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Fristlose Mietvertragskündigung wegen monatelanger Igelunterbringung  in der Wohnung

AG Spandau, Az.: 12 C 133/14, Urteil vom 11.11.2014

1. Die Beklagte wird verurteilt, die Wohnung …, … Berlin, 1. OG links, bestehend aus zwei Zimmern, nebst Küche, Toilette, Dusche, Bad, Diele, einem Balkon und einem Kellerraum mit einer Größe von 59,69 qm2 zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.

2. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt an die Klägerin 492,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12. Juni 2014 zu zahlen.

3. Die Widerklage wird abgewiesen.

4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages plus 10 Prozent abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 28 Februar 2015 bewilligt.

Tatbestand

Die Beklagte mietete von der Klägerin mit Vertrag vom 27. Dezember 2008 eine Wohnung im 1. OG links unter der Anschrift

Die Klägerin kündigte dieses Mietverhältnis mit Schreiben vom 02. Mai 2014 fristlos, hilfsweise ordentlich. Dem voraus gegangen waren Abmahnungen vom 22. August 2013, 22. Oktober 2013 und 13. Januar 2014 wegen Aufzucht und Pflege von kranken Igeln in der Wohnung in unterschiedlicher Anzahl, die in Käfigen gehalten wurden. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang mit Schreiben vom 28. Januar 2014 und 19. November 2013 vorgetragen, dass sie die Igel in Ausführung des Vereinszwecks des Arbeitskreises … Berlin e.V. halte, wobei die Igel von dem Verein gepflegt und dann in den Räumen der Beklagten gehalten würden.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Haltung der Igel widerspreche der mietvertraglich vereinbarten Nutzung der Räume als Wohnung und stelle auch eine unerlaubte gewerbliche Nutzung der Räume dar. Die Beklagte nutze die Wohnung nicht als Wohnung, sondern sei nach der Heirat zu ihrem Ehemann gezogen. Am 17. Oktober 2013 sei kaum Möblierung in der Wohnung vorhanden gewesen, sondern nur drei große Kartons und ein Käfig auf dem Balkon sowie ein großer Karton und sieben Käfige im Schlafzimmer. Nachbarn hätten sich über einen unangenehmen Wildtiergeruch beschwert.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Räumung der Wohnung und Zahlung auf vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 492,54 € in Anspruch und beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie die Wohnung …, … Berlin 1.OG links, bestehend aus zwei Zimmern, nebst Küche, Toilette, Dusche, Bad, Diele, einem Balkon und einem Kellerraum mit einer Größe von 59,69 qm2 zu räumen und geräumt an sie herauszugeben.

Hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Wohnung …, … Berlin, 1.OG links, bestehend aus zwei Zimmern, nebst Küche, Toilette, Dusche, Bad, Diele, einem Balkon und einem Kellerraum mit einer Größe von 59,69 qm2 bis 31. Oktober 2014 zu räumen und geräumt herauszugeben.

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 492,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie erhebt Widerklage und beantragt, die Klägerin zu verurteilen, an sie 571,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen und vorsorglich ihr eine angemessene Räumungsfrist zu bewilligen.

Die Klägerin beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, am 17. Oktober 2013 hätten sich nur sieben Käfige und zwei Kartons auf dem Balkon der Wohnung befunden. Die Igel verhielten sich ruhig, es ginge keine Gefahr- oder Geruchsbelästigung von ihnen aus, sie nehme nur kranke, verletzte oder hilflose Tiere auf, die sie pflege, bis sie wieder gesund seien und habe nie mehr als vier Igel gleichzeitig aufgenommen mit einer Ausnahme, als eine mutterloser Igelwurf von sieben Jungigeln bei ihr untergekommen sei. Es befänden sich jetzt noch vier Käfige auf einer Fläche von 6 qm2 in einer insgesamt 59,69 qm2 großen Wohnung.

Ihre außergerichtlichen Kosten zur Abwendung der Kündigung würden 571,44 € betragen.

