Erste Vermieter reduzieren die Warmwasserversorgung: Ist das rechtswidrig?
Der Krieg in der Ukraine, welcher von Russland begonnen wurde, zieht europaweit massive Kreise. In erster Linie sind die europäischen Länder davon betroffen, dass Russland seine Gaslieferungen in gewisse Länder bereits eingestellt hat. Deutschland zählt ebenfalls zu denjenigen Ländern, welche von dem russischen Gas abhängig sind. Zwar arbeitet die Bundesregierung aktuell mit Hochdruck daran, die Abhängigkeit von dem russischen Gas so weit wie möglich zu minimieren, allerdings steht hierzulande noch immer die Befürchtung einer Gasmängellage im Raum. Dies bringt weitgehende Veränderungen und auch Einschränkungen mit sich, welche auch Mieter zu spüren bekommen können. Die erste Wohnungsbaugenossenschaft als Vermieter hat bereits angekündigt, den Mietern in dem Mietgebäude den Warmwasserzugang zu reduzieren. Für die Mieter stellt sich jetzt jedoch die Frage, ob der Vermieter zu einer derartigen Maßnahme überhaupt berechtigt ist.
Warmwasser ist wichtig im täglichen Leben
Zwar hat besagte Wohnungsbaugenossenschaft den Mietern in dem Mietgebäude den Warmwasserzugang noch nicht gänzlich eingestellt, allerdings wurde die Maßnahme der Einschränkung bereits angekündigt. Für die Mieter in dem besagten Gebäude würde diese Maßnahme die Einschränkung mit sich bringen, dass das Warmwasser für das tägliche Duschen nur noch in einer bestimmten Zeitspanne des Tages zur Verfügung steht. Angedacht ist, dass das Warmwasser lediglich in den frühen Morgenstunden sowie Abendstunden für das Duschen zur Verfügung stehen soll. Damit stößt die Wohnungsbaugenossenschaft im Endeffekt in das gleiche Horn, in welches bereits der amtierende Bundespräsident mit seiner Ansprache „frieren für die Solidarität“ gestoßen hat. Die Frage ist allerdings, ob die Wohnungsbaugenossenschaft unter dem Aspekt der rechtlichen Grundlage diese Maßnahme überhaupt durchführen darf.
Der Vermieter ist gem. aktueller Mietrechtslage dazu verpflichtet, dem Mieter die Versorgung von Wasser sowie Gas und Heizung zu gewährleisten. Diese Aspekte gehören in den Bereich des ordnungsgemäßen Mietgebrauchs einer Mietwohnung.
Die rechtliche Grundlage
Maßgeblich für die Versorgung der Mietwohnung mit Warmwasser sowie Heizung und Energie ist der § 555a Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). In diesem Paragrafen wird deutlich unterstrichen, dass das Abstellen des Warmwassers seitens des Vermieters lediglich in ganz bestimmten Ausnahmefällen rechtlich zulässig ist. Die Ausnahmesituation ist dann gegeben, wenn das Warmwasser für die Durchführung von Reparatur- oder Erneuerungs- bzw. Erhaltungsmaßnahmen zwingend erforderlich ist. Der Vermieter ist jedoch dazu verpflichtet, dem Mieter derartige Maßnahmen vorab anzukündigen. Die Ankündigung der Abschaltung des Warmwassers für die Durchführung der besagten Maßnahmen hat überdies auch rechtzeitig zu erfolgen.
Als Ausnahme von der rechtzeitigen Mitteilung des Vermieters, dass in dem Mietobjekt das Warmwasser abgestellt wird, gilt der Umstand der sofortigen Notwendigkeit einer durchzuführenden Maßnahme. Die zweite Ausnahme ist, dass die Abschaltung des Warmwassers lediglich eine sehr unerhebliche Einwirkung auf das Mietobjekt hat.
In der gängigen Praxis sind diese Ausnahmen jedoch lediglich in ganz seltenen Fällen als gegeben anzusehen, da für gewöhnlich derartige Maßnahmen vorab geplant werden können. Überdies muss auch berücksichtigt werden, dass ein Mieter durchaus die Möglichkeit hat, sich gegen entsprechende Maßnahmen zur Wehr zu setzen und diese ggfls. mittels einer einstweiligen Verfügung gänzlich zu verhindern bzw. zu stoppen. In derartigen Fällen müsste ein Vermieter dem Mieter umgehend wieder die Versorgung mit Gas und Energie sowie Warmwasser gewährleisten.
Der Mieter hat die Möglichkeit der Mietminderung
Neben der Möglichkeit, etwaige Maßnahme mittels einer einstweiligen Verfügung zu stoppen, hat ein Mieter überdies auch die rechtliche Handhabe, eine Mietminderung unter ganz bestimmten Umständen vorzunehmen. Diese Möglichkeit bietet der § 536 BGB.
Eine lediglich als kurzfristige Unterbrechung von der Warmwasserversorgung wird rechtlich als unerheblicher Mangel angesehen und rechtfertigt ausdrücklich keine Mietminderung. Die Mietminderung kommt lediglich dann in Betracht, wenn die Warmwasserversorgung für einen erheblichen Zeitraum unterbrochen wird.
