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Fristlose Mietvertragskündigung – Voraussetzungen  

OLG Dresden – Az.: 5 U 9/21 – Urteil vom 16.06.2021

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Zwickau vom 17.11.2020 (4 O 504/18) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, im Gebäude des D……-Centrums ……, …… folgende Räume zu beräumen und an die Klägerin geräumt herauszugeben:

Im Hauptgebäude Altbau P…… (Gebäude A):

Kellergeschoss A 0.01 bis A 0.06 Erdgeschoss A 1.02 bis A 1.10 1. Obergeschoss A 2.02 bis A 2.07 2. Obergeschoss A 3.02 bis A 3.07 Dachgeschoss A. 4.02 bis A 4.04 Im westlichen Nebengebäude N…… (Gebäude C):

Kellergang C 0.13

Foyer.

2. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, der Klägerin die vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 3.137,91 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 27.07.2018 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

III. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Instanzen tragen die Klägerin 2/3 und die Beklagte zu 1) 1/3. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) und zu 3) trägt die Klägerin. Die Beklagte zu 1) trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte zu 1) kann die Vollstreckung der Verurteilung zur Räumung in Ziffer I. 1. des Tenors gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,00 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Hinsichtlich der Verurteilung in Ziffer I. 2. des Tenors und der Kostenentscheidung kann der jeweilige Vollstreckungsschuldner die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Fristlose Mietvertragskündigung - Voraussetzungen  
(Symbolfoto: gopixa/Shutterstock.com)

Die Klägerin, eine zum Landkreis Z…… gehörende Stadt, begehrt von der Beklagten zu 1), einer rechtsfähigen Stiftung des bürgerlichen Rechtes, und den Beklagten zu 2) und 3), dem Stifterehepaar, die Herausgabe bestimmter in ihrem Klageantrag näher bezeichneter Räume im Gebäude des D……-Centrums …… (im Folgenden: DCL) in der ……, welche die Beklagte zu 1) zur Ausstellung von Kunstgegenständen nutzt.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstückes …… Die Beklagte zu 1) wurde im Jahre 1998 von den Beklagten zu 2) und zu 3) gegründet. Ihr Stiftungszweck besteht in der öffentlichen Demonstration der stiftungseigenen Kunstgegenstände, der Förderung der Schnitzkunst und der Vermittlung von interkulturellem Wissen einschließlich der Einrichtung und dem Betrieb einer Fachbibliothek (vgl. Stiftungssatzung der Beklagten zu 1), Anlage K 1). Die Beklagten zu 2) und zu 3) haben dafür zahlreiche Exponate der Holzbildhauerkunst in die Beklagte zu 1) eingebracht.

Zum Zwecke der Ausstellung der Exponate in den Räumen des streitgegenständlichen Objektes in …… wurde im Jahre 1998 eine Betreibergesellschaft, die D……-Internationales-Skulptur Centrum GmbH D.i.S.C., welche später als D……-Centrum …… GmbH firmierte, gegründet, mit welcher die Beklagte zu 1) am 08.10.1998 einen Kooperationsvertrag (Anlage K 43) abschloss. Am selben Tage schlossen die Klägerin und die Beklagte zu 1) einen Nutzungsvertrag (Anlage K 44) über Räumlichkeiten im streitgegenständlichen Objekt, bezüglich derer die Klägerin der Beklagten zu 1) zusicherte, diese der Betreibergesellschaft zur Nutzung für die Ausstellung von Exponaten entsprechend dem Kooperationsvertrag zwischen der Betreibergesellschaft und der Beklagten zu 1) zu überlassen. Die dazu erforderlichen Regelungen waren Gegenstand eines Mietvertrages zwischen der Klägerin und der Betreibergesellschaft.

Der Klägerin wurden auf der Grundlage eines Zuwendungsbescheides des Regierungspräsidiums Chemnitz vom 27.04.1999 (Anlage K 20) Fördergelder für das Vorhaben „Errichtung eines Internationalen Demonstrations-, Bildungs- und Kompetenzzentrums für das Schnitzhandwerk“ zur Verfügung gestellt. Der Nutzungsvertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) vom 08.10.1998 sah vor, dass die Exponate der Stiftung spätestens zum 31.12.2075 an die Klägerin übereignet werden sollten.

In den Folgejahren mussten die Klägerin und die Beklagte zu 1) feststellen, dass das im Jahre 1998 vereinbarte PPP-Modell insbesondere mangels Erreichens der prognostizierten Besucherzahlen wirtschaftlich gescheitert war und nicht mehr fortgesetzt werden konnte. In dieser Situation schlossen die Klägerin und die Beklagte zu 1) am 17.12.2013 den von ihnen sog. „Fortsetzungsvertrag“ (Anlage K 2; im Folgenden: FV). In diesem heißt in der Präambel unter I.2. bis 4.:

„2. Im Ergebnis des mehr als zehnjährigen förderauflagengerechten Betriebes des DCL haben Stadt und Stiftung feststellen müssen, dass das 1998 vereinbarte PPP-Modell mangels Erreichung der prognostizierten Besucherzahlen wirtschaftlich gescheitert ist und nicht mehr fortgesetzt werden kann. Die ursprünglichen Geschäftsgrundlagen für die Verträge vom 08.10.1998 sowie für die Gründung des DCL und des Betriebes durch die DCL GmbH sind weggebrochen. Die DCL GmbH musste deshalb liquidiert werden.

3. Weil die Stiftung im Hinblick auf ihren Stiftungszweck und die Stadt im Rahmen ihrer Verpflichtung zur kulturellen Daseinsvorsorge in beiderseitigem Interesse einerseits die Zusammenarbeit fortsetzen wollen und andererseits eine deutliche Kostenreduzierung erreichen müssen, sehen beide Vertragsparteien als einzige Alternative die Übernahme der vollen Organisations- und Kostenverantwortung in Regie der Stadt, sofern für die Stadt die dafür erforderlichen grundsätzlichen und vertraglichen Voraussetzungen hergestellt werden können. Diese Vorgabe soll mit dem nachfolgenden Vertrag umgesetzt werden.

4. Als Geschäftsgrundlage für diesen neuen „Fortsetzungsvertrag“ wird daher die Erfüllung der Stiftungszwecke gemäß § 2 Abs. 1, 2 und 4 in organisatorischer und wirtschaftlicher Eigenregie der Stadt zu deutlich günstigeren Konditionen als bisher vereinbart. Die Verpflichtungen der Stadt beschränken sich daher auf den ihr im Rahmen einer dauerhaften wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gebotenen Standard. Für die Stiftung bedeutet die neue Geschäftsgrundlage wiederum die nachhaltige Sicherung der Erfüllung ihrer Stiftungszwecke gemäß den entsprechenden Regelungen in diesem Vertrag.“

Nach dem Inhalt des FV ist die Klägerin nahezu 100%ig mit den zum Betrieb des DCL erforderlichen Kosten belastet, welche sie durch das Erzielen von Einnahmen decken soll. Nach § 5 Abs. 4, 5 FV haben die Klägerin und die Beklagte zu 1) jeweils das Recht auf Anpassung des Vertrages, wenn sich diejenigen Umstände schwerwiegend geändert haben, die Geschäftsgrundlage des Vertrages waren. Nach §§ 7 Abs. 1 FV ist der Vertrag zunächst bis zum 31.12.2026 befristet. Die Klägerin hat die Möglichkeit, bis zum 31.12.2026 eine Anpassung des Vertrages zu verlangen, wobei sich dieser im Falle einer einvernehmlichen Einigung bis zum 31.12.2044 verlängert. Entsprechend soll sich der Vertrag bei einer einvernehmlichen Anpassung zum 31.12.2044 bis zum 31.12.2075 verlängern. Weiterhin sind in § 7 Abs. 1 Nr. 4a und Nr. 5a FV zugunsten der Klägerin Gründe für die außerordentliche Kündigung des Fortsetzungsvertrages wie folgt enthalten:

„4. Beide Vertragspartner können diesen Vertrag außerordentlich aus wichtigen Gründen zum Ende eines Kalenderjahres mit der Frist von einem Kalenderjahr kündigen.

