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Fristlose Mietvertragskündigung wegen Drogenhandels

AG Frankfurt – Az.: 33 C 2815/18 (51) – Urteil vom 06.02.2019

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die innegehaltene Wohnung XXX Straße XX, 1. Obergeschoss links, xxx Frankfurt am Main, bestehend aus 4,1 Zimmern, Küche, Abstellraum, Balkon, Keller, Gäste WC und Bad mit WC, zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, und zwar

– hinsichtlich der Räumung i.H.v. 2500 €, die sich im Fall der nicht fristgerechten Räumung monatlich um 694 € erhöht

– hinsichtlich der Kosten i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrags

wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

Den Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 30.06.2019 gewährt.

Tatbestand

Die Klägerin ist Vermieterin, die Beklagten sind Mieter einer 4,1 Zimmerwohnung in der XXX Straße XX in Frankfurt am Main. Hinsichtlich des Rechtsverhältnisses der Parteien wird auf die zur Akte gereichter Kopie des Mietvertrags vom 7.1.2005 (Bl. 11-23 d.A.) verwiesen. Die Beklagten bewohnen die streitgegenständliche Wohnung mit ihren vier Kindern. Eine der Töchter ist schwerbehindert, eine weitere Tochter hat am XX.XX.2018 ihrerseits ein Kind entbunden und lebt mit diesem in der streitgegenständlichen Wohnung. Die Klägerin begehrt Räumung und Herausgabe nach fristloser außerordentlicher, hilfsweise ordentlicher Kündigung.

