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Geltendmachung von Mietminderung auf Grund von Feuchtigkeitsschäden

AG Hamburg-Bergedorf – Az.: 409 C 146/10 – Urteil vom 10.01.2012

1. Unter Abweisen der Klage im Übrigen wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger EUR 2.603,00 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 20.08.2010 zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung von 120% des jeweils zu vollstreckbaren Betrages.

Tatbestand

Die Parteien  stritten ursprünglich über die Räumung von gemietetem Wohnraum, zuletzt streiten die Parteien über die Kosten der Erledigung dieses ursprünglichen Räumungsantrages sowie über rechnerisch offene Miete.

Die Parteien sind gebunden über einen Mietvertrag vom 09.12.2007 im R Weg … . Im Dezember 08 / Januar 09 trat Feuchtigkeit in den gemieteten Räumen auf, der Kläger unternahm eine Dachsanierung und andere Arbeiten am Haus für EURO 2.000,00, so dass (zunächst) die Feuchtigkeit in den gemieteten Wohnräumen beseitigt war.

Unter dem 03.02.2010 zeigte die Beklagte erneute Feuchtigkeit an und machte Minderung ab Januar 2010 geltend. In der Folgezeit stritten die Parteien über die Verantwortlichkeit hinsichtlich dieser Feuchtigkeit.

Unter dem 06.03.2010 zeigte die Beklagte weitere Feuchtigkeit an.

Unter dem 15.02.2010 kündigte der Kläger gegenüber der Beklagten mit der Begründung, dass die Mietwohnung Teil des von ihm selbst bewohnten Gebäudes sei und dieses Gebäude über nicht mehr als zwei Wohnungen verfüge.

Am 27.06.2010 gab die Beklagte die Wohnung zurück.

Am 02.07.2010 kündigte die Beklagte fristlos wegen Feuchtigkeit und Schimmel.

Nachdem der Kläger ursprünglich auf Grund der von ihm ausgesprochenen Kündigung Herausgabe der Wohnräume mit seiner Klage begehrt hatte, haben die Parteivertreter diesen Antrag übereinstimmend für erledigt erklärt und wechselseitig Kostenantrag gestellt.

Nunmehr begehrt der Kläger noch vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten und rechnerisch offene Miete.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 399,72 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 2.603,00 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze einschließlich der dort genannten Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Augenscheinseinnahme und Einholen eines Sachverständigengutachtens. Wegen der Feststellungen bei der Augenscheinseinnahme wird auf das Protokoll vom 18.11.2010 Bezug genommen, wegen des Inhaltes der Beweisaufnahme durch Sachverständigengutachten wird Bezug genommen auf das Gutachten des Sachverständigen G vom 18.11.2011.

Entscheidungsgründe

Hinsichtlich der rechnerisch offenen Miete ist die Klage begründet, im Übrigen unbegründet.

Soweit die Beklagte Mängel der gemieteten Räume geltend macht, kann sie damit nicht durchdringen.

Unstreitig unter den Parteien hatte der Kläger im Dezember 08 / Januar 09 Arbeiten am Haus durchführen lassen, sodass zunächst für mindestens ein Jahr Feuchtigkeit in den Räumen der Beklagten nicht mehr vorhanden war. Unter dem 03.02. und 06.03.2010 hatte die Beklagte dann erneute Feuchtigkeit angezeigt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Vorsitzende nicht davon überzeugt, dass diese Feuchtigkeit ihre Ursache in der Bausubstanz trägt, sodass umgekehrt der Vorsitzende davon überzeugt ist, dass es sich insoweit um falsches Wohnverhalten handelt.

Allerdings hat der Sachverständige in seinem Gutachten vom 18.11.2011 ausgeführt, an der Außenwandfläche seien starke Farbabblätterungen und Rissbildungen vorgefunden worden. Nach Untersuchungen zum Aufbau des Mauerwerkes und zum Wärmedurchlasswiderstand kommt der Sachverständige zu dem Zwischenergebnis, dass bei einem schadensfreien Außenmauerwerk mit der vorhandenen Konstruktion mit Luftschicht die Dämmwerte für ein schimmelpilzfreies Bewohnen im Normalfall gerade eben noch ausreichen würden, wenn gut gelüftet und geheizt werden würde. Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, dass eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür vorläge, dass es vor den zwischenzeitlich getätigten Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen durch substanzbedingte Umstände zu Feuchtigkeitserscheinungen und dann folgenden Schimmelpilzbildungen gekommen sei.

Das alles bezieht sich also auf die Zeit vor der Sanierung durch den Kläger, soweit der Sachverständige zum Ergebnis kommt, substanzbedingte Schäden würden zu Feuchtigkeitserscheinungen geführt haben – mit hoher Wahrscheinlichkeit -.

