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Garage – Teilkündigung bei einheitlichem Mietvertrag zulässig?

LG Bamberg, Az.: 3 S 56/16

Urteil vom 06.10.2017

In dem Rechtsstreit erlässt das Landgericht Bamberg – 3. Zivilkammer – aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 07.07.2017 folgendes Endurteil:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Bamberg vom 27.05.2016, Az. 0120 C 2090/15, abgeändert:

Die Beklagten werden verurteilt, den Garagenstellplatz am ……, mit der Garagenstellplatznummer …… des Grundstücks mit der Flurnummer …… (hintere Garagenreihe, erste Garage rechts; direkt in Verlängerung des Weges Flurnr. ……/5 gelegen) zu räumen und geräumt an den Kläger herauszugeben.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Beklagten tragen gesamtschuldnerisch die Kosten der ersten Instanz, der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

IV. Das Urteil in Ziffer I ist vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Beschluss: Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.000,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von den Beklagten die Räumung und Herausgabe einer Garage.

Garage - Teilkündigung bei einheitlichem Mietvertrag zulässig?
Foto: : bildlove/Bigstock

Die Beklagten schlossen am 01.10.1996 mit dem Voreigentümer, …… bezüglich der Wohnung im Anwesen ……, erstes Obergeschoss links, einen Mietvertrag mit Beginn zum 01.01.1997 mit folgender Anlage:

„Die Eheleute …… mieten bis zur Fertigstellung der Garagen ein Carport (Mietpr. DM 50,–). Sobald die Garagen fertig gestellt sind, wird das Carport gegen eine Garage (mögl. Hintere Garagenreihe – 1. Garage rechts) getauscht (Mietpreis vorauss. DM 80,-).“

Wegen der Einzelheiten wird auf den Mietvertrag vom 01.10.1996 samt Anlage (Anlage zur Klageerwiderung, Bl. 24 ff. d.A.) verwiesen.

Zum Einzugszeitpunkt im Januar 1997 waren weder die Carports noch die Garagen errichtet. Mit der Errichtung der Garagen zur Mitte des Jahres 1997 wurde den Beklagten die streitgegenständliche Garage mit der Stellplatznummer 1 zur Verfügung gestellt und seither von ihnen benutzt.

Im Jahre 2004/2005 teilte der Voreigentümer die Wohnanlage …… in Wohnungseigentum auf und verkaufte die einzelnen Wohneinheiten. Eine Wohneinheit wurde an den Kläger veräußert. Dabei wurde ihm die streitgegenständliche, an die Beklagten vermietete Garage zugeordnet und mitverkauft.

Die Beklagten stellten weiterhin ihr Fahrzeug in der leicht anzufahrenden Garage mit der Stellplatznummer 1 ab und zahlen bis heute den monatlichen Mietzins (einschließlich anteiliger Mietzins für die Garage) an die Vermieter ihrer Wohnung, den Eheleuten ……. An den Kläger direkt leisteten die Beklagten keine Zahlung.

Erstmals mit Schreiben vom 03.01.2012 (Anlage K11, Bl. 170 d.A.) kündigte der Kläger das Garagenmietverhältnis mit einer dreimonatigen Kündigungsfrist zum 30.04.2012. Mit Schreiben vom 04.01.2012 boten die Eheleute …… den Beklagten als Ersatz die ihnen zugewiesene Garage mit der Stellplatznummer 3 ab 01.03.2012 an (Bl. 171 d.A.). Die Beklagten lehnten dieses Angebot ab. Nach fruchtlosem Verstreichen der Frist forderte der Kläger durch die von ihm beauftragten Rechtsanwälte …… die Beklagten mit Schreiben vom 28.12.2015 (Anlage K1, Bl. 5 d.A.) auf, eine Unterlassungserklärung hinsichtlich der Nutzung seiner Garage abzugeben, was diese verweigerten. Mit weiterem Schreiben vom 14.02,2017 (Anlage K5, Bl. 148 d.A.) kündigte der Kläger zusammen mit den Eheleuten …… das Mietverhältnis zum 31.05.2017 und bot als Ersatz die Garage mit der Stellplatznummer 3 an. Der anwaltliche Vertreter des Klägers kündigte das Mietverhältnis ebenfalls mit Schreiben vom 14.02.2017 (Anlage K6, Bl. 149 d.A.) zum 31.05.2017. Der Beklagtenvertreter wies die Kündigung mit Schreiben vom 17.02.2017 (Anlage K9, Bl. 153 d.A.) unter Verweis auf die fehlende Vollmacht zurück. Mit persönlichem Schreiben vom 23.02.2017 (Anlage K10, Bl. 154 d.A.) sprach der Kläger erneut die Kündigung zum 31.05.2017 aus.

Der Beklagte zu 1), der einen Grad der Körperbehinderung von 100 aufweist, nutzt weiterhin die streitgegenständliche Garage zusammen mit seiner Ehefrau. Die Beklagten sind nicht gewillt, diese Garage mit der angebotenen Garage mit der Stellplatznummer Nr. 3 zu tauschen. Der Kläger selbst wohnt im nahegelegenen ……ainselgelände und benötigt die Garage zum Unterstellen eines seiner Fahrzeuge.