Gegen den 24 jährigen Sohn der Beklagten, Herrn XX XX, sind im vergangenen Jahr (Zeitraum Januar bis April 2018) sechs Strafverfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz bzw. Handel mit Betäubungsmitteln eingeleitet worden. Mit Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 25.6.2018 ist die planmäßig angelegte Beobachtung des Herrn XX XX für zunächst drei Monate angeordnet worden. In der Folgezeit ist der Vorgenannte beinahe täglich polizeilich beim Handel mit Betäubungsmitteln beobachtet worden. Hierbei wurden die Abnehmer nach dem Handel polizeilich kontrolliert – es konnte jeweils Betäubungsmitteln in unterschiedlichen Mengen aufgefunden werden. Insoweit wird auf den Ermittlungsbericht des Polizeipräsidiums Frankfurt vom 12.7.2018 (Bl. 134-135 d.A. der Ermittlungsakte, VNr. ST/xxx/xxx) verwiesen. Bei unterschiedlichen Kontrollen des Herrn XX XX sind wiederholt Geldbeträge im vierstelligen Bereich und kleiner Stückelung aufgefunden worden sowie einzeln verpackte kleinere Mengen von Rauschgift. Bereits am 9.2.2018 ist die streitgegenständliche Wohnung der Beklagten aufgrund des Verhaltens des Herrn XX XX erstmalig polizeilich durchsucht worden. Zuvor war der vorgenannte von Zivilbeamten dabei beobachtet worden, wie er nach Eintreffen der Beamten mehrere Aluminiumpäckchen hinter sich warf. Die später aufgefundenen Päckchen enthielten jeweils Betäubungsmittel im Bereich zwischen 1,19 g und 1,36 g. Bei der Durchsuchung sowohl des Herrn XX XX als auch der Wohnung der Beklagten am 9.2.2018 konnten keine Betäubungsmittel sichergestellt werden (vgl. Durchsuchungsbericht vom 9.2.2018, Bl. 31-32 d.A. der Ermittlungsakte VNr. ST/xxx/xxx). Bei einer weiteren Wohnungsdurchsuchung am 11.4.2018 ist die Wohnung der Beklagten nach Beobachtung deren Sohns ein zweites Mal durchsucht worden. Hierbei ist ausweislich des Berichts vom 11.4.2018 (Ermittlungsakte VNr. ST/xxx/xxx) den durchsuchenden Beamten die Wohnungstür von den Eltern des Herrn XX XX geöffnet worden. Zeitlich unmittelbar vor der zuvor erfolgten Festnahme des Vorgenannten hat dieser mehrere mit Alufolie umwickelte Gegenstände aus der Hosentasche entnommen und zu Boden geworfen, wobei es sich um 2,04 g Marihuana handelte. In einem Mülleimer, welcher der Herrn XX XX als Betäubungsmittelbunker verwenden haben soll, ist eine Backwarentüte mit 53,78 g Marihuana aufgefunden worden. Im Treppenhaus der streitgegenständlichen Liegenschaft ist in einem unverschlossenen Stromkasten eine weitere Backwarentüte mit 59,62 g Marihuana (aufgeteilt in 33 Alufolieverpackungen) aufgefunden worden. Am 11.9.2018 ist es sodann in der Siedlung, in der sich die streitgegenständliche Wohnung befindet, zu einem größeren Polizeieinsatz gekommen, bei welchem mehrere Wohnungen von Beamten der Kriminalpolizei aufgebrochen worden sind; so auch die streitgegenständliche Wohnung. Im Zimmer des Herrn XX XX wurde hierbei in einer Hosentasche 1,29 g Marihuana aufgefunden, in einer weiteren Hosentasche eine braune Platte, bei der es sich um 58,33 g Haschisch handelte. Auf dem Kleiderschrank befand sich ein so genannter „Crusher“, an welchem sich Reste von Marihuana befanden. Im Schreibtisch fand die Polizei einen durchsichtigen Plastikbeutel mit 2,46 g Haschisch auf. Unter einer Aktenablage befanden sich 400 € Bargeld in Fünfzigeuroscheinen. Des weiteren konnten handschriftliche Aufzeichnungen gefunden werden, die auf finanzielle Einnahmen und/Ausgaben schließen ließen. Die anwesende Familie des Herrn XX XX gab sich ausweislich des Durchsuchungsberichts vom 11.9.2018 angesichts der Vorwürfe verzweifelt. Hinsichtlich des Durchsuchungsberichts vom 11.9.2018 (VNr. ST/xxx/xxx) sowie sämtlicher weiterer Durchsuchungsberichte, Ermittlungsberichte und den Stand der Ermittlungsverfahren gegen Herrn XX XX wird auf die zur Akte gereichter Kopie des Durchsuchungsbericht vom 11.9.2018 (Bl. 40-43 d.A.) sowie die in Kopie vorliegende Ermittlungsakte verwiesen. Die Durchsuchungen in der streitgegenständlichen Siedlung vom 9.2.2018 haben insgesamt zum Auffinden von rund 600 g Haschisch, 25 g Kokain, 33.000 € Bargeld sowie verschiedenen Waffen geführt. Die Klägerin hat anschließend die Mietverträge mit den Mietern der betreffenden Wohnungen außerordentlich fristlos, vorsorglich ordentlich gekündigt. Das streitgegenständliche Mietverhältnis hat die Klägerin mit Schreiben vom 24.9.2018 aufgrund des Handels mit Betäubungsmitteln aus der streitgegenständlichen Wohnung sowie der im Zusammenhang mit der Durchsuchung beschädigten Wohnungseingangstür außerordentlich, hilfsweise ordentlich zum 30.6.2019 gekündigt. Hinsichtlich des Inhalts des Kündigungsschreibens wird auf die zur Akte gereichter Kopie (Bl. 7-8 d.A.) verwiesen. Weitere außerordentliche, fristlose sowie ordentliche Kündigungen erfolgten mit der Klageschrift vom 16.10.2018, mit Schriftsatz vom 23.11.2018 sowie mit Schriftsatz vom 27.12.2018. Den Durchsuchungsbericht der Polizei (Aktenzeichen der Staatsanwaltschaft xxx Js xxx/XX) hat die Klägerin erst im Laufe des Monats November 2018 erhalten und sodann mit Schriftsatz vom 23.11.2018 substantiiert zu den in der Wohnung vorgefundenen Betäubungsmitteln vorgetragen und das Mietverhältnis erneut fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigt. Die früheren Wohnungsdurchsuchungen sind der Klägerin nicht zur Kenntnis gelangt.