Ein wichtiger Grund ist für die Stadt u. a.:

a) wenn die vertraglich vereinbarte Aufgabenerfüllung durch die Stadt nicht mehr erbracht werden kann, weil durch rechtsaufsichtliche Vorgaben die Stadt daran gehindert wird; ……

5. Die Stadt kann darüber hinaus diesen Vertrag außerordentlich aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, wenn

a) die Leistungsfähigkeit der Stadt dauerhaft gefährdet ist und die Gefährdung der dauerhaften Leistungsfähigkeit der Stadt durch die Rechtsaufsichtsbehörde festgestellt ist; ……“.

Mit Bescheid vom 18.05.2016 (Anlage K 7) bestätigte die Rechtsaufsichtsbehörde der Klägerin, der Landkreis Z……, die Gesetzmäßigkeit der Haushaltssatzung 2016 der Klägerin nur unter der Bedingung, dass die Klägerin ein Haushaltsstrukturkonzept durch einen Dritten erarbeiten lässt und der Rechtsaufsichtsbehörde zur Genehmigung vorlegt, sowie mit der Anordnung der vorläufigen Haushaltsführung dergestalt, dass die im Rahmen des § 78 Abs. 1 SächsGemO genannten Aufwendungen und Auszahlungen ab 2.000,00 Euro und Neuanstellungen, Beförderungen und Höhergruppierungen von Beamten und Beschäftigten nur mit Zustimmung der Rechtsaufsichtsbehörde vorgenommen werden dürfen.

Die Klägerin erklärte daraufhin mit Schreiben vom 20.12.2016 (Anlage K 3) der Beklagten zu 1) die Kündigung des FV zum 31.12.2017 unter Berufung auf § 7 Abs. 1 Nr. 4.a FV. Das von der Klägerin in Auftrag gegebene Haushaltsstrukturkonzept der Unternehmensberatung Rödl & Partner GbR aus Nürnberg wurde von dieser im Mai 2017 vorgelegt (Anlage K 26). Die Beklagte widersprach der Kündigung vom 20.12.2016. Auch nach Ausspruch der Kündigung vom 20.12.2016 führten die Parteien Gespräche zur Fortsetzung des FV auf veränderter Basis, die aber nicht in eine Einigung mündeten.

Auf entsprechende Anfrage der Klägerin mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 20.02.2018 (Anlage K 23) teilte die Rechtsaufsichtsbehörde, der Landkreis Z……, der Klägerin mit Schreiben vom 28.03.2018 (Anlage K 15) unter Darlegung von deren wirtschaftlicher Situation mit, dass von der Gefährdung ihrer dauerhaften Leistungsfähigkeit derzeit auszugehen sei. Die Klägerin erklärte der Beklagten daraufhin mit Schreiben vom 10.04.2018 (Anlage K 4) vorsorglich die außerordentliche und fristlose Kündigung des FV unter Berufung auf den Kündigungsgrund aus § 7 Abs. 1 Nr. 5.a FV und unter Bezugnahme auf das beigefügte Schreiben der Rechtsaufsichtsbehörde vom 28.03.2018.

Die Klägerin hat vorgetragen, der Räumungsantrag sei begründet, weil der FV durch die außerordentliche Kündigung vom 20.12.2016, jedenfalls aber durch die außerordentliche Kündigung vom 10.04.2018 beendet worden sei. Angesichts eines jährlichen Finanzierungsbedarfes von mehr als 200.000,00 Euro für das DCL sei ihr die mit dem FV verbundene Aufgabe nicht mehr möglich. Sie werde an der Aufgabenerfüllung durch rechtsaufsichtliche Maßnahmen gehindert, was sich aus dem Bescheid der Rechtsaufsichtsbehörde vom 18.05.2016 ergebe, mit welchem die vorläufige Haushaltsführung und die Erbringung eines Haushaltssicherungskonzeptes angeordnet worden sei. Die Voraussetzung für den Kündigungsgrund aus § 7 Abs. 1 Nr. 4.a FV seien deshalb erfüllt gewesen.

Es komme hinzu, dass zum Zeitpunkt der Kündigung vom 10.04.2018 die Voraussetzungen des Kündigungsgrundes aus § 7 Abs. 1 Nr. 5.a FV erfüllt gewesen seien. Die Leistungsfähigkeit der Klägerin sei dauerhaft gefährdet gewesen, was die Rechtsaufsichtsbehörde im Schreiben vom 28.03.2018 festgestellt habe. Die Förderauflagen könnten auch ohne Weiterführung des DCL erfüllt werden.

Die Beklagte hält die Klage bereits für unzulässig, weil dem Klageverfahren kein Mediationsverfahren vorgeschaltet worden sei und § 7 Abs. 3 FV eine Mediationsklausel enthalte.

Im Übrigen sei der FV weder durch die Kündigung vom 20.12.2016 noch durch die Kündigung vom 10.04.2018 beendet worden, weil jeweils nicht der von der Klägerin geltend gemachte Kündigungsgrund aus § 7 Abs. 1 Nr. 4.a FV bzw. aus § 7 Abs. 1 Nr. 5.a FV vorgelegen habe. Aus dem Bescheid der Rechtsaufsichtsbehörde vom 18.05.2016 ergebe sich nicht, dass die Klägerin gehindert gewesen sei, ihren Haushalt mit einem Haushaltssicherungskonzept in der Weise zu sanieren, dass weiterhin das DCL betrieben werden könne. Die Klägerin sei demzufolge nicht durch rechtsaufsichtliche Vorgaben an der durch den FV vereinbarten Aufgabenerfüllung gehindert gewesen.

Auch die Voraussetzungen einer Kündigung nach § 7 Abs. 1 Nr. 5.a FV hätten nicht vorgelegen. Es fehle bereits an einem förmlichen Bescheid der Rechtsaufsichtsbehörde, und die Feststellung der Rechtsaufsichtsbehörde sei zudem inhaltlich unrichtig, insbesondere seien nicht die maßgeblichen Kriterien für die Bestimmung einer dauerhaften Leistungsfähigkeit angewendet worden. Dabei komme es auf diejenigen Richtlinien an, die bei Vertragsschluss am 17.12.2013 gegolten hätten, nicht aber auf später neu erlassene Richtlinien. Es komme hinzu, dass die den Vertrag schließenden Parteien darüber einig gewesen wären, dass eine Beendigung des Fortsetzungsvertrages nach dessen § 7 Abs. 1 Nr. 5.a nur möglich sei, wenn die festzustellende dauerhafte Gefährdung der Leistungsfähigkeit der Klägerin gerade durch den Betrieb des DCL eingetreten sei. Dies ergebe sich aber auch aus einer Auslegung der Vorschrift nach Wortlaut, Systematik und Historie. Es müsse zudem berücksichtigt werden, dass die Klägerin selbst im Doppelhaushalt vom 05.11.2018 für das Jahr 2019/2020 von einem ausgeglichenen Haushalt ausgehe. Weiterhin sei anzunehmen, dass im Falle einer wirksamen Beendigung des FV die Förderkriterien entfielen und die Klägerin demzufolge die Fördermittel zurückzahlen müsste, was ihre wirtschaftliche Situation erheblich verschlechtere.