Mit Schriftsatz vom 07. Oktober 2014 trägt die Beklagte vor, aktuell würden keine Igel in der Wohnung gehalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung des Rechtsstreits im schriftlichen Verfahren ausdrücklich einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Fristlose Mietvertragskündigung wegen monatelanger Igelunterbringung in der Wohnung
Symbolfoto: Von natalean /Shutterstock.com

Die Beklagte ist gem. § 546 BGB verpflichtet, die Wohnung zu räumen und an die Klägerin herauszugeben, da die fristlose Kündigung vom 02. Mai 2014, gestützt auf § 543 Abs. 3 BGB wirksam ist und das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis beendet hat. Das Gericht vertritt die Auffassung, dass in der monatelangen Unterbringung von mehreren Igeln in Wohnräumen und auf dem Balkon eine mietvertragliche Pflichtverletzung liegt. Zwar regelt § 11 des Mietvertrages eine Erlaubnis zur Kleintierhaltung wie Vögel, Zierfische, Schildkröten, Hamster, Zwergkaninchen oder vergleichbare Tiere – gemeint sind typische Haustiere, die üblicherweise in Wohnungen gehalten werden können. Igel sind jedoch keine typischen Haus- sondern Wildtiere, die zwar klein sind, aber Gerüche absondern, was bekannt ist, die speziell Tieren eigen sind, die in freier Natur leben. Diese “ Wildgerüche“ sind von permanenter Natur und können auch durch Wände und Wohnungstüren in angrenzende Wohnungen ziehen. Von daher ist die Beherbergung dieser Tiere in Wohnungen von vornherein problematisch. Ganz sicher ist eine übermäßige Tierhaltung, die zur Belastungen und unbilligen Belästigungen der Mitbewohner führt, nicht mehr von einem vertragsgemäßen Wohngebrauch gedeckt. Dies verlangt schon der Hausfriede, da es unter anderem zu den Pflichten des Vermieters gehört, den unbeschwerten und störungsfreien Wohngebrauch auch denen zu gewähren, die keine derartigen Tiere in ihrer Nähe haben wollen, bzw. mit Abscheu, Ekel, Angst usw. reagieren. Es hätte hier sicherlich kein Probleme bestanden, ein Tier vorübergehend in der Wohnung gesund zu pflegen. Die Beklagte hat jedoch unstreitig deutlich mehr als einen Igel über einen längeren Zeitraum, nämlich wohl hauptsächlich in der Winterzeit, in der Wohnung aufgenommen und auf die Abmahnungen der Klägerin vom 22. August 2013, 22. Oktober 2013 und vom 13. Januar 2014 bis zuletzt im Prozess in keiner Weise reagiert und insbesondere auch keine Erklärung des Inhalts abgegeben, dass die Igelhaltung zukünftig unterlassen würde, sondern nur mit Schriftsatz vom 07. Oktober 2014 mitgeteilt, es befänden sich aktuell keine Igel in der Wohnung (wahrscheinlich witterungsbedingt). Da die Beklagte uneinsichtig ist und insbesondere auch auf die aktenkundige Beschwerde ihres Nachbarn vom 29 04.2014 über Geruchsbelästigung nicht reagiert hat, sondern Belange ihrer Mitmieter offensichtlich ignoriert, ist die Klägerin schon im Interesse des Hausfriedens gehalten, Maßnahmen gegenüber der Beklagten zu ergreifen, da eine Unterlassungsklage gegen diese offensichtlich nicht erfolg versprechend ist.

Von daher war die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses begründet.

Die vorgerichtlichen Anwaltskosten ergeben sich aus § 286, 288 BGB.

Die Widerklage ist unbegründet. Da die Kündigung und der Räumungsanspruch begründet sind, von daher kann für die Abwehr der Widerklage kein Schadensersatz beansprucht werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Anordnungen zur Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 708, Nr. 7, 711 ZPO.

Auf ihren entsprechenden Antrag hin war der Beklagten eine Räumungsfrist bis zum 28. Februar 2015 zu gewähren. In dieser Zeit müsste es ihr möglich sein, unter Zuhilfenahme Dritter neuen Wohnraum zu finden. Die Gewährung einer weiteren Räumungsfrist kam nicht in Betracht, weil offenbar das Verhältnis mit den weiteren Hausbewohnern gestört ist und es diesen nicht zugemutet werden kann, den Verbleib der Beklagten mit Igeln in der Wohnung länger zu ertragen.

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