Die Klägerin behauptet, die am 11.9.2018 durchgeführte Wohnungsdurchsuchung, bei welcher auch die Wohnungseingangstür der streitgegenständlichen Wohnung aufgebrochen und beschädigt worden ist, habe eindeutig ergeben, dass aus der streitgegenständlichen Wohnung Drogengeschäfte getätigt worden seien. Die Klägerin bezieht sich insoweit auf die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Frankfurt, welche mit Schriftsatz vom 27.12.2018 zur Akte gereicht worden ist. Bei der streitgegenständlichen Wohnung handele es sich um eine so genannte „Bunkerwohnung“, von der aus Geschäfte mit Betäubungsmitteln getätigt worden seien. Neben der Wohnung nutze der Sohn der Beklagten auch einen vor der streitgegenständlichen Liegenschaft befindlichen Müllcontainer als Drogendepot. Dies sei sowohl für die Klägerin als auch für die übrigen Mieter der streitgegenständlichen Liegenschaft unzumutbar. Aufgrund der Schwere des Vorfalls habe es einer Abmahnung nicht bedurft. Der Umstand, dass Drogen in diversen Wohnungen der streitgegenständlichen Siedlung verwahrt wurden, sei der Klägerin erst seit den Durchsuchungen am 11.9.2018 bekannt, die näheren Einzelheiten seien erst durch Einsicht in den Durchsuchungsbericht und sodann in die Ermittlungsakte bekannt geworden. Beschwerden von betroffenen Nachbarn habe es nicht gegeben, weil diese von den Drogendealern eingeschüchtert worden seien und sich niemand getraut habe, als Beschwerdeführer in Bezug auf das teilweise sehr aggressive Verhalten der Angehörigen der 6 betroffenen Familien (also auch der Beklagten) in Erscheinung zu treten.

Die Klägerin beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die innegehaltene Wohnung XXX Straße XX, 1. Obergeschoss links, xxx Frankfurt am Main, bestehend aus 4,1 Zimmern, Küche, Abstellraum, Balkon, Keller, Gäste WC und Bad mit WC, zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben zunächst behauptet, es seien keinerlei Gegenstände (Betäubungsmittel, Schusswaffen, Munition oder größere Geldbeträge) in der Wohnung gefunden worden, die auf das Vorliegen von Straftatbeständen hätten schließen lassen. Nach Kenntnisnahme des Durchsuchungsberichts haben die Beklagten das Auffinden der im Durchsuchungsbericht dokumentierten Drogen unstreitig gestellt. Sie sind aber der Ansicht, für etwaige Verfehlungen des erwachsenen Sohnes nicht eintreten zu müssen. Die Beklagten seien ihren vertraglichen Verpflichtungen stets nachgekommen – seit 24 Jahren seien sie mit der Klägerin (zunächst aufgrund eines Mietvertrags über eine Wohnung in der Portstraße in Frankfurt am Main) vertraglich verbunden. Sie sind der Ansicht, da der Sohn der Beklagten im Kündigungsschreiben vom 24.9.2018 namentlich nicht erwähnt worden sei, sei dieses unwirksam. Die im Verfahren ausgesprochenen Kündigungen seien verspätet. Eine Zurechnung des Verhaltens des Sohnes der Beklagten sei darüber hinaus nicht möglich, da den Beklagten nicht bekannt gewesen sei, welcher Beschäftigung der erwachsene Sohn in seinem Zimmer nachgegangen sei. Bei Kenntnis hätten sie unter keinen Umständen geduldet, dass aus der streitgegenständlichen Wohnung heraus mit Drogen gedealt werde. Auch die Lagerung von Drogen hätten sie bei Kenntnis nicht erlaubt. Vielmehr hätten sie in diesem Fall ihren Sohn vor die Tür gesetzt. Nach Kenntnis der Beklagten sei dieser auch nicht einschlägig in Erscheinung getreten oder rechtskräftig verurteilt. Jedenfalls hätte die Klägerin den Beklagten Kenntnis geben müssen von dem Verhalten ihres Sohns, insoweit sei eine Abmahnung erforderlich gewesen. Die Klägerin hätte durch Rundschreiben die Mieter darauf aufmerksam machen müssen, dass die Beherbergung von Drogendealern in den Mieträumlichkeiten zur fristlosen Kündigung führe oder aber jedenfalls den Beklagten vor Abgabe der Kündigungserklärung eine Frist zur Räumung des Sohns setzen müssen.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.12.2018 (Bl. 63-64 d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Mietwohnung gemäß § 546 Abs. 1 BGB. Die Klägerin hat das Mietverhältnis wirksam außerordentlich fristlos gemäß §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB gekündigt. Entgegen der Ansicht des Beklagtenvertreters hat die Klägerin bereits durch das Kündigungsschreiben vom 24.9.2018 – in welchem der Sohn der Beklagten als der eigentliche Beschuldigte des Durchsuchungsverfahrens nicht namentlich erwähnt worden ist – das Mietverhältnis wirksam beendet. Die Klägerin hat im vorgenannten Schreiben sämtliche ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnisse, namentlich das Auffinden von Drogen und Bargeld sowie den hierauf beruhenden Vorwurf des Handels mit Betäubungsmitteln aus der streitgegenständlichen Wohnung heraus, aufgeführt und damit die Gründe für die fristlose Kündigung benannt. Weder hatte die Klägerin zum damaligen Zeitpunkt Zugang zum Durchsuchungsbericht, noch zur Ermittlungsakte. Letztendlich kann dies aber auch dahingestellt bleiben, da die Klägerin 3 weitere Male im streitgegenständlichen Verfahren das Mietverhältnis fristlos gekündigt hat, beispielsweise mit Schriftsatz vom 23.11.2018, nachdem ihr der Durchsuchungsbericht der Polizei zugeleitet worden ist. Zu Unrecht geht der Beklagtenvertreter davon aus, diese Kündigung sei nicht mehr im zeitlichen Zusammenhang mit der Pflichtverletzung zu sehen, da zum einen eine Kündigung innerhalb von 2 Monaten nach der Durchsuchung vom 11.9.2018 nach wie vor als zeitnah anzusehen ist. Zum anderen hat die Klägerin diese weitere Kündigung unverzüglich nach Erhalt des Durchsuchungsberichts ausgesprochen, so dass ihr nicht vorgeworfen werden kann, im Anschluss an die Pflichtverletzung zu lange mit dem Ausspruch der Kündigung gewartet zu haben.