Wegen des Sachverhaltes im Übrigen und der in I. Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Bezug genommen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben zum Inhalt der Kündigungsregelungen des Fortsetzungsvertrages durch die uneidliche Vernehmung der Zeugen U…… T…… und W…… S……, sowie zur Frage der Erfüllung der Förderauflagen aus dem Fördermittelbescheid vom 27.04.1999 trotz Beendigung des Fortsetzungsvertrages durch die uneidliche Vernehmung der Zeugen L…… W……, Mario Schubert und M…… W…… Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 16.06. und 18.08.2020 Bezug genommen.

Mit dem Urteil vom 17.11.2020 hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei zulässig, weil § 7 Abs. 3 FV weder eine Schlichtungsklausel noch eine Mediationsklausel enthalte, welche die zulässige Klageerhebung von der vorherigen Durchführung einer Mediation abhängig mache. Zudem sei zu berücksichtigen, dass sich die Parteien weder auf einen Schlichter oder außergerichtlichen Mediator hätten einigen können noch im Rahmen einer gerichtlichen Mediation durch einen Güterichter zu einer gütlichen Beilegung des Rechtsstreites gelangt seien.

Die Klage sei aber unbegründet, weil der Klägerin der von ihr geltend gemachte Herausgabeanspruch nicht zustehe. Der Fortsetzungsvertrag vom 17.12.2013 bestehe fort, weil er weder durch die Kündigung vom 20.12.2016 noch durch die Kündigung vom 10.04.2018 beendet worden sei. Es fehle am Kündigungsgrund für die Kündigung vom 20.12.2016 aus § 7 Abs. 1 Nr. 4.a FV, weil die Klägerin nicht durch eine rechtsaufsichtliche Maßnahme gehindert gewesen sei, die ihr aus dem FV obliegenden Aufgaben zu erfüllen. Eine entsprechende Auflage lasse sich dem Bescheid der Rechtsaufsichtsbehörde vom 18.05.2016 nicht entnehmen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem im Mai 2017 erstellten Haushaltsstrukturkonzept für die Klägerin.

Zum Zeitpunkt der Kündigung vom 10.04.2018 hätten die Voraussetzungen des Kündigungsgrundes aus § 7 Abs. 1 Nr. 5.a FV nicht vorgelegen. Die Auslegung dieser Kündigungsregelung ergebe, dass der Klägerin eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist nur dann möglich gewesen sein sollte, wenn die dauerhafte Gefährdung der Leistungsfähigkeit der Klägerin gerade durch den Betrieb des DCL eingetreten wäre, die Klägerin also gerade aus diesem Grunde nicht mehr in der Lage gewesen wäre, ihre ihr nach der Sächsischen Gemeindeordnung obliegenden Pflichtaufgaben zu erfüllen. Es könne aber nicht festgestellt werden, dass gerade der Betrieb des DCL eine Gefährdung der dauerhaften Leistungsfähigkeit der Klägerin herbeigeführt habe.

Gegen das ihr am 07.12.2020 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 04.01.2021 Berufung eingelegt und diese – nach entsprechender Fristverlängerung – am 05.03.2021 begründet.

Sie trägt vor, das Landgericht habe zu Unrecht die Räumungsklage abgewiesen, weil der Fortsetzungsvertrag durch die Kündigung vom 20.12.2016, jedenfalls aber durch die Kündigung vom 10.04.2018 beendet worden sei. Im Berufungsverfahren legt die Klägerin die rechtsaufsichtlichen Bescheide zu den Haushaltsplänen der Klägerin von 2013 bis 2015 vor und trägt dazu vor, in den Jahren 2013 bis 2015 sei die Klägerin an der Aufgabenerfüllung des Betriebes des D……-Centrums durch rechtsaufsichtliche Vorgaben nicht gehindert gewesen, wohl aber infolge des Bescheides der Rechtsaufsichtsbehörde vom 18.05.2016, in welchem die vorläufige Haushaltsführung angeordnet worden sei, was zur Abhängigkeit von Auszahlungen und personellen Entscheidungen der Klägerin von der Zustimmung der Rechtsaufsichtsbehörde geführt habe. Infolge dieses Eingriffs der Rechtsaufsichtsbehörde habe die Klägerin die Aufgaben aus dem Fortsetzungsvertrag vom 17.12.2013 nicht mehr erfüllen können.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts seien die Voraussetzungen des Kündigungsgrundes aus § 7 Abs. 1 Nr. 5.a FV bei Ausspruch der Kündigung vom 10.04.2018 erfüllt gewesen. Zu diesen Voraussetzungen gehöre es nicht, dass die festzustellende Gefährdung der dauernden Leistungsfähigkeit der Klägerin gerade auf den Betrieb des DCL zurückzuführen sei. Eine solche Auslegung sei praxisfern und widerspreche dem mutmaßlichen Willen der Klägerin bei Vertragsschluss.

Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und gemäß den Klageanträgen erster Instanz wie folgt zu entscheiden:

1. Die Beklagten zu verurteilen, im Gebäude des D……-Centrums ……, …… folgende Räume zu beräumen und an die Klägerin geräumt herauszugeben:

Im Hauptgebäude Altbau P…… (Gebäude A):

Kellergeschoss A 0.01 bis A 0.06 Erdgeschoss A 1.02 bis A 1.10

1. Obergeschoss A 2.02 bis A 2.07

2. Obergeschoss A 3.02 bis A 3.07 Dachgeschoss A. 4.02 bis A 4.04 Im westlichen Nebengebäude N…… (Gebäude C):

Kellergang C 0.13

Foyer.

2. Die Beklagte zu 1) zu verurteilen, der Klägerin die vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 3.137,91 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten an ihrem Standpunkt fest, dass die Klage bereits unzulässig sei, weil dem Klageverfahren ein Mediationsverfahren hätte vorgeschaltet werden müssen.

Im Übrigen verteidigen sie die vom Landgericht vorgenommene Klageabweisung mit der darin enthaltenen Begründung unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrages.

Der Senat hat Beweis erhoben zum Verständnis des Inhaltes des Kündigungsgrundes aus § 7 Abs. 1 Nr. 5.a FV gemäß Beweisbeschluss vom 26.05.2021 durch die uneidliche Vernehmung der Zeugen W…… S…… und U…… T…… Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 16.06.2021 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet.

Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass die Klage zulässig ist und nimmt zur Begründung Bezug auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil vom 17.11.2020 auf Seite 7, 8. Neue Gesichtspunkte dazu haben die Beklagten nicht vorgetragen.

Der Klägerin steht der von ihr geltend gemachte Anspruch auf Räumung und Herausgabe bestimmter, im Tenor des Urteils zu Ziffer I.1. näher bezeichneter Räume im Gebäude des DCL, welche sich im Besitz der Beklagten zu 1) befinden, aus § 985 BGB zu (dazu 1.). Von den Beklagten zu 2) und zu 3) kann die Klägerin dagegen nicht die Räumung und Herausgabe der genannten Räume im Gebäude des DCL verlangen, weil diese nicht Besitzer der Räume sind (dazu 2.).

