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Gewerberaummiete- formularmäßige Beschränkung der Aufrechnung zulässig?

LG Berlin, Az.: 29 O 297/11

Urteil vom 14.08.2012

1. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 97.082,31 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.01.2011 zu zahlen.

2. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.780,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.07.2011 zu zahlen.

3. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin weitere 50.412,81 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 246,24 € seit dem 6.1.2010, aus 2.239,17 € seit dem 5.2.2010, aus 10.246,24 € seit dem 05.03.2010, aus 246,24 € seit dem 07.04.2010, aus 15.023,74 € seit dem 06.05.2010, aus 3.201,74 € seit dem 07.06.2010, aus 6.157,24 € seit dem 07.07.2010, aus 3.201,74 € seit dem 06.08.2010, aus 3.201,74 € seit dem 07.09.2010, aus 3.201,74 € seit dem 07.10.2010, aus 3.201,74 € seit dem 05.11.2010 und aus 246,24 € seit dem 07.12.2010 zu zahlen.

4. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin weitere 118.872,30 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 24.04.2012 zu zahlen.

5. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin weitere 34.570,46 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.01.2010 zu zahlen.

6. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 2.180,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.2.2011 zu zahlen.

7. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin weitere 54.974,29 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 11.592,48 € seit dem 05.01.2011, aus 11.592,48 € seit dem 05.02.2011, aus 11.592,48 € seit dem 05.03.2011, aus 9.202,00 € seit dem 05.04.2011 und aus 10.994,85 € seit dem 05.05.2011 zu zahlen.

8. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin weitere 115.284,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 57.642,43 € seit dem 08.07.2011 und aus 57.642,43 € seit dem 06.08.2011 zu zahlen.

9. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin weitere 83.492,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 50.507,95 € seit 06.09.2011 und aus jeweils 10.994,85 € seit 06.10.2011, 06.11.2011 und 06.12.2011 zu zahlen.

10. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin weitere 345.854,58 € zu zahlen.

11. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

12. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 1) 80 % allein und die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner weitere 20 %.

13. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Gewerberaummiete- formularmäßige Beschränkung der Aufrechnung zulässig?
Foto: TeroVesalainen/bigstock

Die Klägerin begehrt rückständige Gewerbemiete für den Zeitraum 2010 bis 2012 und Betriebskostennachzahlungen für die Jahre 2008 bis 2010.

Mit Mietvertrag vom 04./07.03.2002 vermietete die damalige Eigentümerin, die … Grundstücksverwaltungs. … , der Beklagten zu 1), damals firmierend unter „… …“, diverse Teil- bzw. Komplettflächen im 1. bis 5. Obergeschoss des Gebäudes …..Berlin zum Betrieb eines „Hotels / Hostels“. In § 2 Abs. 4 des Vertrages wurde die Untervermietung… GmbH genehmigt. Die im Mietvertrag ausgewiesene Miete belief sich ab 1.7.2002 auf eine Nettokaltmiete von 24.555,09 €, Nebenkostenvorauszahlung von 7.998,40 €, zzgl. Mehrwertsteuer insgesamt 37.762,05 €. Der monatliche Mietzins war im voraus so rechtzeitig zu entrichten, dass der Vermieter über ihn spätestens am 5. Tage des Fälligkeitsmonats verfügen kann, § 4 Abs. 1. Der Vertrag war fest bis 31.3.2012 abgeschlossen. § 4 Abs. 4 des Mietvertrages führte einzelne Nebenkosten auf, u.a. die Kosten der Wartung und Instandhaltung der dort näher benannten Anlagen, der Wach- und Schließdienste / Objektüberwachung, die Kosten der Passagenbewachung; im Übrigen wird auf Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 der II. Berechnungsverordnung verwiesen. § 4 Abs. 10 lautet: „Sollten die unter Abs. 4 aufgeführten Gebühren und Kosten dem Mieter direkt zurechenbar sein, werden sie ihm auf diese Art zugerechnet; ansonsten werden sie dem Mieter anteilig berechnet. Schlüssel für die Aufteilung der anteiligen Kosten ist im Zweifel der Anteil des Mieters an der Mietfläche des Gesamtobjekts. Der Vermieter kann durch schriftliche Erklärung bestimmen, dass die unter Abs. 4 aufgeführten Gebühren und Kosten zukünftig abweichend von der getroffenen Vereinbarung ganz oder teilweise nach einem Maßstab umgelegt werden, der dem erfassten unterschiedlichen Verbrauch oder der erfassten unterschiedlichen Verursachung Rechnung trägt.“ Ferner war in § 5 eine Mietzinsanpassung per Wertsicherungsklausel vereinbart. Gemäß § 10 Abs. 4 war der Mieter nicht berechtigt, gegenüber Forderungen des Vermieters aus diesem Vertrag mit Gegenforderungen aufzurechnen, es sei denn, die Gegenforderung ist nach Grund und Höhe unbestritten oder rechtskräftig festgestellt. In § 12 war eine Mietsicherheit in Höhe von 113.286,15 € vereinbart, § 12 Abs. 2 lautet: „Die Mietsicherheit ist in Form einer selbstschuldnerischen unbefristeten, auf erste Anforderung zahlbare Bürgschaftsurkunde einer deutschen Großbank oder einer vergleichbaren Sicherheit beim Vermieter zu hinterlegen. Eine Bankbürgschaft ist unter Verzicht auf die Einreden der Anfechtbarkeit, der Aufrechenbarkeit und der Vorausklage zu leisten.“ Die Mietsicherheit konnte gemäß Abs. 3 in Raten gezahlt werden. Die vorzeitige Ablösung durch eine Bankbürgschaft gemäß Absatz 2 war jederzeit möglich. Ferner schlossen die Parteien die Nachträge Nr. 1 bis 3. Wegen der weiteren Einzelheiten der vertraglichen Regelungen wird auf die Kopie der Vertragsurkunden (Anlage K 2 d.A.) verwiesen. Die Beklagte zu 1) hinterlegte in Raten bis zum März 2005 insgesamt 113.286,06 € als Barsicherheit.

In einem Parallelverfahren zwischen der damaligen Eigentümerin und der Beklagten zu 1) wegen der Betriebskostennachzahlung für das Jahr 2002 verurteilte das LG Berlin (32 O 759/04) die Beklagte zu 1) in voller Höhe, mit Beschluss vom 28.07.2006 wies das KG (12 U 141/05) die Beklagte zu 1) darauf hin, dass ihre Berufung keine Aussicht auf Erfolg habe.

Im Nachtrag Nr. 4 vom 22.08./25.08.2006 wurde eine Verlängerung des Mietverhältnisses über weitere 10 Jahre hinaus bis zum 31.03.2022 vereinbart. Ferner wurde „zu § 4“ Abs. 1 und 2 eine Änderung der Miete vereinbart, bei den Nebenkostenvorauszahlungen wurde dabei in Ziffer 1 und 2, jeweils b) und c) zwischen den verbrauchsunabhängigen und den verbrauchsabhängigen unterschieden. Weiter heißt es:

„(3) Für die Abrechnungsjahre 2005 und 2006 werden die verbrauchsunabhängigen Nebenkosten (§ 4 Absatz 1b bzw. 2b dieses Nachtrages) pauschal mit 1,70 €/m² vereinbart. Eine Abrechnung hierüber wird vom Vermieter nicht erstellt (gemäß Anlage 2). Vorstehende Regelung gilt nicht für die Abrechnung der verbrauchsabhängigen Nebenkosten gemäß § 4 Absatz 1c bzw. 2c dieses Nachtrages sowie die Kosten gemäß Geschäftsraum-Mietvertrag vom 04./07.03.2002, § 4 Abs. 5 (gemäß Anlage 3).

Für die Folgejahre werden die verbrauchsunabhängigen Nebenkosten seitens des Vermieters entsprechend den vertraglichen Regelung abgerechnet. Auf das jeweilige Abrechnungsergebnis gewährt der Vermieter dem Mieter einen Abschlag in Höhe von 0,70 €/qm, sofern das Abrechnungsergebnis einen Betrag in Höhe von 2,40 €/m² netto kalt übersteigt. Sofern dieser Wert unterschritten wird, verbleibt es bei der vereinbarten Vorauszahlung in Höhe von 1,70 €/qm.

(4) Im Geschäftsraum-Mietvertrag vom 04./07.03.2002, § 4 Abs. 4 ist die Umlage von Nebenkosten auf den Mieter vereinbart. Der Vermieter sichert zu, dass der Mieter mit darüber hinaus gehenden neu entstehenden Nebenkostenarten für die Dauer des Mietverhältnisses nicht belastet wird. Die Umlage solcher Nebenkosten ist nur durch gesonderte Vereinbarung zulässig.“

Den Nachtrag Nummer 4 als Anlage beigefügt ist 1) eine Kostenkalkulation, 2) eine „Aufstellung der Betriebskostenarten basierend auf der Abrechnung für das Jahr 2004 verbrauchsunabhängige Nebenkosten Hostel“ sowie 3) „Aufstellung der Betriebskostenarten basierend auf der Abrechnung für das Jahr 2004 verbrauchsabhängige Nebenkosten Hostel“. Wegen der weiteren Einzelheiten der vertraglichen Regelungen wird auf die Kopie der Vertragsurkunden (Anlage K 2 d.A.) verwiesen.

Mit weiterem Mietvertrag vom 09./14.10.2002 mietete die Beklagte zu 1) Werbeflächen für insgesamt 580 € monatlich fällig, am 3. Werktag des Monats, an. Wegen der Einzelheiten des Mietvertrages wird auf Anlage K 3 d.A. verwiesen.

Am 21.01.2009 wurde die Klägerin als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.

Das Objekt hat eine Gesamtfläche von 6581,38 m², davon sind 4.329,20 m² an die Beklagte zu 1), die restlichen Flächen an andere Gewerbemieter vermietet. Die Mieträume sind von der Beklagten zu 1) an die Beklagte zu 2) untervermietet, die dort den eigentlichen Hostelbetrieb betreibt.

Das Gebäude hat verschiedene Aufgänge, ein (Haupt-)Aufgang ist eine an der … Straße liegende Rolltreppe, die eine Etage ins 1. Obergeschoss hoch führt und nicht zum eigentlichen Mietgegenstand gehört. Im 1. Obergeschoss befindet sich neben den streitgegenständlichen Mieträumen als weiterer Mieter ein Leihhaus. Der Zugang zum 1. OG ist durch eine direkt neben der Rolltreppe befindliche normale Treppe als auch durch einen separaten Aufgang zum Hotel nutzbar. Innerhalb der Flächen der Beklagten zu 1) sind 2 Personenaufzüge zum Hostel von der Passage im Erdgeschoss aus und ein weiterer Personenaufzug im Treppenaufgang zum Hostel vom Hinterhof aus vorhanden. Die 2 Personenaufzüge hat die Beklagte zu 2) in eigener Verantwortung stillgelegt, der weitere Aufzug ist funktionstüchtig. Die Rolltreppe ist nach Angaben der Mieter seit Anfang November 2009 stillgelegt, sie ist unstreitig seit September 2011 stillgelegt. Mit Schreiben vom 13.11.2009 zeigte die Beklagte zu 2) der Klägerin an, dass die Rolltreppe nicht mehr funktioniere, und bat um Abhilfe. Dies lehnte die Klägerin ab. Mit Schreiben vom 23.11.2009 kündigte die Beklagte zu 2) eine Mietminderung von 5 % pro Monat für die Dauer der Stilllegung der Rolltreppe an und zog von ihrer Mietzahlung an die Beklagte zu 1) 2.955,50 € ab. Diese Minderungsansprüche will die Beklagte zu 1) an die Klägerin „weiterreichen“ und zog ab Januar 2010 jedenfalls diesen Betrag von ihrer an die Klägerin zu zahlenden Miete ab.