Gemäß § 569 Abs. 2 BGB liegt ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 BGB vor, wenn eine Vertragspartei den Hausfrieden nachhaltig stört, so dass dem kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Fristlose Mietvertragskündigung wegen Drogenhandels
(Symbolfoto: Von Couperfield/Shutterstock.com)

Aufgrund des von der Klägerin vorgelegten Durchsuchungsberichts sowie der zur Akte gereichten Kopie der Ermittlungsakte hat das Amtsgericht gemäß § 286 ZPO die Überzeugung gewonnen, dass der Sohn der Beklagten aus der streitgegenständlichen Wohnung heraus Handel mit Betäubungsmitteln betrieben hat. Dies folgt bereits unmissverständlich aus dem Durchsuchungsbericht der Polizei vom 11.9.2018, wonach im Zimmer des Sohns der Beklagten nicht nur eine kleinere Menge Marihuana (1,29 g) gefunden worden ist, sondern ebenfalls eine nicht unerhebliche Menge an Haschisch (58,33 g). Der ebenfalls auf dem Kleiderschrank des Sohns vorgefundene „Crusher“, an welchem sich kleine Reste von Marihuana befanden lassen, der weitere im Schreibtisch vorgefundene Plastikbeutel mit 2,46 g Haschisch sowie das in Stückelung von 50 € Schein vorgefundene Bargeld (400 €) lassen durchaus den Schluss zu, dass der Sohn der Beklagten aus der streitgegenständlichen Wohnung heraus mit Betäubungsmitteln gehandelt hat. Hinzu kommt, dass dem Sohn der Beklagten über den Zeitraum vom 11.6.2018 bis 11.7.2018 27 Fälle von Handel mit Betäubungsmitteln zugeordnet werden konnten (vergleiche den Ermittlungsbericht vom 12. 7. 2018) und ausweislich der Akte der Staatsanwaltschaft Frankfurt der Sohn der Beklagten im Zeitraum vom 13.1.2018 bis 17.4.2018 sechs Mal mit bereits vorab portionierten Kügelchen Betäubungsmittel und/oder Bargeld in kleinster Stückelung in Höhe von bis zu 6000 € aufgegriffen worden ist (vergleiche Vermerk vom 8.5.2018 (Bl. 77-78 der Ermittlungsakte). Der Sohn der Beklagten bereits mehrfach einschlägig in Erscheinung getreten ist – dies hat der Beklagtenvertreter letztendlich mit Schriftsatz vom 16. 1. 2019 auch unstreitig gestellt. Den vorgelegten Durchsuchungsbericht vom 11.9.2018 sowie die zur Akte gereichte Kopie der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft hat das Gericht als Urkundsbeweis zur Sachverhaltsfeststellung zugrunde gelegt, im Übrigen haben die Beklagten die Richtigkeit des Inhalts der vorgelegten Dokumente nicht bestritten.

