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GbR-Mietvertrag – Kündigung muss durch alle Gesellschafter unterschrieben werden

OLG Frankfurt, Az.: 2 U 125/17

Urteil vom 22.03.2018

In dem Rechtsstreit hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main – 2. Zivilsenat – ……aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 08.02.2018 für Recht erkannt:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main – 5. Zivilkammer (Az. 2-05 O 43/16) – vom 18.05.2017 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus diesen Urteilen vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.547,20 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO:

GbR-Mietvertrag – Kündigung muss durch alle Gesellschafter unterschrieben werden
Foto: endomotion/Bigstock

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Rückgabe von Räumlichkeiten in Frankfurt am Main.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Die Beklagte ist bzw. war im streitgegenständlichen Zeitraum Gesellschafterin dieser.

Die Gesellschaft wurde am 27.12.1995 durch die Herrn…. und Frau… (Eheleute …) sowie deren vier Kinder……… und die Beklagte, gegründet. Nach dem Tod der Eltern im Jahr 2013 sind die vier Kinder nunmehr die verbleibenden Gesellschafter.

Zweck der Gesellschaft ist die Verwaltung mehrerer Grundstücke in … in Frankfurt am Main. Die Grundstücke sind mit Mehrfamilienhäusern bebaut.

Zeitgleich mit der Gesellschaftsgründung schlossen die Eltern mit den vier Kindern eine Vereinbarung (Anl. B3; Bl. 98 d.A.). Ausweislich dieser wurde u.a. allen vier Kindern das Recht erteilt, 2 Mietobjekte, die sich auf den im Eigentum der Eheleute M. stehenden Liegenschaften befinden, anzumieten. Der Mietpreis werde durch einen Sachverständigen ermittelt und festgelegt. Jedes Kind erhalte weiterhin einen Nachlass in Höhe von 500,- DM für eines der angemieteten Objekte. Zudem würden die Betriebskosten entsprechend Anlage 3 zu § 27 II. BerechnungsVO umgelegt. Die Anmietung könne ab dem 1.6.1996 erfolgen. Weiterhin sei jedes Kind, welches mehr als zwei Objekte im Besitz habe, verpflichtet, diese bis zum 31.12.1996 herauszugeben und bis zu diesem Zeitpunkt die vom Sachverständigen festgesetzte Miete zu zahlen.

Diese Regelung wurde zumindest von dem Gesellschafter E. M. sowie der Beklagten in Anspruch genommen. Zwischen den Eheleuten M. und der Beklagten wurde bereits im Jahr 1983 ein Mietverhältnis über die streitgegenständliche Mietsache, einen Atelierraum einschließlich mehrerer Nebenräume in … geschlossen (Anlage K1; Bl. 25 d.A.). Die Beklagte leistet hierauf eine Nettomiete in Höhe von 350,- DM (178,95 Euro) monatlich. Der Mietvertrag ist nach dem Tod der Eheleute M. unstreitig mit der Klägerin als Vermieterin fortgeführt worden.

Die Gesellschafter haben auf der Gesellschafterversammlung vom 5.2.2014 einstimmig beschlossen, dass Beschlüsse über Maßnahmen der Geschäftsführung, bzgl. derer der Vertrag im Übrigen keine Regelung enthält, im Umlaufverfahren gefasst werden können. Dem hat die Beklagte nachträglich widersprochen.

Im Zuge eines im Umlaufverfahren gefassten Beschlusses der Gesellschafter P. M., E. S. und E. M. haben diese beschlossen, das Mietverhältnis mit der Beklagten zu kündigen. Dem Beschluss liegt ausweislich dessen Fassung zugrunde, dass die Kündigung erfolgt, da die Beklagte monatlich nur brutto 332,- Euro bezahle, was lediglich die Betriebskosten abdeckte. Die Beklagte solle nach der Kündigung die Möglichkeit erhalten, die Mietsache zu einem höheren Preis anzumieten (vgl. Ziff. 6 des Beschlusses Anl. K2; Bl. 31 d.A.). Die Beklagte wurde weder an der Beschlusserörterung noch an der Abstimmung beteiligt.

Unter dem 1.12.2014 erklärte die Klägerin, vertreten durch die Gesellschafter P. M., E. S. und E. M., gegenüber der Beklagten die Kündigung des Mietvertrages vom 28.12.1983 und bot ihr zugleich den Neuabschluss zu einer von einem Sachverständigen ermittelten Miete an (Anl. K6; Bl. 43 d.A.). Weitere Verhandlungen über eine Fortführung des Mietverhältnisses blieben erfolglos.

Die Klägerin ist der Auffassung, das streitgegenständliche Mietverhältnis sei von der Vereinbarung vom 27.12.1995 nicht erfasst. Es sei daher jederzeit kündbar. Die Beklagte habe an der Beschlussfassung nicht mitwirken müsse bzw. dürfen, da sie insoweit einer Interessenkollision unterliege, dieses gelte ebenso für die Vertretung der Gesellschaft bei Ausspruch der Kündigung. Die Klägerin trägt weiterhin vor, die Vereinbarung vom 27.12.1995 sei von den Eheleuten M. und Herrn E. M. unter dem 11.2.2004 widerrufen worden (vgl. Anl. K15; Bl. 210 d.A.).