Mit Schreiben vom 16.10.2009 forderte die Klägerin im Zusammenhang mit dem Beginn der neuen Wachschutz-Dienstleistung eine Anpassung der Betriebskostenvorauszahlung. Die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2008 vom 17.12.2009 mit Zahlungsziel 19.01.2010 ergab einen Nachzahlungsbetrag von 34.570,46 €. Wegen der Zusammensetzung der von der Klägerin ab Januar 2010 wegen Indexanpassung und Erhöhung der Betriebskostenvorauszahlung geforderten Mieten wird auf den Schriftsatz vom 10. Juni 2011 (Anspruchsbegründung zu ehemals 29 O 298/11, Bd. II Bl. 14 d.A.) verwiesen. Mit Schreiben vom 25.02.2010 erklärte die Beklagte zu 2) die Verrechnung der Februarmiete mit Kosten für eine Heizungsreparatur. Im Mai 2010 überwies die Beklagte zu 1) der Klägerin unter „Realisierung“ ihrer Minderungsansprüche in Höhe von 14.777,50 € für den Zeitraum Januar bis Mai 2010 eine Miete in Höhe von 33.992,06 € und nahm auch in den Folgemonaten Abzüge von der Miete vor. Wegen der Einzelheiten dieser Abzüge wird auf Anlage B 20 bzw. B 42 verwiesen.

Mit der am 22.11.2010 zugestellten Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2009 forderte die Klägerin von der Beklagten zu 1) einen Nachzahlungsbetrag von 97.082,31 €, für dessen Ausgleich sie ihr als Zahlungsziel den 12.01.2011 setzte.

Mit Anwaltsschreiben vom 31.01.2011 wurde die gesamte Nachforderung angemahnt. Für die außergerichtliche Geltendmachung der streitgegenständlichen Forderung wurden der Klägerin von ihrem Prozessvertreter 1.780,20 € in Rechnung gestellt, welche sie unter dem 05.02.2011 ausglich.

Mit Anwaltsschreiben vom 16.12.2010 wurden weitere Mietrückstände in Höhe von 169.933,79 € angemahnt. Mit Schreiben vom 28.03.2011 forderte die Klägerin eine Anpassung der monatlichen Miete wegen der Indexerhöhung zum 01.01.2011.

Mit Schreiben vom 18.05.2011 übersandte die Beklagte zu 1) der Klägerin eine Bürgschaft in Höhe von 113.286,15 € vom 13.05.2011, die eine Haftung nur für künftig fällig werdende Ansprüche aus dem Mietverhältnis vorsah. Der Verzicht auf die Einrede der Aufrechenbarkeit sollte zudem nicht für unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Gegenforderung des Mieters gelten. Die Klägerin beanstandete diese Bürgschaft als nicht vertragskonform und übersandte sie mit Schreiben vom 29.06.2011 zurück. Mit Schreiben vom 28.06.2011 erklärte die Beklagte zu 1) die Aufrechnung „unserer Forderung aus der Bürgschaft“ vom 13.05.2011 mit den nächst fälligen Mieten ab 01.07.2011. Mit Anwaltschreiben vom 08.07.2011 vertrat die Beklagte zu 1) die Auffassung, die gesamte Kautionsabrede sei unwirksam, so dass der Beklagten zu 1) ein Rückzahlungsanspruch von 113.286,15 € samt Zinsen zustehe und dieser Betrag als Mietvorauszahlung für die Monate Juli August und – anteilig – September 2011 zu behandeln sei. Zahlungseingänge für die Monate Juli und August 2011 erfolgten unstreitig nicht.

Mit den am 12./19.07.2011 zugestellten Klagen begehrt die Klägerin rückständige Mieten und Betriebskostennachzahlungen für 2008 und 2009.

Mit Anwaltsschreiben vom 29.08.2011 hat die Klägerin das Mietverhältnis mit der Beklagten zu 1) wegen Mietrückständen in Höhe von 354.888,14 € fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigt und in der Folge die Klage erweitert auf weitere Zahlung und Räumung. Mit Anwaltsschreiben vom 08.12.2011 hat sie wegen Zahlungsrückständen in Höhe von 522.592,48 € sowie wegen Beleidigung in Emails vom 06. und 07.04.2011 erneut fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigt.

Mit Schreiben vom 20.12.2011, der Gegenseite am gleichen Tag per Fax zugegangen, hat die Hausverwaltung der Klägerin die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2010 übersandt, die eine Nachzahlung von 118.872,30 € ausweist, und diese klageerweiternd geltend gemacht.

Die Klägerin hat eine Versorgungssperre für jegliche Versorgungsleistungen, für die die Klägerin in Vorkasse tritt, insbesondere die Heizung, zuletzt für den Tag der mündlichen Verhandlung, 8.6.2012, 10 Uhr, angedroht und sodann durchgeführt.

Ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung der Versorgungssperre in diesem Verfahren haben die Beklagten zu 1) und 2) zurückgenommen.

Am 5.7.2012 haben die Parteien einen Räumungsvergleich geschlossen. Den gegen die Beklagten zu 1) und 2) geltend gemachten Räumungsantrag sowie den Zahlungsantrag gegen die Beklagte zu 1) auf zukünftige Nutzungsentschädigung ab 1. Juli 2012 haben die Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt. Ferner haben sie sämtliche Wider- und Hilfswiderklageanträge übereinstimmend für erledigt erklärt, d.h. die Widerklagen der Beklagten zu 1) auf Freistellung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 5.279,80 €, auf Verurteilung der Klägerin zur Instandsetzung der Rolltreppe, hilfsweise auf Zahlung eines Mängelbeseitigungsvorschusses von 58.905,00 € sowie auf Unterlassung der angekündigten Versorgungssperre sowie die Hilfswiderklage für den Fall, die Klage zu Ziffer 8 durchdringt, auf Zahlung von 115.284,86 €. Schließlich haben die Parteien den Vollstreckungsschutzantrag der Beklagten nach § 712 ZPO übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Klägerin ist der Auffassung, im Mietvertrag sei eine Zusicherung des Betriebes der Rolltreppe nicht erfolgt. Sie verweist darauf, dass der Zugang ohne weiteres durch eine weiteren normale Treppe als auch durch einen separaten Aufgang zum Hotel nutzbar ist und drei weitere Personenaufzüge vorhanden seien. Der Vertrag sei sämtlich individualvertraglich vereinbart.

Die Klägerin beantragt nunmehr noch,

1. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an sie 97.082,31 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.1.2011 zu zahlen.

2. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.780,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

3. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an sie rückständigen Mietzins in Höhe von insgesamt 50.412,81 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 246,24 € seit dem 6.1.2010, 2.239,17 € seit dem 5.2.2010, 10.246,24 € seit dem 04.03.2010, 246,24 € seit dem 07.04.2010, 15.023,74 € seit dem 06.05.2010, 3.201,74 € seit dem 07.06.2010, 6.157,24 € seit dem 07.07.2010, 3.201,74 € seit dem 06.08.2010, 3.201,74 € seit dem 07.09.2010, 3.201,74 € seit dem 07.10.2010, 3.201,74 € seit dem 05.11.2010 und 246,24 € seit dem 07.12.2010 zu zahlen.

4. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an sie eine Betriebskostennachzahlung für den Zeitraum 01.01.2010 bis 31.12.2010 in Höhe von 118.872,30 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

5. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an sie weitere 34.570,46 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.01.2010 aus der Betriebskostenabrechnung 2008 zu zahlen.

6. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 2180,60 € an außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.12.2010 zu zahlen.

7. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an sie rückständige Betriebskostenvorauszahlungen für Januar 2011 bis Mai 2011 in Höhe von 54.974,29 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 11.592,48 € seit dem 05.01.2011, 11.592,48 € seit dem 05.02.2011, 11.592,48 € seit dem 05.03.2011, 9.202,00 € seit dem 05.04.2011 und 10.994,85 € seit dem 05.05.2011 zu zahlen.

8. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an sie weitere 115.284,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 57.642,43 € seit dem 08.07.2011, 57.642,43 € seit dem 06.08.2011 zu zahlen.

9. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an sie weitere 50.507,95 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.09.2011, weitere 10.994,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.10.2011, weitere 10.994,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.11.2011, weitere 10.994,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.12.2011 zu zahlen.

10. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an sie für die Zeit von Januar bis Juni 2012 monatlich 57.642,43 € zu leisten.

Die Beklagte zu 1) beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 1) trägt vor, die Rolltreppe sei wegen Altersschwäche nicht mehr betriebsfähig und total unbrauchbar, zur Inbetriebnahme sei eine Auswechslung des gesamten technischen Apparates erforderlich. Sie sei für den Betrieb des Hotels wichtig, da ein erheblicher Teil der Gäste gehbehindert oder gebrechlich sei und der Zugang durch die Rolltreppe die Benutzung der Mieträume letztlich ermögliche. Der Betrieb der Rolltreppe sei zugesagt worden.

Die Parteien hätten im Nachtrag Nr. 4 vereinbart, dass die Mieterin ohne gesonderte Vereinbarung nicht mit in Anlagen 2 und 3 nicht aufgeführten Betriebskostenarten belastet wird („Einfrierungsgrundsatz“). Daher seien die Betriebskostenvorauszahlungen fest mit 12.987,70 € anzusetzen. Die zutreffend zu zahlende Miete ergebe sich aus den eingereichten Aufstellungen, Zahlungsrückstände beständen daher nicht.

  1. Grundsteuer, so meint die Beklagte zu 1), sei von der Klägerin in unzulässiger Weise nach Fläche umgelegt worden. Dies sei vor dem Hintergrund der Akzessorietät des Mietaufkommens im Hinblick auf die Höhe der Grundsteuer (Einheitswertermittlung unter Anknüpfung an die erzielbaren Rohmieten) – die Gewerbemieter des Erdgeschosses zahlten eine 13-fach höhere Miete als die Beklagte – grob unbillig (KG GE 2001, 850). Es führe dazu, dass sie die anderen Mieter insoweit subventioniere. Beklagte zu 1) vertritt die Auffassung, dass es sich bei der Grundsteuer um dem Mieter „punktgenau“ direkt zurechenbare Kosten handele. Deshalb komme die Zweifelsregel des § 4 Nr. 10 I, Satz 2 MV gar nicht zur Anwendung. Darüber habe bei den Vertragsverhandlungen auch Einverständnis geherrscht. Auf eine von Beklagtenseite geäußerte Bitte um Klarstellung in Bezug auf die Abrechnung der Grundsteuer, da für diese doch der Mietwertanteil maßgebend sei, habe man nämlich zur Antwort erhalten, „dass die Zurechnungsklausel in § 4 Nr. 10 ja nur „im Zweifel“ den Flächenanteil erfasse“.
  2. aber sei die Vermieterin aus der Regelung des § 4 Nr. 10 II MV, mit der sie sich das einseitige Recht zur Änderung des Umlagemaßstabes vorbehalten habe, hinsichtlich der Grundsteuer seit langem vertraglich zur Änderung verpflichtet gewesen. Aufgrund ihrer diesbezüglichen Weigerung sei „analog den Bestimmungen über das Wahlrecht das Entscheidungsrecht diesbezüglich auf die Beklagte übergegangen“.
  1. die Abrechnung der Müllabfuhr im Flächenverhältnis sei grob unbillig. Die Klägerin übe ihr Ermessen fehlerhaft aus, da sie nun das Dreifache der Kosten zahlen müsse, welche bei der ursprünglich eigenen Entsorgung des Mülls angefallen seien. Da die Gewerbenutzer im Erdgeschoss und Keller des Objektes völlig unterschiedliche Wegwerfeigenschaften hätten, sei nach dem Verursacherprinzip abzurechnen. Hierzu verweist sie auf ein in den Monaten Mai bis August 2011 durchgeführtes Müllprotokoll. Sie meint, die Klägerin sei verpflichtet, die Umlage nach dem Verursacherprinzip zu gestalten, da auf sie, die Beklagte zu 1), tatsächlich nur etwa 25 % des gesamten Müllaufkommens entfielen. Die Vormieterin, so behauptet die Beklagte zu 1), habe ihr in Anbetracht des erhöhten Müllaufkommens von „Burger King“ einen Vorwegabzug von 5.000,00 € zugesagt.

Gegen die Kosten für Objekt- und Wachschutz wendet die Beklagte zu 1) ein, dass es sich insoweit um neue Kosten handele, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des 4. NA nicht erhoben worden seien und daher der – als vereinbart behaupteten – Einfrierung unterlägen. Überdies so behauptet sie, sei bei Vertragsabschluss vereinbart worden, dass die Kosten der Passagenüberwachung nicht von ihr erhoben würden. Im Abrechnungszeitraum habe es keinen vermieterseitigen Wachschutz gegeben.