Die außerordentliche fristlose Kündigung des Mietverhältnisses ist unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der Vertragsparteien berechtigt, da der umfangreiche Handel mit Drogen durch den Sohn der Beklagten aus der streitgegenständlichen Wohnung heraus eine massive Störung des Hausfriedens darstellt, so dass der Klägerin eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Aufgrund der Schwere dieser Pflichtverletzung gilt dies auch dann, wenn die Beklagten selbst bisher ihren mietvertraglichen Pflichten während der gesamten Laufzeit des Mietverhältnisses und auch in der davorliegenden Zeit der vertraglichen Verbindung der Parteien nachgekommen sind. Die Beklagten müssen sich gemäß § 540 Abs. 2 BGB das Verhalten ihres Sohnes zurechnen lassen.

Nach der vorgenannten Vorschrift hat ein Mieter, der einem Dritten den Gebrauch der Mietsache überlässt, ein diesem bei dem Gebrauch zur Last fallendes Verschulden zu vertreten – er haftet somit wie für einen Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB. Dies gilt unabhängig davon, ob die Überlassung erlaubt war oder nicht. Die Pflichtverletzung des Sohns der Beklagten ist beim Gebrauch der Mietsache erfolgt, da er in der streitgegenständlichen Wohnung Betäubungsmittel gelagert hat, welches er anschließend auf kleinere Einzelmengen verteilt veräußert hat.

Die Beklagten können sich auch nicht darauf berufen, sie hätten vom Verhalten ihres Sohnes keine Kenntnis gehabt, vielmehr hätten sie diesen „vor die Tür gesetzt“, wenn ihnen der Handel mit Betäubungsmitteln zur Kenntnis gebracht worden wäre. Die Beklagten verkennen, dass es auf die positive Kenntnis der Pflichtverletzung des Sohns nicht ankommt. Die Beklagten leben mit ihrem Sohn in einer häuslichen Gemeinschaft und müssen sich ein Verschulden, das diesem beim Gebrauch der Mietsache zur Last fällt, gemäß § 540 Abs. 2 BGB zurechnen lassen. Dies gilt für jede fahrlässige oder vorsätzliche Störung des Hausfriedens, unerlaubte Handlung oder Vertragsverletzungen gegenüber dem Hauptvermieter, beispielsweise nächtliche Ruhestörungen durch den Sohn eines Mieters (vergleiche Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 28.12.2015, Az. 2 – 11 S 248/15) oder aber die Begehung einer Straftat (Bedrohung eines Nachbarn mit einer Schreckschusspistole) durch einen Familienangehörigen der Mieterin (vergleiche Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21. 8. 2017 Az. 2 – 11 S 131/17). Insbesondere aber können sich die Beklagten nicht darauf berufen, das Verhalten ihres Sohnes sei ihnen gänzlich unbekannt gewesen. Bereits am 9.2.2018 ist die Wohnung der Beklagten das 1. Mal polizeilich durchsucht worden – hier hatten sich nach einer Personenkontrolle um die 25 Personen vor der streitgegenständlichen Wohnung eingefunden und lautstark ihren Unmut über die polizeiliche Maßnahme kundgetan. Dies führte letztendlich dazu, dass die eingesetzten Beamten ein Überfallkommando zur Unterstützung hinzugezogen haben, um sodann die Wohn- und die Kellerräume betreten zu können. Bereits angesichts dieser 1. Hausdurchsuchung, die abends um 21:20 Uhr stattgefunden hat, ist fraglich, wie die Beklagten diese angesichts der Uhrzeit und der versammelten Personenzahl nicht mitbekommen haben wollen. Ausweislich des Berichts vom 11.4.2018 ist den durchsuchenden Beamten anlässlich der zweiten in der Wohnung durchgeführten Hausdurchsuchung die Wohnungseingangstür von den Beklagten selbst geöffnet worden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte den Beklagten bewusst sein müssen, dass gegen ihren Sohn strafrechtliche Vorwürfe erhoben werden, die im Zusammenhang mit der Wohnung stehen. Das Gericht unterstellt den Beklagten, dass es mit dem Verhalten ihres Sohnes in keinster Weise einverstanden und hierüber – wie sich auch dem Durchsuchungsbericht vom 11.9.2018 entnehmen lässt – geradezu verzweifelt sind. In rechtlicher Hinsicht ändert dies aber nichts daran, dass sie für das Verhalten desjenigen, dem sie dem Gebrauch der Mietsache überlassen, einzustehen haben. Der Klägerin ist ein berechtigtes Interesse daran zuzugestehen, dass aus der von ihr innegehaltene Mietwohnung keine Straftaten begangen werden. Dies gilt insbesondere, als dass die aus der streitgegenständlichen Mietwohnung begangenen Straftaten sich nicht ausschließlich innerhalb der Mietwohnung abgespielt haben, sondern gerade im Umfeld der so genannten „Plattensiedlung“ zu einem Polizei bekannten Drogenumschlagplatz geführt haben. Unter keinem rechtlichen Gesichtspunkten ist die Klägerin verpflichtet, eine derart gravierende Störung des Hausfriedens – insbesondere der nicht dealenden und Drogen konsumierenden übrigen Mieter – hinzunehmen. Das Gericht verkennt nicht, dass nicht jede in einer Mietwohnung verübte Straftat bzw. das Auffinden kleinerer Mengen Drogen zum Eigengebrauch eine fristlose Kündigung rechtfertigt. Die von der Klägerin zur Kündigung herangezogenen und substantiiert dargelegten Umstände eines weitreichenden Handels mit Betäubungsmitteln aus der Wohnung der Beklagten heraus (die aufgrund der vorgefundenen Menge von Betäubungsmitteln in der Wohnung am 11.9.2018 auch als so genannte „Bunkerwohnung“ angesehen werden kann) haben aber Auswirkungen nicht nur auf die übrigen Mieter des Hauses XXX Straße Nr. XX, sondern die gesamte umliegende Nachbarschaft. Dies hat die Klägerin wie oben dargelegt nicht hinzunehmen.