Der Kläger trägt vor, dass den Beklagten kein Nutzungsrecht an der streitgegenständlichen Garage zustehe. Seitens des Voreigentümers sei keine bestimmte, sondern nur irgendeine Garage vermietet worden. Der Kläger ist der Rechtsansicht, dass aufgrund der mietvertraglichen Formulierung („mögl.“) ein Austauschrecht des Vermieters vereinbart worden sei.

Der Kläger beantragte in erster Instanz:

1. Die Beklagten werden bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, es zu unterlassen, den PkW oder ein anderes Kraftfahrzeug selbst oder durch eine dritte Person auf dem Garagenstellplatz des Herrn …… mit der Garagenstellplatznummer …… des Grundstücks mit der Flurnummer ……/6 (hintere Garagenreihe, erste Garagenreihe rechts; direkt in Verlängerung des Weges Flurnr. ……/5 gelegen) abzustellen oder abstellen zu lassen.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, den Kläger von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 147,56 freizustellen.

Die Beklagten beantragten in erster Instanz: Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagten behaupten, dass ihnen an der streitgegenständlichen Garage ein aus dem Mietvertrag vom 01.10.1996 abgeleitetes Besitzrecht – auch gegenüber dem Kläger als Erwerber der Garage – zustehe. Ihnen sei die Garage gleich nach ihrer Errichtung im Juni/Juli 1997 zugewiesen worden. Die Beklagten sind der Rechtsansicht, dass dem Vermieter kein Austauschrecht zukomme. Es liege ein einheitliches Mietverhältnis hinsichtlich der Wohnung und der Garage vor und die zwischenzeitliche Aufteilung des gesamten Anwesens in Wohnungseigentum und die Zuordnung der streitgegenständlichen Garage zur Wohneinheit des Klägers ändere nichts am bestehenden Mietverhältnis. Eine isolierte Teilkündigung des Mietverhältnisses betreffend die Garage sei nicht zulässig.

Das Amtsgericht hat Beweis erhoben über die Vereinbarungen zwischen den Beklagten und dem Voreigentümer und Verkäufer durch uneidliche Einvernahme des Zeugen …….

Das Amtsgericht hat die Klage mit Endurteil vom 27.05.2016 abgewiesen (Bl. 59 ff. d.A.). Danach stehe dem Kläger kein Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB zu. Vielmehr könnten sich die Beklagten auf ein Recht zum Besitz gemäß § 1004 Abs. 2 BGB berufen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und der Auslegung der Anlage zum Mietvertrag vom 01.10.1996 sei den Beklagten die streitgegenständliche Garage zugewiesen worden. Ein fortbestehendes Austauschrecht bestehe nicht. Eine isolierte Teilkündigung des einheitlich bezüglich Wohnung und Garage geschlossenen Mietvertrages nur hinsichtlich letzterem Vertragsbestandteil sei unzulässig.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerseite.

Der Kläger hat mit anwaltlichem Schriftsatz vom 22.06.2016, eingegangen bei Gericht am gleichen Tage, gegen das am 30,05.2016 zugestellte Endurteil Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 28.07.2016, eingegangen bei Gericht am 29.06.2016, begründet.

Der Kläger trägt mit der Berufung ergänzend vor, dass er ein berechtigtes Interesse an der Eigennutzung der Garage habe. Die Beklagten könnten hingegen ohne weiteres die danebenliegende Garage mit der Stellplatznummer 3 nutzen. Der Kläger ist der Rechtsansicht, dass vor diesem Hintergrund eine isolierte Teilkündigung des Mietverhältnisses zulässig sei. Das Beharren der Beklagten auf der Nutzung der streitgegenständlichen Garage, obwohl der Kläger von den Beklagten unmittelbar keinen Mietzins erhalte und er sein Eigentum selbst nutzen wolle, verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben.

Das Berufungsgericht hat die Parteien mit Beschluss vom 10.02.2017 (Bl. 114 ff. d.A.) darauf hingewiesen, dass ein Rechtschutzbedürfnis hinsichtlich des verfolgten Unterlassungsanspruchs fraglich sei. Vielmehr komme eine Teilkündigung bei Abwägung der widerstreitenden Interessen in Betracht.

Daraufhin hat der Kläger seine Anträge umgestellt/erweitert. Zuletzt beantragt er im Berufungsverfahren:

1. Die Beklagten werden verurteilt, den Garagenstellplatz am ……, mit der Garagenstellplatznummer …… des Grundstücks mit der Flurnummer ……/6 (hintere Garagenreihe, erste Garage rechts; direkt in Verlängerung des Weges Flurnr. ……/5 gelegen) zu räumen und geräumt an den Kläger herauszugeben.

Hilfsweise für den Fall eines Zurückbehaltungsrechtes:

Die Beklagten werden verurteilt, den Garagenstellplatz am …… mit der Garagenstellplatznummer …… des Grundstücks mit der Flurnummer ……/6 (hintere Garagenreihe, erste Garage rechts; direkt in Verlängerung des Weges Flurnr. ……/5 gelegen) zu räumen und geräumt an den Kläger herauszugeben Zug um Zug gegen Übergabe des Garagenstellplatzes am …… mit der Garagenstellplatznummer Nr. 139 des Grundstücks mit der Flurnummer ……/6 (hintere Garagenreihe, dritte Garage von rechts) sowie festzustellen, dass sich die Beklagten mit der Annahme des vorbezeichneten Stellplatzes Nr. 3 in Annahmeverzug befinden.

