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Fristlose Mietvertragskündigung wegen Zahlungsverzug

OLG Dresden – Az.: 5 U 1055/18 – Beschluss vom 24.09.2018

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 13.06.2018 (02 O 2592/16) durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Beklagten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses. Sie sollten zur Vermeidung weiterer Kosten die Möglichkeit der Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.

Gründe

I.

Die Klägerin nahm die Beklagten ursprünglich auf Zahlung rückständiger Miete für die sowie Räumung und Herausgabe der Wohnräume (gewerbliche Zwischenmiete) im 3. OG links des Objekts R.-L.-Straße … in L. in Anspruch. Den Räumungsantrag haben die Parteien erstinstanzlich übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Hausgrundstücks R.-L.-Straße … in L.. Mit Wirkung ab dem 01.12.2014 vermietete sie die im Hause befindlichen 2 Gewerbeeinheiten als Büroräume und die 10 Wohnungen, von denen die oben bezeichnete hier streitgegenständlich ist, zur gewerblichen Weitervermietung (Mietvertrag als Anlage K 1).

Für die streitgegenständliche Wohnung wurde eine monatliche Gesamtmiete von 576,45 EUR vereinbart, die sich aus der Grundmiete von 422,73 EUR und den Nebenkostenvorauszahlungen zusammensetzte.

Ab dem Monat Januar 2016 zahlen die Beklagten unter Berufung auf Mängel des Mietobjektes, welche zu einer Minderung der Grundmiete um 40 % berechtigen würden, monatlich 169,09 EUR weniger als die vereinbarte Miete. Dazu legten sie eine gutachterliche Stellungnahme von Dipl.-Ing. (FH) M. S. vom Ingenieur- und Bausachverständigenbüro S. in L. vom 25.01.2016 (Anlage K 5) vor.

Die Klägerin kündigte mit anwaltlichem Schreiben vom 14.07.2016 (Anlage K 7) den Mietvertrag wegen Zahlungsverzuges außerordentlich und fristlos, hilfsweise ordentlich zum nächstmöglichen Termin. Mit der Klageschrift vom 07.09.2016, welche den Beklagten am 13.10.2016 zugestellt wurde, erklärte die Klägerin vorsorglich erneut die außerordentliche und fristlose Kündigung des Mietvertrages wegen Zahlungsverzuges. Am 31.10.2016 gaben die Beklagten die streitgegenständlichen Räume an die Klägerin heraus, woraufhin die Parteien den Rechtsstreit in Bezug auf den Räumungsantrag in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärten.

Die Klägerin hat neben der Räumung den Ausgleich des Mietrückstandes für den Zeitraum von Januar bis September 2016 in Höhe von 1.521,81 EUR begehrt und dazu vorgetragen, die von den Beklagten eingewandten Mietmängel hätten nicht vorgelegen, so dass die vereinbarte Miete nicht gemindert gewesen sei. Durch die außerordentliche Kündigung vom 14.07.2016, jedenfalls aber durch die außerordentliche Kündigung im Schriftsatz vom 07.09.2016 sei der Mietvertrag beendet worden.

Die Beklagten haben vorgetragen, wegen der erheblichen Mängel des Mietobjektes sei die Miete mindestens in der Höhe gemindert gewesen, in welcher sie von ihnen gekürzt worden sei. Ein Zahlungsrückstand sei deshalb nicht eingetreten, so dass die außerordentlichen Kündigungen wegen Zahlungsverzuges nicht begründet gewesen seien.

Wegen des Sachvortrages im Übrigen und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Bezug genommen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 24.05.2017 durch die Einholung eines Gutachtens des für Schäden an Gebäuden öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen Dr.-Ing. U. B. aus L.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten vom 01.12.2017 Bezug genommen.

Mit dem Urteil vom 13.06.2018 hat das Landgericht die Beklagten zur Zahlung von 1.106,82 EUR nebst Zinsen verurteilt und ihnen 85 % der Kosten auferlegt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin könne aus dem Mietvertrag für den streitgegenständlichen Zeitraum den Ausgleich eines Mietrückstandes in der tenorierten Höhe verlangen, weil im Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme dem monatlichen Rückstand von 169,09 EUR nur eine Minderung von 46,11 EUR (8 %) gegenüberstehe. Die Beklagten hätten gemäß § 91a ZPO die Kosten des für erledigt erklärten Räumungsantrages zu tragen, weil der Mietvertrag durch die Kündigung vom 07.09.2016 fristlos beendet worden sei. Der Zahlungsrückstand von 1.106,82 EUR übersteige zwei Monatsmieten.

