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Fristlose Mietvertragskündigung wegen baulicher Veränderungen ohne Vermieterzustimmung

LG Lüneburg – Az.: 6 S 80/12 – Urteil vom 14.11.2012

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Celle vom 09.05.2012 teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

2. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Räumung und Wiederherstellung sowie auf Zahlung außergerichtlicher Anwaltskosten in Anspruch.

Mit Vertrag vom 09.07.2006 haben die Beklagten ein Einfamilienhaus in … von dem Kläger gemietet. Dieser Vertrag (Bl. 41 ff d.A.) sieht in § 19 vor, dass Veränderungen an und in den Mieträumen, insbesondere Um- und Einbauten, Installationen und dergleichen nur mit schriftlicher Erlaubnis des Vermieters vorgenommen werden dürfen. § 14 Ziffer 3 regelt, dass der Mieter, soweit Feuerstätten nicht mitvermietet sind, eigene Feuerstätten nur unter Verwendung der hierfür vorgesehenen Schornsteinanschlussöffnungen an die vom Bezirksschornsteinmeister zu benennenden Schornsteine anschließen darf.

Die Beklagten haben im Erdgeschoss des Hauses eine nichttragende Wand entfernt und einen Kaminofen eingebaut. Zwischen den Parteien ist streitig, ob dies mit mündlicher Zustimmung des Klägers erfolgte.

Der Kläger hat behauptet, dass er erst aufgrund einer Mahnung des örtlichen Schornsteinfegers davon Kenntnis erlangt habe, dass die Beklagten wohl im Jahr 2010 die Umbauten vorgenommen haben. Mit Schreiben vom 16.02.2011 seien die Beklagten zur Herstellung des ursprünglichen Zustandes aufgefordert worden. Weitere Aufforderungen seien unter dem 08.04. (Bl. 15 d.A.) und 05.05.2011 (Bl. 16 d.A.) erfolgt, die erfolglos geblieben seien. Daraufhin sei den Beklagten mit Schreiben vom 09.05.2012 die außerordentliche fristlose Kündigung, hilfsweise die ordentliche Kündigung ausgesprochen worden (Bl. 17 d.A.).

Soweit eine mündliche Zustimmung von den Beklagten behauptet werde, wäre diese unerheblich, da nach dem Mietvertrag eine schriftliche Zustimmung erfolgen müsse. Aufgrund des wahrheitswidrigen Vortrags sei das Verhältnis nunmehr so zerrüttet, dass noch einmal die Kündigung erklärt werde.

837,52 EUR seien von dem Kläger an vorgerichtlichen Anwaltskosten tatsächlich gezahlt worden.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, das von ihnen bewohnte Einfamilienhaus in der … straße 13 in … bestehend aus 6 Zimmern, zwei Küchen, zwei Bädern, einem Keller, einem Bodenraum, einem Wintergarten, einem Werkstatthaus und einem Gartenhaus sowie einem Garten mit ca. 800 qm geräumt an den Kläger nebst der überlassenen Hauseingangs- und zwei Nebeneingangsschlüsseln herauszugeben,

2. des Weiteren werden die Beklagten verurteilt, in dem von ihnen gemieteten Objekt, … Straße 13 in … den Rückbau der Innenwand nebst Türdurchgang zwischen dem ehemaligen Wohn- und Schlafzimmer wiederherzustellen sowie den ehemaligen Zustand durch Rückbau des Kaminofens im ehemaligen Schlafzimmer im Erdgeschoss wiederherzustellen,

3. die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 837,52 EUR nebst 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben behauptet, dass bei der vor Vertragsabschluss erfolgten Besichtigung des Objektes, die im Mai oder Juni 2006 spontan anlässlich eines Besuchs beim Bruder des Beklagten zu 1) stattgefunden habe, mündlich vereinbart worden sei, dass die Beklagten die nichttragende Wand im Erdgeschoss entfernen dürfen, was bereits im Jahr 2006 erfolgt sei. Dies sei in Gegenwart der Zeugen … und … … erfolgt, die bei der Besichtigung zugegen gewesen seien. Der Kaminofen stelle keine bauliche Veränderung dar, da er weder mit dem Boden, noch der Wand fest verbunden sei und jederzeit entfernt werden könne. Als Anschluss zum Schornstein sei ein bereits vorhandener Anschluss freigelegt worden. Zudem habe der Kläger der Aufstellung zugestimmt. Schließlich sei der Kläger oftmals im Hause der Beklagten zu Besuch gewesen und habe sowohl von der Entfernung der Wand als auch der Aufstellung des Ofens gewusst.

Sie sind der Ansicht, dass die Forderung zur Wiederherstellung im laufenden Mietverhältnis willkürlich sei. Der Umbau könnte weder eine ordentliche noch eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.