Die Klägerin hat mit am 25.2.2016 der Beklagten zugestellten Klage Räumungs- und Zahlungsklage vor dem Landgericht erhoben. Das Amtsgericht (Az. …) hat mit Beschluss vom 7.9.2016 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten eröffnet (Bl. 155 d.A.). Der Insolvenzverwalter hat die selbständige Tätigkeit der Beklagten zum Stichtag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 7.9.2016 freigegeben (§ 35 Abs. 1 Satz 1 InsO). Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 1.12.2016 den Klageantrag zu 1) (Rückgabe) gestellt und diesen auf die Herausgabe der Gewerberäume beschränkt (Bl. 194 d.A.), diesen Antrag hat sie in der mündlichen Verhandlung vom 29.6.2017 wiederholt (Bl. 264 d.A.). Das Landgericht hat das Verfahren hinsichtlich des Zahlungsantrages durch Beschluss vom 15.9.2017 abgetrennt (Bl. 304 d.A.).

Die Beklagte ist der Auffassung, das Verfahren sei auch hinsichtlich des verbleibenden Antrages gem. § 240 ZPO unterbrochen. Die von ihr geleistete Miete wäre zudem, zumal sie mehrfach erhöht worden sei, angemessen. Ebenso habe sie die Bereitschaft gezeigt, eine höhere Miete zu zahlen. Von der Existenz eines Widerrufs der Vereinbarung vom 27.12.1995 habe sie keine Kenntnis.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 15.9.2017 abgewiesen. Ein Empfangsbekenntnis der Klägerin ist der Akte nicht zu entnehmen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei zulässig, da die Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters hinsichtlich der gewerblichen Tätigkeit Verträge, die hiermit im Zusammenhang stehen, einschlössen. Die Kündigung sei unwirksam. Die Beklagte hätte an dem Umlaufverfahren zumindest im Rahmen einer Anhörung beteiligt werden müssen. Die Kündigung verstoße weiterhin gegen die Vereinbarung vom 27.12.1995. Es sei aufgrund der Gesamtumstände nicht davon auszugehen, dass das vorgelegte Schriftstück tatsächlich die Kopie des Originals darstelle. Zudem habe die Beklagte den Widerruf nicht unterzeichnet. Die Kündigung sei zudem rechtsmissbräuchlich, da die Klägerin der Beklagten eine Rechtsposition entziehen wolle, die sie ihr sogleich wieder zur Verfügung stellen müsse.

Mit am 19.10.2017 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin gegen das Urteil Berufung eingelegt und diese mit am 24.11.2017 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Zur Begründung führt sie auf, der Beschluss hinsichtlich der Kündigung des Mietvertrages sei wirksam. Das Umlaufverfahren sei von den Parteien beschlossen worden, die Beklagte sei zudem bei der Beschlussfassung nicht stimmberechtigt, da sie von diesem unmittelbar persönlich betroffen sei. Sie verweist insoweit auf das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16.2.2017 (8 U 108/15; Anl. K 19; Bl. 361 d.A.). Eine Anhörung der Beklagten sei nicht erforderlich gewesen, da diese über die Zustimmung zu dem Umlaufbeschlussverfahren hierauf konkludent verzichtet habe. Die Beklagte habe zudem eine Fehlerhaftigkeit des Beschlusses nicht vorgetragen, sondern selbst erklärt, sie sei zu der Zahlung einer höheren Miete bereit gewesen. Hierauf käme es im Ergebnis aber nicht an, da die Gesellschaft jedenfalls wirksam nach außen vertreten worden sei. Die Vereinbarung vom 27.12.1995 stehe der Kündigung auch nicht entgegen, da der vorliegende Vertrag als Altvertrag von dieser nicht erfasst sei. Jedenfalls sei diese dahingehend auszulegen, dass eine Kündigung des Vertrages aus wirtschaftlichen Erwägungen zulässig sein müsse. Schließlich sei die Schriftform des § 550 BGB nicht gewahrt, so dass die Vereinbarung gegenüber dem Vertrag keine Gültigkeit erlange.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main 2-05 O 43/16 vom 15.9.2017 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die von ihr in der Liegenschaft … in Frankfurt am Main als sogenannte Kinder-Malwerkstatt / Atelier genutzten Räumlichkeiten zur Größe ca. 119,5 qm, belegen im hofseitigen Mittelbau, dort Erdgeschoss, bestehend aus einem Atelierraum zur Größe von ca. 110 qm und einem Sanitärbereich zur Größe von ca. 9,5 qm an die Klägerin herauszugeben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft zunächst ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Unter dem 5.10.2017 schlossen die Klägerin und die Beklagte eine notarielle Vereinbarung. In dieser verpflichtet sich die Beklagte, die Mietsache bis spätestens 30.4.2019 an die Klägerin zurückzugeben, und unterwirft sich insoweit der Zwangsvollstreckung aus der Urkunde. Zunächst maßgeblich für die Rückgabepflicht solle jedoch der rechtskräftige Ausgang des hiesigen Verfahrens sein (Bl. 426 d.A.).

Die Beklagte ist insoweit der Auffassung, dass die Klägerin für die Klage kein Rechtsschutzbedürfnis mehr habe.

II.

§ 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO:

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und ebenso begründet worden (§§ 511, 517, 519 f. ZPO). Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Die Klage ist zulässig.