Die Beklagte erhebt hinsichtlich der Betriebskostenabrechnung 2009 ferner Einwände gegen die Positionen „.dienst“, „Schädlingsbekämpfung“, „Gebäudetechnik“, insbesondere „Miete, Wartung, Notrufschaltung, Brandmeldeanlage“, „Wartung Feuerlöscher“, „Wartung Transformator Hauptverteilung“ und „Wartung Transformator Notstromaggregat“. Dabei, so behauptet die Beklagte, handle es sich jeweils um neue Betriebskostenpositionen, die nach Abschluss des 4. NA ohne ihre Zustimmung nicht umlagefähig seien.

 

Höchst vorsorglich rechnet die Beklagte zu 1) mit ihrem Erstattungsanspruch wegen Überzahlungen an Betriebskostenvorschüssen für 2008 auf. Sie hält das Aufrechnungsverbot im Mietvertrag für unwirksam und bezieht sich auf die als Anlage B 21 eingereichte Entscheidung des BGH. Im Übrigen falle das Verbot weg, wenn die Forderung im Prozess unstreitig wird oder ist. Mit Schriftsatz vom 26.4.2012 macht sie ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 320 BGB geltend.

Die Mieten für Juli und August 2011 seien erfüllt. Die Beklagte zu 1) habe einen Anspruch auf Auszahlung des Kautionsguthabens, da sie die Fälligkeitsvoraussetzungen mit Übergabe der Bürgschaft geschaffen habe, mit dem aufgerechnet wurde.

Die Kündigung vom 08.12.2011 wegen der Emails sei verwirkt.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen K., W. und Dr. B.. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Terminsprotokoll vom 08.06.2012 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist im Wesentlichen begründet. Lediglich hinsichtlich des Zinsbeginns für 1 Tag im April 2010 (5.3.2010 statt 4.3.2010) ist sie unbegründet.

I. Klage

1. Nachzahlungsforderung der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2009 in Höhe von 97.082,31 €

Die aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2009 erhobene Nachzahlungsforderung in Höhe von 97.082,31 € steht der Klägerin gegen die Beklagten zu 1) vollumfänglich zu.

Im Einzelnen gilt folgendes:

„Einfrierungsvereinbarung“

  1. die Beklagte zu 1) meint, ein Teil der in der streitgegenständlichen Abrechnung eingestellten Betriebskostenpositionen sei aufgrund der im Nachtrag Nr. 4 vom 22.08./25.08.2006 zum Geschäftsraum-Mietvertrag vom 04./07.03.2002 (im folgenden: „4. NA“) unter § 4 Abs. 4 getroffenen Vereinbarung bereits von vorne herein nicht umlagefähig, kann ihr nicht gefolgt werden. Weder lässt sich dem Wortlaut der Nachtragsvereinbarung ein entsprechender Ausschluss einzelner Kostenarten entnehmen, noch hat die durchgeführte Beweisaufnahme einen solchen zur Überzeugung der Kammer ergeben.

Vom Wortlaut her ist die Bezugnahme der in § 4 Abs. 4 Satz 2 des 4. NA enthaltenen Zusicherung dahin, dass der Mieter mit „darüber hinausgehenden neu entstehenden Nebenkostenarten für die Dauer des Mietverhältnisses nicht belastet wird“ eindeutig. Sie bezieht sich sprachlich zweifelsfrei auf den vorstehenden Satz, der seinerseits die unter § 4 Abs. 4 des Geschäftsraum-Mietvertrages vom 04./07.03.2002 erfolgte Vereinbarung der Umlage von Nebenkosten in Bezug nimmt. Dort findet sich unter lit. a) bis j) ein Nebenkostenkatalog. Dieser ist allerdings gemäß der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht abschließend. Dies ergibt sich zum einen aus dem einleitenden „insbesondere“, zum anderen aus der weitergehenden Regelung unter § 4 Abs. 5 und Abs. 6 des Vertrages. Die umstrittene Regelung des 4. NA kann, ihrem bloßen Wortlaut nach, in diesem Zusammenhang nur dahin verstanden werden, dass die im ursprünglichen Vertrag ausdrücklich genannten Nebenkosten nunmehr abschließend umlagefähig sein sollten. Statt der ursprünglich unter § 4 Abs. 6 des Vertrages getroffenen Regelung, welche die Möglichkeit einer einseitigen Neueinführung bestimmter weiterer Nebenkosten durch den Vermieter vorsieht, sollte hinsichtlich neu entstehender Nebenkosten deren Umlagefähigkeit gemäß § 4 Abs. 4, Satz 3 des 4. NA von einer gesondert zu treffenden Vereinbarung abhängig sein.

Die Beweislast hinsichtlich einer von der vorstehenden Auslegung des Vertragstextes abweichenden übereinstimmenden Willensrichtung der Parteien obliegt der Beklagten. Denn zum einen trägt der schriftliche Vertrag die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich (BGH NJW 1980, 1680; BGH NJW 1991, 1750; BGH NJW 2002, 3164), zum anderen will die Beklagte aus der behaupteten abweichenden Vereinbarung für sich Vorteile herleiten.

Das Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen K., W. und Dr. B. hat jedoch nicht ausgereicht, um die Kammer von der Richtigkeit des von der Beklagten zu 1) als übereinstimmend gewollt behaupteten Regelungsgehaltes des 4. NA im Sinne einer „Einfrierungsvereinbarung“ zu überzeugen. Insoweit wird vollumfänglich verwiesen auf die von der Kammer bereits im einstweiligen Verfügungsverfahren 29 O 209/12 wie folgt vorgenommene Beweiswürdigung:

„Zwar haben die Zeugen K. und W. übereinstimmend bekundet, dass die Anlage 2 diejenigen Betriebskosten dokumentiere, welche in dem Objekt angefallen und umgelegt worden seien. Doch haben ihre darüber hinaus gehenden Bekundungen schon für sich genommen keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür begründet (und erst Recht keinen Nachweis dafür erbracht), dass diese Dokumentation insbesondere auch nach dem Willen des den 4. Nachtrag auf Vermieterseite verhandelnden Zeugen B. die künftig umzulegenden verbrauchsunabhängigen Betriebskosten – abweichend von den mietvertraglichen Vereinbarungen – auf die darin aufgeführten Kostenarten begrenzen sollte. So hat der Zeuge K. nicht plausibel zu erklären vermocht, weshalb dann diesbezüglich keine ausdrückliche Bezugnahme der Anlage 2 im 4. Nachtrag erfolgt ist, obwohl dies anderweit durchaus geschehen ist. Gerade seine, dieser Frage vorangegangene Bekundung, dass ihm die hinsichtlich der Betriebskosten gewählte Formulierung zu unsicher gewesen sei, hätten das Drängen auf eine ausdrückliche Inbezugnahme in einer, keinen Raum für Zweifel lassenden, Weise nahe gelegt. Die lapidare Erklärung, dass man hinterher eben immer schlauer sei, erhöht die Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit der glaubhaft zu machenden (hier: zu beweisenden) Behauptung nicht.

Der Zeuge W. hat von sich aus gar keine konkreten Bekundungen über die hinsichtlich der Betriebskosten erzielte Einigung gemacht. Zwar hat er erklärt, dass beim 4. Nachtrag die Betriebskosten, die zu dieser Zeit abgerechnet worden seien, auch weiterhin hätten abgerechnet werden sollen, ohne dass neue hinzukommen sollten. Allerdings fällt auf, dass er sich zunächst jeglicher Angabe darüber enthalten hat, wessen Wille dies gewesen und insbesondere ob auch ein Einverständnis der Verhandlungspartner darüber erzielt worden ist. Zur Bedeutung der zum 4. Nachtrag genommenen Anlagen hat er sich zu Beginn seiner Vernehmung lediglich dahin eingelassen, dass diese auf Wunsch der Beklagten zu 1) hinzugefügt worden seien zum Zwecke der Klarstellung, von welchen Betriebskosten überhaupt die Rede sei. Dass der Katalog der seinerzeit abgerechneten verbrauchsunabhängigen Betriebskosten in der Anlage 2 etwa eine einverständliche verbindliche Begrenzung der künftig umzulegenden Betriebskosten habe darstellen sollen, hat der Zeuge W. von sich aus gar nicht bekundet. Erst auf entsprechende Nachfrage, ob denn gemäß der ihm vorgehaltenen Aussage des Zeugen K. darüber gesprochen worden sei, hat der Zeuge W. erklärt, dass „eine solche Äußerung mit Sicherheit gefallen“ sei. Wenn dies tatsächlich so gewesen sein sollte und der Zeuge B. dem tatsächlich zugestimmt haben sollte, was der Zeuge W. auf erneute Nachfrage mit einem lapidaren „Ja, das hat er“ bestätigt hat, so nimmt es doch Wunder, dass der Zeuge diese, für ihn erkennbar maßgebliche, Tatsache nicht schon zuvor von sich aus bekundet hat, sondern erst auf entsprechend drängende Nachfrage.

Schließlich scheitert die Annahme einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit der von der Beklagten zu 1) glaubhaft zu machenden (und erst Recht die Überzeugungsbildung der Kammer von der Richtigkeit der hier nachzuweisenden) Tatsache einer diesbezüglichen Einigung an der, dem widersprechenden, Bekundung des Zeugen Dr. B.. Dieser hat bekundet, dass – abgesehen von der dem Mieter zugestandenen Bonusregelung in Form einer Rabattierung der Betriebskosten beim Überschreiten eines bestimmten Betrages und dem Zustimmungserfordernis des Mieters hinsichtlich der Umlage neuer, im ursprünglichen Mietvertrag nicht genannter Betriebskostenarten, die dort getroffenen Regelungen ihre Gültigkeit hätten behalten sollen. Der Zeuge Dr. B. hat in seiner Aussage nachvollziehbar erläutert, dass er eine andernfalls erforderlich gewordene Änderung des Mietvertrages auch entsprechend ausdrücklich formuliert hätte, der ursprüngliche Vertrag aber – bis auf die aus dem 4. Nachtrag ersichtlichen ausdrücklichen Änderungen habe aufrechterhalten bleiben sollen.

Insgesamt hat die Kammer jedenfalls keinen Anlass den Zeugen Dr. B. für weniger glaubwürdig zu halten, als die Zeugen W. und K.. Die durchgeführte Beweisaufnahme hat daher bestenfalls ein „non liquet“ ergeben. Danach ist die von der Beklagten zu 1) glaubhaft zu machende (hier: nachzuweisende) Tatsache nicht wahrscheinlicher als ihr Gegenteil (geschweige denn zur Überzeugung der Kammer nachgewiesen).“

Auch die gegen die Höhe der Umlage einzelner Betriebskostenpositionen erhobenen Einwände der Beklagten zu 1) sind samt und sonders unerheblich. Im Einzelnen gilt hinsichtlich der streitigen Kostenpositionen Folgendes:

Grundsteuer

Für die Umlage der Grundsteuer gilt § 4 Abs. 10 Satz 2 des Mietvertrages. Da es sich nicht um dem Mieter direkt zurechenbare Kosten handelt, ist Schlüssel für die Aufteilung der Anteil des Mieters an der Mietfläche des Gesamtobjektes. Eine quotale Berechnung auf Basis der von der Beklagten zu 1) gezahlten Miete aus einem einheitlich festgesetzten Grundsteuerbetrag scheidet nach der konkreten vertraglichen Regelung unter § 4 Abs. 10 und 4 des Vertrages aus.

Wenn die Beklagte zu 1) meint, die Akzessorietät der Grundsteuer von den Rohmieten führe zu einer konkreten Zurechenbarkeit im Hinblick auf jedes einzelne Mietverhältnis, muss sie sich entgegenhalten lassen, dass § 10 I Satz 1 des streitgegenständlichen Mietvertrages eine direkte Zurechenbarkeit der jeweiligen Gebühren und Kosten fordert, damit sie auf diese Art dem Mieter zugerechnet werden. „Direkt“ kann aber nur heißen: unmittelbar und ohne Zwischenstufen, wie sie etwa die von der Beklagten präferierte quotale Berechnung nach Mietzinsanteilen erfordert. Sind mehr oder minder komplizierte Rechenschritte und/oder zusätzliche Informationen (hier die Kenntnis der Mietzinshöhen der übrigen Gewerbeeinheiten) erforderlich, kann von einer direkten Zurechenbarkeit nicht mehr die Rede sein. Vielmehr handelt es sich dann um eine Art der anteiligen Berechnung, für die § 4 Abs. 10 I Satz 2 MV im Zweifel die Umlage nach Flächenschlüssel vorsieht.