Entgegen der Ansicht der Beklagten bedurfte es vorliegend auch keiner vorhergehenden Abmahnung durch die Klägerin, da die Pflichtverletzung unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigten (§ 543 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 BGB) sowie eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg versprochen hätte (§ 543 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BGB). Zu Recht haben die Beklagten zwar darauf hingewiesen, dass sie selbst keinen Handel mit Drogen betrieben haben und somit die Pflichtverletzung nicht von ihnen, sondern von ihrem Sohn begangen worden ist. Dennoch war eine Abmahnung hier entbehrlich, da nicht davon auszugehen ist, dass nach einer bloßen Abmahnung eine Änderung des vertragswidrigen Gebrauchs zu erwarten gewesen wäre. Bei der Würdigung dieser Voraussetzung kann auch das Verhalten des Mieters nach Ausspruch der Kündigung berücksichtigt werden. Zum einen haben die Beklagten trotz zweifacher Hausdurchsuchung im Februar 2018 und April 2018 diese polizeilichen Maßnahmen nicht zum Anlass genommen, ihren Sohn zur Rede zu stellen, den Handel mit Drogen zu untersagen oder ihm das Wohnrecht zu entziehen. An dieser Stelle sei allerdings angemerkt, dass es zweifelhaft erscheint, ob ein einschlägig polizeilich in Erscheinung getretener 24-jähriger aufgrund eines eindringlichen Erziehungsgesprächs mit seinen Eltern seinen Lebenswandel umstellt und auf eine augenscheinlich nicht unerhebliche Einnahmequelle verzichtet. Lebensfremd ist in diesem Zusammenhang die Vorstellung, ein Rundschreiben der Klägerin mit dem Hinweis darauf, dass die Beherbergung von Drogendealern in den Mieträumlichkeiten ein zur fristlosen Kündigung des Vertrages führendes Verhalten des Mieters ist, hätte dazu führen können, dass die Beklagten ihrem Sohn den Zugang zu Mietwohnung verwehrt hätten. Auch ohne ein solches Rundschreiben muss jedem Mieter klar sein, dass die Ausübung von Drogenhandel in einer Mietwohnung und darüber hinaus im gesamten Siedlungsbereich ein zur fristlosen Kündigung führendes Verhalten ist. Auch nach Zugang der Kündigung vom 24.9.2018 haben die Beklagten ihrem Sohn den Gebrauch der Mietsache nicht entzogen, sondern lediglich mit Schriftsatz vom 16.1.2019 vergleichsweise angeboten, dass ihr Sohn binnen einer zu setzenden Frist seinen Mitbesitz an der streitgegenständlichen Wohnung aufgibt. Hierauf hatte sich die Klägerin nicht einzulassen, insbesondere da der Erfolg der von der Klägerin angebotenen Maßnahme mehr als fraglich ist. Abgesehen davon, dass seit dem zur Kündigung führenden Vorfall bereits 4 Monate vergangen waren, kann die Klägerin überhaupt nicht überprüfen, ob sich der Sohn der Beklagten weiterhin in der Wohnung aufhalten wird. Soweit der Beklagtenvertreter mit Schriftsatz vom 16.1.2019 die Auffassung vertreten hat, die Kündigung der streitgegenständlichen Mietwohnung löse keinesfalls Probleme, sondern schaffe vielmehr neue (nämlich die Obdachlosigkeit der Familie), so ist dem nur teilweise zuzustimmen. Die Klägerin hat nicht nur die streitgegenständliche Wohnung, sondern nach Kenntnis des Gerichts 6 weitere Wohnungen im Zusammenhang mit dem Handel mit Betäubungsmitteln gekündigt. Letztendlich ist dies das einzige Mittel der Klägerin, um den Handel mit Drogen aus ihren Liegenschaften fernzuhalten – sei es, um die konkreten Täter aus der Liegenschaft zu entfernen, sei es aber auch, um künftige „Nachfolger“ von der Fortsetzung bzw. Übernahme der Geschäfte (mit der Folge der Kündigung der Mietwohnung im Falle des „Auffliegens“) abzuhalten. Dem Problem der Wohnungslosigkeit der Beklagten, ihrer weiteren 3 Kinder sowie dem neugeborenen Enkelkind wird im Rahmen der Einräumung einer Räumungsfrist Rechnung getragen.