Hilfsweise für den Fall einer unwirksamen Teilkündigung mit Schreiben vom 18.01.2012 bzw. in der Unterlassungsaufforderung:

Die Beklagten werden verurteilt, den Garagenstellplatz am ……, mit der Garagenstellplatznummer …… des Grundstücks mit der Flurnummer ……/6 (hintere Garagenreihe, erste Garage rechts; direkt in Verlängerung des Weges Flurnr. ……/5 gelegen) mit Ablauf des 31.05.2017 zu räumen und geräumt an den Kläger herauszugeben.

Die Beklagten werden verurteilt, den Garagenstellplatz am ……, mit der Garagenstellplatznummer …… des Grundstücks mit der Flurnummer ……/6 (hintere Garagenreihe, erste Garage rechts; direkt in Verlängerung des Weges Flurnr. ……/5 gelegen) mit Ablauf des 31.05.2017 zu räumen und geräumt an den Kläger herauszugeben Zug um Zug gegen Übergabe des Garagensteilplatzes ……, mit der Garagenstellplatznummer Nr. 139 des Grundstücks mit der Flurnummer ……/6 (hintere Garagenreihe, dritte Garage von rechts) sowie festzustellen, dass sich die Beklagten mit der Annahme des vorbezeichneten Stellplatzes Nr. 3 in Annahmeverzug befinden.

Hilfsweise für den Fall der fehlenden Teilkündigungsmöglichkeit aber bei Vorliegen eines Austauschrechtes:

Die Beklagten werden bei Meldung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, es zu unterlassen, den PkW oder ein anderes Kraftfahrzeug sowie sonstige Gegenstände selbst oder durch eine dritte 15erson auf dem Garagenstellplatz des Herrn …… mit der Garagenstellplatznummer …… des Grundstücks mit der Flurnummer ……/5 (hintere Garagenreihe, erste Garagenreihe rechts; direkt in Verlängerung des Weges Flurnr. ……/5 gelegen) abzustellen oder abstellen zu lassen.

Äußerst hilfsweise:

Die Beklagten werden bei Meldung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, es zu unterlassen, den PkW oder ein anderes Kraftfahrzeug sowie sonstige Gegenstände selbst oder durch eine dritte Person auf dem Garagenstellplatz …… mit der Garagenstellplatznummer 1…… des Grundstücks mit der Flurnummer ……/6 (hintere Garagenreihe, erste Garagenreihe rechts; direkt in Verlängerung des Weges Flurnr. ……/5 gelegen) nach Ablauf des 31.05.2017 abzustellen oder abstellen zu lassen.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, den Kläger von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 147,56 Euro freizustellen.

Die Beklagten beantragen zuletzt:

Die Berufung wird zurückgewiesen. Für den Fall, dass die Berufung Erfolg haben sollte, wird die Zulassung der Revision beantragt.

Die Beklagten tragen vor, dass sie ein berechtigtes Interesse an der mietvertraglich abgesicherten Nutzung der streitgegenständlichen Garage hätten. Sie sind der Rechtsansicht, dass die vorgenommene Klagerweiterung (Umstellung der Klageanträge von Unterlassung auf Räumung) in der Berufungsinstanz unzulässig sei.

Sie vertreten die Ansicht, dass eine isolierte Teilkündigung des einheitlichen Mietvertrages generell unzulässig sei; jedenfalls gehe eine Abwägung der widerstreitenden Interessen zugunsten der Mieter aus.

Das Berufungsgericht hat keine weiteren Beweise erhoben. Wegen der Einzelheiten wird auf das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Bamberg vom 27,05.2016 (Bl. 59 ff. d.A.), auf den Hinweisbeschluss der Kammer vom 10.02.2017 (Bl. 160 ff. d.A.) und auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien samt Anlagen verwiesen.

Gründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat nach Umstellung der Klageanträge in der Sache überwiegend Erfolg. Der Kläger hat einen Räumungsanspruch hinsichtlich der streitgegenständlichen Garage gegenüber den Beklagten nach erklärter Teilkündigung mit Schreiben vom 14.02.2017 (Anlage K5, Bl. 148 d.A.).

A.

Die Berufung ist statthaft und zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, §§ 513, 517, 519, 520 Abs. 1 – Abs. 3 ZPO.

Die Klageänderung in der Berufungsinstanz ist ausnahmsweise zulässig (§ 533 ZPO):

Mit den zuletzt in der Sitzung vom 07.07.2017 gestellten Anträgen begehrt der Kläger primär die sofortige Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Garage mit der Platznummer …… durch die Beklagten. Für den Fall, dass den Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht zustehen sollte, beantragt der Kläger hilfsweise eine Zug-um-Zug-Verurteilung gegen Übergabe des Garagenstellplatzes Nr. 139. Für den Fall, dass die Teilkündigung mit Schreiben vom 18.01.2012 unwirksam sein sollte, begehrt der Kläger hilfsweise die Räumung und Herausgabe der Garage mit Ablauf des 31.05.2017. Wohl wiederum hilfsweise – das geht aus den formulierten Anträgen nicht klar hervor – soll eine Verurteilung Zug-um-Zug gegen Übergabe der danebenliegenden Garage erfolgen. Hierzu hilfsweise (für den Fall der fehlenden Teilkündigungsmöglichkeit) begehrt der Kläger die Verurteilung der Beklagten zu einer strafbewehrten Unterlassung, äußerst hilfsweise die Unterlassung der Nutzung nach Ablauf des 31.05.2017.