Diese vertragliche Vereinbarung ist zulässig. Gegen die Wirksamkeit der Klausel bestehen – auch im Falle des Vorliegens einer AGB – keine durchgreifenden Bedenken. Denn die Umlage nach anteiliger Fläche, wie sie § 556 a BGB für Wohnraum in Ermangelung einer abweichenden Regelung sogar ausdrücklich vorsieht, ist nicht per se unbillig. Bei der Vermietung von Gewerbe kann der Umlageschlüssel – wie hier – in den Vertrag aufgenommen werden. Er gilt damit als vereinbart und beide Parteien müssen sich grundsätzlich daran festhalten lassen (Langenberg, Betriebskostenrecht der Wohn- und Gewerberaummiete, 5. Auflg. Rd. 4 zu F. I).

Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die seinerzeit vertragsschließenden Parteien sich im Rahmen der Vertragsverhandlungen im Hinblick auf die Grundsteuerumlage einverständlich auf eine, der von ihr vertretenen Auslegung entsprechenden, Vereinbarung geeinigt hätten. Ein entsprechendes Einverständnis gibt der tatsächliche Vortrag der Beklagten zu 1) unabhängig davon, mit wem konkret auf Klägerseite am 21.02.2002 gesprochen worden sein soll und inwieweit entsprechende Vollmachten vorgelegen haben – schon gar nicht her. Denn eine Antwort, dergestalt, „dass die Zurechnungsklausel in § 4 Nr. 10 ja nur „im Zweifel“ den Flächenanteil erfasse“, erteilt auf die mit der Bitte um Klarstellung in Bezug auf die Abrechnung der Grundsteuer verbundene Äußerung, dass insoweit eine flächenmäßige Abrechnung nicht gerechtfertigt erscheine, weil der Mietwertanteil für die Grundsteuerfestlegung maßgebend sei, stellt inhaltlich noch keine Zustimmung zu der vertretenen Auffassung, dass der Mietwertanteil maßgeblich sei, dar. Sie bedeutet nur, dass – wollte man dies zweifelsfrei so sehen – die nur für den Fall des Zweifels getroffene Flächenregelung unschädlich sei.

Im Übrigen kann dahinstehen, welche Aussage über die Anwendung der „im Zweifel“-Regelung wegen der Grundsteuer getroffen wurden. Denn jedenfalls sind etwaige mündliche Absprachen durch die spätere schriftliche Fixierung des Mietvertrags in der sie keinen Niederschlag gefunden haben, überholt. Der schriftliche Vertragstext enthält insbesondere in § 4 Abs. 1 den ausdrücklichen Hinweis, dass die vereinbarten Vorauszahlungen von 2,00 €/qm nicht ausreichen werden, um die anfallenden Kosten zu decken und dass daher mit einer Nachforderung des Vermieters zu rechnen sei. Deshalb kann sich die Beklagte zu 1) mit ihrer Auslegung auch nicht auf die niedrig angesetzten Vorauszahlungen berufen.

Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten zu 1) kann diese auch nicht damit gehört werden, dass die Vermieterin aus § 4 Abs. 10 II MV verpflichtet gewesen sei, hinsichtlich der Grundsteuer einen anderen Umlagemaßstab zu verwenden, da der für Zweifelsfälle vorgesehene Flächenmaßstab im Ergebnis grob unbillig sei. Die Beklagte zu 1) kann sich nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung des BGH zur Umlage bei Mischobjekten mit Wohn- und Gewerbenutzung berufen (vgl. z.B. BGH NJW 2010, 3363 ff. m.w.N.), da es hier um ein rein gewerblich genutztes Objekt geht. Auch die von der Beklagten zu 1) eingereichte Entscheidung des LG Duisburg (BeckRS 2010, 20550; Anlage B 21) betrifft ein gemischt genutztes Objekt (Wohn- und Geschäftshaus).

Etwas anderes ergibt sich hier insbesondere auch nicht aus dem von der Beklagten zu 1) in diesem Zusammenhang zitierten Urteil des Kammergerichts vom 12.04.2001 – 8 U 2143/99 – GE 2001, 850 = KGR Berlin 2001). Zwar kann danach die gleichmäßige Umlage der Grundsteuer nach Fläche auch im Verhältnis von Geschäftsraummietern untereinander unbillig sein, wenn die Miethöhen erheblich differenzieren. Doch war in der dort streitgegenständlichen Nebenkostenvereinbarung, anders als hier, ein konkreter Abrechnungsmaßstab nicht genannt, so dass dem Vermieter die Ausübung eines einseitigen Bestimmungsrechtes nach §§ 315, 316 BGB oblag. In einem solchen Fall ist dann hinsichtlich einer Grundsteuerumlage nach dem Verhältnis der Flächen deren Angemessenheit im Einzelfall zu prüfen. Hier aber war ein Umlageschlüssel gerade vertraglich vereinbart, so dass es nur darauf an kommt, wie die vertraglich vereinbarte Klausel auszulegen ist und ob sie als solche wirksam ist (vgl. jeweils die obigen Ausführungen).

Zudem ist der Vortrag der Beklagten zu 1) über erhebliche Abweichungen im Mietniveau bis zuletzt unsubstantiiert geblieben. Der Vortrag, Dr. B. habe „seinerzeit“ „in diversen Verhandlungen“ mitgeteilt, andere Mieter (Ladengeschäfte im Erdgeschoss und im Kellerbereich mit Anteil 2252,18 m² bei Gesamtfläche 6581,38 m² und Nutzfläche Hostel 4129 20 m²) zahlten Mietpreise von 20 € pro m² (Spielhalle) bzw. 80 € pro m² (World of Sex, Burger King, Kneipen) ist unsubstantiiert. Auch der Vortrag, „diese Verhältnisse gelten nach wie vor“ (Bd. III Bl. 53) ist substanzlos und aus der Luft gegriffen. Die Klägerin ist diesem Vortrag als unsubstantiiert und zudem unzutreffend entgegengetreten. Völlig offen bleibt, auf welche Zeiträume sich diese Angaben beziehen sollen und für wie viel Quadratmeter diese Quadratmetermiete jeweils gezahlt werden soll. Gleiches trifft zu für die Angaben der Mietaufkommen zu (Miete Hostel 27.702,15 €, Spielhalle 5000 €, World of Sex, Kneipe, Burger King 160.174,40 € , Gesamtmietaufkommen 192.876,55 €, Anteil der Beklagten zu 1) am Mietaufkommen 14,36 %). Im übrigen geht die Beklagte zu 1) selbst davon aus, dass ihre Berechnung auf „Annahmen und beiläufigen Mitteilung der Klägerin“ beruht. Gerade weil dieses Thema zwischen den Parteien offenbar bereits mehreren Jahren (vgl. bereits zur Betriebskostenabrechnung 2002 KG Anlage K 6) streitig ist, sind Angaben über konkrete Zeiträume erforderlich.

Ein Änderungsanspruch des Mieters hinsichtlich des Umlageschlüssels ist nicht ersichtlich. Der Vereinbarung eines Umlageschlüssels wohnt nach §§ 133, 157 BGB inne, dass die Verteilung der Kosten nach sachlichen Gesichtspunkten und angemessen zu erfolgen hat. Kommt es zu tatsächlichen Veränderungen auf dem Grundstück, kann der Mieter aus dem Mietvertrag verlangen, dass ihnen durch Veränderung des Verteilungsmaßstabs Rechnung getragen wird (LG Düsseldorf WuM 1996, 777, Langenberg, a.a.O., Rdn. 11 zu F.). Der Rechtsauffassung der Beklagten zu 1), der Mieter habe analog § 264 Abs. 2 BGB ein Wahlrecht, ist nicht zu folgen und entbehrt jeder Grundlage. Der Mieter hat bei einem vereinbarten Umlageschlüssel grundsätzlich keinen Anspruch auf Änderung. Die Korrektur des vertraglich vereinbarten Umlageschlüssels kommt nur bei einem grundlegenden Wandel der tatsächlichen Verhältnisse und zudem nur unter zwei Voraussetzungen in Betracht (vgl. zum Ganzen Langenberg, a.a.O. Rdn. 5 f. zu F.; Beckscher Online-Kommentar Ehlert, BGB; 1.11.2011, § 556a Rdn. 10). Zum einen muss es sich um einen erheblichen Unterschied in der Belastung handeln; die Zuvielbelastung einer Partei muss übermäßig erscheinen bzw. zur krassen Ungerechtigkeit führen (BGH NJW 2006, 3557 Rdn. 21: Anspruch auf Umstellung des Maßstabes aus § 242 BGB; BGH NJW 2010, 3645 Rdn. 29; BGH NJW 2006, 2771= NZM 2006, 655). Zum anderen muss der neue Umlagemaßstab für den Vermieter zumutbar sein (BGH NJW 2006, 2771 (2773) Rdn. 20= NZM 2006, 655: gesetzliche Anknüpfung an § 313 BGB bzw. § 242 BGB offen gelassen).

Ein solcher grundlegender Wandel der tatsächlichen Verhältnisse ist hier nicht vorgetragen. Die hohen Mietpreise der anderen Gewerbemieter im Erdgeschoss sollen offenbar bereits bei Abschluss des streitgegenständlichen Vertrages gezahlt worden sein. Die Unbilligkeit kommt nach Angaben der Mieterin dadurch zustande, dass die streitgegenständlichen Mieträume vorher als Büro vermietet waren für eine deutliche höhere Miete (11,92 €/qm), war also bereits bei Abschluss des Mietvertrages vorhanden. Hier fehlt es auch an der konkreten Darlegung der Zuvielbelastung einer Partei bezogen auf konkrete Abrechnungszeiträume. Bei den Berechnungen der Mieterin fehlen konkrete Angaben, für welche Abrechnungszeiträume sie gelten sollen. Es bleibt unklar, ab wann die Klägerin zur Änderung des Maßstabes verpflichtet gewesen sein soll. Die Beklagte zu 1) trägt hierzu lediglich vor, die Klägerin „seit langem verpflichtet“ gewesen.

Ein Änderungsverlangen des Mieters wirkt sich überdies grundsätzlich nur für die Zukunft aus (LG Bonn NZM 1998, 910, LG Bautzen WuM 2001, 288; Langenberg Betriebskostenrecht F. Rdn. 12). Die Änderungsverlangen der Beklagten zu 1) vom 29.04.2004, 07.09.2007 und 22.10.2004 (Anlagen B 90 bis 92) betreffen die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2002. Für diesen Abrechnungszeitraum ist rechtskräftig gegen die Beklagte zu 1) entschieden. Für die streitgegenständlichen Abrechnungszeiträume sind weitere hinreichend begründete Änderungsverlangen nicht eingereicht.

Vorliegend gilt Vorstehendes in Anbetracht des Abschlusses des 4. NA erst Recht. Denn in dieser, im Jahr 2006 getroffenen Vereinbarung haben die seinerzeitigen Vertragsparteien unter § 4 Abs. 3, 2. Abschnitt für die Folgejahre (ab 2007) ausdrücklich die Abrechnung der verbrauchsunabhängigen Nebenkosten „entsprechend den vertraglichen Regelungen“ vereinbart, welche, wie oben dargelegt, eine anteilige Verteilung nach Fläche vorsehen. In Anbetracht des bereits im Jahr 2005 ergangenen Urteils der 32. ZK ist sich – insbesondere die Mieterin – zu diesem Zeitpunkt der Problematik der Grundsteuerumlage bewusst gewesen. Denn diese ist mit gleichgerichteter Argumentation der Mietvertragsparteien seinerzeit Gegenstand des Vorprozesses gewesen. Wenn sich die Beklagte zu 1) gleichwohl im 4. NA erneut auf eine den bisherigen vertraglichen Regeln entsprechende Abrechnungsvereinbarung eingelassen hat, muss sie sich auch daran festhalten lassen und kann nicht damit gehört werden, dass der erneut vereinbarte Umlagemaßstab sie schon seinerzeit grob unbillig belastet habe. Dass sich – etwa auf Grund von gravierenden Änderungen im Mietzinsgefüge – seit dem Abschluss des 4. NA eine grob unbillige Veränderung der auf dem Flächenschlüssel basierenden Verteilung der Grundsteuer zu ihren Lasten ergeben habe, will die Beklagte zu 1) selbst nicht behaupten.