Die notarielle Vereinbarung vom 5.10.2017 und die dort enthaltene Regelung unter (3) auf Seite 12 stehen dem hiesigen Klageverfahren nicht entgegen. Zwar hat sich die Beklagte der Zwangsvollstreckung hinsichtlich der Herausgabe des Mietobjekts unterworfen, dieses jedoch erst zum 30.4.2019. Damit hat die Klägerin derzeit keinen Titel, der ihr Klagebegehren beinhaltet. Es handelt sich auch nicht um eine Vergleichsvereinbarung bzgl. des hiesigen Verfahrens, da sich die Räumungsverpflichtung primär ausdrücklich nach dem Ausgang des hiesigen Verfahrens richtet und es auf dessen „rechtskräftigen“ Ausgang ankommt.

Der Klage steht auch nicht das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten entgegen. Dabei kann es dahinstehen, ob die Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters hinsichtlich der gewerblichen Tätigkeit der Beklagten auch Mietverhältnisse umfasst. Denn der in der Rückgabepflicht aus § 546 Abs. 1 BGB enthaltene und über § 985 BGB unmittelbar begründete Herausgabeanspruch des Vermieters/Eigentümers ist auch in der Insolvenz grundsätzlich gegen den tatsächlichen Besitzer geltend zu machen. Das ist nur dann anders, wenn der Insolvenzverwalter die Mietsache, insbesondere bei Gewerberäumen, ausdrücklich in Besitz genommen hat (BGH NZM 2008, 606; BGH NZM 2001, 856; Zehelein in BeckOGK BGB, Stand 1.1.2018, § 546 Rn. 178 mwN). Davon ist vorliegend nicht auszugehen, zumal die Freigabeerklärung ein Absehen hiervon bestätigt.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Herausgabe der streitgegenständlichen Mietsache gem. §§ 546 Abs. 1, 985 BGB, da das Mietverhältnis vom 28.12.1983 nicht beendet worden ist und weiter fortbesteht.

Dabei ist zunächst festzustellen, dass das vorliegende Mietverhältnis von der Vereinbarung vom 27.12.1995 erfasst ist und somit dessen ordentliche Kündigung an sich nicht möglich war.

Zwar kann ausweislich der Regelung in Abs. 6 eine Anmietung ab dem 1.1.2016 erfolgen. Das bezieht sich systematisch auf die Inanspruchnahme der vorstehend aufgeführten günstigen Mietkonditionen, einschließlich des Passus in Abs. 1, der als Kündigungsverzicht (näher dazu unten) verstanden werden kann. Die Unterzeichner waren jedoch in Kenntnis, dass tatsächlich oder zumindest möglicher Weise bereits Mietverhältnisse bestehen, da sich Abs. 7 auf diese Situation mit einer Herausgabepflicht bei einem Besitz von mehr als 2 Objekten auf ein festes Datum (31.12.1996) bezieht. Für diesen Fall besteht bis dahin eine Mietzahlungspflicht in Höhe einer Miete, die „vom Sachverständigen“ festgestellt wurde. Dieser Sachverständige ist aufgrund der Formulierung erkennbar derjenige, der in Abs. 3 genannt ist und im Zuge der vergünstigten Konditionen bzw. des Anmietrechts tätig wird. Ersichtlich war gemeint, dass das Anmietrecht auch bestehende Mietverhältnisse erfasst.

Das bedeutet aber zugleich, dass deren Miete mit Wirkung der Vereinbarung durch einen Sachverständigen festzustellen und durch den jeweiligen Mieter zu zahlen ist. Fraglich ist dabei zunächst, ob bei einer Nichtzahlung ein Kündigungsrecht besteht oder ob die Regelung Abs. 1 hiervon unabhängig eine Mietgarantie gibt und die von dem Sachverständigen ermittelte Miete lediglich einklagbar ist. Das ist wohl eher nicht anzunehmen. Abs. 1 beinhaltet zunächst nur ein Recht auf „Anmietung“, also auf Abschluss eines Mietvertrages zu den in Abs. 3 genannten Konditionen. Über die Kündigungsmöglichkeiten ist damit noch nichts erklärt worden. Allerdings wäre es widersprüchlich, würde dem damaligen Vermieter zugleich ein jederzeitiges ordentliches Kündigungsrecht zustehen, zumal eine Mindestmietzeit nicht genannt wurde, da hierüber die gesamte Vereinbarung wirtschaftlich bedeutungslos würde. Daher ist Abs. 1 jedenfalls ein Verzicht auf das ordentliche Kündigungsrecht anzunehmen.

Zwar folgt hieraus nicht zwingend ein Verzicht auf das Recht zur außerordentlichen Kündigung nach § 543 BGB. Der Vereinbarung ist nicht entnehmen, dass der Bestand des Mietverhältnisses bedingungslos garantiert wird, insbesondere nicht, so die nach Abs. 3 geschuldeten Mietzahlungen nicht geleistet werden. Hier ist auch der Rechtsgedanke des § 397 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen. Denn der die Anmietung, also das Recht zum Mietvertragsabschluss erklärende Vermieter würde hierbei zugleich auf seine gesetzlichen Rechte aus § 543 BGB verzichten. Während dieses für die ordentliche Kündigung dem Sinn und Zweck der Vereinbarung unmittelbar zu entnehmen ist, bestehen insoweit auch für einen Verzicht auf die außerordentliche Kündigung keine relevanten Anhaltspunkt. Das dürfte den Voraussetzungen für einen Rechtsverzicht, der insoweit eng auszulegen und insbesondere nicht zu vermuten ist, kaum genügen (Schlüter in Münchener Kommentar zum BGB 7. Auflage 2016, § 397 Rn. 3 m.w.N.). Das Anmietrecht würde andernfalls wirtschaftlich zu einem Eigentumsrecht erstarken.