Das Amtsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagten zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes verurteilt, den Räumungsantrag jedoch abgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Beklagten eine Zustimmung des Klägers nicht bewiesen haben und deshalb zur Wiederherstellung der Wand verpflichtet seien. Der Verstoß rechtfertige jedoch keine Kündigung. Trotz des anderslautenden Tenors führt das Amtsgericht sodann aus, dass kein Anspruch auf Entfernung des Ofens bestehe, weil kein erheblicher Eingriff in die Substanz der Mietsache gegeben sei. Erhebliche Nachteile habe der Kläger nicht dargelegt. Daneben hat es die Beklagten zur Zahlung einer anteiligen Rechtsanwaltsgebühr verurteilt.

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt und verfolgen ihre ursprünglichen Anträge weiter.

Der Kläger macht geltend, dass das Amtsgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass die von den Beklagten vorgenommenen Veränderungen eine fristlose Kündigung nicht rechtfertigen würden; erforderlich sei eine Gesamtbetrachtung. So hätten die Beklagten auch die ursprüngliche Eindeckung des Wintergartens entfernt. Das Betreiben des Ofens sei zudem sehr wohl mit erheblichen Nachteilen für den Kläger verbunden.

Die Beklagten machen zum einen geltend, dass Tenor und Gründe der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich des Ofens nicht übereinstimmen würden. Zum anderen seien sie auch nicht zur Wiederherstellung der Wand verpflichtet. Der Kläger habe nicht bestritten, dass er den Zustand der Wohnung durch Besuche bei den Beklagten gekannt habe. Zudem hätten sie Zeugenbeweis für die Zustimmung des Klägers angeboten; eine Erinnerung des Gerichts zur Einzahlung des Vorschusses sei nicht erfolgt. Der erstinstanzliche Vortrag werde aufrechterhalten. Eine Verpflichtung die Wand zum jetzigen Zeitpunkt wieder aufzubauen, sei willkürlich. Die Beklagten seien bereit, sich zum Wiederaufbau nach Beendigung des Mietvertrages zu verpflichten.

Auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird hinsichtlich des weiteren Vorbringens Bezug genommen.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen … …, … … und … …

II.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Celle vom 09.05.2012 ist unbegründet. Die Berufung der Beklagten ist begründet und führt zur Abweisung der Klage insgesamt.

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Herausgabe des von ihnen angemieteten Einfamilienhauses in …, weil er den zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrag vom 09.07.2006 nicht wirksam gem. § 543 Abs. 1 BGB gekündigt hat. Nach der durch geführten Beweisaufnahme ist ein Kündigungsgrund nämlich nicht gegeben.

Grundsätzlich kann zwar eine bauliche Veränderung, die ohne Zustimmung des Vermieters vorgenommen wird, eine außerordentliche Kündigung gem. § 543 Abs. 1 BGB rechtfertigen. Das Entfernen einer Wand stellt auch nach Auffassung der Kammer einen hinreichenden erheblichen Eingriff in die Bausubstanz dar, um von einer Pflichtverletzung des Mieters ausgehen zu können. Vorliegend geht die Kammer aber davon aus, dass der Kläger bereits deutlich vor dem Schreiben vom 16.02.2011, mit dem die Beklagten zur Wiederherstellung der Wand aufgefordert worden sind, von der Entfernung der Wand Kenntnis erlangt hat.

Die Zeugin … hat nämlich bekundet, dass der Kläger, bei dem es sich um ihren Onkel handele, öfter bei ihr zu Besuch gewesen sei. Dabei habe er auch einmal berichtet, wie schön der Fußboden geworden sei, nachdem er bei den Beklagten gewesen sei. Ob er dabei auch etwas über die Wand gesagt habe, wisse sie nicht mehr. Er habe sich ihr gegenüber aber auch nie darüber aufgeregt, dass die Wand entfernt worden sei. An eine gemeinsame Besichtigung vor dem Abschluss des Mietvertrages bei dem ihr Onkel dem Abriss zugestimmt hätte, könne sie sich nicht erinnern. Es sei etwa drei bis vier Jahre her, dass ihr Onkel bei den Beklagten mal wieder zu Besuch gewesen sei. Dass er ihr über den Fußboden berichtet habe, müsse so im ersten halben Jahr gewesen sein.