Der Klage war von daher stattzugeben.

Als unterlegene Partei haben die Beklagten die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 91 Abs. 1 ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 7, 711 ZPO.

Der Streitwert wird auf 6336,36 € festgesetzt.

Den Beklagten war eine Räumungsfrist zu bewilligen.

Die Bewilligung einer Räumungsfrist nach § 721 ZPO und die Bestimmung ihrer Dauer stehen im Ermessen des Gerichts; es hat dabei die Interessen der beiden Parteien gegeneinander abzuwägen. Aufgrund der schwerwiegenden Pflichtverletzung, welche zur fristlosen Kündigung des Mietvertrags geführt haben, ist hier von einem gewichtigen Interesse der Klägerin auszugehen, die Wohnung sobald wie möglich geräumt zurückzuerhalten und hierdurch – auch im Hinblick auf die übrigen gekündigten Mietverhältnisses – die Drogenhandel in der Liegenschaft zu beendigen bzw. wenigstens einzuschränken. Zu Gunsten der Beklagten ist vorliegend aber zu würdigen, dass die zur Kündigung führende Pflichtverletzung nicht von diesen selbst, sondern ihrem volljährigen Sohn begangen worden sind. Die Beklagten hingegen haben sich unstreitig seit knapp 25 Jahren in den mit der Klägerin bestehenden Mietverhältnissen vertragstreu verhalten. Dieser Umstand ist ebenso zu würdigen wie die erhebliche Schwierigkeit für die Beklagten, auf dem Frankfurter Wohnungsmarkt mit einem schwerstbehinderten Kind und einem neugeborenen Säugling kurzfristig eine neue Wohnung zu finden. Zu Ungunsten der Beklagten ist jedoch auszuführen, dass diese nicht vorgetragen haben, welche Anstrengungen sie seit Zugang der Kündigung im September 2018 unternommen haben wollen, um Ersatzwohnraum zu finden. Angesichts der Schwere der Vorwürfe konnten sie nicht per se davon ausgehen, dass eine Räumungsklage erfolglos sein wird. Die Bewilligung einer Räumungsfrist von knapp 5 Monaten trägt der vom Beklagtenvertreter geschilderten Notsituation der Familie der Beklagten Rechnung.

Nur der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass grundsätzlich auf Antrag die Räumungsfrist sowohl verlängert, als auch verkürzt werden kann (vergleiche § 721 Abs. 3 ZPO). Aus diesem Grund sollte von den Beklagten darauf geachtet werden, dass innerhalb der gewährten Räumungsfrist keine weiteren Straftaten aus der streitgegenständlichen Mietwohnung heraus begangen werden.

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