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GbR- als Vermieter – Räumungsklage durch Gesellschafter der Vermietungs-GbR

LG Regensburg – Az.: 62 O 806/19 – Urteil vom 07.04.2020

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 155.400,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Kläger machen einen Räumungsanspruch von Geschäftsräumen gegen die Beklagte geltend.

Die Brüder H. und P. haben sich nach Errichtung eines Gebäudes auf dem Grundstück P. in … zu dessen gewerblicher Nutzung zu einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft zusammengeschlossen. Die GbR führte die gemeinsame Steuer-Nr. … . Am 28.03.2019 verstarb der Gesellschafter H. . Beerbt wurde er von der Klägerin zu 1. aufgrund notariellen Testaments vom 25.06.2013, welche die Erbschaft annahm.

Die aus dem Kläger zu 2. und dem verstorbenen Gesellschafter bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts vermietete mit Mietvertrag vom 15.05./22.05.2009 die in der …, Flurnr. … und … gelegenen Räume mit einer Verkaufsfläche im Erdgeschoss von 988,69 qm Nebenräume im Erdgeschoss von 332,82 qm und 106 Kfz-Stellplätze für die Dauer von 10 Jahren an die Beklagte. Die Parteien änderten die Mietpreisregelung mit Nachtrag vom 30.10.2009 ab. Für die ersten 6 Jahre nach Mietbeginn war eine monatliche Nettomiete in Höhe von 12.000,– Euro nebst 19 % MwSt., ab dem 7. Mietjahr, also ab 01.11.2015, eine in Höhe von 12.950,– Euro zzgl. MwSt. zu zahlen. Die Beklagte blieb entgegen der vertraglichen Vereinbarung die seit 01.11.2015 monatlich 950,– Euro netto erhöhte Miete schuldig. Am 14.03.2019 kam es zu einem Gespräch zwischen dem Kläger zu 2., dessen Sohn M. und des Ehemannes der Klägerin zu 1. A. auf Klägerseite sowie dem Expansionsleiter der Beklagten P.. Nachdem Einigungsversuche in dem Gespräch scheiterten, übergab der Zeuge W. dem Zeugen Z… ein vom Klägervertreter vorbereitetes Kündigungsschreiben vom 08.03.2019 mit einer Originalvollmacht unterzeichnet durch den Kläger zu 2. In dem Kündigungsschreiben wurde Namens und in Vollmacht des Klägers zu 2. sowie des verstorbenen Gesellschafters H. die Kündigung des Mietvertrages über die Geschäftsräume in der … straße … wegen Zahlungsverzuges zum 31.10.2019 ausgesprochen.

Am 19.03.2019 beglich die Beklagte die rückständige Miete ab 01.01.2016 in Höhe von 42.959,– Euro brutto und wies mit Schreiben an die Kläger die Kündigung unter Berufung auf § 174 BGB zurück und erhob bzgl. der verbleibenden rückständigen Miete die Einrede der Verjährung.

Darüber hinaus übte die Beklagte die im Mietvertrag vorgesehene Verlängerungsoption zum 31.10.2022 aus.

Das streitbefangene Grundstück wurde zwischenzeitlich an die … GmbH veräußert und zu deren Gunsten eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen.

Die Kläger behaupten, dass die Beklagte ab 2016 immer wieder auf den Mietrückstand hingewiesen worden sei. Die Beklagte habe mit Hinweis auf die schwierige Lage im Lebensmittelhandel die Zahlung der vereinbarten erhöhten Miete verweigert und damit gedroht, die Verlängerungsoption nicht wahrzunehmen. Die Klägerseite habe daraufhin zunächst darauf verzichtet, die Mietrückstände im Klagewege einzuklagen.

In Vorbereitung des Gesprächs am 14.03.2019 hätten die Kläger den Klägervertreter am 07.03.2019 mit einer Prüfung der Sach- und Rechtslage zur Frage einer möglichen Beendigung des Mietverhältnisses, ggf. mit der Fassung eines Kündigungsschreibens sowie mit der Durchsetzung der Mietforderungen beauftragt. Die Vollmacht für das von den Vermietern erteilte Mandat habe der Kläger zu 2. mit ausdrücklicher Zustimmung der Ehefrau des Gesellschafters H., die zu jener Zeit die berechtigten Interessen ihres schwer erkrankten Ehemannes wahrgenommen habe, unterzeichnet. Die Kläger sind daher der Ansicht, dass die Kündigung nicht aus formalen Gründen nach § 174 BGB unwirksam sei. Im übrigen sei die Kündigung höchstpersönlich gegenüber Herrn Z. erklärt worden, wobei der Kläger zu 2. laut Mietvertrag Handlungsvollmacht gehabt habe. Im übrigen sei die Berufung auf § 174 BGB rechtsmissbräuchlich, nachdem der Kläger zu 2. aufgrund der schweren Erkrankung des Gesellschafters H. in den letzten 6 Jahren der alleinige Ansprechpartner der Beklagten gewesen sei. Im Gespräch am 14.03.2019 habe der Zeuge Z. auf die Geschäftsleitung verwiesen und darauf, dass eine Verlängerung des Mietverhältnisses über den 31.10.2019 hinaus nur bei erheblicher Reduzierung der Miete auf ca. 8.000,– Euro netto beabsichtigt sei. Diese Hinhaltetaktik der Beklagtenseite habe die Klägerseite nicht mehr hinnehmen wollen und müssen. Die Kündigung vom 14.03.2019 sei als ordentliche Kündigung wirksam. Die Frist bis zum 31.10.2019 sei lediglich deshalb ausgesprochen worden, da eine sofortige Betriebseinstellung durch die Beklagte nicht realistisch gewesen wäre.