Müll

Auch die Umlage der Kosten der Müllabfuhr nach der anteiligen Fläche begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Auch insoweit hat sich die Beklagte mit 4. NA erneut auf eine den vertraglichen Regelungen des § 4 Abs. 10 und 4 des Mietvertrages entsprechende Abrechnung verständigt. In Ermangelung einer direkten Zurechenbarkeit ergibt sich daraus die erfolgte Umlage nach anteiliger Fläche. Der tatsächliche Verbrauch der Beklagten zu 1) bzw. ihrer Untermieterin ist demgegenüber unerheblich. Denn eine Vereinbarung dergestalt, dass die Beklagte zu 1) als Mieterin nur diejenigen Kosten zu tragen haben soll, die sich ihr rechnerisch zuordnen lassen, ist nicht getroffen worden.

Ein – grundsätzlich denkbarer – Änderungsanspruch der Beklagten zu 1) im Hinblick auf den ursprünglich vereinbarten Flächenschlüssel würde zunächst eine grob unbillige Veränderung der auf dem Flächenschlüssel basierenden Verteilung seit dem Abschluss des 4. NA voraussetzen. Eine solche wird durch die, frühestens aus Mai 2011 stammenden, Müllprotokolle für das Jahr 2009 nicht ansatzweise dargelegt. Ein Änderungsverlangen des Mieters kann sich überdies nur für die Zukunft auswirken LG Bonn NZM 1998, 910; LG Bautzen WuM 2001, 288; Langenberg Betriebskostenrecht F. Rdn. 12). Hier hat die Beklagte zu 1) ihr Änderungsverlangen jedoch erstmals durch Vorlage des Müllprotokolls aus dem Monat Mai 2011 (!) in diesem Verfahren begründet, so dass allenfalls eine Änderung für die hier nicht streitgegenständliche Betriebskostenabrechnung der Abrechnungsperiode 2012 in Betracht kommt.

Soweit die Beklagte zu 1) behauptet, die Vorvermieterin habe ihr hinsichtlich der Müllkosten einen pauschalen Vorwegabzug in Höhe von 5000 € zugesagt, ist ihr Vortrag völlig unsubstantiiert. Es wird nicht konkret dargelegt, wann und unter welchen Umständen Herr Dr. B. eine entsprechende Zusage für welche Abrechnungszeiträume gemacht haben soll. Dies gilt erst Recht, nachdem ein solcher Abzug weder in den von der Vorvermieterin erstellten Abrechnung für das Jahr 2007 vorgenommen worden ist, noch eine entsprechende Regelung Eingang in den 4. NA gefunden hat, in dem die Mietvertragsparteien explizit erneute Regelungen über die Abrechnung der Nebenkosten getroffen haben.

Winterdienst

Die Position „Winterdienst“ der streitgegenständlichen Abrechnung ist ohne Weiteres nach § 4 Abs. 3 II des 4. NA i. V. m. § 4 Abs. 4 lit. b) als „Schnee- und Eisbeseitigung“ umlagefähig. Ob derartige Kosten vormals unter „Gebäudereinigung“ abgerechnet worden sind, wie die Klägerin behauptet, kann offen bleiben. Denn die durchgeführte Beweisaufnahme hat – wie oben dargelegt – eine Beschränkung der umlagefähigen Kosten auf die seinerzeit, bei Abschluss des 4. NA, zuletzt umgelegten gerade nicht bestätigt.

Vorbeugende Schädlingsbekämpfung

Die Umlagefähigkeit der Kosten für die „vorbeugende Schädlingsbekämpfung“ ergibt sich aus § 4 Abs. 3 II 4. NA i. V. mit § 4 Abs. 4 lit. b) (letztes Wort: „Ungezieferbekämpfung“), jedenfalls aber aus § 4 Abs. 4 lit. j) des MV i. V. m. Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 der II. BerechnungsVO (heute § 2 BetrKVO) – dort unter Ziffer 9 geregelt. Gemäß § 4 Abs. 4 lit. j) des Mietvertrages sollen Kosten die unter § 4 Abs. 4 lit. a) bis lit. l) des Mietvertrages nicht im Einzelnen aufgeführt sind, gleichwohl umgelegt werden können, wenn sie nach der bei Anfall der Kosten geltenden Fassung der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 der II. Berechnungsverordnung umlagefähig sind. Gegen den Einbezug durch bloßen Verweis (ohne Anheftung einer entsprechenden Auflistung der erfassten Kosten an den Mietvertrag) bestehen keine rechtlichen Bedenken (vgl. LG Berlin, Urteil der 67. Zivilkammer vom 21.10.2004 – 67 S 119/04 – veröffentlicht in juris). Die für den streitgegenständlichen Zeitraum geltende aktuelle Fassung der II. Berechnungsverordnung verweist hinsichtlich der Betriebskosten unter § 27 auf die seit dem 01.01.2004 geltende Betriebskostenverordnung vom 25. November 2003 (BGBL. I S. 2346, 2347), so dass § 2 Ziffer 9 der BetrkVO einschlägig ist.

Objekt- und Wachschutz

Die Kostenumlage für den Objekt- und Wachschutz ist im Mietvertrag unter § 4 Abs. 4 lit. g) (Kosten für „Wach- und Schließdienste/Objektüberwachung“) vorgesehen, während die Kosten der reinen Passagenbewachung zusätzlich unter § 4 Abs. 4 lit. i) des MV ausdrücklich aufgeführt werden.

Die Klägerin hat für das Abrechnungsjahr 2009 im Anlagenkonvolut K8 die Rechnungen der Firma S. i. u. S. für den Zeitraum 01-06/2009 in Höhe von 1.200,00 € (6 Monate á 200,00 € netto) und von 07-12/2009 in Höhe von weiteren 42.318 € (6 Monate á 6.985,00 € netto zzgl. weiterer 408,00 € netto für zusätzliches Wachpersonal gemäß Auftrag vom 08.12.2009) vorgelegt, ohne dass die Beklagte zu 1) diesen substantiiert entgegengetreten ist. Der sprunghafte Anstieg der monatlichen Kosten ist vor dem Hintergrund der unstreitigen Beendigung des von den Erdgeschossmietern abgeschlossenen eigenen Vertrages zum Ablauf des 30.06.2009 ohne Weiteres plausibel.

Darauf, inwieweit die Beklagte konkret von dem Objektschutz profitiert hat, kommt es auf Grund des vereinbarten Flächenschlüssels nicht an. Gemäß Leistungsbeschreibung des zum 01.07.2009 von der Klägerin neu abgeschlossenen Objektbewachungsvertrages (Anlage K 14) ist Gegenstand der Überwachung das gesamte Objekt einschließlich der Pasarelle (Passage). Eine direkte Zuordnung der Kosten (etwa nur auf die Erdgeschossmieter) kommt daher nicht in Betracht.

Die Beklagte zu 1) kann in diesem Zusammenhang nicht damit gehört werden, dass die Kosten der Passagenüberwachung von ihr von vorne herein vereinbarungsgemäß nicht zu erheben seien. Tatsachen, die für die von ihr behauptete diesbezügliche Einigung bei Vertragsabschluss sprechen, werden nicht ansatzweise schlüssig vorgetragen. Soweit bei den Verhandlungen auf Nachfrage hinsichtlich der im Vertragstext eigens aufgeführten Kosten für die Passsagenüberwachung von Vermieterseite darauf hingewiesen worden sein soll, „dass dieser Punkt leerlaufe“, da man den diesbezüglichen Vertrag gekündigt habe, stellt dies schon keine verbindliche Zusage der Nichtumlage auch im Falle einer späteren tatsächlichen Änderung in Form der Wiederaufnahme der Passagenbewachung durch den Vermieter dar. Offen ist überdies, wer konkret sich den Vertretern der Beklagten zu 1) gegenüber dergestalt geäußert haben soll, so dass insoweit auch schon kein hinreichend substantiierter tatsächlicher Vortrag vorliegt.

Gebäudetechnik

Soweit die Beklagte zu 1) der Position „Gebäudetechnik“ als solcher entgegentritt, muss sie sich entgegenhalten lassen, dass es sich bei dieser Bezeichnung gar nicht um eine eigenständige Position, sondern um die Überschrift in Form eines Sammelbegriffs für u. a. die drei Folgepositionen (s. u.) handelt.

Miete, Wartung, Notrufschaltung, Brandmeldeanlage, Wartung Feuerlöscher

Diese Positionen sind sämtlich nach nach § 4 Abs. 4 lit. e) des ursprünglichen Mietvertrages ohne Weiteres umlagefähig. Dort sind „Notrufanlagen“, „Brandmeldeanlagen“ und „Feuerlöscher“ im Hinblick auf deren „Wartung und Instandhaltung“ ausdrücklich aufgeführt.

Wartung Transformator – Hauptverteilung; Wartung Transformator – Notstromaggregat

Hier gilt das zur vorgenannten Position Ausgeführte entsprechend. Auch „Transformatoren“ sind unter § 4 Abs. 4 lit. e) des MV im Hinblick auf deren „Wartung und Instandhaltung“ ausdrücklich erwähnt.

Mieterspezifische Kosten

Soweit die Klägerin von der Beklagten zu 1) Reparaturkosten im Hinblick auf einen im Mietbereich der Beklagten heruntergerissenen Heizkörper in Höhe von 213,01 € (179,00 € zzgl. Mwst.) – offenbar gemäß der als Anlage K 17 vorgelegten Rechnung der Firma xxx-Steinhaus vom 31.10.2009 – fordert, hat die Klage ebenfalls Erfolg. Ein entsprechender Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) resultiert aus § 280 I BGB i. V. m. der mietvertraglichen Obhutspflicht des Mieters im Hinblick auf das Mietobjekt. Die Beklagte zu 1) tritt dem Anspruch nach Grund und Höhe gar nicht mehr entgegen. Vielmehr gesteht sie mit Schriftsatz vom 01.02.2012 (dort auf Seite 4 unter Ziffer 4.) ausdrücklich zu, „die Kosten der Auswechselung des heruntergerissenen Heizkörpers tragen zu müssen“. Soweit sie dazu auf Seite 10 ihres Schriftsatzes vom 05.12.2011 zunächst vorgetragen hatte, dass sie diesen Betrag am 02.12.2009 bereits ausgeglichen habe, ist dieser Vortrag durch ihre eigene spätere Einlassung vom 01.02.2012 überholt. Soweit sie dort weiter die Ansicht vertritt, dass der Klägerin der in Rede stehende Betrag – „mit Rücksicht auf ihre enormen Vorauszahlungen der Betriebskosten … längst zugeflossen“ sei, muss sie sich entgegenhalten lassen, dass die Betriebskostenvorauszahlungen vom Vermieter nicht mit Schadensersatzansprüchen verrechnet werden dürfen und eine entsprechende Aufrechnung der Beklagten zu 1) am fehlenden Bestand des vermeintlichen Rückforderungsanspruchs scheitert.

Auch die weiteren, für die Untersuchung der Fahrtreppe als „mieterspezifisch“ angesetzten Kosten in Höhe von 867,45 € zzgl. Mehrwst., beansprucht die Klägerin von der Beklagten zu 1. zu Recht. Denn eine am 03.12.2009 erfolgte Untersuchung der Fahrtreppe des Mietobjekts, welche die Beklagte zu 1. gar nicht bestreitet, fällt unter § 8 Abs. 2 des Mietvertrages, wonach „Wartung, Instandhaltung und Instandsetzung der Mietgegenstände nebst der Zugangswege … Sache des Mieters und von diesem auf eigene kosten vorzunehmen“ sind. Abgesehen vom pauschalen und insoweit nicht näher erläuterten Klagabweisungsantrag ist die Beklagte zu 1. dieser Forderung auch gar nicht entgegengetreten.

