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Gemeinschaftsheizungsanlage – Schadensersatzansprüche

LG Düsseldorf, Az.: 2b O 199/17, Urteil vom 10.07.2018

In dem Rechtsstreit hat die 2 b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf aufgrund mündlicher Verhandlung vom 29.05.2018 für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand:

Bei den Parteien handelt es sich um zwei selbstständige benachbarte Wohnungseigentümergemeinschaften. Beide Wohnungseigentümergemeinschaften verfügen über eine gemeinsame Heizungsanlage, die sich in den Räumlichkeiten der Beklagten befindet. Gemäß § 3 der Teilungserklärung wird der Energieverbrauch der Klägerin durch einen Zwischenzähler ermittelt. Im Grundbuch ist daher eine Grunddienstbarkeit folgenden Inhalts eingetragen: „Der jeweilige Eigentümer der herrschenden Grundstücks ist berechtigt, die auf dem dienenden Grundstück befindliche Heizungsanlage für die Wärmeversorgung einschließlich der Zu- und Ableitungsrohre zu halten, zu unterhalten und mitzubenutzen, wobei die Unterhaltungskosten und Instandhaltungskosten den jeweiligen Eigentümern der herrschenden Grundstücke zu 1/3 und der dienenden Grundstücke zu 2/3 zufallen, während die Energiekosten nach dem gemessenen Energieverbrauch aufgeteilt werden …“.

Jedenfalls seit 1999 war allerdings kein Zwischenzähler vorhanden. Die von den Eigentümern der klägerischen Wohnungseigentümergemeinschaft zu tragenden Energiekosten wurden vielmehr nach einem Verteilerschlüssel von circa 40 % zu Lasten der Klägerin und 60 % zu Lasten der Beklagten verteilt. Ende 2015 wurde ein neuer Zwischenzähler installiert und seitdem wieder nach Verbrauch abgerechnet.

Gemeinschaftsheizungsanlage - Schadensersatzansprüche
Foto: Gudella/Bigstock

Die Klägerin behauptet, sie habe erst im Jahr 2015 Kenntnis von dieser Abrechnungspraxis erhalten. Die jeweiligen Eigentümer hätten nur die von der Verwalterin gefertigten Abrechnungen erhalten, nicht jedoch die dieser zugrundeliegenden Abrechnungen der Firma I., aus denen sich der Abrechnungsmodus ergebe. Die Verwalterin der Beklagten habe mit Email vom 29. November 2016 auf die Einrede der Verjährung verzichtet (Anlage K3). Sie ist der Ansicht, mangels Zwischenzählers seien die Verbrauchskosten nach dem Verhältnis der jeweiligen beheizbaren Flächen zu verteilen. Dieses Verhältnis betrage 32,56 % zu Lasten der Klägerin und 67,44 % zu Lasten der Beklagten. Für die Jahre 1999 bis 2014 ergebe sich ein zu viel gezahlter Betrag in Höhe von 24.488,59 Euro.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 24.488,59 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1. Oktober 2017 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.242,94 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie erhebt die Einrede der Verjährung. Die Klägerin habe durch die jeweiligen Abrechnungen Kenntnis von der Abrechnungspraxis gehabt. Die Verwalterin sei nicht befugt gewesen, ohne entsprechenden Beschluss der Wohnungseigentümer einen Verzicht auf die Einrede der Verjährung zu erklären. Ferner rügt sie die Aktiv- und Passivlegitimation der Wohnungseigentümergemeinschaften, da die Rechte und Pflichten aus Grunddienstbarkeiten den einzelnen Wohnungseigentümern zustünden. Sie bestreitet die von der Klägerin ermittelten beheizbaren Flächen mit Nichtwissen. Sie ist der Ansicht, in der jahrelangen Abrechnung nach einem Verteilungsschlüssel von 40/60 liege eine konkludente Vereinbarung.

Die Klage ist am 6. November 2017 bei Gericht eingegangen. Nach Einzahlung des Kostenvorschusses am 4. Dezember 2017 ist die Klagezustellung durch das Gericht erst am 3. Januar 2018 verfügt worden. Die den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 16. Januar 2018 zugestellte Abschrift haben diese am 19. Januar 2018 zurückgereicht unter Hinweis auf die fehlende gerichtliche Vertretungsbefugnis. Darauf ist die Klage am 2. Februar 2018 der Beklagten zugestellt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

Ein Anspruch ergibt sich weder aus §§ 1027, 280 BGB, § 823 BGB noch aus § 812 BGB.

Es fehlt bereits an der Aktivlegitimation des Verbandes. Zwar steht eine Grunddienstbarkeit nach § 1018 BGB dem jeweiligen Eigentümer des herrschenden Grundstücks zu, bei Aufteilung dieses Grundstücks in Miteigentumsanteile nach § 8 WEG den Miteigentümern in Gemeinschaft zu (BayObLG NJW-RR 1990, 1043). Für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wird – anders als für Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche – eine geborene Ausübungsbefugnis des Verbandes gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG angenommen (BGH V ZR 45/17). Allerdings begründet diese lediglich die Prozessführungsbefugnis zur Geltendmachung der bei den einzelnen Wohnungseigentümern eingetreten Schäden und nicht ein eigenes Forderungsrecht des Verbandes. Eine Abgrenzung der den jeweiligen Wohnungseigentümern entstandenen Schäden enthält die Klage nicht.