1. Die Klägerin kann als Eigentümerin des Grundstückes, auf welchem sich das DCL befindet, die Herausgabe der im Besitz der Beklagten zu 1) befindlichen Räume aus § 985 BGB verlangen, weil die Beklagte zu 1) ihr kein Recht zum Besitz i.S.v. § 986 Abs. 1 Satz 1 BGB entgegenhalten kann. Ein Recht zum Besitz der Beklagten zu 1) könnte sich nur aus dem von ihr mit der Klägerin am 17.12.2013 geschlossenen FV ergeben. Auf diesen Vertrag kann die Beklagte zu 1) ein Besitzrecht aber nicht (mehr) stützen, weil dieser mit dem Zugang der außerordentlichen und fristlosen Kündigung der Klägerin vom 10.04.2018 beendet wurde (§ 130 Abs. 1 S. 1 BGB). Zu diesem Zeitpunkt lagen die sich aus der Auslegung des FV gemäß §§ 133, 157 BGB ergebenden Voraussetzungen des Kündigungsgrundes für eine außerordentliche und fristlose Kündigung der Klägerin aus § 7 Abs. 1 Nr. 5.a) FV vor.

Nicht zu diesen Voraussetzungen zählte das Erfordernis, dass die festzustellende dauerhafte Gefährdung der Leistungsfähigkeit der Klägerin gerade auf den Ausgaben im Zusammenhang mit dem Betrieb des DCL beruhen musste (dazu a).

Die erforderliche Feststellung der Gefährdung der dauerhaften Leistungsfähigkeit der Klägerin durch die Rechtsaufsichtsbehörde musste nicht in einem förmlichen Bescheid und auf der Grundlage der zum Feststellungszeitpunkt geltenden Bestimmungen getroffen werden (dazu b).

Neben der Feststellung der Rechtsaufsichtsbehörde bedurfte es einer eigenständigen Überprüfung der Voraussetzungen der Gefährdung der dauerhaften Leistungsfähigkeit der Klägerin nicht, vielmehr ist insoweit die Feststellung der Rechtsaufsichtsbehörde lediglich einer Plausibilitätskontrolle zu unterziehen (dazu c).

Zu den Voraussetzungen des Kündigungsgrundes aus § 7 Abs. 1 Nr. 5.a) FV zählt es nicht, dass der Ausspruch der Kündigung nicht eine Verpflichtung der Klägerin zur Rückzahlung der mit dem Bescheid des Regierungspräsidiums Chemnitz vom 27.04.1999 gewährten Fördergelder zur Folge hat. Selbst wenn man dies aber annehmen wollte, stände dies der Wirksamkeit der hier zu beurteilenden Kündigung der Klägerin vom 10.04.2018 nicht entgegen, weil das Landgericht im Ergebnis der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme eine derartige Rückzahlungsverpflichtung der Klägerin für den Fall der Kündigung gerade nicht festgestellt hat, woran der Senat i.S.v. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden ist (dazu d).

Auf der Grundlage dieses sich nach Auslegung der Kündigungsvorschrift aus § 7 Abs. 1 Nr. 5.a) FV ergebenden Verständnisses lagen die Voraussetzungen der außerordentlichen und fristlosen Kündigung zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung vom 10.04.2018 bei der Beklagten vor (dazu e).

a) Zu den allgemein anerkannten Auslegungsgrundsätzen gehört, dass in erster Linie der von den Parteien gewählte Wortlaut und der dem Wortlaut zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille zu berücksichtigen sind (vgl. BGH, Urteil vom 15.01.2013, XI ZR 22/12, NJW 2013, 1519; Senatsurteil vom 19.09.2018, 5 U 423/18, BeckRS 2018, 49269). Der übereinstimmende Parteiwille geht dabei aber dem Wortlaut und jeder anderen Interpretation vor (vgl. BGH, Beschluss vom 30.04.2014, XII ZR 124/12, BeckRS 2014, 10546).

Die Beklagten haben im Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme nicht bewiesen, dass der übereinstimmende Wille der Vertragsparteien dahin ging, dass die im Rahmen von § 7 Abs. 1 Nr. 5.a) FV festzustellende Gefährdung der dauerhaften Leistungsfähigkeit der Stadt gerade auf den Ausgaben für das DCL beruhen musste (dazu aa). Auch die Auslegung des Fortsetzungsvertrages gemäß §§ 133, 157 BGB ergibt nicht, dass die für den Kündigungstatbestand des § 7 Nr. 5.a) festzustellende Gefährdung der dauerhaften Leistungsfähigkeit der Klägerin gerade auf den Ausgaben für das DCL beruhen musste (dazu bb).

aa) Gegen die Begründung eines vom Wortlaut der Vorschrift abweichenden übereinstimmenden Parteiwillens in Bezug auf die Voraussetzungen des Kündigungstatbestandes des § 7 Abs. 1 Nr. 5.a) FV spricht bereits die Historie des Vertragsschlusses. Danach erkannten die Parteien die Notwendigkeit einer neuen vertraglichen Regelung, welche an die Stelle des gescheiterten PPP-Modelles aus dem Jahr 1998 treten sollte, und begannen bereits im Jahr 2012 mit der Formulierung des Vertragstextes, was schließlich in den Abschluss des FV Mitte Dezember 2013 mündete. In der Zeit vom ersten Entwurf bis zum Vertragsschluss wurden eine Vielzahl von Vertragsentwürfen gefertigt und dabei Änderungen in Bezug auf die meisten Vertragsbestimmungen vorgenommen, wozu auch die Kündigungstatbestände gehörten. Dies entspricht den übereinstimmenden Bekundungen der Zeugen S…… und T…… Wenn aber Vertragsparteien in einem etwa einjährigen Prozess die einzelnen Bestimmungen eines schriftlichen Vertrages überprüfen und Änderungen unterziehen, dann entspricht in der Regel die schriftliche Endfassung des Vertrages, welche von den Vertragsparteien mit ihrer Unterschrift bestätigt wird, dem wirklichen Parteiwillen, während es eher unwahrscheinlich ist, dass die Parteien nach einem langen Willensbildungsprozess in Bezug auf die Formulierungen eines Vertrages am Ende eine schriftliche Vertragsregelung unterzeichnen, die gerade nicht ihren übereinstimmenden Willen in der Sache entspricht.

Auch im vorliegend zu beurteilenden Fall spricht die intensive Abstimmung der Vertrag schließenden Parteien über die Einzelheiten des Vertragswortlautes gegen die Annahme, die Parteien hätten im Ergebnis andere bzw. weitergehende Voraussetzungen des Kündigungstatbestandes in § 7 Abs. 1 Nr. 5.a) FV übereinstimmend gewollt, welche keinen Niederschlag in der schriftlich niedergelegten Regelung gefunden haben. Es gibt auch keine plausible Erklärung dafür, warum der übereinstimmende Parteiwille ausnahmsweise trotz der engen Abstimmung über den Wortlaut des Vertrages dort keinen Niederschlag gefunden haben sollte. Auf die entsprechende ausdrückliche Nachfrage des Senates erklärte der Zeuge S…… in der mündlichen Verhandlung vom 16.06.2021 lediglich, die Vertragsparteien hätten angenommen, dass weitere Änderungen des Wortlautes nicht erforderlich seien. Es liegt aber auf der Hand und war für beide Vertragsparteien trotz ihrer fehlenden juristischen Ausbildung ohne weiteres erkennbar, dass als Voraussetzung des schriftlich niedergelegten Kündigungstatbestandes in § 7 Abs. 1 Nr. 5.a) FV gerade kein kausales Beruhen der Gefährdung der dauerhaften Leistungsfähigkeit der Stadt gerade auf den Ausgaben des DCL geregelt war.