Der auf die berechtigte Nachzahlungsforderung aus der Betriebskostenabrechnung 2009 titulierte Zinsanspruch resultiert dem Grunde nach aus Verzug gemäß §§ 288 I Satz 1, 286 III 1 BGB. Durch das von der Klägerin unstreitig auf den 12.01.2011 festgesetzte Zahlungsziel ist die Leistungszeit nicht kalendermäßig bestimmt gewesen, so dass die Beklagte zu 1) mit Ablauf des 12.01.2011 in Verzug geraten wäre; eine kalendermäßige Bestimmung liegt nur vor, wenn die Leistungszeit durch Gesetz, Urteil oder zweiseitiges Rechtsgeschäft bestimmt ist (BGH NJW 08, 53). Mangels vorgetragener Mahnung ist der Verzug mit Ablauf von 30 Tagen nach Zugang der Abrechnung am 22.11.2010 eingetreten, somit am 23.12.2010. Die Klägerin hat aber Zinsen erst ab 13.01.2012 verlangt (§ 308 ZPO). Die Höhe des zugesprochenen Zinssatzes bestimmt sich nach § 288 II BGB.

2. Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) auf Rechtsanwaltsgebühren für die anwaltliche Mahnung vom 31.12.2011

Die Klägerin hat aus Verzugsgründen Anspruch auf Erstattung der ihr in diesem Zusammenhang entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.780,20 € für die anwaltliche Mahnung vom 31.01.2011. Der diesbezügliche Zinsanspruch resultiert aus §§ 291, 288 I, Satz 1 BGB.

3. Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) auf restliche Nettokaltmiete in Höhe von 50.412,81 € für die Zeit 1.1.2010 bis 31.12.2010

Die Klägerin hat Anspruch auf restliche Nettokaltmiete für die Monate Januar bis Dezember 2010 in Höhe von 50.412,81 € gemäß § 535 Abs. 2 BGB i.V.m. § 4 des Mietvertrages.

Die Beklagte schuldete einen Mietzins für die Zeit vom Januar 2010 bis März 2010 gemäß § 535 Abs. 2 BGB wie folgt:

Betrag in € Mietzins gemäß MietV und Indexanpassung vom 5.3.2010 27.702,15

Mietzins Werbeflächen 500,00

BK Vorauszahlung 16.840,60

Mehrwertsteuer 8.558,12

Gesamtmiete 53.600,87

sowie für den Zeitraum von April 2010 bis Dezember 2010

Betrag in € Mietzins gemäß MietV

27.702,15

Mietzins Werbeflächen 500,00

BK Vorauszahlung gemäß BK-Anpassung vom 5.3.2010 19.712,64

Mehrwertsteuer 9.103,81

Gesamtmiete 57018,60

Nach Abzug der in der Höhe unstreitigen Zahlungen besteht ein Anspruch auf restliche Nettokaltmiete wie im Schriftsatz der Klägerin vom 7.2.2012 (Bd. III Bl. 86 f. d.A.) angegeben wie folgt:

Betrag in €

Januar 2010 246,24

Februar 2010 2.238,17

März 2010 10.246,24

April 2010 246,24

Mai 2010 15023,74

Juni 2010 3201,74

Juli 2010 6157,24

August 2010 3201,74

September 2010 3201,74

Oktober 2010 3201,74

November 2010 3201,74

Dezember 2010 246,24

Gesamt 50412,81

Die Klägerin ist mit Eintragung im Grundbuch am 21.1.2009 in den Mietvertrag als Vermieterin eingetreten, § 566 BGB.

a) Die Miete war im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum nicht gemindert, § 536 BGB. Gemäß § 536 Abs. BGB schuldet der Mieter eine geminderte Miete, wenn im Mietverhältnis die Mietsache mit einem Mangel behaftet ist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt. Gemäß § 536 Abs. 1 S. 3 BGB scheidet eine Minderung jedoch dann aus, wenn die Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit unerheblich ist.

Eine Mietminderung wegen der unstreitig nicht funktionsfähigen Rolltreppe scheidet aus, da der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache nicht beeinträchtigt ist. Die Rolltreppe gehört nicht zum eigentlichen Mietgegenstand, sondern ist eine von mehreren Möglichkeiten des Zugangs vom Erdgeschoss zum 1. Obergeschoss, das auch an andere Mieter (Pfandhaus) vermietet ist. Die Minderung des § 536 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass ein Sach- oder Rechtsmangel der Mietsache deren Gebrauchstauglichkeit nicht nur unerheblich beeinträchtigt. Ein Mangel erfordert eine Abweichung der Soll- von der Ist-Beschaffenheit. Die Soll-Beschaffenheit definiert sich dabei nach den vertraglichen Vereinbarungen; sieht der Vertrag hierzu nichts Konkretes vor, richtet sie sich nach den für den Vertragszweck erforderlichen Umständen, ggf. dem, was nach der allgemeinen Verkehrsanschauung für die Erfüllung des Vertragszwecks erforderlich ist. Dabei kommen nicht nur Mängel in Betracht, die in der Beschaffenheit der Mieträume selbst begründet sind, sondern auch Einwirkungen auf die Mietsache und ihren Gebrauch von außen, so genannte Umwelt- oder Umfeldmängel (BGH NJW 1981, 1450; Palandt – Weidenkaff, BGB, 71. Aufl., 2012, § 536 Rdnr. 16). Wird der Zugang zu einem von Kundenströmen frequentierten Ladenlokal (oder Hotel) erheblich erschwert, kann hierin ein Mangel der Mieträume im Sinne eines solchen Umfeldmangels liegen (KG NZM 2008, 526; OLG Rostock, NJW-RR 2009, 1023 m.w.N.; OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 01.07.2005 – 24 U 234/04 – BeckRS 2011, 19964). Um jedoch den Anwendungsbereich der Minderung nicht ausufern zu lassen, haben Rechtsprechung und Literatur im Falle der Umwelt- und Umfeldmängel ihre Anwendung auf solche Mängel begrenzt, die sich unmittelbar und nicht nur mittelbar auf die Gebrauchstauglichkeit der Mieträume auswirken (BGH NJW 2000, 1714). Ob eine unmittelbare oder mittelbare Gebrauchsbeeinträchtigung vorliegt, ist regelmäßig anhand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen. An einer Unmittelbarkeit soll es in der Regel fehlen, wenn Umfeldeinwirkungen den Zustand der Mietsache selbst sowie deren vertragsgemäße Nutzungsmöglichkeit unberührt lassen und sich allein auf die Menge potenzieller Kunden auswirken (LG Berlin NZM 2008, 844 für die Umgestaltung des Hauptbahnhofs in Ladennähe). Ob eine Zugangsbehinderung im Einzelfall eine mittelbare oder eine unmittelbare Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit darstellt, hängt zum einen vom Nutzungszweck der Mieträume und zum anderen von der Art der Zugangsbehinderung ab. Für wiederholte Ausfälle der Rolltreppe im Einkaufszentrum hat der BGH eine unmittelbare Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit der gemieteten Räume abgelehnt (BGH NJW 2006, 899 – 903, zitiert nach juris Rdn. 47). Das KG (NZM 2008, 526) hat eine zur Minderung führende, unmittelbare Gebrauchsbeeinträchtigung in einem Fall angenommen, in dem durch den Bau der U-Bahn der Zugang zu einem Souvenirgeschäft, welches also klassisch von Laufkundschaft lebt, nur noch über eine Behelfsbrücke erreichbar gewesen wäre. Bei Vermietung eines Ladenlokals zum Betrieb eines Schuhgeschäfts hat der BGH (NJW 1981, 2405) entschieden, es könne über die Eignung der Räume in ihrer baulichen Ausgestaltung hinaus auch der ungehinderte Zutritt des Publikums zu diesem Geschäft – also die Möglichkeit, es beschwerde-, gefahrlos und bequem betreten zu können – für die Gebrauchstauglichkeit unmittelbar bestimmend sein. Werde diese Möglichkeit durch bauplanerische oder bauausführende Maßnahmen in der näheren Umgebung des Ladenlokals nachhaltig beeinträchtigt, könne dies einen Mangel darstellen. Eine bloße mittelbare Gebrauchsbeeinträchtigung nahm der BGH in einem Fall an, in dem der Mieter eines Wäschegeschäfts in einem Einkaufszentrum geltend machte, es seien in der Nähe nicht ausreichend Parkplätze vorhanden und eine in Aussicht gestellte überdachte Zuwegung zwischen dem Hauptbahnhof und dem Einkaufszentrum sei nicht geschaffen worden, so dass die Kunden nicht trockenen Fußes in das Geschäft gelangen könnten, was ihre Entscheidung, dieses aufzusuchen, beeinflusse (BGH NJW 2000, 1714). Verneint hat auch das OLG Celle eine unmittelbare Einwirkung für den Fall, dass eine Gaststätte in die Einrichtung einer verkehrsberuhigten Zone einbezogen wird und hierdurch ein Umsatzrückgang eintritt (OLG Celle, NJW-RR 1996, 1099 = NJWE-MietR 1996, 226 L). Ebenso nur eine mittelbare Beeinträchtigung hat das OLG Frankfurt a.M. für den Fall angenommen, dass ein Rechtsanwalt, der Räumlichkeiten für seine Kanzlei in einem eleganten Bürogebäude gemietet hat, ein Ausbleiben von Mandanten wegen des durch andere Mieter hervorgerufenen optischen Eindrucks befürchtete (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 01.07.2005 – 24 U 234/04 – BeckRS 2011, 19964). Für ein Ladenlokal, welches an einer Straße liegt, die ein Einkaufszentrum und den Markt verbindet, hat Fritz (NZM 2008, 825) eine Minderung verneint, wenn der Zugang vom Markt her wegen Bauarbeiten versperrt wird, vom anderen Ende der Straße her aber möglich bleibt. Das OLG Rostock (NJW-RR 2009, 1023) hat das Postieren von zwei bis drei breitschultrigen Ordnern (Sicherheitspersonal) in dunkler Kleidung durch einen Mitmieter auf dem gemeinsam zu nutzenden Kellerflur als nur mittelbare, nicht zur Mietminderung führende Gebrauchsbeeinträchtigung der zum Betrieb einer Spielothek gemieteten Räumlichkeiten angesehen, zumal an weiterer straßenseitiger Zugang existierte, wo die Ordner nicht standen.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und Fallbeispiele liegt hier eine nur mittelbare Gebrauchsbeeinträchtigung der Beklagten zu 1) in der Nutzung der gemieteten Räumlichkeiten als Hotel / Hostel vor. Der Zugang zu den von der Beklagten zu 1) gemieteten Räumen ist in ausreichendem und vertragsgemäßem Umfang gewährleistet. Die Kunden der Beklagten zu 1) (bzw. der Beklagten zu 2) können die Räumlichkeiten fußläufig erreichen, ohne dass ihnen die Zuwegung versperrt ist oder sie anderweitig nicht bequem und ohne größere Schwierigkeiten zu erreichen wären. Das Gebäude hat unstreitig verschiedene Aufgänge, die Rolltreppe in die 1. Etage stellt nur eine Möglichkeit des Zugangs zum 1. Obergeschoss dar. Der Hauptzugang zum 1. OG ist an zentraler Stelle – über die Joachimsthaler Straße – ohne weiteres durch eine weitere normale Treppe direkt neben der Rolltreppe möglich und das Hotel damit für den Kundenverkehr ohne weiteres zugänglich. Weiterhin ist ein separater Aufgang zum Hotel nutzbar.

Innerhalb der Flächen der Beklagten zu 1) sind 2 Personenaufzüge zum Hostel von der Passage im Erdgeschoss aus und ein weiterer Personenaufzug im Treppenaufgang zum Hostel vom Hinterhof aus vorhanden, so dass der Zugang für rollstuhl- bzw. gehbehinderte Gäste über einen Hintereingang möglich ist. Die Beklagte zu 1) kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die 2 Personenaufzüge stillgelegt sind, da sie diese in eigener Verantwortung stillgelegt hat.