Gegen das ihnen am 18.06.2018 zugestellte Urteil haben die Beklagten am 17.07.2018 Berufung eingelegt und diese – nach entsprechender Fristverlängerung – am 18.09.2018 begründet. Sie tragen vor, das Landgericht habe ihnen zu Unrecht eine Minderung von nur 8 % zugebilligt und dabei lediglich die konkreten Mängelrügen beachtet, nicht aber den Vortrag zum bauordnungswidrigen Zustand des Gebäudes R.-L.-Straße … in L.. So seien wesentliche bauordnungsrechtliche Bestimmungen, insbesondere brandschutzrechtliche Vorschriften nicht eingehalten worden, was zu erheblichen Mängeln der angemieteten Räume geführt habe. Für die Nutzer der Räume habe dies zu einem erheblichen Gefährdungspotenzial geführt. Die entsprechenden Ausführungen in der gutachterlichen Stellungnahme vom 25.01.2016 seien vom Landgericht bei der Würdigung des Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen nicht berücksichtigt worden. Berücksichtige man diese Mängel des Mietobjektes, sei eine Minderung in Höhe der von den Beklagten vorgenommenen Kürzungen angemessen und habe demzufolge kein Zahlungsrückstand bestanden, auf welchen die Klägerin ihre außerordentlichen Kündigungen hätte stützen können.

Die Beklagten beantragen, das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 13.06.2018, Az. 02 O 2592/16, abzuändern und die Klage abzuweisen.

II.

Der Berufung fehlt zur einstimmigen Überzeugung des Senates offensichtlich die Erfolgsaussicht und es sind auch die weiteren Voraussetzungen von § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO erfüllt, so dass der Senat beabsichtigt, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.

Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, weil das Landgericht die Beklagten zutreffend zum Ausgleich eines Mietrückstandes in Höhe von 1.106,82 EUR aufgrund des Mietvertrages in Verbindung mit § 535 Abs. 2 BGB verurteilt hat. Entgegen der Auffassung der Beklagten führt der von ihnen vorgetragene bauordnungsrechtswidrige Zustand des Objekts R.-L.-Straße … in L. nicht zur Annahme eines Mietmangels und damit einer Minderung nach § 536 Abs. 1 BGB (dazu 1.). Das Landgericht hat auch im Ergebnis zutreffend die Kosten des für erledigt erklärten Räumungsantrages gemäß § 91a Abs. 1 ZPO den Beklagten auferlegt (dazu 2.).

1. Allein aus einem bauordnungsrechtswidrigen Zustand des Mietobjektes folgt noch nicht das Vorliegen eines Mietmangels im Sinne von § 536 Abs. 1 BGB.

Zwar können öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen oder -hindernisse zu einem Mangel der Mietsache i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB führen, wenn sie die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aufheben oder mindern. Dies gilt allerdings nur dann, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruhen und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursache haben. Außerdem muss der Mieter durch die öffentlich-rechtlichen Beschränkungen und Gebrauchshindernisse in seinem vertragsgemäßen Gebrauch auch tatsächlich eingeschränkt werden. Diese Voraussetzung ist regelmäßig nur dann erfüllt, wenn die zuständige Behörde die Nutzung des Mietobjektes durch ein rechtswirksames und unanfechtbares Verbot bereits untersagt hat; allerdings kann ein möglicher Sachmangel im Einzelfall auch darin gesehen werden, dass eine lang währende Unsicherheit über die Zulässigkeit der behördlichen Nutzungsuntersagung die begründete Besorgnis bewirkt, das Grundstück nicht zum vertragsgemäßen Gebrauch nutzen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 20.11.2013, XII ZR 77/12, NZM 2014, 165; Urteil vom 02.11.2016, XII ZR 153/15, NJW 2017, 1104; Senatsbeschluss vom 01.06.2017, 5 U 477/17, ZMR 2017, 880; Günter NZM 2016, 569).