Allerdings hat die Klägerin mit Schreiben vom 1.12.2014 ausdrücklich die ordentliche und keine zahlungsverzugsbedingte fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB erklärt. Die Klägerin erklärt eindeutig, dass das Mietverhältnis beendet wird, weil sie mit der Höhe der Mietzahlungen nicht einverstanden war und dieses daher nicht fortführen und ein neues Mietverhältnis zu anderen Konditionen abschließen möchte. Das ist fraglos eine Änderungskündigung iSd. § 573 Abs. 1 Satz 2 BGB. Eine solche ist zwar in der Gewerberaummiete an sich zulässig, sie wäre aber nach der Vereinbarung vom 27.12.1995 wiederum ausgeschlossen. Denn diese enthält eine klare Regelung zur Miethöhe (einschließlich eines ggf. zu gewährende Preisnachlasses), so dass eine Kündigung mit dem Ziel, eine andere Miete zu vereinbaren, nicht möglich ist. Vielmehr ergibt sich, worauf das Landgericht zutreffend abgestellt hat, aus der Vereinbarung selbst der Gang der Bestimmung zur Miethöhe, und zwar durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Die Klägerin kann, muss aber auch, die Miethöhe hierüber bestimmen und darf dann, so das Gutachten verwertbar ist, die ausgewiesene Miete verlangen. Zahlt die Beklagte diese Miete dann nicht, kann sie außerordentlich nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB kündigen. Das ist hier aber nicht erfolgt und kann, obwohl die Kündigung hier an sich keiner Begründungspflicht unterliegt, dennoch aufgrund der ausdrücklich wiedergegebenen Kündigungsintension als Änderungskündigung iSd. § 573 Abs. 1 Satz 2 BGB auch nicht als eine fristlose zahlungsverzugsbedingte Kündigung ausgelegt werden.

Insofern wäre die Kündigung vom 1.12.2014 vor dem Hintergrund der Vereinbarung vom 27.12.2015 insoweit zunächst unwirksam.

Allerdings ist vorliegend ein Verstoß gegen die Schriftform gegeben mit der Folge, dass die zeitliche Befristung des Mietverhältnisses unwirksam und dieses jederzeit ordentlich kündbar ist (§ 550 BGB).

Der Mietvertrag vom 28.12.1983, bei dem es sich unstreitig und entgegen der formularmäßigen Bezeichnung um einen Gewerberaummietvertrag handelt, weist selbst eine Regelung zur ordentlichen Kündigung in § 2 auf mit der Maßgabe, dass das Mietverhältnis bis zum 31.12.1996 läuft und sich danach jeweils um (nach 10 Jahren) 12 Monate verlängert, so nicht eine Partei am 3. Werktag des erstens Monats der Kündigungsfrist die Kündigung erklärt. Die Kündigungserklärung vom 1.12.2014 war daher bis zum Ablauf des 3.1.2015 erfolgt und würde das Mietverhältnis zum Ablauf des 31.12.2015 beendet haben.

Nachdem die Laufzeitregelung aber durch die Vereinbarung vom 27.12.1995 dahingehend abgeändert wurde, dass das ordentliche Kündigungsrecht ausgeschlossen ist, unterfällt diese Vereinbarung dem Schriftformerfordernis des § 550 BGB. Da der Mieter durch den Verkauf der Liegenschaft keinen Nachteil erfahren darf, würde die Kündigungsausschlussvereinbarung auf den Erwerber gem. § 566 BGB übergehen, so dass dieser entgegen dem Inhalt des Mietvertrages kein ordentliches Kündigungsrecht hätte, auch nicht unter den Voraussetzungen des § 2 des Mietvertrages. Eine Verbindung der Vereinbarung vom 27.12.1995 mit dem Mietvertrag ist nicht ersichtlich. Eine Verweisung auf diese oder von dieser liegt ebenfalls nicht vor (vgl. hierzu BGH NZM 2008, 4843; BGH NJW 2003, 1248). Die Regelung hinsichtlich der Vertragslaufzeit zählt auch zu den von § 550 BGB erfassten wesentlichen Vereinbarungen (BGH NJW 2014, 2102 [2103]; BGH NJW 2008, 2181 [2182]). Durch den somit eingetretenen Schriftformverstoß wurde das Mietverhältnis entweder selbst schriftformwidrig und daher jederzeit oder nach den Vorgaben des Ursprungsvertrages kündbar (vgl. BGH NZM 2000, 45; Herrmann in BeckOK BGB 44. Ed. Stand 1.11.2017 § 550 Rn. 15 m.w.N.). In beiden Fällen wäre die Kündigung vom 1.12.2014 als ordentliche Kündigung bei Schluss der mündlichen Verhandlung wirksam.