Die Kammer ist der Ansicht, dass der Anwendungsbereich des § 533 ZPO eröffnet ist und entgegen der Rechtsauffassung der Klägerseite ein Fall des § 264 Nr. 2 ZPO nicht gegeben ist. Ob eine Klageänderung vorliegt, ist nach den Grundsätzen zu prüfen, die zu § 263 ZPO entwickelt worden sind. Nach der Rechtsprechung des BGH in NJW 2004, 2152 kommt die Regelung des § 533 ZPO in den Fällen des § 264 Nr. 2 und 3 ZPO gar nicht zur Anwendung, nach teilweise vertretener Ansicht liegt zwar dann eine Klageänderung vor, die aber nicht an die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Sachdienlichkeit oder Einwilligung gebunden ist (vgl. beispielhaft OLG Saarbrücken in MDR 2006, 227 m.w.N.). Der Kläger begehrt in der Berufungsinstanz – nach entsprechenden Hinweisen der Kammer in der Sitzung vom 10.02.2017 – nicht mehr nur die Unterlassung der Nutzung der Garage, sondern vor dem Hintergrund mehrerer ausgesprochener Kündigungen des Mietvertrages (03.01.2012, 14.02.2017, 17.02.2017 und 23.02.2017) die Räumung und Herausgabe der Garage mit der Nr. ……. Eine (bloße) quantitative Änderung des Klageantrages ohne Änderung des Klagegrundes scheidet aus, ebenso eine qualitative Änderung des Antrags bei gleich bleibendem Klagegrund (vgl. hierzu Greger in Zöller, ZPO, 31. Auflage 2016, § 264 Rn. 3a und 3b). Klagegrund in erster Instanz war ein behaupteter Unterlassungsanspruch wegen verbotener Eigenmacht. Die Klägerseite trug (ausschließlich) vor, dass eine bestimmte Garage nicht Mietgegenstand geworden sei und ein Austauschrecht bestehe. Ein mietvertragrechtlich abgeleiteter Herausgabeanspruch wurde nicht thematisiert und nicht als Klagegrund herangezogen (vgl. einzelne Beispiele bei Zöller, a.a.O., § 264, Rn. 3b; z.B. Leistung statt Feststellung oder künftige statt sofortige Leistung).

Vielmehr geht die Kammer davon aus, dass die Klageänderung nach § 533 ZPO zulässig ist. Die Sachdienlichkeit (Nr. 1) ist nur ausnahmsweise zu verneinen, insbesondere wenn die Bejahung zur Beurteilung eines völlig neuen Streitstoffes nötigen würde, ohne dass dafür das Ergebnis der bisherigen Prozessführung verwertet werden könnte. Maßgeblicher Gesichtspunkt ist der Gedanke der Prozesswirtschaftlichkeit (BGH, MDR 2004, 1075), wobei es allein darauf ankommt, ob und inwieweit die Zulassung geeignet ist, den Streitstoff im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits auszuräumen und weiteren Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen (Heßler in Zöller, § 533, Rn. 6).

Diese Voraussetzung ist hier erfüllt: Die Parteien streiten über die Nutzung der leicht anzufahrenden Garage Nr. …… durch die Beklagten. Mit der Klageänderung ist Streitstoff nicht nur das behauptete Austauschrecht des Klägers, sondern auch ein aus dem Mietvertrag abgeleitetes Besitzrecht der Beklagten. Der Streitstoff wird umfassend behandelt; weitere Folgestreitigkeiten werden vermieden. Die Klageänderung wird darüber hinaus auf Tatsachen gestützt, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (Nr. 2). Nach § 529 Nr. 2, § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist die Zulassung von neuen Angriffs- und Verteidigungsmitteln im zweiten Rechtszug möglich, wenn das Berufungsgericht den Fall materiell-rechtlich anders als das Gericht des ersten Rechtszuges beurteilt. Die Kammer wies mit Beschluss vom 24.03.2017 darauf hin, dass unter bestimmten Umständen bei fehlendem Austauschrecht – eine Teilkündigung in Betracht kommt und die Interessen der Parteien zu abzuwägen sind (vgl. Bl. 160 ff. d.A.). Das Amtsgericht führte in seinem Urteil – ohne den Schwerpunkt hierauf zu setzen – aus, dass eine Teilkündigung per se unzulässig sei. Erst nach umfassender Erörterung des Streitstoffes im Termin vom 10.02.2017 oblag es der Klägerseite umfassend zu einer Kündigung des Mietvertragsverhältnisses vorzutragen.

Mithin ist die Klageänderung, die gleichzeitig eine Klageerweiterung darstellt, zulässig. Die Hilfsanträge sind zulässig, da sie jeweils unter einer innerprozessualen Bedingung stehen.

B.

Dem Kläger steht im Ergebnis und unter Würdigung der Interessenlage der Parteien ein Räumungs- und Herausgabeanspruch der streitgegenständlichen Garage nach wirksamer Teilkündigung des Mietvertrages mit Schreiben vom 14.02.2017 (Anlage K5, Bl. 148 d.A.) gemäß § 546 Abs. 1, §§ 535, 573 Abs. 1, Abs. 2, § 566 BGB (zum 31.05.2017) zu (Hilfsantrag).