Es kommt hinzu, dass in den ab dem Jahre 2012 gestarteten Prozess der Erstellung des Fortsetzungsvertrages auch die Rechtsaufsichtsbehörde, der Landkreis Z……, eingebunden war, von dessen Genehmigung die Wirksamkeit des Fortsetzungsvertrages abhängen sollte (vgl. § 7 Abs. 4 Nr. 2 FV). Es erscheint unplausibel, dass trotz Kenntnis der Rechtsaufsichtsbehörde vom Wortlaut des Vertrages einerseits und vom Inhalt der zugrunde liegenden Gespräche der Parteien zur Bildung des übereinstimmenden Parteiwillens andererseits die Rechtsaufsichtsbehörde nicht darauf geachtet haben sollte, dass die Bestimmungen entsprechend dem übereinstimmenden Willen der den Vertrag schließenden Parteien auch in den schriftlichen Vertrag übernommen werden, obwohl die Rechtsaufsichtsbehörde über die Genehmigung des Vertrages eine eigene Verantwortung übernehmen sollte und zum anderen gerade das in § 7 Abs. 1 Nr. 5.a) FV vorgesehene Erfordernis der Feststellung der Gefährdung der dauerhaften Leistungsfähigkeit der Klägerin der Rechtsaufsichtsbehörde eine eigene Rolle im Rahmen der Prüfung der Kündigungsvoraussetzungen zuwies. Sollte nämlich das Kündigungsmerkmal der Gefährdung der dauerhaften Leistungsfähigkeit über das Kriterium der Kausalität in Bezug auf die Ausgaben für das D……-Centrum eine Einschränkung erfahren, würde dies auch den Umfang dessen bestimmen, was die Rechtsaufsicht gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 5.a) FV festzustellen hätte. Es ist deshalb unplausibel, dass die Rechtsaufsichtsbehörde nicht darauf hingewirkt haben sollte, dass der Wortlaut des entsprechenden Kündigungstatbestandes dem übereinstimmenden Parteiwillen entsprach.

Vor dem Hintergrund dieser Gesamtsituation konnte sich der Senat allein aufgrund der Aussage des Zeugen S……, für die Parteien sei die Verknüpfung gerade mit der wirtschaftlichen Belastung durch das D……-Centrum als Ursache der Gefährdung der dauerhaften Leistungsfähigkeit wichtig gewesen, nicht die Überzeugung davon verschaffen, dass bei Vertragsschluss ein entsprechender übereinstimmender Parteiwille gebildet wurde, welcher dem Wortlaut des FV vorgehen würde.

Den Bekundungen des Zeugen S…… ist keine plausible Erklärung dafür zu entnehmen, warum die Parteien gerade in der geschilderten Situation eines langwierigen Willensbildungsprozesses eine von ihnen als bedeutsam angesehene vertragliche Bestimmung nicht in den Vertragstext übernommen haben. Weiterhin hat der Zeuge S…… nicht durchgängig bekundet, dass Voraussetzung des Kündigungstatbestandes die Feststellung der Gefährdung der dauerhaften Leistungsfähigkeit gerade aufgrund der Ausgaben für das DCL sein sollte. Vielmehr hat der Zeuge S…… vor dem Landgericht erklärt, am Ende hätte die Rechtsaufsicht darüber entscheiden müssen, ob alleine die dauerhafte Leistungsfähigkeit, unabhängig bzw. nicht allein auf den Betrieb des D……-Centrums bezogen bzw. gegründet, ausreiche, um zu einer Kündigungsmöglichkeit zu kommen oder nicht (vgl. Seite 6 der Sitzungsniederschrift des Landgerichtes vom 18.08.2020, (Bl. 236 dA). Zudem hat der Zeuge S…… vor dem Landgericht ausgesagt, er habe seine Folgerung bzw. seine Lesart der Kündigungsregelung aus dem Ursprungsvertrag entnommen (Sitzungsniederschrift des Landgerichtes vom 18.08.2020, a.a.O.), was dagegen spricht, dass diese Lesart auf einem gemeinsam gebildeten Parteiwillen im Dezember 2013 beruht.

Im Ergebnis kann sich der Senat die Überzeugung von der Richtigkeit der Behauptung der Beklagten zum übereinstimmend begründeten Parteiwillen nicht verschaffen, weil es zum einen unwahrscheinlich erscheint, dass in der konkret gegebenen Situation ein übereinstimmender Parteiwille nicht in den Vertragstext eingeflossen wäre und zum anderen die Aussage des Zeugen S…… in ihrer Gesamtheit nicht die erforderliche Stringenz besitzt, um als Grundlage für die Überzeugung des Senates von einer ausnahmsweisen Annahme der Bildung eines abweichenden gemeinsamen Parteiwillens auch in dieser Konstellation zu genügen.

bb) Der Wortlaut der vertraglichen Regelung in § 7 Abs. 1 Nr. 5.a) FV spricht gegen die Annahme, die dauerhafte Gefährdung der Leistungsfähigkeit der Klägerin habe auf dem Betrieb des DCL beruhen müssen. Eine solche Einschränkung der Kündigungsvoraussetzungen findet sich im Wortlaut der Kündigungsregelung von § 7 Abs. 1 Nr. 5.a) FV gerade nicht.

Auch die systematische Auslegung des Fortsetzungsvertrages spricht gegen die von den Beklagten geltend gemachte Einschränkung der in § 7 Abs. 1 Nr. 5.a) FV niedergelegten Kündigungsvoraussetzungen.

Ausgangspunkt der systematischen Auslegung ist die Regelung in Ziffer I.4. der Präambel, in der es heißt: „Die Verpflichtungen der Stadt beschränken sich daher auf den ihr im Rahmen einer dauerhaften wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gebotenen Standard.“ Die Leistungsfähigkeit der Klägerin aus dem Vertrag soll danach von vornherein darauf beschränkt sein, was sie unter Beibehaltung ihrer dauerhaften wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu leisten im Stande ist. Dies korrespondiert mit der gesetzlichen Verpflichtung der Klägerin aus § 72 Abs. 1 SächsGemO, ihre Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen, dass eine stetige Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert ist. Im Gegenschluss ergibt sich aus dieser Regelung ohne weiteres, dass die Stadt den Fortsetzungsvertrag außerordentlich und fristlos nach § 7 Abs. 1 Nr. 5.a) FV kündigen können muss, wenn die Gefährdung der dauerhaften Leistungsfähigkeit von der dazu zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde festgestellt wird. Um einen gesetzeskonformen Haushalt herbeizuführen, kann sich die Stadt nicht von den von ihr zu erfüllenden Pflichtaufgaben im Sinne der Legaldefinition aus § 2 Abs. 2 Satz 1 SächsGemO trennen, sondern nur von den freiwilligen Aufgaben, zu denen trotz seiner unbestrittenen überregionalen Bedeutung auch der Betrieb des DCL gehört. Der Kündigungstatbestand in § 7 Abs. 1 Nr. 5.a) FV entspricht mit seinem Wortlaut demzufolge den allgemeinen Vertragsgrundsätzen, welche von den Parteien als Präambel dem Vertragswerk von 17.12.2013 vorangestellt wurden. Aus systematischen Überlegungen ist deshalb eine Einschränkung des Wortlautes in der von der Beklagten geltend gemachten Form nicht angezeigt.

