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Fristlose Wohnungskündigung bei unbefugter Gebrauchsüberlassung an Dritte

AG Berlin-Mitte, Az.: 21 C 55/16, Urteil vom 26.01.2017

1. Der Beklagte wird verurteilt, die von ihm innegehaltenen Mieträume in dem Hause …, Mitte rechts, bestehend aus einem Zimmer nebst Küche, einem Bad, einer Diele und einem Balkon mit einer Größe von ca. 46,89 m² und einem Keller zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.500,00 Euro abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Kündigung Wohnung
Foto: fizkes/Bigstock

Der Beklagte ist seit dem 01.11.2002 Mieter der streitgegenständlichen 1 Raum-Wohnung———–. Darüber hinaus ist der Beklagte auch Mieter der danebenliegenden Wohnung———-.

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der GbR D. Straße …, die den Mietvertrag vom 01.11.2002 (Anlage K1, Bl. 8 d.A.) als Vermieterin schloss. Die Klägerin erwarb das Grundstück… mit notariellem Kaufvertrag vom 02.03.2015 und ist am 22.06.2015 in das Grundbuch des Amtsgerichts Mitte, Grundbuch von…, als neue Eigentümerin eingetragen worden (Anlage K2, Bl. 12 d.A.).

Der Mietzins der streitgegenständlichen Wohnung beträgt derzeit insgesamt 409,77 Euro bei einer Nettokaltmiete von 330,77 Euro.

§ 8 Ziffer 2 des Mietvertrags lautet: “Der Mieter ist ohne Erlaubnis des Vermieters nicht berechtigt, den Gebrauch der Mietsache einem Dritten zu überlassen, insbesondere sie unterzuvermieten, ausgenommen an besuchsweise sich aufhaltende Personen, sofern nicht § 553 BGB entgegensteht.”

Mit Schreiben vom 02.01.2007 (Anlage B1, Bl. 44 d.A.) bat der Beklagte die damalige Vermieterin, . Straße … um Erlaubnis der Untervermietung. Im Schreiben heißt es: “hiermit bitte ich Sie um Ihre Erlaubnis, die Wohnung ………..rechts unterzuvermieten”. Die damalige Vermieterin beantwortete dieses Schreiben wie folgt (Anlage B2, Bl. 45 d.A.): “Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir kurz mitteilen würden, wer Untermieter werden soll und wie lange das Untermietverhältnis andauern soll.” Darauf reagierte der Beklagte nicht mehr. Seit diesem Zeitpunkt ist die streitgegenständliche Wohnung untervermietet.

Im Rahmen einer Hausbesichtigung am 07.10.2015 stellte eine Mitarbeiterin der Klägerin fest, dass in der streitgegenständlichen Wohnung nicht der Beklagte sondern ein Herr M. K. wohnt. Da sich aus der Mieterakte des Beklagten keine Genehmigung oder sonstige Zustimmung zur Gebrauchsüberlassung der kompletten Wohnung an einen Dritten ergab, wurde der Beklagte aufgefordert, eine Genehmigung oder sonstige Berechtigung zur Überlassung der Wohnung an einen Dritten bis zum 31.10.2015 einzureichen.

Mit Schreiben vom 27.11.2015 (Anlage K6, Bl. 22 d.A.) wurde der Beklagte hinsichtlich der Untervermietung abgemahnt und aufgefordert, diese bis zum 31.12.2015 zu beenden. Nachdem sich der hiesige Prozessbevollmächtigte für den Beklagten gegenüber der Klägerin angezeigt hatte, mahnte diese unter Fristsetzung mit Schreiben vom 14.12.2015 und Schreiben vom 23.02.2016 den Beklagten erneut ab. In diesen Schreiben (Anlage K 8, K 9; Bl. 25 f. d.A.) wurde neben der Abmahnung durch die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie –unabhängig von einer streitigen Erlaubnis der ehemaligen Vermieterin- der Weitervermietung der gesamten Wohnung jedenfalls jetzt widerspreche und ausdrücklich zur Beendigung dieser aufgefordert.

Mit Schreiben vom 16.03.2016, dem Beklagten am 17.03.2016 zugestellt, kündigte die Klägerin das Mietverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich (Anlage K 10, Bl. 27 d.A.).

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die von ihm innegehaltenen Mieträume in dem Hause …………Mitte rechts, bestehend aus einem Zimmer nebst Küche, einem Bad, einer Diele und einem Balkon mit einer Größe von ca. 46,89 m² und einem Keller zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben, hilfsweise diese bis zum 31.12.2016 geräumt an die Klägerin herauszugeben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise die Einräumung einer großzügigen Räumungsschutzfrist.

Der Beklagte meint, in dem Schreiben der damaligen Vermieterin (Anlage B2, Bl. 45 d.A.) sei eine Erlaubniserteilung zur Untervermietung zu sehen. Jedenfalls sei diese aus der jahrelangen konkludenten Duldung abzuleiten. Dementsprechend sei die Erlaubnis Bestandteil des Mietvertrags. Da eine 1-Raumwohnung vorliege, liege es zudem in der Natur der Sache, dass eine Untervermietung nur komplett erfolgen könne.