I. Kein Austauschrecht des Klägers

Das Amtsgericht verneinte zunächst zutreffend aus dem fehlerfrei festgestellten Sachverhalt das behauptete Austauschrecht der Klägerseite. Insbesondere setzt sich das Amtsgericht in den Entscheidungsgründen des Urteils vom 27.05.2016 ausführlich mit der Zeugenaussage …… (Voreigentümer) auseinander und lehnt ein Austauschrecht des Klägers ca. 20 Jahre nach Mietvertragsschluss zu Recht ab.

Unabhängig davon, ob es vorliegend – aufgrund einer planwidrigen Unvollständigkeit in der Anlage zum Mietvertrag vom 01.10.1996 (dort unter „Sonstiges“, Anlage B1, Bl. 24 ff. d.A.) – einer ergänzenden Vertragsauslegung bedarf (§ 157 BGB), ist der wahre Wille der Parteien zu erforschen (§ 133 BGB). Die Begleitumstände und die Interessenlage beider Seiten zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses sprechen aus Sicht der Kammer dafür, dass dem Voreigentümer …… wohl ein einmaliges Recht zur Zuweisung einer Garage zustehen sollte, von einem mehrmaligen, unbefristeten Austauschrecht dagegen nicht ausgegangen werden kann.

1. Unstreitig ist, dass die Garagen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht errichtet waren und beabsichtigt war, den Beklagten übergangsmäßig ein Carport zu vermieten. Die Beklagten waren damit einverstanden, brachten aber gleich ihr Interesse an der Anmietung des Garagenstellplatzes mit der Nr. …… zum Ausdruck. Tatsächlich wurden dann die Garagen vor den Carports fertiggestellt, so dass den Beklagten von Beginn an die Garage mit der Nr. …… zugewiesen wurde. Das (einmalige) Austauschrecht hat sich somit erledigt und ist untergegangen. Vor dem Hintergrund dieser Interessenlage – der Voreigentümer wollte sich nicht binden, da die Garagen noch gar nicht fertiggestellt waren und die örtlichen Verhältnisse noch nicht klar waren – wurde in der Anlage zum Mietvertrag aufgenommen, dass das Carport gegen eine Garage („mögl. hintere Garagenreihe – 1. Garage rechts) getauscht“ wird. Nach Fertigstellung kannte der damalige Vermieter die örtlichen Gegebenheiten, so dass er sich dahingehend gebunden hat, die gewünschte Garage zum Mietgegenstand zu machen.

2. Der Wortlaut der Vereinbarung spricht gegen ein mehrmaliges unbefristetes Austauschrecht. Gegenstand der Regelung ist vielmehr der Tausch „Carport gegen Garage“. Nach der Fertigstellung der Garagen sollte das Carport gegen eine Garage getauscht werden. Der Tausch einer Garage mit einer anderen ist vom Wortlaut nicht umfasst.

3. Die Beweiswürdigung des Amtsgerichts ist nicht zu beanstanden. Der Zeuge …… wurde ausführlich zur damaligen Interessenlage befragt. Er führte aus, dass „sie dann tatsächlich diese erste Garage rechts bekommen haben“ (Protokoll Seite 2, Bl. 56 d.A.). Offensichtlich ging auch er davon aus, dass damit das Zuweisungsrecht „verbraucht“ war. Lediglich zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses habe er sich nicht binden wollen, da die Garagen noch nicht fertiggestellt waren.

4. Demgemäß wurde die streitgegenständliche Garage von den Beklagten dann bis zur Aufteilung in Wohneigentum und darüber hinaus genutzt, ohne dass ihr Recht dazu bestritten wurde.

II. Wirksame (isolierte) Teilkündigung (unter Berücksichtigung der Interessenlage der Parteien)

Der Hauptantrag ist unbegründet, dem Kläger steht (erst) ein Räumungs-/Herausgabeanspruch der streitgegenständlichen Garage mit Ablauf des 31.05.2017 zu.

1. Unwirksame Kündigungen mit Schreiben vom 03.01.2012, 14.02.2017 und 23.02.2017

Die allein vom Kläger ausgesprochene Teilkündigung mit Schreiben vom 03.01.2012 (Anlage K11, Bl. 170 d.A.) ist unwirksam. Unstreitig teilte der Voreigentümer …… im Jahre 2004/2005 die Wohnanlage …… in Wohnungseigentum auf und veräußerte die einzelnen Wohneinheiten. Dabei wurde die an die Beklagten vermietete Garage der erworbenen Wohneinheit des Klägers zugeordnet. Da es sich bei dem geschlossenen Vertrag zwischen den Beklagten und dem Zeugen …… vom 01.10.1996 hinsichtlich der Wohnung und der Garage um einen einheitlichen Mietvertrag handelt – hierfür spricht die Einheit der Urkunde (Garagenmietvertrag als Anlage), der zeitgleiche Abschluss und die Einheit des Grundstücks wird dieser durch die Veränderung der dinglichen Rechtslage nicht in mehrere Mietverhältnisse aufgespalten. Vielmehr tritt der Erwerber gem. § 566 BGB in den über ein einheitliches Mietobjekt geschlossenen einheitlichen Mietvertrag ein (ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. exemplarisch BGH, Urteil vom 24.01.1973, VIII ZR 163/71 = NJW 1973, 455; zu den Kriterien ausführlich OLG Karlsruhe, Rechtsentscheid vom 30.03.1983, 3 REMiet 1/83 = NJW 1983, 1499). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass neben den Wohnräumen eine Garage als eigentlich abtrennbarer Nebenraum (mit-)vermietet wird (BGH, Urteil vom 28.09.2005, VIII ZR 399/03; Harsch in Schmid/Harz, Mietrecht, 4. Auflage 2014, Vor. § 535 Rn. 43a ff). Die Verdopplung auf Vermieterseite ist dabei von den Beklagten hinzunehmen. Konsequenterweise ist die Kündigung dann von allen Vermietern auszusprechen (vgl. OLG Gelle, Urteil vom 11.10.1995, WuM 1996, 222).