Sodann schreibt der Sachverständige weiter, dass es keinen Ansatz für Nachweise für ein unzureichendes Lüftungs- und Heizverhalten gäbe.

Auch das berücksichtigt der Vorsitzende.

Der Sachverständige war nunmehr nach den neuen Bildern der Außenwand und des Dachaufbaues aber nicht in der Lage, substanzbedingte Schäden festzustellen, die dafür sprechen könnten, dass die Bausubstanz zu den von der Beklagten gerügten Feuchtigkeitserscheinungen geführt hätten.

Insoweit ist von dem Vorsitzenden zwingend weiter der folgende Ablauf zu berücksichtigen:

Nachdem die Beklagte (die neue) Feuchtigkeit beklagt hatte und die Wohnung Ende Juno 2010 an den Kläger zurückgegeben hatte, hat der Kläger lediglich eine Innenraumrenovierung durchgeführt, keinesfalls aber neue Arbeiten an der Außenhaut. Die Ortsbesichtigung vom 18.11.2010 hat sodann ergeben, dass der Vorsitzende komplett renovierte Wohnräume sehen konnte, die ehemals von der Beklagten angemietet worden waren. Der Vorsitzende konnte keinen Ansatz für die beklagte Feuchtigkeit (mehr) sehen, obwohl schon Tage zuvor Frost herrschte – vergleiche Beschluss vom 14.12.2010. Wenn substanzbedingte Feuchtigkeit vorgelegen haben sollte, hätte – eigentlich – am 18.11.2010 wieder Feuchtigkeit in den Räumen zu sehen sein müssen.

Auch in dem Zeitraum bis zur mündlichen Verhandlung vom 20.12.2011 hat es keine Feuchtigkeit in diesen Räumen (mehr) gegeben, jedenfalls trägt der Kläger unwidersprochen vor, dass bis zu diesem Tage die neue Mieterin sich über keine Feuchtigkeit beklagt hätte. Dann aber ist nach dem Auszug der Beklagten über etwa eineinhalb Jahre in den ehemals von ihr angemieteten Wohnräumen keine Feuchtigkeit mehr aufgetreten, obgleich die Außenhaut des Gebäudes unverändert geblieben war. Das lässt wiederum für den Vorsitzenden den alleinigen Rückschluss zu, dass hier ein Wohnverhalten der Beklagten zu den von ihr gerügten Feuchtigkeitserscheinungen geführt haben muss. Jedenfalls sind nach diesem Ablauf der tatsächlichen Umstände bausubstanzbedingte Mängel nicht erkennbar, der Vorsitzende meint, solche ausschließen zu können, weil eben eineinhalb Jahre lang keine neue Feuchtigkeit in den ehemals von der Beklagten bewohnten Wohnräumen aufgetreten ist.

Dementsprechend ist der Zahlungsantrag des Klägers hinsichtlich der rechnerischen offenen Miete vollen Umfanges aus § 535 BGB heraus begründet.

Im Übrigen ist die Nebenforderung – vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten – ebenso unbegründet, wie die Kosten für den erledigt erklärten Teil gemäß § 91a ZPO der Klägerseite aufzuerlegen sind, weil auch die ursprüngliche Räumungsklage unbegründet war.

Allerdings ist das Mietverhältnis mindestens zum 31.08.2011 beendet worden. Denn der Wille des Klägers ging ausweislich seiner Kündigung vom 15.02.2010 dahin, das Mietverhältnis zum 31.08.2010 zu beenden, wobei dieses Ergebnis als solches von der Beklagten geteilt wurde, weil sie die Wohnung Ende Juno 2010 zurückgegeben hat.

Die ursprüngliche Kündigung war aber unwirksam, da der Kläger nicht auf das Sonderkündigungsrecht nach § 573a BGB zurückgreifen konnte. Denn nach Auffassung des Vorsitzenden ist das Haus nicht als ein solches zu betrachten, wie es § 573a BGB vorsieht, mit einem Haus, welches nicht mehr als zwei Wohnungen aufweist.

Der Vorsitzende verweist zunächst auf die eingehenden Feststellungen gemäß Protokoll vom 18.11.2010, dort Seiten 1 und 2. Dort sind die einzelnen Räumlichkeiten ins Einzelne gehend beschrieben. Zwar könnte man mit der Klägerseite der Auffassung sein, dass das Haus keine vollständigen drei Wohnungen aufweist. Es sind aber so viele, teilweise in sich abgeschlossene Wohnräume vorhanden, dass der Vorsitzende diesen Zustand nicht mehr unter § 573a Abs. 1 BGB subsumieren kann. Denn neben denjenigen beiden Wohnungen, die unstreitig geschlossenen Wohnraum darstellen, finden sich noch eine Reihe weiterer Wohnräume. Auf Seite 2 des Protokolls vom 18.11.2010 ist oben wiedergegeben, dass sich beim Weitergehen Räumlichkeiten ergeben, die aus einem kleineren Zimmer und einem dahinter gelegenen Zimmer ergeben. Das sind getrennte Wohnräume. Sodann gibt es an der Eingangstür zu diesen beiden Räumlichkeiten den Zugang zu einem Raum, der bis zu einer Höhe von etwa von 1,60 Meter an den Wänden rundherum gefliest ist und ein Waschbecken aufweist. Zudem befindet sich in diesem Raum eine Badewanne, die zwar nicht angeschlossen ist, die Technik dafür ist aber vorhanden, wenn auch nicht betriebsbereit.