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 15.12.2016 – insoweit nicht protokolliert – darauf hingewiesen, dass für eine komplette Gebrauchsüberlassung der Wohnung an einen Dritten kein berechtigtes Interesse bestehen dürfte. Darauf hat der Beklagte mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 12.01.2017 weiter vorgetragen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Klägerin hat einen Anspruch auf Herausgabe und Räumung der Wohnung gemäß § 546 Abs. 1 BGB. Das Mietverhältnis ist durch die außerordentliche Kündigung vom 16.03.2016 beendet.

Die Kündigung ist schriftlich und unter Angabe der Kündigungsgründe erfolgt, §§ 568 Abs. 1, 569 Abs. 4 BGB.

Ein Kündigungsgrund gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB liegt vor. Nach dieser Norm liegt ein zur Kündigung berechtigender wichtiger Grund vor, wenn der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache unbefugt einem Dritten überlässt. So liegt der Fall hier.

Der Beklagte hat die Wohnung trotz Abmahnungen der Klägerin weiterhin einem Dritten zum Gebrauch überlassen. Dass die streitgegenständliche Wohnung vollständig an einen Dritten abgegeben wurde, ist zwischen den Parteien unstreitig. Ob die Überlassung seit 2007 an dieselbe Person erfolgt oder sogar an wechselnde Untermieter, kann vorliegend dahinstehen, da jedenfalls eine Überlassung an Herrn K. einen Fall der unbefugten Gebrauchsüberlassung darstellt.

Herr … ist Dritter im Sinne der Norm. In der Vermietung der Wohnung an Herrn K. liegt auch eine Gebrauchsüberlassung isd. § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Diese Gebrauchsüberlassung hat die Klägerin auch nicht weiter hinzunehmen, denn sie ist unbefugt.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Untervermietung ein gewisses Interesse des Mieters an der Aufrechterhaltung des Sachherrschaft über die Wohnung und dem Behalt der Wohnung voraussetzt. Hieran fehlt es jedoch regelmäßig, wenn der Mieter Dritten den Gebrauch des Mietobjekts vollständig überlässt und kein Interesse an der Mitbenutzung des Mietobjekts besteht. Eine solche Gebrauchsüberlassung stellt ohne Weiteres einen fristlosen Kündigungsgrund dar (hierzu Heilmann; Risiken der Untervermietung, NZM 2016, 74, 76).

Gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 BGB, § 8 Ziffer 2 des Mietvertrags, ist der Mieter ohne die Erlaubnis des Vermieters nicht berechtigt, den Gebrauch der Mietsache einem Dritten zu überlassen, insbesondere sie weiter zu vermieten. Die Klägerin hat die Untervermietung nicht genehmigt.

Die Klägerin ist auch nicht in eine bereits erteilte Erlaubnis eingetreten bzw. ist eine solche nicht Bestandteil des Mietvertrags geworden. Denn anders als der Beklagte meint, ist in dem Schreiben der damaligen Vermieterin gerade keine Erlaubniserteilung zu sehen. Der Wortlaut des Schreibens vom 17.01.2007 gibt die Erteilung einer solchen Erlaubnis in keiner Weise her. Erst Recht nicht die Erteilung einer unbefristeten und unbedingten Erlaubnis zur Weitervermietung. Schon in der Nachfrage, wer Untermieter werden soll und wie lange das Untermietverhältnis andauern soll, kommt zum Ausdruck, dass eine Erlaubniserteilung von einer Prüfung der Zumutbarkeit durch die damalige Vermieterin abhängig gemacht werden sollte. Eine Auslegung der Erklärung nach dem objektiven Empfängerhorizont gemäß §§ 133, 157 BGB ergibt gerade nicht, dass eine unbefristete Erlaubnis erteilt werden soll.

Auch aus der beklagtenseits behaupteten konkludenten Duldung der Untervermietung vermag eine solche Erlaubnis ebenfalls nicht zu folgen. Das Schweigen auf die Anfrage des Beklagten stellt keine Erlaubniserteilung dar. Schweigen ist im Rechtsverkehr grundsätzlich bedeutungslos. Es kann zur Erklärung nur dort werden, wo weitere, besondere Umstände hinzutreten, die das Schweigen “beredet” machen, ihm also zusätzlichen, konkludenten Erklärungswert verleihen. Das Schweigen der Vermieterin dahin auszulegen, dass eine unbefristete, dauerhafte Gebrauchsüberlassung der Wohnung an jedermann Bestandteil des Mietvertrags geworden ist, widerspricht schon dem eindeutigen Inhalt der Erklärung der Vermieterin. Diese brachte gerade zum Ausdruck, über die Dauer und die Person des Untermieters informiert werden zu wollen. Dies war dem Beklagten auch bekannt. Dementsprechend konnte er aus dem Ausbleiben einer Reaktion gerade nicht schließen, dass die Klägerin mit der Gebrauchsüberlassung unbefristet einverstanden ist.