Vor diesem Hintergrund sind die weiteren Kündigungen mit Anwaltsschreiben vom 14.02.2017 (Anlage K6, Bl. 149 d.A., „(…) namens und in Vollmacht unseres Mandanten (…)“) und mit Schreiben vom 23.02.2017 (Anlage K10, Bl. 154 d.A.) unwirksam.

2. Zulässige und wirksame Teilkündigung mit Schreiben vom 14.02.2017

Die von allen Vermietern ausgesprochene Teilkündigung mit Schreiben vom 14.02.2017 (Anlage K5, Bl. 148 d.A.), unter gleichzeitiger Bereitstellung der Garage mit der Stellplatznummer 3 als Ersatz, ist zulässig und beendete teilweise das Mietverhältnis zum 31.05.2017.

a) Die Kammer verkennt dabei nicht, dass nach einhelliger Ansicht in der ober- bzw. höchstrichterlichen Rechtsprechung und Literatur (teilweise unter Bezugnahme auf § 564b Abs. 2 Nr. 2 BGB a.F.) Teilkündigungen hinsichtlich trennbarer Mietgegenstände und/oder einzelner Mietvertragsregelungen grundsätzlich unzulässig sind. Ebenso verhält es sich, wenn einheitlich eine Wohnung und eine Garage vermietet sind, darauf das Grundstück in Wohnungs- und Teileigentum umgewandelt wird und der Erwerber der Garage das Mietverhältnis insoweit kündigen will (vgl. die Konstellationen bei BGH, Urteil vom 28.09.2005, VIII ZR 399/03; BayObLG, Beschluss vom 12.12.1990, zusammenfassend Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Auflage 2009, Rn. X 93 f., S. 1310 f.; Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht Kommentar, 12. Auflage 2015, § 542 Rn. 87). Dieser Grundsatz beruht darauf, dass der Mieter ein schutzwürdiges Vertrauen dahingehend genießt, dass der Mietvertrag mit allen vertraglichen Regelungen, insbesondere betreffend die Mietobjekte, seinen Fortbestand behält. Mit anderen Worten trifft der Mieter grundsätzlich einen Gesamtentschluss, eine Wohnung mit einer nahegelegenen Garage anzumieten. Es kann durchaus sein, dass der Mieter die Wohnung ohne die Garage nicht angemietet hätte. Auf der anderen Seite entscheidet sich der Vermieter die Wohnung zusammen mit der Garage zu vermieten. Vor diesem Hintergrund überwiegen in aller Regel die Interessen des Mieters am Fortbestand des einheitlichen Mietvertrages, auch wenn auf Vermieterseite weitere Personen hinzukommen. Ausnahmen von der grundsätzlichen Unzulässigkeit sieht das OLG Karlsruhe in den Rechtsentscheiden vom 03.03.1997 – 3 REMiet 1/97 (NJW-RR 1997, 711) und vom 30.03.1983 – 3 REMiet 1/83 (NJW 1983, 1499). Die Senate des OLG Karlsruhe führen in ihren Entscheidungsgründen aus, dass eine Eigenbedarfskündigung gemäß § 564b Abs. 2 Nr. 2 BGB a.F. grundsätzlich ausgeschlossen ist, wenn der Vermieter nur Bedarf an einem Teil des vermieteten Objekts hat. Eine Ausnahme ist allerdings zu machen, wenn die Teilkündigung einerseits den Belangen des Kündigenden entspricht, andererseits hierdurch die Interessen des Mieters nicht oder jedenfalls nicht unzumutbar beeinträchtigt werden. Für den Fall, dass die Interessen des Mieters durch die Teilkündigung nicht ernsthaft betroffen sind, kann das Beharren auf einer rein formalen Rechtsstellung der Durchsetzung eines berechtigten Eigenbedarfs des Vermieters unter dem Gesichtspunkt des Schikaneverbots letztlich nicht im Wege stehen. Jedenfalls gebietet eine verfassungskonforme Auslegung von § 564b Abs. 1 BGB a.F. in derartigen Ausnahmefällen eine Berücksichtigung der Vermieterinteressen, denen keine ernsthaften und damit schützenswerten Belange des Mieters gegenüberstehen.