Darüber hinaus bestehen Zweifel an der Passivlegitimation der Beklagten. Insoweit hat die Rechtsprechung – worauf die Beklagte zu Recht hinweist – entschieden, dass jedenfalls die Primärpflicht – zur Verfügung Stellung von Heizenergie aus einer Reallast – nicht den Verband, sondern die einzelnen Wohnungseigentümer betrifft (LG Freiburg 1 O 374/15, bestätigt durch OLG Karlsruhe 13 U 75/17 – IBR-Online). Dass der Verband in Abweichung hiervon für eine Verletzung der sich aus dem der Reallast zugrundeliegenden Vertrag ergebenden Pflichten passivlegitimiert sein sollte, ist nicht anzunehmen.

Für einen Anspruch aufgrund schuldhafter Pflichtverletzung – wie in §§ 280, 823 BGB – fehlt es, worauf das Gericht bereits im Termin zur mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, an hinreichendem Vortrag zu den Umständen. Es ist nicht klar, ob jemals ein Zwischenzähler installiert war oder wer diesen zu welchem Zeitpunkt und aus welchem Grund entfernt hat. Ferner ist nicht klar, ob es hierzu Ansprachen der Parteien gegeben hat. Offenkundig ist die gewählte Abrechnung über Jahre hinweg durch alle Beteiligten gebilligt worden. Es erscheint durchaus naheliegend, dass es Absprachen gegeben haben mag, denn ansonsten wäre kaum zu erwarten, dass die Eigentümer die Veränderung ihrer Kostenlast beanstandungsfrei hingenommen hätten.

Zudem kann der konkrete Schaden nicht festgestellt werden. Die exakte Ermittlung des tatsächlichen Verbrauchs ist nachträglich nicht möglich. Für eine Schätzung nach § 287 ZPO fehlen hinreichende Anknüpfungspunkte. Die Klägerin trägt insoweit vor, der Schaden sei anhand der sich unter Heranziehung der beheizbaren Flächen ergebenden Kosten zu schätzen. Dass dies aber die dem tatsächlichen Verbrauch nächstkommende Schätzmethode ist, ist weder dargelegt noch ersichtlich. Zum Heizverhalten der Parteien ist nichts bekannt. Insbesondere fällt insoweit auf, dass sich keiner der klägerischen Wohnungseigentümer über zum Zeitpunkt des Ausbaus des Zählers gestiegene Heizkosten beschwert hätte.

Die Forderung wäre zudem jedenfalls für die Jahre bis einschließlich 2013 auch verjährt, §§ 195, 199 BGB, Art. 229 EGBGB. Es ist davon auszugehen, dass die Eigentümer der klägerischen Wohnungseigentümergemeinschaft bereits durch die jeweiligen Jahresabrechnungen Kenntnis von der Abrechnungspraxis gehabt haben. Zum einen dürften die dem Gericht nicht vorliegenden Abrechnung Angaben zum Verteilungsschlüssel enthalten. Sollte die frühere Verwalterin der Klägerin bei Erstellung der Abrechnungen diese Angabe tatsächlich unterlassen haben, dürfte der Klägerin jedenfalls die Kenntnis der Verwalterin von dieser Abrechnungspraxis zuzurechnen sein (KG Berlin, 21 U 84/11). Soweit die Klägerin sich auf den in Anlage K3 enthaltenen Verzicht auf die Einrede der Verjährung beruft, kann dahinstehen, inwieweit die Verwalterin zu dessen Abgabe befugt war und ob sich die Beklagte insoweit im Außenverhältnis einen Anschein zurechnen lassen muss. Nach Dafürhalten des Gerichts spricht mehr dafür eine gesetzliche Vertretungsmacht aus § 27 Abs. 3 BGB abzulehnen. Es wäre ohne weiteres möglich gewesen, innerhalb eines verbliebenen Monats noch einen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft zum Verjährungsverzicht herbeizuführen. Allerdings enthält die Erklärung vom 29. November 2016 ausdrücklich den Zusatz „bezüglich der durch Verstreichen der Jahresfrist betroffenen Ansprüche“. Gemeint sind damit aus dem Zusammenhang der Email diejenigen Ansprüche, die bei Zuwarten mit einer Klage über den Jahresablauf 2016 hinaus verjähren würden. Dies sind hier die Ansprüche aus dem Jahr 2013 oder möglicherweise die Ansprüche aus dem Jahr 2012, soweit die Klägerin bzw. ihre Verwalterin erst im Jahr 2013 Kenntnis von diesen erhalten haben sollte. (Dann wären allerdings möglicherweise die Ansprüche auf 2013 nicht erfasst.) Soweit die Klägerin dem Zusatz „zumindest“ entnehmen will, dass weitere Ansprüche gemeint sind, folgt das Gericht dem nicht. Das Wort „zumindest“ wird im Sprachgebrauch verschiedentlich verwendet, nach einer Synonymsuche im Internet für „mindestens, jedenfalls, als wenigstes, gut und gerne, aber, andererseits, auf jeden Fall, geringstenfalls, wenigstens, zum Mindesten, zum wenigsten, sowieso, tatsächlich, nicht weniger als, immerhin, grundsätzlich, im Grunde genommen, allenfalls, bestenfalls, ein Mindestmaß, jedenfalls, mehr als, nur wenige, schließlich, selbstverständlich“. Eine verbindliche Erklärung jedwede Ansprüche seit 1999 von der Einrede der Verjährung ausnehmen zu wollen, vermag das Gericht dem nicht zu entnehmen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 Satz 1 ZPO.

Streitwert: 24.488,59 Euro

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