäßen Zustand an die Klägerin herauszugeben.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 € abwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin ist Vermieterin und die Beklagte ist Mieterin einer Wohnung im Haus XXX Straße XX in Frankfurt am Main. Die mietvertraglichen Bestimmungen sind aus Bl. 6 ff. d. A. ersichtlich. Durch einstweilige Verfügung des Amtsgerichts Frankfurt am Main (Az.: 33 C 318/17 (67)), die am 2.2.2017 erlassen (Bl. 20-22 d. A.), durch Urteil vom 23. 2. 2017 bestätigt (Bl. 44 ff. d. A.), und nach landgerichtlichem Urteil vom 16.5.2017 (Bl. 29 ff. d. A.), das die Berufung verwarf, rechtskräftig geworden ist, war der Beklagten aufgegeben worden, Instandsetzungsmaßnahmen zur Beseitigung eines Wasserschadens zu dulden und hierzu Zutritt zu der Wohnung zu gewähren. Im Einzelnen wird auf die einstweilige Verfügung (Bl. 20, 21 d. A.) verwiesen. Unter anderem heißt es dort, der Antragsgegnerin werde geboten,“… alle notwendigen und erforderlichen Instandsetzungsmaßnahmen…. zu dulden, insbesondere Überprüfung der Elektroinstallation in der gesamten Wohnung, insbesondere der Sicherungen, Freilegung der Leitung… im erforderlichen Umfang…., Ausbesserung bzw. Austausch von Teilen der Elektroinstallation im erforderlichen Umfang….“.
Am 9.2.2017 um 9:00 Uhr hatte die Beklagte dem klägerseits beauftragten Handwerker, dem Zeugen X, keinen Zutritt zu der Wohnung gewährt, um dort die in der einstweiligen Verfügung vorgesehenen Elektroarbeiten auszuführen.
Mit Schreiben vom 9. 2.2017 (Bl. 37 ff. d.A.) sprach die Klägerin die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses aus.
Durch Beschluss vom 27. 2. 2017 (Az.: 33 C 318/17 (67)) wurde gegen die Beklagte ein Ordnungsgeld zur Vollstreckung ihrer Verpflichtungen aus der einstweiligen Verfügung festgesetzt (Bl. 34 ff. d. A.).
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die von ihr innegehaltene Wohnung im 2. Obergeschoss des Hauses XXX Straße XX, xxx Frankfurt am Main, bestehend aus 4 Zimmern, einer Küche, einer Diele, einem Badezimmer, einem WC, einer Mansarde, einem Kellerraum, einem Verschlag und 2 Balkonen, zu räumen und im vertragsgemäßen Zustand an die Klägerin herauszugeben, hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, die unter dem Klageantrag zu 1. näher bezeichnete Wohnung spätestens bis zum 28. Februar 2018 zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Hilfsweise beantragt die Beklagte, ihr eine Räumungsfrist von 6 Monaten, hilfsweise eine angemessene Räumungsfrist zu gewähren.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist auch begründet.
Gemäß § 546 BGB ist die Beklagte nach Beendigung des Mietverhältnisses zur Herausgabe ihrer Wohnung verpflichtet.
Die außerordentliche Kündigung vom 9. Februar 2017 konnte das Mietverhältnis gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 BGB wirksam beenden, da der Klägerseite die Fortsetzung des Mietverhältnisses unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und des Verschuldens der Beklagten bei Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht zugemutet werden konnte.
Indem die Beklagte entgegen dem Inhalt der einstweiligen Verfügung keinen Zutritt zu der Wohnung gewährte, verstieß sie gravierend gegen mietvertragliche Verpflichtungen.
Unstreitig gewährte die Beklagte am 9.2.2017 dem klägerseits beauftragten Zeugen X keinen Zutritt zu der Wohnung. Insoweit verstieß die Beklagte gegen die Verpflichtung aus Nr. 2. und Nr. 3. der einstweiligen Verfügung vom 2.2.2017, die ihr ausdrücklich gebot, alle notwendigen und erforderlichen Instandsetzungsmaßnahmen zur Wiederherstellung des Isolationswiderstandes der Leitung zur Deckenlampe in der Decke oberhalb des WC im Bereich der Zuleitung zwischen Schalter und Deckenlampe des WC zu dulden, d.h. insbesondere Überprüfung der Elektroinstallation in der gesamten Wohnung, insbesondere der Sicherungen, Freilegung der Leitung im erforderlichen Umfang sowie Ausbesserung bzw. Austausch von Teilen der Elektroinstallation im erforderlichen Umfang.