Im Übrigen bleibt ein Personenaufzug (sowie ein von der Beklagten zu1) als „Lastenaufzug“ bezeichneter Aufzug, der nach Angaben der Klägerin als Personenaufzug nutzbar ist) funktionstüchtig. Der Zugang zum Hotel / Hostel ist jedenfalls durch den funktionierenden Aufzug und die Treppen ohne weiteres ungehindert, beschwerde-, gefahrlos und bequem möglich. Der Verweis auf einen hohen Anteil gehbehinderter Kunden geht hier angesichts der ausdrücklich vertraglichen Nutzung als „Hotel / Hostel“ fehl. Die Nutzung als Hostel ist zielgerichtet auf individualreisende Rucksacktouristen mit niedrigem Budget, wobei die Anzahl junger Reisende überdurchschnittlich ist (vgl. Wikipedia). Diese Auslegung der Nutzung als „Hostel“ stimmt auch mit dem von den Beklagten selbst eingereichten Werbematerial (vgl. Hotelbeschreibungen Anlage VS 5) überein, auch dort ist u.a. die Rede von „einfaches Hostel“; „beliebtes Hotel in zentraler Lage, besonders beliebt bei jungen Leuten“ bzw. „Jugendhotelpartner“ die Rede. Jedenfalls war Vertragszweck nicht ein Komforthotel oder ein Hotel für überwiegend gehbehinderte Gäste.

Aus der Tatsache, dass die Mieterin im Rahmen der Betriebskosten die Kosten für die Instandhaltung von „Rolltreppen“ übernommen hat, lässt sich auch keine Betriebspflicht der Vermieterin für die Rolltreppen schließen. Im Übrigen stände es der Mieterin frei, vor der verschlossenen Rolltreppe ggf. Hinweisschilder auf die normale Treppe bzw. den Fahrstuhl aufzustellen. Mit einem Rollstuhl kommt man ohnehin nicht über die Rolltreppe.

Es liegt auch keine Zusicherung einer Eigenschaft (§ 536 Abs. 2 BGB) vor. Als Eigenschaft kommen neben der physischen Beschaffenheit die tatsächlichen und rechtlichen Beziehungen des Mietgegenstands zu seiner Umwelt in Betracht, die für die Brauchbarkeit und den Wert des Mietobjekts von Bedeutung sind. Diese Beziehungen müssen jedoch ihren Grund in der Beschaffenheit des Mietobjekts selbst haben, von ihm ausgehen, ihm auch für eine gewisse Dauer anhaften und nicht lediglich durch Heranziehung von Umständen in Erscheinung treten, die außerhalb der Mietsache liegen (vgl. BGH NJW 2000, 1714 (1715) m.w.N.). Da der Betrieb der Rolltreppe vom Erdgeschoss in das 1. Obergeschoss zu den Mieträumen ist keine Eigenschaft der Mieträume selbst ist. Die „bequeme“ Erreichbarkeit hat nichts mit Beschaffenheit der Mieträume zu tun und haftet diesen nicht (für eine gewisse Dauer) an. Neben dem Fehlen einer zusicherungsfähigen Eigenschaft fehlt es nach dem eigenen Vortrag der Beklagten auch an dem Merkmal der Zusicherung. Dazu müsste die Klägerin über allgemeine Anpreisungen und Beschreibungen der Mietsache hinaus vertragsmäßig bindend erklärt haben, die Gewähr für das Vorhandensein bestimmter Eigenschaften zu übernehmen und für alle Folgen ihres Fehlens eintreten zu wollen (vgl. BGH NJW 2000, 1714 (1716) m.w.N.).). Eine derartige Zusicherung durch die Klägerin hat die Beklagte zu 1) nicht schlüssig behauptet. Ihr allgemein gehaltener Vortrag, der Betrieb der Rolltreppe sei „zugesagt“ worden, erfüllt die Voraussetzungen des § 536 Abs. 2 BGB nicht.

Dahinstehen kann, ob der Minderung die Regelung zu „Störungen im Betrieb des Gebäudes und seiner technischen Einrichtungen“ in § 1 Abs. 3 des Mietvertrages entgegensteht und ob die Überwälzung der Instandsetzungspflicht auf die Mieterin in § 8 Abs. 2 des Vertrages wirksam ist und welche Reichweite sie hat.

b) Die Aufrechnung der Beklagten zu 1) mit einem Erstattungsanspruch auf Überzahlungen aus Betriebskostenvorschüssen für 2008 scheitert am Bestehen eines solchen Erstattungsanspruchs (zum „Einfrierungsgrundsatz“ s.o., zur Betriebskostenabrechnung 2008 siehe nachfolgend). Der Anspruch ist entscheidungsreif, so dass § 10 Abs. 4 des Mietvertrages nicht greift.

Mangels Mietminderung konnte die Beklagte zu 1) keine rückwirkende Minderung durch „Verrechnung“ von früheren Überzahlungen für Januar bis April 2010 im Mai 2010 geltend machen. Auch ein „Minderungsschaden“ bzw. Untermietzinsschaden scheidet aus.

Schließlich greift der „Abzug“ in Höhe von 1.991,93 € für Februar 2010 gemäß Anlage B 20 für die ausgewechselte Heizungs-Doppelpumpe (Rechnung vom 14.2.2010 Anlage B 46) nicht. In dem Schreiben vom 01.02.2010 (Anlage B 44) liegt eine Aufrechnungserklärung. Die Gegenforderung der Beklagten zu 1) wurde von der Klägerin bestritten, die geltend macht, dass der Austausch dieser Pumpe nicht zu einer Besserung führen konnte. Die Aufrechnung ist damit bereits unzulässig, da ihr § 10 Abs. 4 des Mietvertrages entgegen steht. Es kann dahinstehen, ob es sich bei dieser Regelung um eine individualvertragliche oder formularmäßige handelt und ob die übrigen Voraussetzungen der §§ 305 ff. BGB erfüllt sind. Denn die Regelung ist auch formularvertraglich wirksam.

§ 10 Abs. 4 des Geschäftsraummietvertrages ist auch als AGB-Klausel im Gewerbemietrecht wirksam (BGH NJW-RR 1993, 519 (520); KG NZM 2002, 387, OLG Düsseldorf NZM 2005, 667). Die von der Beklagten zu 1) zitierte Entscheidung des BGH (VII ZR 209/07, BauR 2011, 1185) ist nicht auf Gewerbemietrecht übertragbar. In dem zugrunde liegenden Fall hat der BGH eine Benachteiligung im Fall eines Werkvertrages (Architektenvertrag über ein Einfamilienhaus) bejaht mit der Begründung, in das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistungen werde in einer für den Besteller unzumutbaren Weise eingegriffen. Dieses Argument greift für den Mietvertrag als Dauerschuldverhältnis mit permanentem Leistungsaustausch, der eine jeweilige Vorleistungspflicht des Mieters gesetzlich vorsieht (§§ 556b Abs. 1, 579 BGB) nicht. Denn der Mieter erhält fortlaufend in Form der Gebrauchsgewährung weitere Leistungen des Vermieters, die ein etwaiges Zuviel an Miete kompensieren können. Zudem ging es in dem vom BGH entschiedenen Fall um einen Architektenvertrag einer Privatperson für ein Einfamilienhaus, so dass auch die Übertragbarkeit auf gewerbliche Mietverhältnisse nicht gegeben ist. Aus der Entscheidung ergeben sich schließlich keine Anhaltspunkte, dass der BGH von seiner bisherigen Rechtsprechung zum Gewerbemietrecht abweichen wollte.

Die Gegenforderung ist hier auch nicht entscheidungsreif (vgl. KG GE 2010, 766 BeckRS 2010, 14587; OLG Düsseldorf GE 2009, 1432; OLG Düsseldorf NJOZ 2012, 533; OLG Karlsruhe NJW-RR 2006, 600), so dass das Aufrechnungsverbot hier greift.

c) Da ein Mangel der Mieträume nicht vorliegt, kann sich die Beklagte zu 1) auch nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen.

d) Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1, 2 Nr. 1, 288 Abs. 2 BGB i.V.m. § 4 Abs. 1 des Mietvertrages (Verfügung des Vermieters am 5. Tag des Fälligkeitsmonats). Die Klage unterlag der Abweisung, soweit Zinsen bereits ab 4.3.2010 statt wie tenoriert ab 5.3.2010 verlangt wurden.

4. Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) auf Betriebskostennachzahlung für das Jahr 2010 in Höhe von 118.872,30 € und

5. Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) auf Betriebskostennachzahlung für das Jahr 2008 in Höhe von 34.570,46 €

Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) einen Anspruch auf Betriebskostennachzahlung für das Jahr 2010 in Höhe von 118.872,30 € und für das Jahr 2008 in Höhe von 34.570,46 € aus den vorgelegten Betriebskostenabrechnungen i.V.m. dem Mietvertrag.

Wegen der Einwendungen der Beklagten zu 1) gegen die Betriebskostenabrechnungen für 2010 und 2008 wird auf die obigen Ausführungen zur Betriebskostenabrechnung für 2009 verwiesen.

Die Beklagte zu 1) kann sich nicht insbesondere mit Erfolg darauf berufen, dass bestimmte Betriebskostenpositionen seien aufgrund der Vereinbarung im 4. NA von vorne herein als „neu“ nicht umlagefähig sind (zur „Einfrierungsvereinbarung“ s.o.). Dies betrifft insbesondere in der Betriebskostenabrechnung 2008 die angegriffenen Positionen Hostel Personenaufzug, Schornsteinfeger, Aufzug Hostel und Wartung Transformator sowie in der Betriebskostenabrechnung 2010 die Positionen Winterdienst, vorbeugende Schädlingsbekämpfung, Objekt- und Wachschutz, Wartung Notrufschaltung Brandmeldeanlage und Wartung Transformator-Notstromaggregat. Auch hinsichtlich der Einwendungen der Beklagten zu 1) zur Umlage der Grundsteuer, der Müllabfuhr sowie zum Wachschutz wird auf die obigen Ausführungen zur Betriebskostenabrechnung für 2009 verwiesen.

Ergänzend sei folgendes ausgeführt:

Soweit die Beklagte zu 1) mit Schriftsatz vom 2.2.2012 geltend macht, sie habe für die Betriebskostenabrechnung 2010 eine Nachzahlung in Höhe von 709,45 € „inzwischen“ überwiesen, ist dieser Vortrag unsubstantiiert.

6. Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) auf Rechtsanwaltsgebühren für die anwaltliche Mahnung vom 16.12.2010

Die Klägerin hat aus Verzugsgründen Anspruch auf Erstattung der ihr entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten für die anwaltliche Mahnung vom 16.12.2010. Die Kosten wurden erst am 15.2.2011 beglichen, so dass Zinsen (§ 288 Abs. 1 BGB) auch erst ab diesem Zeitpunkt verlangt werden können, weil vorher lediglich ein – nicht notwendig auf Zahlung gerichteter – Feststellungsanspruch bestand.

7. Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) auf Zahlung von Vorschüssen in Höhe von 54.974,29 € für Januar bis Mai 2011

Die Klägerin hat gegen die Beklagten Anspruch auf Zahlung von Betriebskostenvorschüssen in Höhe von 54.974,29 € für den Zeitraum Januar bis Mai 2011.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war ein „Einfrierungsgrundsatz“ im 4. NA nicht vereinbart, so dass die Klägerin die Vorschüsse angesichts der erheblichen Nachzahlungen auch ohne Einverständnis der Beklagten zu 1) erhöhen durfte. Eine Anpassung der Vorauszahlungen (hier Erhöhung) war vertraglich auch ausdrücklich vorgesehen, § 4 Abs. 11 letzter Satz des Mietvertrages.

8. Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) auf (volle) Mieten für Juli und August 2011 in Höhe von 115.284,86 €

Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) Anspruch auf Miete für Juli und August 2011 in der begehrten Höhe gemäß § 535 Abs. 2 BGB wie folgt:

Betrag in €

Mietzins gemäß MietV und Indexerhöhung vom 28.3.2011 28.226,38

Mietzins Werbeflächen500,00

BK Vorauszahlung gem. Anpassung vom 5.3.2010 19.712,64

Mehrwertsteuer 9203,41

Gesamtmiete

57.642,43

Die Höhe der Vorschüsse war von der Klägerin zutreffend angepasst worden. Der Anspruch auf Nettomiete samt Indexerhöhung ist nicht gemindert. Die Indexierung ist unstreitig.

a) Für die Monate Juli und August 2011 hat die Beklagte zu 1) unstreitig keine Miete gezahlt. Der Anspruch wurde nicht durch die Aufrechnung mit einem Auszahlungsanspruch wegen des Kautionsguthabens nach geleisteter Barkaution erfüllt, da kein solcher Anspruch der Beklagten zu 1) besteht. Die Abrede über die Mietsicherheit ist maßgeblich auch von der Beklagten beeinflusst, auf deren Wunsch wurde wahlweise eine Bürgschaft bzw. eine in Raten zahlbare Barkaution vereinbart. Die Bedenken der Beklagten zu 1) gegen die Bürgschaftsabrede führen jedenfalls nicht zu einer Unwirksamkeit der gesamten Sicherheitsabrede. Es kann offen bleiben, ob der Auszahlungsanspruch der Beklagten zu 1) bei von ihr angenommener Unwirksamkeit der für die Bürgschaft angeblich formularmäßig vorgegebenen Kriterien (erstes Anfordern, Verzicht auf Aufrechnung / Anfechtung) besteht. Denn jedenfalls hat die Beklagte zu 1) die Fälligkeitsvoraussetzungen für diesen Auszahlungsanspruch nicht geschaffen. Die vorgelegte Ablösebürgschaft vom 13.5.2011 genügt schon deshalb nicht den vertraglichen Vorgaben, weil sie die Klägerin gerade für die streitigen Forderungen aus der Vergangenheit ungesichert ließe. Die Bürgschaft sicherte nicht sämtliche Ansprüche der Klägerin aus dem bestehenden Mietverhältnis ab, wie die Beklagte zu 1) angibt, sondern nur solche für die Zeit ab 13.5.2011. Ablösung heißt, dass die Bürgschaft an Stelle der Barkaution treten und genau wie diese Ansprüche des Vermieters sichern soll. Dazu bedarf es auch keiner ausdrücklichen Vereinbarung über die Rückwirkung der Bürgschaft. Dies ergibt sich aus einer interessengerechten Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB.

b) Das mit Schriftsatz vom 2.3.2012 (Bd. III Bl. 138) erstmals geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht wegen nicht getrennt angelegter Kaution gilt erst ab Geltendmachung, also für zukünftige Mieten. Rechtsfolge der nicht vertragsgerechten Anlage ist ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB (KG NJW-RR 1999, 738). Das Recht nach § 273 BGB (anders bei § 320 BGB, was die Beklagte zu 1) übersieht) ist nicht von Amts wegen zu berücksichtigen, sondern muss ausdrücklich oder stillschweigend geltend gemacht werden (BGH WM 1971, 1021; NJW 1983, 565; die von der Beklagten zu 1) zitierte Entscheidung BGH NJW-RR 1996, 853 betrifft allein den alten § 326 BGB und nicht § 273 BGB). Dieses Zurückbehaltungsrecht gilt auch nur für zukünftige Mieten. Ein dem Schuldner zustehendes Zurückbehaltungsrecht schließt einen Verzug nur aus, wenn es vor oder bei Fälligkeit der Forderung ausgeübt wird. Nach Verzugseintritt beseitigt die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts den Verzug nicht (OLG Düsseldorf ZMR 1988, 304).

Die zugleich erklärte Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen aus §§ 823 Abs. 2 BGB; 266 StGB scheitert ebenfalls am Nichtbestehen der Schadensersatzansprüche.

Ein Schadensersatzanspruch nach §§ 823 Abs. 2 BGB, 551 BGB, 266 StGB setzt einen Verstoß gegen ein Verbotsgesetz voraus. Nur der Vermieter von Wohnraum kann wegen Untreue (§ 266 StGB) bestraft werden, wenn er eine Kaution nicht entsprechend § 551 Abs. 3 S. 1 BGB anlegt. Die Vorschrift ist jedoch stets nur für Mietverhältnisse über Wohnraum anwendbar (Palandt – Weidenkaff, a.a.O., § 551 BGB, Rdn. 2), nicht jedoch auf Gewerbemietverhältnisse. Die Klägerin hatte also keine gesetzliche Vermögensbetreuungspflicht. Die bloße rechtsgeschäftliche Vereinbarung einer Kaution als solche begründet keine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB (vgl. BGH NJW 2008, 1827)

Im Übrigen fehlt es an einem Schaden. Der Schaden besteht i. d. R. in dem durch die unterlassene Anlage entstandenen Zinsverlust; nach allgemeinen Grundsätzen ist der Mieter für die Höhe des Zinssatzes beweispflichtig (Schmidt-Futterer – Blank, a.a.O., § 551 Rdn. 75). Hierzu ist nichts vorgetragen.

9. Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) auf Zahlung von 50.507,95 € für September 2011 sowie je 10.994,85 für Oktober bis Dezember 2011

Die Klägerin hat Anspruch gegen die Beklagte zu 1) auf Zahlung von 50.507,95 € für September 2011 sowie je 10.994,85 für Oktober bis Dezember 2011 gemäß § 546a Abs. 1 BGB. Auch insofern sind die Zahlungen unstreitig, so dass sich unter Zugrundelegung der von der Klägerin zutreffend berechneten Miete die eingeforderten Rückstände ergeben.

10. Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) auf Zahlung von monatlich 57.642,43 € für die Zeit von Januar 2012 bis Juni 2012

Die Klägerin hat Anspruch gegen die Beklagte zu 1) auf Zahlung von monatlich 57.642,43 € für den Zeitraum Januar 2012 bis Juni 2012 gemäß § 546a Abs. 1 BGB, weil das Mietverhältnis infolge der fristlosen Kündigung der Klägerin beendet war und die Beklagte der Klägerin die Mieträume vorenthielt (s. u.).

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3 S. 2, 91a ZPO.

Soweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, kam eine Kostenentscheidung zugunsten der Beklagten nicht in Betracht.

1.

Die Klage auf Räumung der Klägerin gegen die Beklagten zu 1) und 2) war zulässig und gemäß § 546 Abs. 1, 2 BGB begründet, da das Mietverhältnis beendet ist. Die fristlose Kündigung vom 29.08.2011 hatte das Mietverhältnis beendet, da die Beklagte zu 1) als Mieterin bei Zugang der Kündigung für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug war, § 543 Abs. 2 Nr. 3a) 2. Alt. BGB. Die Beklagte zu 1) war mit der Miete für Juli und August 2011 in Verzug (s.o.). Es wurde unstreitig keine Miete gezahlt, ein Auszahlungsanspruch auf Barkaution bestand nicht (s.o.). Das mit Schriftsatz vom 2.3.2012 erstmals ausgeübte Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB konnte den eingetretenen Verzug nicht beseitigen. Das mit Schriftsatz vom 25.4.2012 geltend gemachte und von Amts wegen zu berücksichtigende Zurückbehaltungsrecht nach § 320 BGB wegen der Minderung bzw. Mängelbeseitigungskosten (Reparaturkosten Rolltreppe) greift nicht, da kein Mangel vorliegt (s.o.).

Jedenfalls fristlose Kündigung vom 08.12.2011 wegen Zahlungsverzugs hatte das Mietverhältnis beendet, da die Beklagte zu 1) zu diesem Zeitpunkt mit mehr als 1 Miete in Verzug war.

Schließlich hatte die fristlose Kündigung vom 08.12.2011 wegen Beleidigung (vgl. Emails vom 04./07.04.2011) schon für sich genommen das Mietverhältnis beendet. Die in den Emails vom 06. und 07.04.2011 enthaltene Beleidigung („Sie machen sich zum Erfüllungsgehilfen linker, illiquider Banditen“ “ Ich würde für solche Subjekte, zu deren Büttel Sie sich machen, keinen Tag arbeiten. Sie sollten sich einfach nur schämen. Am Ende werden die Toten gezählt ….“ ) war ein sonstiger wichtiger Grund zur Kündigung im Sinne von § 543 Abs. 1 S. 2 BGB (vgl. ausführlich Schmidt-Futterer – Blank, § 543 Rdn. 187 ff.). Es handelt sich um nicht mehr nachvollziehbare gezielte Beleidigungen der Mitarbeiterin der Hausverwaltung und der Klägerin, die zudem noch (siehe cc-Angaben in der Email) an Dritte weitergeleitet wurden. Diese Beleidigung ist eine Vertragsverletzung, die ohne Abmahnung nach § 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BGB zur sofortigen Kündigung berechtigt (siehe hierzu KG Beschluss vom 02.04.2009 – 12 U 118/08 – BeckRS 2009, 14756; Schmidt- Futterer, a.a.O., § 543 Rdn.). Die genannten Vertragsverletzungen berechtigen dann zur Kündigung, wenn sie so schwer wiegen, dass dem anderen Teil die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Angesichts des Gewichts dieser Beleidigungen (siehe auch LG Köln DWW 1988, 325; LG Mannheim Urteil vom 5.8.1992, 4 S 92/92; Gelsenkirchen-Buer ZMR 1998, 353) war eine Unzumutbarkeit in diesem Einzelfall unter Berücksichtigung der Gesamtumstände gegeben. Es ist nicht ersichtlich, dass die Äußerungen etwa im Zustand der Erregung gefallen wären, vielmehr handelt es sich um schwerer wiegende kalkulierte Ehrverletzungen. Der Beendigung des Mietverhältnisses stand auch nicht entgegen, dass zwischen Beleidigung und Kündigung 8 Monate vergangen sind. Die Kündigung war innerhalb einer angemessenen Frist (§ 314 Abs. 3 BGB) ausgeübt worden bzw. nicht verwirkt, da es insofern auf die Kenntnis der Klägerin ankommt (vgl. dazu BGH NJW 2005, 2775; Palandt – Weidenkaff, a.a.O. § 543 Rdn. 45). Die Frist beginnt, wie sich aus dem Wortlaut des § 314 Abs. 3 BGB ergibt, mit der Kenntniserlangung des Kündigungsgrunds durch den Berechtigten (BGH Urteil vom 21.03.2007 – XII ZR 36/05 – BeckRS 2007, 07095 Rdn. 21). Die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, sie habe erst in der mündlichen Verhandlung (07.12.2011) von Frau Hundt von der Email erfahren. Die Mitarbeiterin der Hausverwaltung ist auch kein Empfangsvertreters des Vermieters für Beleidigungen durch Mieter. Die Kausalität ist – entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1) – auch gegeben, da die Beleidigung zu der erforderlichen Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses mit dem Mieter führt.

2.

Soweit die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der Widerklagen und Hilfswiderklagen für erledigt erklärt haben, kam eine Entscheidung zugunsten der Beklagtenseite ebenfalls nicht in Betracht.

Die zulässige Widerklage der Beklagten zu 1) auf Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten für das Schreiben vom 2.9.2011 für die Zurückweisung der fristlosen Kündigung vom 29.08.2011war unbegründet, da die Kündigung nicht unberechtigt war.

Die Beklagte zu 1) hatte keinen Anspruch auf Versetzung der Rolltreppe in betriebsfähigen Zustand, hilfsweise auf Mängelbeseitigungsvorschuss von 58.905,00 €. Ein mietvertraglicher Anspruch auf Versetzung der Rolltreppe in betriebsfähigen Zustand ist nicht ersichtlich. Ein Mangel liegt nicht vor. Eine Funktionsfähigkeit der Rolltreppe wurde mietvertraglich nicht ausdrücklich zugesichert, sie gehört unstreitig nicht zum eigentlichen Mietgegenstand. Auch ist der Zugang zum Mietobjekt problemlos, sicher und beschwerdefrei über eine Treppe möglich. Zudem war das Mietverhältnis beendet (s.o.).

Die Widerklage der Beklagten zu 1) und 2) auf Unterlassung der Versorgungssperre war ebenfalls unbegründet. Insofern wird auf die Ausführungen der Kammer in dem parallelen Verfügungsverfahren (29 O 209/12) verwiesen.

Auch die Hilfswiderklage der Beklagten zu 1) auf Zahlung von 115.284,86 € für Juli und August 2011 war unbegründet, da ein Anspruch der Beklagten zu 1) auf Auszahlung des Kautionsguthabens und der darauf angefallen Zinsen in dieser Höhe nicht gegeben war. Der Auszahlungs- bzw. Ablösungsanspruch ist nicht fällig, da die Beklagte zu 1) eine vertragsgerechte Bürgschaft, die auch Ansprüche vor dem 13.5.2011 umfasst, nicht überreicht hat (s.o.).

Auch die Voraussetzungen für Vollstreckungsschutz nach §§ 712 ZPO lagen nicht vor, da ein nicht zu ersetzender Nachteil der Beklagten durch die Räumung nicht glaubhaft gemacht wurde.

III.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 16.7.2012 fand keine Berücksichtigung (§ 296a ZPO) und bot auch keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, § 156 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, 2 ZPO.

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