Der Zeuge … … hat ebenfalls bekundet, dass er nicht dabei gewesen sei, als sich sein Bruder, der Beklagte zu 2) und der Kläger zur Besichtigung getroffen hätten. Er könne nicht sagen, was dabei vereinbart worden sei. Er wisse nur, dass sein Bruder sich bereit erklärt habe, einiges zu machen und auch den Wunsch geäußert habe, die Wand zu entfernen. Diese Wand sei bei eigentlich allen Häusern in der Straße die baugleich seien, bereits entfernt. Danach habe sein Bruder den Fußboden erneuert, was vom Kläger bezahlt worden sei. Der Kläger sei öfter bei ihm und seiner Frau zu Besuch und sei dann auch öfter bei seinem Bruder drüben gewesen. Er könne sich an eine Situation erinnern, als er selber beim Tapezieren geholfen habe und der Kläger rüber gekommen sei. Da sei die Mauer bereits entfernt gewesen, da sie sonst ja noch nicht tapeziert hätten.

Diese Angaben der Zeugen hält die Kammer auch nach kritischer Würdigung für glaubhaft. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass die Zeugen gerade nicht den Vortrag der Beklagten, der Kläger habe bei einer gemeinsamen Besichtigung dem Abriss ausdrücklich zugestimmt, bestätigt haben. Vielmehr haben die Zeugen lediglich ihre Erinnerungen wiedergegeben, weshalb der Kläger ihrer Auffassung nach bereits frühzeitig vom Abriss der Wand Kenntnis erlangt habe. Dass der Kläger gegenüber der Zeugin … … Äußerungen dahin gemacht hat, dass der Fußboden schön geworden sei, erscheint vor dem Hintergrund, dass die Besuche seiner Nichte und der Beklagten in engem zeitlichen Zusammenhang standen, durchaus realistisch. Auch ist nachvollziehbar, dass sich der Zeuge … … an Begebenheiten erinnert, als er seinem Bruder bei der Renovierung geholfen hat.

Auch wenn die Beklagten nicht bewiesen haben, dass der Kläger dem Abriss der Wand ausdrücklich zugestimmt hat, ist eine Kündigung ausgeschlossen, weil die Kammer davon überzeugt ist, dass der Kläger bereits 2006 von dem Abriss der Wand Kenntnis erlangt hat. Wenn der Kläger diesen Zustand aber zunächst vier Jahre lang duldet, kann er nach dieser Zeit von den Beklagten nicht mehr den Rückbau fordern oder eine fristlose Kündigung auf diese Handlung der Beklagten stützen.

Auch der Einbau des Kaminofens rechtfertigt eine fristlose Kündigung nicht. Nach § 14 Ziffer 3 des Mietvertrages darf der Mieter eigene Feuerstätten nur unter Verwendung der hierfür vorgesehenen Schornsteinanschlussöffnungen an die vom Bezirksschornsteinfeger zu benennenden Schornsteine anschließen.

Der Zeuge … …, der zuständige Bezirksschornsteinfeger hat bekundet, dass er zweimal vor Ort gewesen sei und den Anschluss nach Begutachtung des Schornsteins befürwortet habe. Im Dezember 2008 sei der Anschluss erfolgt. Er weise in diesem Zusammenhang immer darauf hin, dass der Vermieter informiert werden müsse. Ob ein alter Anschluss genutzt worden sei, könne er nicht sagen, da er komme, wenn der Anschluss erfolgt sei.

Der Zeuge … … hat in diesem Zusammenhang bekundet, dass früher an der betreffenden Stelle auch ein Ofen gestanden habe. Er könne dies bestätigen, weil er vor Jahren mit seiner Ehefrau in dem Haus des Klägers zur Miete gewohnt habe. Der Anschluss an den Schornstein sei nur übertapeziert, die Öffnung mit einem Gußstopfen verschlossen gewesen.

Nach diesen Aussagen kann die Kammer nicht feststellen, dass die Beklagten gegen § 14 Ziffer 3 des Mietvertrages verstoßen hätten, denn ihr Vortrag, dass sie lediglich einen bereits vorhandenen Anschluss genutzt hätten, ist durch die Beweisaufnahme nicht widerlegt.

Schließlich hat auch nicht die mit Schriftsatz vom 15.09.2011 erklärte fristlose Kündigung zur Beendigung des Mietverhältnisses geführt. Diese stützt der Kläger auf das Prozessverhalten der Beklagten, dass jedoch bereits aus den oben stehenden Ausführungen heraus keinen Kündigungsgrund darstellen kann.

Der Kläger kann aus den vorgenannten Gründen auch nicht die Wiederherstellung der Wand und die Entfernung des Kaminofens während der Dauer des Mietverhältnisses verlangen. Wie bereits oben dargelegt, wäre es treuwidrig, die Entfernung der Wand zunächst über vier Jahre zu dulden und nach Ablauf dieser Zeitspanne den Wiederaufbau noch im Laufe des Mietverhältnisses zu fordern. Die Aufstellung des Kaminofens stellt bereits keinen Verstoß gegen die Regelungen des Mietvertrages dar. Ein Wiederaufbau der Wand und eine Entfernung des Kaminofens dürften die Beklagten erst nach Beendigung des Mietvertrages schulden.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

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