Aus der einstweiligen Verfügung ergibt sich insoweit klar, dass die umgehende Heranziehung eines Elektrikers von der Beklagten zu dulden war. Vor diesem Hintergrund kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, sie habe nicht mit der Ausführung der in der einstweiligen Verfügung beschriebenen Elektroarbeiten rechnen müssen. Dies gilt umso mehr, als mit Schreiben vom 24. Januar 2017 der Termin und das Erscheinen des Elektromeisters X rechtzeitig angekündigt worden waren. Die Beklagte musste nach Erhalt dieses Schreibens und der einstweiligen Verfügung vom 2.2.2017 in jedem Fall mit der Ausführung der gesamten dort aufgrund der Eilbedürftigkeit gebotenen Maßnahmen rechnen. Sie konnte sich nicht darauf berufen, im Schreiben vom 24. Januar 2017 seien zunächst weniger umfassende Maßnahmen angekündigt worden, da ihr unstreitig der Inhalt der später erlassenen einstweiligen Verfügung zur Kenntnis gelangt war.
Unerheblich ist auch, ob die Beklagte vor dem Erscheinen der Handwerker am 9.2.2017 ihr Eigentum bereits ausreichend vor Beschädigung oder Verschmutzung geschützt hatte. Auf die rechtzeitige Durchführung dieser vorbereitenden Maßnahmen hatte die Vermieterseite keinen Einfluss. Wenn die Beklagte diese Schutzmaßnahmen unterlassen hatte, so hat dies keinerlei Einfluss auf ihre Verpflichtung, dem Gebot aus der einstweiligen Verfügung nachzukommen.
Auch wenn die Beklagte einige Tage später den von der Klägerin beauftragten Handwerkern Zutritt zur Wohnung und Gelegenheit zur Durchführung der Instandsetzungsmaßnahmen einräumte, so kann das nicht dazu führen, dass ihre Pflichtverletzung im Hinblick auf die Verletzung der einstweiligen Verfügung am 9.2.2017 als geringfügiger anzusehen wäre. Das Verhalten der Beklagten musste bei der Vermieterseite zu dem Eindruck führen, sie setze sich im Rahmen des Mietverhältnisses eigenmächtig auch über gerichtliche Entscheidungen hinweg und handele insoweit im Rahmen ihres eigenen rechtlichen Ermessens und nicht im Rahmen der geltenden Rechtsordnung. Ein solches Verhalten rechtfertigt die außerordentliche Kündigung.
Unerheblich ist insoweit, ob die Beklagte die gerichtliche einstweilige Verfügung für rechtsfehlerhaft hielt. Einer gerichtlichen Eilentscheidung muss ein Mieter nachkommen und ein Vermieter muss sich darauf verlassen können, dass sich seine Mieterin rechtstreu verhält. Das Verhalten der Beklagten, die sich aufgrund ihrer eigenen rechtlichen Einschätzung über die gerichtliche Entscheidung hinwegsetzte, stellt eine ganz erhebliche Verletzung mietvertragliche Pflichten dar.
Im hier vorliegenden Fall konnte sich das Mietverhältnis auch nicht gemäß § 545 BGB auf unbestimmte Zeit verlängern. Der dieser Fortsetzung entgegenstehende Wille der Klägerin ergab sich hier bereits daraus, dass die Kündigung wegen einer besonders schweren Vertragsverletzung erklärt wurde und sich aus der Kündigungserklärung ergab, dass die Fortsetzung des Mietverhältnisses als unzumutbar angesehen wurde (Schmidt-Futterer § 545 Rz. 21). In der Kündigung heißt es ausdrücklich: „Ihr vorgenanntes Vorgehen zerstört das Vertrauensverhältnis zwischen Ihnen und unserer Mandantin endgültig und nachhaltig. Eine Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist ist daher für unsere Mandantin nicht mehr zumutbar.“ (Bl. 38 d.A.)
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist entschieden worden gemäß §§ 708 Nr. 7, 711 ZPO.
Eine Räumungsfrist gemäß § 721 ZPO war der Beklagten nicht zu gewähren. Die Beklagte hat selbst vorgetragen, die Wohnung sei seit dem 8.2.2017 bis heute unbewohnbar (Bl. 59 d. A.), der Aufenthalt in der Wohnung sei gefährlich und gesundheitsschädlich. Es ist daher nicht ersichtlich, aus welchem Grund die Beklagte eine Räumungsfrist benötigt, die Beklagtenseite hat dies auch nicht näher dargelegt.
Der Streitwert wird auf 7132,68 € festgesetzt.