Die Vermietergemeinschaft B. sei mit dem Verkauf des streitgegenständlichen Grundstücks beendet und auseinandergesetzt worden. Sie bestehe daher nicht mehr, weshalb sie auch nicht mehr Inhaber von Rechten und Pflichten sein könne. Die Kläger seien daher auch prozessführungsbefugt.

Die Kläger haben zunächst die Feststellung beantragt, dass der zwischen den Parteien bestehende Mietvertrag vom 15./22.05.2009 über die Geschäftsräume …, … durch die außerordentliche Kündigung der Kläger vom 08.03.2019, der Beklagten gegenüber am 14.03.2019 erklärt, zum 31.10.2019 beendet ist.

Die Kläger beantragen nunmehr: Die Beklagte wird verurteilt, die in …, Flurnr. … und …, im Erdgeschoss gelegenen Räumlichkeiten mit einer Verkaufsfläche von 988,69 qm, Nebenräume im Erdgeschoss mit einer Fläche von 332,82 qm sowie 106 Stück Kfz-Stellplätze, wie im Mietvertrag vom 15.05./22.05.2009 beschrieben und gekennzeichnet, geräumt an die Kläger herauszugeben.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Klage bereits unzulässig sei, da vorliegend die Gesellschafter selbst die Ansprüche der GbR einklagten. Im Aktivprozess könnten Ansprüche und Rechte einer GbR jedoch nur durch die rechtsfähige Gesellschaft selbst, nicht aber durch einzelne Gesellschafter durchgesetzt werden.

Im übrigen sei die Kündigung hier nicht wirksam erklärt worden. Zum einen habe auch die Klägerseite die Mieterhöhung ab 01.01.2015 wie die Beklagtenseite übersehen. Erstmals sei die Beklagte mit Schreiben des Klägervertreters vom 09.11.2018 auf den Mietrückstand hingewiesen worden, wobei eine genaue Rückstandsberechnung nachgereicht werden sollte. Statt diese nachzureichen, sei dann am 14.03.2019 bereits die Kündigung ausgesprochen worden. Daraufhin habe die Beklagte den nunmehr bekannt gegebenen und noch nicht verjährten Mietrückstand umgehend am 19.03.2019 beglichen. Eine Berufung auf die Kündigung sei daher nach den Gesamtumständen hier treuwidrig.

Im Gespräch vom 14.03.2019 habe sich schnell die vornehmliche Intention der Klägerseite kristallisiert, das Mietgrundstück völlig neu zu entwickeln und die Beklagte möglichst zügig zu einer freiwilligen Aufgabe des Mietverhältnisses in absehbarer Zeit zu veranlassen. Nachdem kein Konsens auf dieser Ebene zu finden gewesen sei, habe der Zeuge A. das vorbereitete Kündigungsschreiben ohne jegliche weitere Erläuterung hierzu dem Zeugen … übergeben. Es sei gerade kein höchstpersönliches Zueigenmachen der Kündigungserklärung durch den Kläger zu 2. erfolgt.

Im übrigen sie die Kündigung vom 14.03.2019 gem. § 174 BGB unwirksam, da die Anwaltsvollmacht nur vom Kläger zu 2. unterzeichnet gewesen sei und dies unverzüglich vom Beklagten gerügt worden sei. Ein Berufen auf eine Handlungsvollmacht aus Mietvertrag sei bei Erteilung einer Anwaltsvollmacht nicht möglich. Im übrigen sei die Kündigung auch im Namen der beiden Gesellschafter ausgesprochen worden und nicht im Namen der GbR. Auch aus diesem Grund sei die Kündigung bereits hier unwirksam. Darüberhinaus läge keine außerordentliche Kündigung vor. Im Kündigungsschreiben ergäben sich keinerlei Hinweise darauf, dass es sich um eine außerordentliche Kündigung handeln sollte. Ein wichtiger Grund werde gerade nicht geltend gemacht. Eine ordentliche Kündigung zum 31.10.2019 sei aber aufgrund des Eingreifens der Vertragsverlängerungsoption bis 31.10.2022 überholt.