Der Senat teilt auch nicht die Auffassung der Beklagten, dass sich aus dem als Anlage K 45 vorgelegten Schreiben des Landkreises Z…… vom 26.03.2014, mit welchem dieser den Fortsetzungsvertrag genehmigt hat, etwas anderes ergeben würde. Soweit die Beklagten argumentieren, der Landkreis Z…… stelle in dem genannten Schreiben selbst einen Zusammenhang zwischen dem Betrieb des DCL einerseits und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Stadt andererseits her, überinterpretieren sie dies. Der im Schreiben enthaltene Zusammenhang ergibt sich bereits aus seinem Anlass, denn es geht um die Genehmigung desjenigen Vertrages, welcher den Betrieb des D……-Centrums absichern soll und der Landkreis Z…… hat als Rechtsaufsichtsbehörde der Klägerin im Rahmen der Vorschriften der SächsGemO die Aufgabe, die Leistungsfähigkeit der Klägerin zu überprüfen. Die Annahme der Beklagten, der Landkreis Z…… würde mit dem Inhalt des Genehmigungsschreibens vom 26.03.2014 einer kausalen Verknüpfung des Kündigungstatbestandes in § 7 Abs. 1 Nr. 5.a) FV das Wort reden, trifft deshalb nicht zu. Vielmehr betont der Landkreis umgekehrt die Bedeutung der Einhaltung der Haushaltsgrundsätze von Seiten der Stadt, wenn er im Schreiben vom 26.03.2014 ausführt, dass aus rechtsaufsichtlicher Sicht Wert gelegt werde auf „eine Auslegung des Vertragstextes im Lichte der Regelungen der Sächsischen Gemeindeordnung“. Eine Verknüpfung des Kündigungstatbestandes in § 7 Abs. 1 Nr. 5.a) FV im Sinne einer Kausalität gerade mit den Ausgaben für das DCL kann dem nicht entnommen werden.

Entgegen der von den Beklagten vertretenen Auffassung ergibt die systematische Auslegung des Fortsetzungsvertrages kein Rangverhältnis in dem Sinne, dass bei Störungen des Vertrages die Vertragsparteien zunächst mit der Wahrnehmung des Anpassungsrechtes nach § 5 des Vertrages und erst dann mit den befristeten und unbefristeten Kündigungsmöglichkeiten aus § 7 des Vertrages reagieren können. Weder ist ein solches Rangverhältnis im Fortsetzungsvertrag geregelt noch ergibt es sich rechtssystematisch allgemein aus dem Vorrang einer Anpassungsvor einer Kündigungsregelung. In vergleichbarer Weise gibt es auch im Gesetzesrecht des BGB nicht von vornherein eine Rangstufe zwischen dem Recht auf Anpassung eines Vertrages wegen Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB einerseits und dem Recht zur Beendigung eines Dauerschuldverhältnisses durch außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 314 BGB bzw. im Bereich des Mietrechtes nach §§ 543 Abs. 1, 569 BGB (vgl. Alberts in Guhling/Günter, Gewerberaummiete, 2. Aufl., § 543 BGB Rn. 6). Eine solche Rangfolge ist lediglich innerhalb des Rechts der Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB vorgesehen. Erst dann, wenn eine Vertragsanpassung nicht möglich ist, soll an die Stelle dieser das Recht zur sofortigen Beendigung des Dauerschuldverhältnisses treten. Für eine vergleichbare Rangstufe im Verhältnis der Regelungen in den §§ 5 bzw. 7 des Fortsetzungsvertrages bestehen dagegen keine ausreichenden Anhaltspunkte.

Der Senat teilt auch nicht die vertragssystematische Argumentation des Landgerichtes, wonach eine lediglich „allgemeine“ Feststellung der Gefährdung der dauerhaften Leistungsfähigkeit der Klägerin als Grundlage für eine außerordentliche und fristlose Kündigung nach § 7 Abs. 1 Nr. 5.a) FV in einem Spannungsverhältnis zum Kündigungsgrund aus § 7 Abs. 1 Nr. 4.a) FV stehen würde, welcher eine außerordentliche Kündigung lediglich mit einer Frist von einem Kalenderjahr zulässt.

Schon der vom Landgericht vorausgesetzte Ausgangspunkt, dass die verschiedenen Kündigungsgründe eine vergleichbare Schwere aufweisen müssen, erscheint vertragssystematisch keineswegs zwingend. Richtig ist zwar, dass im Falle der Vereinbarung einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund den unter diese Generalklausel fallenden, nicht näher bestimmten Kündigungsgründen ein ähnliches Gewicht zukommen muss, wie den Regelbeispielen, welche näher beschrieben werden (i.d.S. etwa Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Aufl., § 543 BGB, Rn. 160; Alberts a.a.O., § 543 BGB Rn. 10 jeweils zum Verhältnis des wichtigen Grundes i.S.v. § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB einerseits und des benannten Beispiels für den wichtigen Grund zur Kündigung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 BGB andererseits). Um diesen Zusammenhang geht es hier aber nicht, weil es sich sowohl bei § 7 Abs. 1 Nr. 4.a) FV als auch bei § 7 Abs. 1 Nr. 5.a) FV jeweils um benannte Beispiele für das Vorliegen eines wichtigen Grundes i.S.v. § 7 Abs. 1 FV zur Kündigung des Fortsetzungsvertrages handelt, welche die Parteien im vorliegenden Individualvertrag ausdrücklich in der vorliegenden Form formuliert haben und für die sie nach der vertraglichen Regelung eine unterschiedliche Kündigungsfolge, nämlich im Falle von § 7 Abs. 1 Nr. 4.a) FV eine außerordentliche Kündigung mit Kündigungsfrist und im Falle von § 7 Abs. 1 Nr. 5.a) FV eine außerordentliche Kündigung ohne Kündigungsfrist vorgesehen haben. Würde man hier ohne zusätzliche Anhaltspunkte für die Annahme einer vergleichbaren Schwere des Kündigungsgrundes, welche das Landgericht und die Beklagten nicht benennen, eine Nivellierung der Kündigungsgründe vornehmen, so unterliefe man damit die vertraglich von den Parteien gestaltete Regelung.

Darauf kommt es auch nicht entscheidend an, weil es sich entgegen der Auffassung des Landgerichtes bei der Kündigung aus § 7 Abs. 1 Nr. 5.a) FV nicht um eine leichter durchsetzbare Kündigung als die Kündigung nach § 7 Abs. 1 Nr. 4.a) FV handelt, auch wenn man dem Wortlaut der Kündigungsvorschrift entsprechend das Vorliegen einer Gefährdung der dauerhaften Leistungsfähigkeit genügen lässt, ohne dass diese gerade auf dem Betrieb des DCL beruhen muss. Die Gegenstände der Kündigungsgründe sind nämlich in ihrer Struktur andersartig, so dass sich eine Rangfolge im Sinne von leichterer oder schwererer Kündigungsgrund gerade nicht feststellen lässt. Charakteristisch für den Kündigungsgrund aus § 7 Abs. 1 Nr. 5.a) FV ist, dass die Kündigungsvoraussetzung der Gefährdung der dauerhaften Leistungsfähigkeit der Klägerin durch einen Dritten, nämlich die Rechtsaufsichtsbehörde, festgestellt werden muss, was den Kündigungsgrund hinsichtlich seiner Voraussetzungen insofern anspruchsvoller macht als eine solche Feststellung (nur) durch einen Dritten für die Kündigung nach § 7 Abs. 4 Nr. 4.a) FV nicht vorgesehen ist. Aus diesem Grunde entsteht durch die vom Senat vorgenommene Auslegung des Kündigungstatbestandes in § 7 Abs. 1 Nr. 5.a) FV entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung kein Spannungsverhältnis zum Kündigungstatbestand in § 7 Abs. 1 Nr. 4.a) FV.