Nach diesen Grundsätzen hält die Kammer – auch wenn der gesetzlich vorgesehene Fall der Teilkündigung nach § 573b Abs. 1 BGB nicht vorliegt – die Teilkündigung für ausnahmsweise zulässig. Das Beharren der Beklagten auf der Weiternutzung der streitgegenständlichen Garage stellt eine Schikane zum Nachteil des Klägers dar (§ 242 BGB).

aa) Der Umstand, dass die streitgegenständliche Garage unstreitig etwas leichter (ohne Bogen) anzufahren ist, fällt nicht ins Gewicht. Die mit der Kündigung angebotene Garage liegt nahezu unmittelbar daneben und ist vom Eingang der Wohnanlage nicht weiter entfernt. Aus Sicht der Kammer ändert der Umstand, dass der Beklagte zu 1) mit einem Grad von 100 körperbehindert ist, an der Einschätzung nichts. Solange der Beklagte zu 1) in der körperlichen Verfassung ist, ein Fahrzeug im Straßenverkehr sicher zu führen, so muss er auch in der Lage sein, die Garage mit der Stellplatznummer 3 in einem leichten Bogen anzufahren, Dass die streitgegenständliche Garage einem Behinderten weitere Vorteile gegenüber der Ersatzgarage bietet, wurde nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich.

bb) Das Interesse der Beklagten an der Weiternutzung der zugewiesenen Garage ist trotz eines nicht bestehenden fortwährenden Austauschrechts (vgl. oben) von vorneherein aufgrund der vertraglichen Regelung in der Anlage zum Mietvertrag vom 01.10.1996 stark eingeschränkt. Im Zeitraum der Entscheidungsfindung und des Vertragsschlusses konnten die Beklagten nicht darauf vertrauen, dass sie nach Fertigstellung die streitgegenständliche Garage nutzen dürfen. Dieses Vertrauensmoment war aufgrund der Formulierung „mögl.“ eingeschränkt und es steht fest, dass die Beklagten ihren Vertragsentschluss gerade nicht von der Zuweisung der gegenständlichen Garage abhängig gemacht haben.

cc) Der Kläger hingegen hat ein grundgesetzlich geschütztes Interesse an der Nutzung seines Eigentums (Art. 14 GG). Unstreitig benötigt er die Garage, um sein Fahrzeug dort unterzustellen, da er auf dem nahegelegenen ……ainselgelände selbst nicht über ausreichend Steilraum verfügt. Es wäre mit seinem Eigentumsrecht kaum zu vereinbaren, wenn man den Kläger auf die Anmietung der Garage mit der Stellplatznummer 3 bei Zahlung von Mietzins an die Eheleute …… verweisen würde, obwohl er Eigentümer einer dort gelegenen Garage ist.

dd) Ein „Umzug“ in die danebenliegende Garage ist für die Beklagten trotz des fortgeschrittenen Lebensalters und der Körperbehinderung des Beklagten zu 2) zumutbar, weil dieser mit einem überschaubaren Aufwand verbunden ist. Die Beklagtenseite trägt nicht vor, dass übermäßig viele Gegenstände in der Garage gelagert werden. Die Kammer geht deshalb davon aus, dass sich der „Umzug“ aller Voraussicht nach auf das einmalige Umparken des Fahrzeugs beschränken wird.

b) Nach § 573 Abs. 3 BGB sind die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Kündigung im Kündigungsschreiben anzugeben, wobei die Angabe ein Wirksamkeitserfordernis darstellt (Gahn in Schmid/Harz, Fachanwaltskommentar Mietrecht, 4. Auflage 2014, § 573 Rn. 56 m.w.N.). Spätestens mit Zustellung der Berufungsbegründungsschrift vom 28.07.2016 haben die Beklagten Kenntnis darüber, dass der Kläger die Garage wegen Eigenbedarf benötigt. Eine weitere Begründung im Kündigungsschreiben vom 14.02.2017 wäre eine bloße Förmelei.

c) Der von Beklagtenseite erhobene Verwirkungseinwand ist unbegründet; aus Sicht der Kammer liegt weder das erforderliche Zeit- noch das Vertrauensmoment vor. Unstreitig wurde der Versuch, die Garage im Jahre 2005 frei zu bekommen, nicht vom Kläger, sondern von der ……-Grundstücks- und Vermögensverwaltung GmbH unternommen. Erstmals mit Schreiben vom 03.01.2012 wandte sich der Kläger persönlich an die Beklagten. Nach anwaltlicher Beratung im Jahre 2015 begehrte der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 28.12.2015 die Unterlassung der Nutzung. Dem Kläger ist dabei eine Bedenkzeit zur Einschaltung anwaltlicher Hilfe zuzubilligen. Die Aufforderung zur Nutzungsunterlassung erfolgte dann unverzüglich noch im Jahr 2015. Des Weiteren setzte der Kläger keinen Vertrauenstatbestand, nach dem die Beklagten davon ausgehen konnten, dass der Vermieter die Herausgabe nicht weiterverfolgen wird. Insbesondere wurde der anteilige Mietzins von den Beklagten unstreitig nicht an den Kläger, sondern an die Eheleute …… entrichtet. Es ist also nicht so, dass der Kläger den Mietzins über einen längeren Zeitraum vereinnahmt und somit zu verstehen gegeben hätte, dass das Mietverhältnis seinen Fortbestand behalten soll.