Dem steht auch nicht entgegen, dass die hiesigen Parteien des Mietvertrages die kündigungsregelnden Inhalte der Vereinbarung vom 27.12.1995 kannten. Im Rahmen des § 550 BGB soll einerseits der Erwerber der Liegenschaft aufgrund des möglichen Eintritts in die Vermieterstellung die Bedingungen des Vertrages aus dem schriftlichen Vertrag ersehen können, wenn dieser mehr als ein Jahr fest läuft (vgl. nur BGH NZM 2018, 38 mAnm. Krüger; BGH NZM 2012, 502; BGH NJW 2008, 2178; Bieber in Münchener Kommentar zum BGB 7. Auflage 2016, § 550 Rn. 2; Blank in Blank/Börstinghaus 5. Aufl. 2017 § 550 Rn. 4; Heile/Landwehr in Bub/Treier Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 4. Aufl. 2014 II Rn. 2447; Lindner-Figura in Lindner-Figura/Oprèe/Stellmann Geschäftsraummiete 4. Aufl. 2017 Kap. 6 Rn. 7; Lützenkirchen in Lützenkirchen Mietrecht Kommentar 2. Aufl. 2015 § 550 Rn. 5). Darin erschöpft sich der Schutzzweck des § 550 BGB jedoch nicht. Er erstreckt, wie der Bundesgerichtshofs zeitnah bestätigt hat, auch auf die vertragsschließenden Parteien mit dem Ziel, die Beweisbarkeit langfristiger Abreden zu gewährleisten und die Vertragsparteien selbst vor dem unbedachten Eingehen solcher schützen – Übereilungsschutz (BGH NZM 2018, 38 mAnm Krüger; Fritz Gewerberaummietrecht 4. Auf. 2005 III. Rn. 47a; Lindner-Figura in Lindner-Figura/Oprèe/Stellmann Geschäftsraummiete 4. Aufl. 2017 Kap. 6 Rn. 7; Seldeneck/Wichert/Fallack Gewerbemiete 1. Aufl. 2013 Baust. 19 Rn. 3). Die Unwirksamkeit der Befristung gilt daher auch zwischen diesen.

Die Vereinbarung vom 27.12.1995 besteht auch weiterhin und entfaltet zwischen den Parteien Rechtswirkung. Die Eheleute M. haben die in ihr enthaltenen Erklärungen rechtlich bindend abgegeben. Die Begünstigten einschließlich der Beklagten sind ebenfalls durch Unterzeichnung an der Vereinbarung beteiligt. Die Eheleute M. waren daher, ebenso wie es die Klägerin nach wie vor ist, an die Erklärungen gebunden (§ 241 Abs. 1 BGB). Ein einseitiger Widerruf einer solchen Willenserklärung ist, so dass Gesetz entsprechende Widerrufsrechte nicht regelt oder diese in der Vereinbarung nicht ausdrücklich vorbehalten und damit vereinbart worden sind, grundsätzlich nicht möglich. Die Tatsache, dass Herr E. M. ebenfalls an dem „Widerruf“ beteiligt gewesen sein soll, ändert hieran nichts, da von mehreren Parteien geschlossene Vereinbarungen nur einstimmig abgeändert bzw. aufgehoben werden können. Auch im Hinblick darauf, dass die Erklärungen in der Vereinbarung vom 27.12.1995 überwiegend begünstigend sind, tritt keine Änderung der Rechtslage ein. Hierbei ist ohnehin bereits zu sehen, dass diese beiderseitige Rechte und Pflichten begründet. Denn ausweislich der Regelung in Abs. 6 verpflichten sich die begünstigten Kinder ihrerseits, Objekte herauszugeben, zudem ist die zu zahlende Miete eines bestehenden Vertrages an die Bestimmung des Sachverständigen anzupassen. Aber auch einseitig begünstigende Zusagen, so man diese überhaupt einer separaten rechtlichen Würdigung zuordnen könnte, wofür hier keinerlei Anhaltspunkte bestehen, sind bindend und können nicht widerrufen werden. Schuldrechtlich wäre dies jedenfalls als (zweiseitiger) Schenkungsvertrag iSd. § 516 Abs. 1 BGB zu bewerten. Die mangelnde Form des § 518 Abs. 1 BGB ist durch den Vollzug jedenfalls der durch die Beklagte in Anspruch genommenen Vergünstigungen gem. § 518 Abs. 2 BGB geheilt. Auf die Frage, ob ein wirksamer Widerruf den Schriftformverstoß des § 550 BGB nachträglich geheilt hätte (so jedenfalls Herrmann in BeckOK BGB 44. Ed. 1.11.2017, § 550 Rn. 18; Bieber in Münchener Kommentar zum BGB 7. Auflage 2016, § 550 Rn. 13), kommt es daher nicht an.

Das Mietverhältnis ist jedoch aus dem Grunde nicht beendet worden, da die Kündigungserklärung der Klägerin vom 1.12.2014 unwirksam war. Denn sie wurde nicht von der erforderlichen Zahl vertretungsberechtigter Personen erklärt. Gem. §§ 714, 709 BGB sind mangels abweichender Vereinbarungen die zur Geschäftsführung berufenen Gesellschafter vertretungsberechtigt. Aufgrund der hier herrschenden Gesamtgeschäftsführung bestand zugleich eine Gesamtvertretungsbefugnis (BGH NZM 2010, 198 [199]; OLG Brandenburg Urt. v. 23.10.2012 – 6 U 29/12, BeckRS 2012, 24712; Westermann in Erman BGB, 15. Aufl. 2017, § 714 BGB, Rn. 5). Somit bedurfte es einer Kündigungserklärung durch alle Gesellschafter einschließlich der Beklagten.