Im Ergebnis ergibt die Auslegung des Vertrages nach §§ 133, 157 BGB, dass die nach § 7 Abs. 1 Nr. 5.a) FV festzustellende Gefährdung der dauerhaften Leistungsfähigkeit der Klägerin nicht auf der finanziellen Belastung der Klägerin mit der Durchführung des defizitären Betriebes des DCL beruhen muss.

b) Zur Überzeugung des Senates ist für die notwendigen Feststellungen der Rechtsaufsichtsbehörde kein förmlicher Feststellungsbescheid notwendig. Anhaltspunkte dafür finden sich in der vertraglichen Regelung nicht. Erforderlich ist vielmehr allein, dass sich die Rechtsaufsichtsbehörde mit der Frage der Gefährdung der dauerhaften Leistungsfähigkeit der Klägerin auseinandersetzt und dazu konkrete Aussagen trifft, was mit dem Inhalt des Schreibens vom 28.03.2018 eingehalten wird.

Die Feststellungen der Rechtsaufsichtsbehörde im Schreiben vom 28.03.2018 werden nicht dadurch entkräftet, dass dieses auf eine entsprechende Nachfrage der Klägerin mit dem Schreiben der klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 20.02.2018 erstellt worden ist. Im Rahmen eines Kündigungsgrundes, welcher die Feststellung eines Dritten voraussetzt, ist es aus Sicht des Senates in keiner Weise zu beanstanden, wenn der eventuell Kündigungsberechtigte sich beim Feststellungsberechtigten erkundigt, ob die Voraussetzungen der Feststellung und damit auch letztlich der Kündigung derzeit vorliegen.

Ferner ist die für den Kündigungstatbestand notwendige Feststellung der Gefährdung der dauerhaften Leistungsfähigkeit der Klägerin durch die Rechtsaufsichtsbehörde aufgrund der aktuell geltenden Bestimmungen zum Zeitpunkt der Feststellung zu treffen, nicht aber auf der Grundlage derjenigen (inzwischen veralteten) Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Fortsetzungsvertrages am 17.12.2013 gelten.

Es handelt sich bei der Gefährdung der dauerhaften Leistungsfähigkeit der Klägerin um einen Terminus aus dem kommunalen Finanzrecht, der zu einem bestimmten Zeitpunkt nur auf der Grundlage der aktuellen Gesetzeslage festgestellt werden kann, an welcher die Haushaltslage der Klägerin von der Rechtsaufsichtsbehörde in tatsächlicher Hinsicht auch gemessen wird. Die Prüfung der kommunalen Finanzverfassung der Klägerin als Stadt kann nur auf der Grundlage der aktuell geltenden Regelungen stattfinden.

c) Nach dem Wortlaut von § 7 Abs. 1 Nr. 5.a) FV muss neben die Feststellung der Gefährdung der dauerhaften Leistungsfähigkeit der Klägerin durch die Rechtsaufsichtsbehörde der Umstand treten, dass die Leistungsfähigkeit der Klägerin dauerhaft gefährdet ist. Die sich daraus ergebende Frage, in welcher Form neben die Feststellung durch die Rechtsaufsichtsbehörde eine weitere Feststellung des Tatbestands der Gefährdung der dauerhaften Leistungsfähigkeit der Klägerin treten muss, ist durch Auslegung des Vertrages nach §§ 133, 157 BGB zu klären. Diese ergibt zur Überzeugung des Senates, dass eine eigenständige zusätzliche Überprüfung des Vorliegens der Gefährdung der dauerhaften Leistungsfähigkeit der Klägerin neben der Feststellung der Rechtsaufsichtsbehörde nicht erforderlich ist, sondern vielmehr lediglich die inhaltliche Richtigkeit der Feststellung der Rechtsaufsichtsbehörde im Hinblick auf deren Plausibilität zu überprüfen ist.

Die Auslegung des Vertrages soll nach § 157 BGB so erfolgen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Wesentlich ist dabei die Vermeidung von Widersprüchen innerhalb des Vertragswerkes und die Ermöglichung eines gerechten Interessenausgleiches zwischen den Vertragsparteien (vgl. etwa Busche in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl., § 157 Rn. 6 ff.).

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien gelangt der Senat zu der Überzeugung, dass der Kündigungstatbestand in § 7 Abs. 1 Nr. 5.a) FV nicht in der Weise verstanden werden kann, dass als Erfordernis für die Wirksamkeit der Kündigung neben die erfolgte Feststellung von Seiten der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde noch eine weitere vollständige Überprüfung durch die Vertrag schließenden Parteien bzw. das die Wirksamkeit der Kündigung überprüfende Zivilgericht treten soll.

Mit einem solchen Kündigungserfordernis wäre die vertragliche Kündigungsregelung widersprüchlich, denn sie würde die von der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde vorgenommene Feststellung der Gefährdung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entwerten und damit den Kündigungstatbestand als solchen konterkarieren. Der entscheidende Aufhänger des Kündigungsgrundes ist die Feststellung der Gefährdung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht nur durch einen Dritten, sondern durch den zuständigen Dritten, nämlich die Rechtsaufsichtsbehörde, die im Rahmen der Rechtsaufsicht ohnehin die Übereinstimmung der Haushaltsführung der Klägerin mit den Grundsätzen der Sächsischen Gemeindeordnung zu überprüfen hat. Es wird damit eine Parallelität zwischen der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung der Klägerin zu geordneter Haushaltsführung einerseits und der zivilrechtlichen Befugnis der Klägerin andererseits hergestellt, sich von einem Vertrag zu lösen, der für sie mit erheblichen finanziellen Belastungen verbunden ist. Die besondere Bedeutung dieser Verknüpfung für beide Vertragsparteien besteht darin, dass sich die Befugnis zur Lösung vom zivilrechtlichen Vertrag für die Klägerin nur dann ergibt, wenn der haushaltsrechtliche Notstand gerade von derjenigen Behörde festgestellt wird, die für deren Überprüfung nach dem kommunalen Haushaltsrecht auch zuständig ist. Würde man dagegen eine (weitere) Feststellung der Gefährdung der dauerhaften Leistungsfähigkeit der Stadt durch die Vertragsparteien bzw. ein Zivilgericht verlangen, würde man diesen im FV angelegten Zusammenhang unterlaufen, so dass eine solche Auslegung widersprüchlich wäre. Es wäre auch nicht verständlich, eine Feststellung der Gefährdung der dauerhaften Leistungsfähigkeit durch die Rechtsaufsichtsbehörde zu verlangen, wenn dieselbe Frage ohnehin noch außerhalb dieser Feststellung geklärt werden müsste.

Es entspricht den Anforderungen eines gerechten Interessenausgleiches zwischen den Vertragsparteien, die notwendige Feststellung der Rechtsaufsichtsbehörde einer eingeschränkten Überprüfung auf Plausibilität zu unterziehen, weil anderenfalls die Funktionsfähigkeit von § 7 Abs. 1 Nr. 5.a) FV als Tatbestand einer außerordentlichen und fristlosen Kündigung praktisch nicht seine vertraglich vorgesehene Funktion erfüllen könnte.