Nach alledem sind die Beklagten zur Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Garage nach § 546 Abs. 1 BGB verpflichtet. Eine Zug-um-Zug-Verurteilung nach § 348 BGB scheidet aus, da die Eheleute …… als Eigentümer der Garage mit der Stellplatznummer 3 nicht am Verfahren beteiligt sind und der Kläger diese alleine nicht zur Verfügung stellen kann. Mit der Kündigung vom 14.02.2017 haben diese die Garage allerdings verbindlich als Ersatz angeboten. Daran werden sich die Vermieter festhalten lassen müssen.

III. Kein Anspruch auf Freistellung von den außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Freistellung von den außergerichtlich aufgewandten Rechtsverfolgungskosten zu. Kostenauslösende Maßnahme war das Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 28.12.2015 (Anlage K1, Bf. 5 f. d.A.). Der zunächst rechtshängige Unterlassungsanspruch bestand nicht. Erst durch die selbst ausgesprochene Kündigung – ohne anwaltlichen Beistand – vom 14.02.2017 (Anlage K5, Bl. 148 d.A.) wurde die Grundlage für den Räumungs- und Herausgabeanspruch gesetzt.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf den Regelungen der §§ 91, 97 Abs. 1, Abs. 2 ZPO. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens trotz seines Obsiegens zu tragen, da er aufgrund des neuen Vorbringens (Kündigung) obsiegt, und er ohne weiteres die Kündigungen auch im erstinstanzlichen Verfahren hätte vorbringen können. Mangels Ausspruch einer Kündigung vor Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz hätte der Unterlassungsanspruch als unbegründet abgewiesen werden müssen. Andererseits zeigt das Prozessverhalten der Beklagten, dass sie eine Kündigung auch in erster Instanz nicht anerkannt hätten.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Kammer lässt die Revision gegen das Berufungsurteil gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO entgegen dem Antrag der Beklagtenseite nicht zu. Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO ist nicht gegeben.

Die vorliegende Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. da gerade keine aufklärungsbedürftige Frage zu entscheiden war, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGHZ 151, 221 = NJW 2002, 2957). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn zu ihr unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und noch keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt (BVerfG NJW 2011, 1277). Andererseits begründet nicht schon jede Abweichung der Berufungsgerichte untereinander oder ein Abweichen im Einzelfall von vorliegender Rechtsprechung des Revisionsgerichts das Vorliegen von grundsätzlicher Bedeutung, insbesondere wenn es um eine Einzelfallentscheidung geht (BGH, NJW 2003, 3765). Vorliegend kommt die Kammer in einer besonders gelagerten Konstellation (Hinzutreten des Erwerbers auf Vermieterseite nach Aufteilung in Wohnungseigentum, Anbieten einer Ersatzgarage in unmittelbarer Nähe, keine direkte Zahlung des anteiligen Mietzinses an den neuen Vermieter etc.) unter Abwägung der Belange aller Beteiligten dazu, dass die Interessen der Mieterseite (Beklagte) an der Weiternutzung der Garage gegenüber dem Eigentumsanspruch des Vermieters (Kläger) nicht ins Gewicht fallen. Eine vergleichbare Konstellation wird absehbar nicht zur Entscheidung anstehen. Hinzu kommt, dass bei der Beurteilung der grundsätzlichen Bedeutung auch das tatsächliche und/oder rechtliche Gewicht einer Frage für den Rechtsverkehr einzubeziehen ist (Heßler in Zähler, ZPO, 31. Auflage 2016, § 543 Rn. 11 m.w.N.). Letztlich geht es darum, ob sich die Beklagten fortan auf die Nutzung einer anderen Garage in unmittelbarer Nähe verweisen lassen müssen.

Die Zulassungskriterien des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO haben unmittelbaren Bezug zu den Zulassungsgründen der Nr. 1. Insbesondere ist das Kriterium der „Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung“ wohl als Unterfall der ,,grundsätzlichen Bedeutung“ anzusehen (vgl. ebd., § 543 Rn. 13). Die Kammer weicht mit ihrer Entscheidung nicht vom höchstrichterlichen Grundsatz ab, dass eine isolierte Teilkündigung eines einheitlichen Mietvertrages grundsätzlich unzulässig ist. Für den Fall, dass die Interessen der Mieterseite durch die Kündigung nicht spürbar betroffen werden, gebietet der allgemeine Grundsatz von Treu und Glauben in Form des Schikaneverbots es wird eine gleichwertige Ersatzgarage angeboten-, dass der Mieter berechtigt ist, eine Teilkündigung auszusprechen. Über eine solche Konstellation musste der BGH mit Urteil vom 12.10.2011, VIII ZR 251/10, nicht entscheiden. Die darüber hinaus von den Beklagten zitierte Rechtsprechung des BayObLG mit Beschluss vom 12.12.1990, RE-Miet 2/90 (= BayObLGZ 1990, 329) setzte sich mit einer Teilkündigung nicht auseinander. Das OLG Karlsruhe, Rechtsentscheid vom 03.031 997, 3 RE-Miet 3/97 (= NJW-RR 1997, 711, dort zu § 564b Abs. 2 Nr. 2 BGB a.F.) führt allgemein aus, dass im Einzelfall die Interessen der Mietvertragsparteien abzuwägen sind. Das hat die Kammer – wie oben unter B. II. 2. a) ausgeführt – getan.

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