Von diesen Kriterien haben die Beklagten die tatsächliche Einschränkung des Mietgebrauches durch das öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernis bereits nicht dargelegt. Zwar könnte es sich beim bauordnungsrechtswidrigen Zustand der angemieteten Räume um ein Gebrauchshindernis handeln, welches sich auf die konkrete Beschaffenheit des Mietobjektes bezieht. Die Beklagten haben aber nicht dargelegt, geschweige denn bewiesen, dass sie im streitgegenständlichen Zeitraum von Januar bis September/Oktober 2016 in der Nutzung der angemieteten Räume zum vertragsgemäßen Zweck tatsächlich eingeschränkt gewesen wären. Weder zu einer behördlichen Nutzungsuntersagung noch zu deren Androhung oder vergleichbaren Umständen haben sie erstinstanzlich oder in der Berufungsbegründung etwas vorgetragen. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, dass das Landgericht insoweit keinen Mangel nach § 536 Abs. 1 BGB festgestellt hat.

2. Nachdem die Parteien den Räumungsantrag übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist für die Kostenentscheidung nach § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO billiges Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes maßgeblich.

Im vorliegend zu beurteilenden Verfahren ist es nach billigem Ermessen gerechtfertigt, den Beklagten die Kosten des Räumungsantrages aufzuerlegen. Sie wären ohne die Erledigterklärung voraussichtlich in Bezug auf den Räumungsantrag unterlegen gewesen, weil der Mietvertrag vor der Erledigterklärung durch die außerordentliche und fristlose Kündigung der Klägerin wegen Zahlungsverzuges gemäß § 543 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 3 b BGB, welche in der Klageschrift vom 07.09.2016 enthalten war, beendet wurde.

Das Landgericht nimmt zwar zu Unrecht an, der am 07.09.2016 bestehende Zahlungsrückstand von 1.106,82 EUR übersteige zwei Monatsmieten im Sinne von § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 b BGB. Dies trifft nicht zu, weil zwei Monatsmieten hier einen Betrag von 1.152,90 EUR (2 * 576,45 EUR) ausmachen. Bezugsgröße für den kündigungsrelevanten Rückstand ist die vertraglich vereinbarte Gesamtmiete, auch wenn diese – wie hier – nach § 536 Abs. 1 BGB gemindert ist (vgl. BGH, Urteil vom 27.09.2017, VIII ZR 193/16, NJW 2018, 939).

Darauf kommt es allerdings nicht entscheidend an, weil für die Wirksamkeit der in der Klageschrift vom 07.09.2016 enthaltenen Kündigung gemäß § 130 Abs. 1 S. 1 BGB deren Zugang bei den Beklagten am 13.10.2016 maßgeblich ist. Zu diesem Zeitpunkt aber hatte sich der Zahlungsrückstand um 122,98 EUR auf 1.229,80 EUR erhöht, weil die Beklagten auch im Oktober 2016 eine um 169,09 EUR gekürzte Miete zahlten, obwohl nur eine Minderung um 46,11 EUR gerechtfertigt war. Der Zahlungsrückstand von 1.229,80 EUR aber überstieg zwei Monatsmieten im Sinne von § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 b BGB in Höhe von 1.152,90 EUR, so dass die im Schriftsatz vom 07.09.2016 enthaltene Kündigung im Ergebnis das Mietverhältnis fristlos beendete.

Die Beklagten können sich auch nicht darauf berufen, es müsse bei der Billigkeitsentscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO zu ihren Gunsten berücksichtigt werden, dass sie bereits mit anwaltlichem Schreiben vom 13.09.2016 (Anlage B 2) die Räumung am 31.10.2016 angekündigt hatten, welche bei Wirksamkeit der Kündigung am 13.10.2016 unmittelbar bevorstand. Jedenfalls aufgrund ihres Antrages auf Klageabweisung – auch in Bezug auf den Räumungsantrag – noch im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 19.10.2016 war aus Sicht der Klägerin bis zur tatsächlichen Räumung am 31.10.2016 unsicher, ob die Beklagten die angekündigte Räumung auch durchführen würden. Im Ergebnis entspricht es deshalb billigem Ermessen, den Beklagten die Kosten des erledigten Räumungsantrages aufzuerlegen.

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