Mit der vertraglich geregelten Verknüpfung dieses Kündigungstatbestandes mit der sofortigen, nämlich fristlosen Beendigung des Vertrages, haben die Vertragsparteien zum Ausdruck gebracht, dass im Falle der Feststellung der Gefährdung ihrer dauerhaften wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch die Rechtsaufsichtsbehörde die Klägerin die Möglichkeit zur sofortigen Vertragsbeendigung haben soll. Mit diesem Erfordernis verträgt es sich nicht, wenn das Vorliegen der Kündigungsvoraussetzungen von vornherein an einen zeitintensiven Vorgang der Überprüfung der Feststellung der Rechtsaufsichtsbehörde gekoppelt ist. Vielmehr kann der mit der vertraglichen Regelung von den Parteien verfolgte Zweck nur dadurch umgesetzt werden, dass das Ergebnis der Feststellung durch die Rechtsaufsichtsbehörde allein einer Plausibilitätskontrolle unterzogen werden muss, welche die zur Begründung ihrer Feststellung angelegten Überlegungen der Rechtsaufsichtsbehörde dahin überprüft, ob sie offensichtlich unrichtig sind. Die damit verbundene Einschränkung der Nachprüfungsmöglichkeit der Feststellung wird ausreichend dadurch kompensiert, dass es sich bei der feststellenden Behörde gerade um diejenige Behörde handelt, die für die Kontrolle der wirtschaftlichen Betätigung der Klägerin nach dem kommunalen Haushaltsrecht zuständig ist.

d) Der Senat hat die vom Landgericht im Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme getroffene Feststellung, wonach die Wirksamkeit der Kündigung vom 10.04.2018 keine Pflicht zur (teilweisen) Rückzahlung der mit dem Bescheid des Regierungspräsidiums Chemnitz vom 27.04.1999 gewährten Fördergelder für die Klägerin und damit eine (weitere) Belastung ihres Haushaltes auslösen würde, seiner Entscheidung zugrunde zu legen, weil keine konkreten Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellung begründen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die für die Feststellung zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen mit der Vernehmung der Zeugen L…… W……, M…… S…… und M…… W…… ausgeschöpft. Das Ergebnis der Beweisaufnahme hat das Landgericht in einer vom Senat nicht zu beanstandenden Weise gemäß § 286 ZPO frei gewürdigt. Eine Rückzahlungsverpflichtung der Klägerin für den Fall der Kündigung konnte es danach nicht feststellen (vgl. Seite 13 des erstinstanzlichen Urteiles). Anhaltspunkte für Fehler in der Beweiswürdigung des Landgerichtes sind insoweit nicht ersichtlich und auch von Seiten der Beklagten nicht geltend gemacht worden.

e) Auf der Grundlage des sich nach Auslegung der Kündigungsvorschrift aus § 7 Abs. 1 Nr. 5.a) FV ergebenden Verständnisses lagen die Voraussetzungen der außerordentlichen und fristlosen Kündigung zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung vom 10.04.2018 bei der Beklagten vor.

Das Schreiben der Rechtsaufsichtsbehörde, des Landkreises Z……, vom 28.03.2018 enthält die Feststellung der zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Gefährdung der dauerhaften Leistungsfähigkeit der Klägerin. Es heißt darin auf Seite 6 in der Zusammenfassung der Feststellungen: „Auf Basis der öffentlich-rechtlichen Vorschriften betrachtet die Rechtsaufsichtsbehörde in Bezug auf die Leistungsfähigkeit einer Kommune in der Regel das aktuelle Haushaltsjahr unter Beachtung des Vorjahresansatzes und den Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung, mithin einen Gesamtzeitraum bei Doppelhaushalten von 6 Jahren. Im Finanzplanzeitraum ist nicht davon auszugehen, dass die Stadt …… sowohl einen ausgeglichen Ergebniswie auch Finanzhaushalt erreichen wird, so dass von der Gefährdung der dauerhaften Leistungsfähigkeit derzeit auszugehen ist.“

Seiner Beurteilung legt der Landkreis Z…… zutreffend die zu diesem Zeitpunkt geltende Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über die Grundsätze der kommunalen Haushalts- und Wirtschaftsführung und die rechtsaufsichtliche Beurteilung der kommunalen Haushalte zur dauerhaften Sicherung der kommunalen Aufgabenerledigung (VwV Kommunale Haushaltswirtschaft – VwV KomHWi) vom 11.12.2017 zugrunde. In dieser Verwaltungsvorschrift finden sich bei den Erläuterungen zu den Vorschriften für die gemeindliche Haushaltswirtschaft zu § 72 SächsGemO unter A.I. diejenigen relevanten Kriterien zur Beurteilung der dauerhaften Leistungsfähigkeit, welche die Rechtsaufsichtsbehörde als Grundlage für ihre Prüfung auf Seite 2 des Schreibens vom 28.03.2018 zugrunde gelegt hat.

Gesichtspunkte dafür, dass die Rechtsaufsichtsbehörde die zutreffend aufgelisteten Kriterien offensichtlich fehlerhaft angewendet hat, bringen die Beklagten nicht vor. Es genügt dafür nicht, wenn sie die Richtigkeit der Ausführungen im Schreiben vom 28.03.2018 mit Nichtwissen bestreiten. Soweit sie im Weiteren Ausführungen dazu machen, aus der späteren Entwicklung der Haushaltslage der Klägerin in den Jahren 2018, 2019 und 2020 ergebe sich, dass die Annahme der Gefährdung der dauerhaften Leistungsfähigkeit am 28.03.2018 unrichtig gewesen sei, kommt es darauf von vornherein nicht an. Selbst wenn die Voraussetzungen des Kündigungsrechtes nach Ausspruch der Kündigung weggefallen sein sollten, würde dies die Wirksamkeit der Kündigung nicht entfallen lassen. Bei der Kündigung handelt es sich um ein Gestaltungsrecht, welches das Dauerschuldverhältnis, hier den Fortsetzungsvertrag, mit Wirkung für die Zukunft beendet, wenn die Kündigung ausgesprochen wird, dem Kündigungsempfänger zugeht und zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Kündigung vorliegen. Eine spätere Veränderung dieser Voraussetzungen bleibt ohne Auswirkungen auf die wirksam ausgesprochene Kündigung. Es kommt deshalb nicht auf die Frage an, ob zu einem Zeitpunkt nach Erklärung der Kündigung vom 10.04.2018 eine Veränderung im Rahmen des Haushaltes der Klägerin eingetreten ist, welche die Voraussetzungen des Kündigungsgrundes aus § 7 Abs. 1 Nr. 5.a) FV hätte entfallen lassen.

2. Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagten zu 2) und zu 3) aus § 985 BGB auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Räume im DCL besteht nicht, weil dieser voraussetzen würde, dass die Beklagten zu 2) und zu 3) Besitzer der Räume wären, woran es aber fehlt.

Nicht ausreichend für den Besitz an den Räumen ist es, dass sich in einzelnen Räumen Ausstellungsgegenstände befinden, die im Eigentum entweder des Beklagten zu 2) oder der Beklagten zu 3) stehen. Weitergehende Ausführungen macht die Klägerin zum bestehenden Besitz der Beklagten zu 2) und zu 3) an den herausverlangten Räumen nicht, obwohl der Senat im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 26.05.2021 darauf hingewiesen hat, dass ein Besitz der Beklagten zu 2) und zu 3) an den streitgegenständlichen Räumen im DCL nicht schlüssig vorgetragen worden ist.

III.

Die Nebenforderung ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges und beruht auf § 286 Abs. 1 BGB. Die Höhe der geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist zutreffend auf der Grundlage eines Gegenstandswertes von 200.000,00 Euro berechnet, welchen der Senat mit seinem Beschluss vom 16.06.2021 auch als Streitwert für das vorliegende Berufungsverfahren zugrunde gelegt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 97 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10 Satz 2, 711, 709 Satz 2 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen. Der Senat hat unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung einen Einzelfall entschieden, insbesondere einen Individualvertrag ausgelegt.

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