Die Beklagte ist vorliegend auch nicht von der Vertretung ausgeschlossen.

Ein solcher Ausschluss folgt zunächst nicht aus § 181 BGB. Hierbei handelt es sich um eine Regelung, die dem Schutz der Gesellschaft davor dient, Nachteile zu erlangen, indem ihr Vertreter im eigenen Interesse für diese ungünstige Rechtsgeschäfte mit sich selbst vornimmt. Sie findet daher keine Anwendung, wenn ein solcher Interessenkonflikt ganz offensichtlich nicht besteht, dem Vertreter insbesondere gestattet wird, so zu handeln. So etwa bei der Durchführung von Gesellschafterbeschlüssen, die allgemeine Maßnahmen der Geschäftsführung oder Gesellschaftsangelegenheiten betreffen (BGH NJW 1991, 691 [692]; Schäfer in BeckOK BGB, 44. Ed. 1.11.2017, BGB § 181 Rn. 14). Dasselbe gilt, wenn durch die Vertretungshandlung eine Gefahr für die Gesellschaftsinteressen überhaupt nicht eintreten kann (BGH, ebenda). Beides ist vorliegend gegeben. Denn die Kündigungserklärung setzt ausschließlich den Willen des Gesellschafterbeschlusses vom Juli 2014 um. Durch die Ausübung der Vertretungsbefugnis der mitgesamtvertretungsberechtigten Beklagten wäre daher § 181 BGB nicht einschlägig. Die Befürchtung, dass die Beklagte aufgrund eigener Interessen ihre Mitwirkung an der Kündigung versagt, ist hingegen kein Fall des § 181 BGB, sondern nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen zu behandeln. § 181 BGB bezieht sich nur auf die Ausübung der Vertretungsbefugnis, weshalb die Rechtsfolge eines Verstoßes gegen das Verbot des Selbstkontrahierens die schwebende Unwirksamkeit des vorgenommen, nicht die schwebende Wirksamkeit des unterlassenen Rechtsgeschäfts ist.

Die Beklagte war auch nicht nach den §§ 741, 709 BGB, § 181 BGB analog, §§ 34, 47 Abs. 4 Satz 2 Alt. 1 GmbHG analog von der Vertretung der Klägerin ausgeschlossen. Aufgrund der Verknüpfung von Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis bei der GbR könnte ein im Einzelfall von einer Beschlussfassung ausgeschlossener Gesellschafter im Zuge der Umsetzung dessen auch von der Geschäftsführung ausgeschlossen sein. Voraussetzung wäre insoweit, dass die Beklagte vorliegend an der Umlaufbeschlussfassung hinsichtlich der Kündigung ihres Mietvertrages nicht zu beteiligen gewesen wäre. Eine solche Rechtsfolge kann sich mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung für die GbR nur aus einer analogen Anwendung des § 181 BGB iVm. §§ 34, 47 Abs. 4 Satz 2 Alt. 1 GmbHG analog ergeben (Schöne in BeckOK BGB, 44. Ed. 1.11.2017, BGB § 709 Rn. 49; Habermeier in Staudinger (2003) BGB § 709, Rn. 24; Schäfer in Münchener Kommentar zum BGB 7. Aufl. 2017 § 709 Rn. 70 mwN). Daraus folgt an sich, dass ein Gesellschafter grundsätzlich von der Geschäftsführung und Beschlussfassung ausgeschlossen ist, wenn über ein Vertragsverhältnis zwischen diesem und der Gesellschaft abgestimmt wird (so Schäfer in Münchener Kommentar zum BGB 7. Aufl. 2017 § 709 Rn. 70; Schöne in BeckOK BGB, 44. Ed. 1.11.2017, BGB § 709 Rn. 14).