Dem Beweisangebot des Beklagten, der Vernehmung des vertretungsberechtigten Mitgesellschafters der damaligen Vermieterin, war hierzu auch nicht nachzugehen. Zum einen ist das Beweisangebot nicht hinreichend substantiiert. Es bleibt offen, was der Zeuge zur Erlaubniserteilung bekunden soll oder ob er nur zur Auslegung des Schreibens vom 17.01.2007 benannt ist. Wurde eine Erlaubnis durch den Zeugen ausdrücklich mündlich erteilt? Oder soll der Zeuge lediglich bekunden, dass die Untervermietung bekannt war?

Im Übrigen kommt es aber auf die Erlaubniserteilung der damaligen Vermieterin auch nicht mehr an, da jedenfalls in den Abmahnungen der Klägerin zugleich ein Widerruf jeglicher Erlaubnis zu sehen ist (vgl. BGH, Urt. v. 11.02.1987, VIII ZR 56/86, zitiert nach juris). Ein wichtiger Grund für diesen Widerruf ist schon darin zu erblicken, dass eine Überlassung der gesamten Mietsache an einen Dritten vorliegt. Was jedenfalls der Klägerin bei Eintritt in das Mietverhältnis nicht bekannt war.

Die auf Seiten der Klägerin durch die unberechtigte Untervermietung bewirkte Rechtsverletzung ist auch erheblich. Die Erheblichkeit der Rechtsverletzung wird durch das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB indiziert Weidenkaff/Palandt, BGB, 75. Auflage, § 543 Rn. 20).

Der Kündigung steht auch kein Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung entgegen. Zwar kann die auf eine unbefugte Gebrauchsüberlassung oder deren Fortsetzung gerichtete Kündigung rechtsmissbräuchlich sein, wenn der Mieter zuvor eine Erlaubnis erbeten und ihm der Vermieter eine solche trotz berechtigten Interesses verweigert hat; §§ 242, 553 BGB (vgl. BGH Urt. v. 02.02.2011, VIII ZR 74/10, zitiert nach juris).

Auf die Erteilung einer Erlaubnis zur Überlassung der gesamten Mietsache an einen Dritten zum selbstständigen Gebrauch hat aber auch der Wohnraummieter keinen Anspruch. Dies gilt sogar dann, wenn der Mieter die Wohnung an Familienangehörige oder Lebenspartner überlässt (Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 12. Auflage, § 540 Rn. 43 f.; LG Hamburg, NZM 2000, 379; LG Berlin, NJW-RR 1994, 1289; AG Neukölln GE 1996, 1433). Nach § 553 BGB kann ein solcher Anspruch nur für die Überlassung eines Teils des Wohnraums bestehen. Die unterschiedlichen Auslegungen der Instanzgerichte bei der Beurteilung dieses Tatbestandsmerkmals (vgl. Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 12. Auflage, § 553 Rn. 7) kann vorliegend dahinstehen, da selbst bei Zugrundelegung nicht zu strenger Anforderungen (vgl. BGH Urt. v. 23.11.2005, VIII ZR 4/05; BGH Urt. v. 11.06.2014, VIII ZR 349/13, beide zitiert nach juris) es bei der gesetzlich normierten Anforderung verbleibt, dass sich die Überlassung nur auf einen Teil der Wohnung beziehen darf. Dies ist vorliegend unstreitig nicht der Fall. Der Beklagte hat den Gewahrsam an der Wohnung aufgegeben. Selbst eine lediglich marginale Nutzung der Wohnung würde nicht ausreichen und auch eine solche wird vom Beklagten nicht behauptet. Andernfalls käme dem genannten Tatbestandsmerkmal keine Bedeutung zu. Ebenfalls ist § 553 BGB nicht anzuwenden, wenn der Mieter die Wohnräume einem Dritten überlassen und lediglich einen Kellerraum oder eine mitvermietete Garage weiterhin selbst nutzen will, etwa um dort Möbel oder Einrichtungsgegenstände aufzubewahren (Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 12. Auflage, § 553 Rn. 7a). Diese Grundsätze gelten auch für eine Einraumwohnung. Allein ein wie auch immer geartetes Erhaltungsinteresse an einer Wohnung begründet keinen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zur vollständigen und damit selbstständigen Weitervermietung. Berufliche oder krankheitsbedingte Abwesenheiten oder ähnliche Umstände, die eine zeitlich befristete Zwischenvermietung erforderlich machen würden, sind vom Beklagten schon nicht vorgetragen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte noch irgendeinen Bezug zur Wohnung hat, sei es derart, dass er dort Sachen lagert oder etwa zumindest gelegentlich die Räumlichkeiten nutzt.

Der Beklagte ist zur Herausgabe verpflichtet.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 7, 711 ZPO.

Eine Räumungsfrist war nicht zu gewähren, § 721 Abs. 1 S.1 ZPO. Verklagter Schuldner des Räumungsanspruchs ist insoweit der Beklagte als Mieter der Wohnung. Dieser ist jedoch nicht schutzwürdig, da er unstreitig in der Wohnung neben der streitgegenständlichen seinen Wohnsitz hat und sich insofern nicht um Ersatzwohnraum bemühen muss. Gegen den Untermieter kann die Klägerin aus dieser Entscheidung indes nicht vollstrecken.

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