Der Vermieter haftet für Schäden
Sollten aufgrund einer von dem Vermieter nicht angekündigten Maßnahme ein Schaden für den Mieter entstehen, so besteht seitens des Vermieters eine Haftungsverpflichtung für den Schaden. Dies gilt jedoch nur dann, wenn dem Vermieter auch tatsächlich ein Verschulden bewiesen werden kann. Der Umstand, dass eine Maßnahme seitens des Vermieters nicht angekündigt wurde, kann durchaus als schuldhaftes Verhalten des Vermieters ausgelegt werden. Es obliegt in derartigen Fällen ausdrücklich dem Vermieter, den Gegenbeweis für das Verschulden zu erbringen.
Im Hinblick auf die Gas- und Warmwasserversorgung scheiden sich aktuell in Deutschland die Geister. Diese Diskussion wird allerdings auf der Emotions- und nur selten auf der Sachebene geführt. Es ist zwar durchaus korrekt, dass die Gefahr einer Gasmängellage besteht, allerdings gilt auch in diesen Zeiten nach wie vor das Mietrecht. Auf der Grundlage des Mietrechts kann ein Vermieter dem Mieter nicht einfach so ohne Weiteres die Warmwasserversorgung abstellen. Auch die Begründung, dass es sich bei einer Gasmängellage um eine Notlage handelt und dass die Bundesregierung bereits die Gaswarnstufe 2 ausgerufen hat, bringt rechtlich betrachtet noch keine Rechtfertigung für die Einstellung der Warmwasserversorgung mit sich.
Eine andere rechtliche Ausgangslage stellt sich dar, wenn sich der Vermieter und der Mieter auf einen Rationierungsplan im Hinblick auf die Warmwasserversorgung einigen. Dies ist für gewöhnlich dann der Fall, wenn beide Vertragsparteien die Notwendigkeit einer derartigen Maßnahme sehen und diese Maßnahme auch für richtig empfinden. Dies setzt allerdings zwingend eine zusätzliche schriftliche Vereinbarung zwischen den beiden Vertragsparteien voraus, damit zu einem späteren Zeitpunkt keinerlei Missverständnisse aufkommen. In derartigen Fällen würde es sich um eine Übereinkunft handeln, bei der beide Vertragsparteien sich in gewisser Hinsicht entgegenkommen.
Rechtlich fraglich ist es aktuell noch, welche Folgen die tatsächlich eingetretene Gasmängellage mit sich bringen würde. Aktuell ist der Stand der Bundesregierung so, dass eine Gasmängellage lediglich als denkbare Option betrachtet wird. Die Bundesregierung hat des Öfteren bereits betont, dass es aktuell in Deutschland noch keinen Gasnotstand gibt bzw. aktuell die Energieversorgung mit Gas noch aufrechterhalten werden kann. Sollten die Gasspeicher jedoch bis zum Winter nicht in dem geplanten Ausmaß seitens der Bundesregierung gefüllt werden können, so gestaltet sich der Sachverhalt anders. Aktuell steht die Befürchtung im Raum, dass Russland als größter Gaslieferant Deutschlands die Gasversorgung nach der geplanten Wartung der Versorgungspipeline „Nordstream 1“ nicht in dem geplanten Ausmaß wieder aufnimmt. Dies ist jedoch lediglich eine Befürchtung und aktuell noch kein Faktum. Es muss jedoch auch bedacht werden, dass die Gaslieferungen Russlands in der jüngeren Vergangenheit bereits deutlich gedrosselt wurden. Dies bedeutet, dass Deutschland die Gaslieferung nicht in dem bestellten Ausmaß erhalten hat. Begründet wurde diese Maßnahme jedoch nicht mit einem „Gasembargo“ Russlands gegen Deutschland, sondern vielmehr mit der Wartung von Nordstream 1.
Es muss jedoch auch beobachtet werden, dass Russland einigen Ländern in Europa bereits den Gashahn sprichwörtlich zugedreht hat. Länder wie die Niederlande oder auch Bulgarien erleben derzeitig bereits das Szenario einer Gasmängellage, welches in Deutschland aktuell noch befürchtet wird. Die Bundesregierung hat zwar bereits in Norwegen einen alternativen Gaslieferanten gefunden, jedoch ist es fraglich, ob Norwegen den deutschen Bedarf an Gas wird decken können und ob nicht alternativ dazu noch andere Lieferanten oder andere Versorgungswege gefunden werden können. Aus Mietersicht heißt es daher im Augenblick „abwarten“ und „Ruhe bewahren“. Sollte ein Vermieter jedoch aktuell bereits die Maßnahme ergreifen, dem Mieter die Warmwasserversorgung abzudrehen, so sollte der Mieter umgehend Kontakt mit dem Vermieter aufnehmen. Gestaltet sich die Kontaktaufnahme des Mieters mit dem Vermieter als schwierig oder der Vermieter zwingt dem Mieter diese Maßnahme einfach auf, so sollte ein Mieter den Kontakt mit einem erfahrenen Rechtsanwalt für Mietrecht aufnehmen und den Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung der eigenen Interessen beauftragen. Solidarität mit der Ukraine ist zwar durchaus richtig und wichtig, allerdings sollte die Solidarität auf jeden Fall aus freien Stücken heraus erfolgen und nicht aufgezwungen werden.