Das Gericht hat mit Beschluss vom 14.02.2020 (Bl. 72 fd.A.) angeordnet, dass mit Zustimmung der Parteien im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO entschieden wird.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze, Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 05.11.2019 und andere Unterlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist mangels Prozessführungsbefugnis der Klagepartei unzulässig und war daher vollumfänglich abzuweisen.

Die Kläger sind nicht prozessführungsbefugt, da sie einen Anspruch der H… GbR klageweise nicht durch die GbR als Partei sondern im Namen der Gesellschafter persönlich als Streitgenossen geltend machen.

1.

Mit der Klage geltend gemacht wird ein Anspruch der … GbR.

Vorliegend wären unstrittig nicht die Gesellschafter persönlich Vermieter der Beklagten. Vielmehr trug die Klagepartei sowohl im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 05.11.2019 als auch dann auf Hinweis des Gerichts nachfolgend schriftsätzlich am 20.11.2019 explizit vor, dass Vermieter die H… GbR gewesen sei. Dies wurde im Verlaufe des Prozesses von der Beklagtenseite unstrittig gestellt. Inhaber eines etwaigen Herausgabeanspruches nach Kündigung waren somit nicht, wie die Klagepartei letztendlich vorträgt, die Gesellschafter selbst, sondern die von ihnen geschlossene GbR.

2.

Vorliegend sind die Kläger zur Geltendmachung eines Anspruchs der GbR nicht prozessführungsbefugt, da nach Anerkennung der Rechts- und Parteifähigkeit der Außen-GbR durch die Entscheidung des BGH vom 29.01.2001 (NJW 2001, 1056) nur die GbR selbst Klägerin sein kann. Denn nicht die einzelnen Gesellschafter, sondern die GbR ist die materielle Rechtsinhaberin.

Die H. GbR ist als Außen-GbR aufgetreten. So wurde z.B. im hier streitgegenständlichen Mietvertrag die gemeinsame Geschäftsadresse wie die gemeinsame Steuer-Nr. der GbR angegeben.

Eingeklagt wurde der streitgegenständliche Räumungsanspruch jedoch nicht von der H. GbR, sondern gerade von den Gesellschaftern im eigenen Namen. Dies ergibt sich bereits aus der Bezeichnung der Kläger in der Klageschrift. Im übrigen wird der Herausgabeanspruch auch nicht an die GbR, sondern an die Kläger geltend gemacht. Entgegen der Ansicht der Klagepartei ist die GbR auch noch nicht vollständig aufgelöst durch Verkauf des streitgegenständlichen Anwesens, da der GbR zumindest noch der geltend gemachte Herausgabeanspruch zusteht.

3.

Es kommt auch nicht in Betracht, dass die Kläger anstellte der parteifähigen GbR als Streitgenossen klagen können im Wegen einer gewillkürten Prozessstandschaft. Seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29.01.2001 besteht für eine solche gewillkürte Prozessstandschaft kein Bedürfnis mehr. Ein eigenes schutzwürdiges Interesse der Kläger, den Anspruch der GbR im eigenen Namen im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft geltend zu machen, ist unter den gegebenen Umständen nicht erkennbar und wird auch von den Klägern nicht nachvollziehbar aufgezeigt (so auch OLG Brandenburg, Urteil vom 14.12.2005, 4 U 86/05, NZG 2006, 381).

4.

Die fehlende Prozessführungsbefugnis kann auch nicht durch Vornahme einer Rubrumsberichtigung geheilt werden. Für eine solche steht im Streitfall kein Raum. Zwar hat der Bundesgerichtshof unter anderem in seiner Entscheidung vom 15.01.2003 (XII ZR 300/99, NJW 2003, 1043) nach seiner Änderung der Rechtsprechung zur Partei und Rechtsfähigkeit der GbR eine Rubrumsberichtigung als zulässigen und richtigen Weg aufgezeigt. Thematisch richtet sich die Entscheidung jedoch an Altfälle, die vor der Rechtsprechungsänderung eingeklagt wurden, aber vor dem 29.01.2001 noch nicht beendet waren. Vorliegend handelt es sich ersichtlich nicht um einen solchen Altfall. Im übrigen liegt ein Fall einer Rubrumsberichtigung des Inhalts, dass richtige Partei die GbR sei und diese bislang nur unrichtig bezeichnet worden sei, auch nicht vor. In sämtlichen Schriftsätzen als auch im Klageantrag selbst gibt die Klagepartei ausdrücklich vor, dass die Klagepartei aus den einzelnen Gesellschaftern und gerade nicht aus der GbR besteht.

5.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 100 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO. Der Streitwert wurde gem. §§ 3 ZPO, 41 Abs. 2 GKG festgesetzt.

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