Der Stimmrechtsausschluss gilt jedoch nicht unbedingt, sondern hat sich wertend am Einzelfall und dem Normzweck des Verbots zu orientieren (Schindler in BeckOK GmbHG, 33. Ed. 1.11.2017, GmbHG § 47 Rn. 116). Der an die Stimmrechtsverbote des GmbHG angelehnte und der Wertung des § 181 BGB unterworfene Ausschluss eines Gesellschafters bei der Abstimmung über ein Vertragsverhältnis zwischen ihm und der Gesellschaft dient dem Schutz der Interessen letzterer davor, dass der an dem Rechtsgeschäfts zugleich als Außenstehender beteiligte Gesellschafter seine in dieser Position begründeten Interessen auch bei der gesellschaftsinternen Abstimmung einfließen lässt, er somit in der Funktion als Gesellschafter nicht ausschließlich die Gesellschaftsziele verfolgt (Schindler in BeckOK GmbHG, 33. Ed. 1.11.2017, GmbHG § 47 Rn. 6; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck GmbHG § 47 Rn. 76). Hier ist bereits zu sehen, dass die starke eigene Rechtspersönlichkeit der GmbH, deren Interessen schützenswert sind, mit der personengebundenen GbR, deren eigene Rechtspersönlichkeit deutlich schwächer ausgeprägt ist, nicht direkt zu vergleichen ist. Die für Kapitalgesellschaften bzw. von dem konkreten Gesellschafterbestand abgekoppelten Gesellschaften geltenden Vorschriften hinsichtlich eines Stimmrechtsausschlusses bei Interessenkollisionen, wie etwa die §§ 47 Abs. 4 GmbH; 136 Abs. 1 AktG; 43 Abs. 6 GenG; 34 BGB, sind im Personengesellschaftsrecht gerade nicht enthalten (darauf bereits hinweisend BGH NJW 1974, 1555 [1556]). Für die OHG ist das zudem nur ausnahmsweise vorgegeben (§ 113 Abs. 2 HGB). Daher gilt das Stimmrechtsverbot im Falle von Interessenkollisionen bei der OHG, die der GbR insoweit deutlich näher steht, gerade nicht grundsätzlich (Freitag in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn HGB-Kommentar 3. Aufl. 2014 § 119 Rn. 16; für den Verein Schöpflin in BeckOK BGB, 44. Ed. 1.11.2017, BGB § 34 Rn. 3; aA. Roth in Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch 38. Auflage 2018 § 119 Rn. 8). Eine entsprechende Anwendung der Regelungen zum jedenfalls grundsätzlichen Stimmrechtsausschluss ist daher nur dann und insoweit geboten, wie der Schutz der GbR dieses erfordert, der Ausschluss also sachlich gerechtfertigt ist (BGH NJW 1974, 1555 [1556] für die OHG). Hier steht der Schutz der Gesellschafter untereinander für die Erreichung ihres Gesellschaftswecks im Vordergrund, so dass der Ausschluss eines Gesellschafters von der Geschäftsführung und konkret der Beschlussfassung über Verträge mit ihm stärker mit Bezug auf die Interessen der übrigen Gesellschafter zu beurteilen ist.

Im vorliegenden Fall ist zu sehen, dass die Vergünstigungen der Beklagten aus der Vereinbarung vom 27.12.1995, die ihr über die Kündigung entzogen werden sollen, jeden Gesellschafter treffen. Das auch unabhängig davon, ob diese von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, wie der Gesellschafter E. M., oder nicht, wie die übrigen Gesellschafter P. M. und E. S.. Die Beklagte nimmt keinen Sondervorteil für sich in Anspruch, der nicht auch den übrigen Gesellschaftern zustehen würde. Es wäre daher nicht gerechtfertigt, dass diese alleine der Beklagten ihren Vorteil einseitig unter Bezugnahme auf deren Interessenkollision entziehen könnten, ohne die eigenen Vorteile zugleich unter Einbeziehung der Beklagten in der Beratung und Abstimmung zur Disposition zu stellen. Erforderlich ist also ein, wie es der Bundesgerichtshof einschränkend gegenüber den Stimmrechtsverboten (selbst bei nur einen Gesellschafter bevorteilenden Beschlüssen) fordert, „sachgerechtes Zusammenwirken“ der Gesellschafter (BGH NJW 1955, 1716; Freitag in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn HGB-Kommentar 3. Aufl. 2014 § 119 Rn. 16). Das gilt umso mehr, wenn alle Gesellschafter tatsächlich oder auch nur potentiell begünstigt sind.

Hierbei handelt es sich um einen allgemeinen Grundsatz im Gesellschaftswie im Gemeinschaftsrecht, dass Gesellschafter oder Miteigentümer untereinander keine einseitigen Folgen aus gesellschafts- oder gemeinschaftsschädlichem Verhalten geltend machen können, wenn sie selbst am diesen teilhaben, das Ausmaß des Interessenkonflikts also für mehrere Gesellschafter identisch ist (BGH NJW 2009, 2300 [2303]; BGH NJW 1986, 2501 [2052]). In diesen Fällen unterliegen entweder alle (betroffenen) Gesellschafter oder keiner dem Stimmrechtsverbot. Das wird zwar überwiegend bei gemeinsam begangenen Verfehlungen erörtert (vgl. bspw. BGH NGZ 2009, 1309 [1310]; BGH NJW 2009, 2300 [2303]; BGH NZM 2010, 408; Schöne in BeckOK BGB, 44. Ed. 1.11.2017, BGB § 709 Rn. 49; Freitag in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn HGB-Kommentar 3. Aufl. 2014 § 119 Rn. 16; Hügel/Elzer Wohnungseigentumsgesetz 2. Auflage 2018 § 18 Rn. 21). Dem liegt jedoch der allgemeine Grundgedanke inne, dass dann, wenn jeder Gesellschafter bei der Abstimmung über eine alle gleichfalls treffende Sonderstellung wegen Interessenkonflikts ausgeschlossen wäre, es nicht darauf ankommen kann, über wessen Sonderbeziehung zuerst bzw. in welcher Konstellation der übrigen Gesellschafter beschlossen wird. Sind mehrere Gesellschafter von der gleichen Angelegenheit betroffen, soll es einer beliebigen Gesellschaftermehrheit nicht möglich sein, ihre gleichgerichteten Interessen mit Stimmrechtsausschluss jeweils nur eines von ihnen durchzusetzen (Roth in Roth/Altmeppen GmbHG 8. Aufl. 2015 § 47 Rn. 77). Über diejenige Rechte, die zumindest potentiell allen Gesellschaftern zustehen, müssen sich – wie es der Bundesgerichtshofs vorstehend erörtert für geboten hält – auch alle Gesellschafter auseinandersetzen und eine Abstimmung herbeiführen.