Sodann ist auf Seite 2 dieses Protokolls beschrieben, dass sich Räumlichkeiten im Zwischenstock finden lassen, die subjektiv auf den ersten Blick für den Vorsitzenden wie eine Wohnung ausgesehen haben. Zu diesen Räumlichkeiten gehört ein Zimmer, ein WC und ein Duschraum.

Sodann gibt es im ersten Stock in der Nähe der ehemals an die Beklagte vermieteten Wohnung abgehend vom weiteren Flurbereich ein weiteres Zimmer, welches sodann in ein gefangenes Zimmer und in einen Dusch- und Toilettenbereich mündet.

Letztlich gibt es hier in diesem Bereich einen weiteren durch eine Zimmertür oder Wohnungseingangstür getrennten Raum, in dem ein Bett gestanden hat.

Alles das sind zusammengenommen so viele Räume, die mindestens als eine dritte – gestückelte- Wohnung zu bewerten sind. Jedenfalls ergibt die Zusammenschau dieser gesamten Räumlichkeiten, dass nicht allein zwei Wohnungen vorhanden sind im Haus, sondern so viele weitere getrennte Räume, dass darin problemlos eine weitere Wohnung zu sehen ist.

 

In keinem Fall unterfällt dieses Haus dem Sinn und Zweck und nach Auffassung des Vorsitzenden auch nicht dem Wortlaut des § 573a BGB. Denn dort ist die Rede von einem Haus mit „nicht mehr als zwei Wohnungen“. Keinesfalls schreibt diese Norm von einem Haus mit weniger als drei Wohnungen. Dann aber kann es auf die Geschlossenheit einer dritten Wohnung nicht ankommen. Ankommen muss es auf die Frage, ob neben der – geschlossenen – Wohnung des Vermieters und derjenigen des Mieters es noch so viele weitere Wohnräume gibt, dass der Sinn und Zweck dieser Vorschrift nicht mehr erfüllt ist. Das ist aber jedenfalls dann der Fall, wenn die weiter vorhandenen Wohnräume eine solche Vielzahl und Qualität zum Inhalt haben, dass man diese problemlos an weitere Personen zum Wohnen vermieten könnte. Das aber ist nach Auffassung des Vorsitzenden hier der Fall. Denn es sind insgesamt außerhalb der beiden – geschlossenen – Wohnungen des Vermieters und des Mieters 6 – sechs(!) – weitere Wohnräume vorhanden, dazu ein WC und Duschraum, ein weiterer Raum mit Dusch- und Toilettenbereich und ein weiteres Zimmer, welches bis zu einer Höhe von etwa 1,60 gefliest ist und jedenfalls die Möglichkeit bietet, hier eine Küche zu installieren.

Damit weicht dieses Urteil nicht von der Rechtsprechung des BGH ab. In seinem Urteil vom 17.11.2010 – VIII ZR 90/10 hat der BGH lediglich festgestellt, dass in dem dort zu entscheidenden Fall drei Wohnungen tatsächlich vorhanden waren und deshalb die erleichterte Kündigungsmöglichkeit aus § 573a BGB nicht bestanden habe. Der BGH hat nicht entschieden und musste auch nicht entscheiden, ob diejenigen Räumlichkeiten, die neben zwei  geschlossenen Wohnungen vorhanden sind, eine komplett geschlossene Wohnung darstellen müssen, oder aber,  ob es ausreicht, wenn über zwei geschlossene Wohnungen hinaus so viel getrennter Wohnraum vorhanden ist, dass nicht mehr davon gesprochen werden kann, es handele sich bei dem Gebäude um ein solches mit „nicht mehr als zwei Wohnungen“. Ganz konkret zu diesem Unterscheidungsmerkmal äußert sich auch z.B. Börstinghaus in seiner Anmerkung zu diesem BGH-Urteil nicht – jurisPR-BGHZivilR 10/2011

Dementsprechend muss die Klägerseite die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten für die – unbegründete – Kündigung vom 15.02.2010 selbst tragen.

Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Streitwerte vor und bei der mündlichen Verhandlung ergibt sich die Kostenentscheidung aus §§ 92, 91a ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

 

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