Das folgt gleichfalls aus dem zwischen den Gesellschaftern herrschenden Gleichbehandlungsgrundsatz. Dieser verpflichtet auch bei der GbR, bei der Abstimmung über Maßnahmen der Gesellschaft eine willkürliche Ungleichbehandlung der Gesellschafter zu unterbinden (BGH NGZ 2013, 984; Born in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn HGB-Kommentar 3. Aufl. 2014 § 109 Rn. 28; Schöne in BeckOK BGB, 44. Ed. 1.11.2017, BGB § 705 Rn. 108). Stehen nur einem Gesellschafter aufgrund vertraglicher Verbindungen mit der Gesellschaft Vorteile zu oder sollen solche im Zuge eines Vertragsschusses begründet werden, ist es gerechtfertigt, ihn von der innergesellschaftlichen Willensbildung auszuschließen, da er im Gegensatz zu den anderen Gesellschaftern Sonderinteressen aufweist. Haben hingegen alle Gesellschafter identische Rechte gegenüber der Gesellschaft, ist für den Ausschluss eines Gesellschafters im Zuge einer Entscheidung nur über dessen Sonderbeziehung kein Raum. Hier kann im Falle der Verfolgung evident gesellschaftsfremder Zwecke eine innergesellschaftliche Handlungspflicht eingefordert werden.

Die übrigen Gesellschafter waren vorliegend auch nicht schutzlos, da sie einerseits eine höhere Vergütung gegenüber der Beklagten geltend machen konnten. Dass diese zu deren Begleichung ggf. nicht in der Lage ist, ist hierbei nicht zu berücksichtigen, sondern würde vielmehr das Kündigungsrecht aus § 543 BGB begründen. Alternativ konnten sie die Beklagte aus gesellschaftsrechtlichen Pflichten auf Zustimmung im Rahmen der Beschlussfassung und Vertretung im Außenverhältnis gerichtlich in Anspruch nehmen und versuchen, ihre bzw. die Interessen der Gesellschaft auf diesem Wege durchzusetzen. Dafür aber ist eine Vorbefassung wie vorstehend erörtert geboten und erforderlich, und zwar unter der Prämisse, dass die Beklagte stimmberechtigt ist und daher auch als Gesellschafterin eine Verhandlungsposition innehat, deren Grundlage für alle Gesellschafter besteht. Die Frage, ob von der Vereinbarung vom 27.12.2015 erfasste Mietverhältnisse der GbR mit Gesellschaftern und damit auch der Beklagten aus Gründen angenommener Unwirtschaftlichkeit zu kündigen sind, ist eine in der GbR grundsätzlich zu klärende Frage. Sie konnte nicht einseitig durch die übrigen Gesellschafter beschlossen werden, nur weil diese ggf. von ihrer Vergünstigungsmöglichkeit keinen, bzw. keinen unwirtschaftlichen Gebrauch machen. Dass die Beklagte inzwischen ggf. nicht mehr Gesellschafterin ist, ist für die Beurteilung der damaligen Willensbildungs- und Vertretungsvorgänge unbeachtlich.

Da die Beklagte somit bei der Abstimmung stimmberechtigt war, war sie zugleich im Außenverhältnis nach dem Grundsatz der Gesamtvertretung zu der Mitwirkung an der Kündigung berufen. Die Tatsache, dass sie in der Abstimmung der Maßnahme aller Voraussicht nach widersprochen hätte, ist unbeachtlich, da dieses keinen Einfluss auf die Vertretungsbefugnis (und damit zugleich -notwendigkeit) nach § 714 BGB hätte (BGH NJW 1955, 825 [826]; Schäfer in Münchener Kommentar zum BGB 7. Auflage 2016, § 714 Rn. 20). Die Kündigung ist daher nicht durch die erforderliche Anzahl gesamtvertretungsberechtigten Gesellschafter erklärt worden, was in entsprechender Anwendung der §§ 164 ff. BGB (Habermeier in Staudinger [2003] BGB § 714, Rn. 9; Schöne in BeckOK BGB, 44. Ed. 1.11.2017, BGB § 709 Rn. 3) zu ihrer Unwirksamkeit führt.

Aber selbst wenn die Beklagte vorliegend von der Geschäftsführung und somit auch der Vertretung ausgeschlossen wäre, die übrigen Gesellschafter diese also hätten wirksam aussprechen können, wäre die Kündigung, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB). Denn die Klägerin wäre aufgrund der Vereinbarung vom 27.12.1995 unmittelbar dazu verpflichtet, den Mietvertag zu den dortigen Konditionen wieder abzuschließen. Der Streit über die zu zahlende Miete führt zu keinem abweichenden Ergebnis, da die Klägerin diese unmittelbar aufgrund der Vereinbarung geltend machen kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision war zuzulassen, da die Rechtssache hinsichtlich der Begründung von Stimm- und Vertretungsverboten von GbR-Gesellschaftern, insbesondere bei allen Gesellschaftern zugleich als Außenstehende zustehenden Vergünstigungen gegenüber der Gesellschaft, grundsätzliche Bedeutung hat und daher eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nrn. 1, 2 ZPO)

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 3 ZPO.

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