Skip to content
Menü

Gewerberaummiete – Verzicht Mietbürge auf Einrede der Aufrechenbarkeit

LG Wiesbaden – Az.: 9 O 276/15 – Urteil vom 14.03.2016

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von elf Zehnteln des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger nehmen als Vermieter die Beklagte aus der von dieser übernommenen Bürgschaft auf Zahlung in Anspruch.

Die Kläger als Vermieter und die GmbH als Mieter schlossen unter dem 28.03.2014/31.03.2014 einen Mietvertrag über Büroräume auf dem Grundstück Potsdamer Platz 5 in Berlin. Wegen dessen Wortlauts und Inhalts wird auf die Anlage K 2 Bezug genommen. Die Beklagte übernahm insoweit unter dem 13.05.2014 eine Bürgschaft, wegen deren Wortlauts und Inhalts auf die Anlage K 1 verwiesen wird. Mit Schreiben vom 13.08.2015 forderten die Kläger die Beklagte zur Leistung der Bürgschaftssumme auf. Insoweit wird auf die Anlage K 3 Bezug genommen. Zahlungen auf die Bürgschaft erbrachte die Beklagte bislang nicht.

Die Kläger behaupten und sind der Auffassung, die Beklagte sei zur Zahlung der Bürgschaftssumme verpflichtet. Die Mietverbindlichkeiten der GmbH seien nämlich weitaus höher. Die GmbH habe nämlich in den Monaten März bis Juni 2015 überhaupt keinen Mietzins entrichtet. Hieraus resultiere eine Forderung gegen die GmbH in Höhe von 128.391,64 EUR. Hierfür habe die Beklagte als Bürgin ebenso einzustehen wie für die insoweit anfallenden Verzugszinsen. Entgegen der Ansicht der Beklagten könne keine Rede davon sein, daß die Bürgschaft unwirksam oder zumindest kondizierbar sei.

Die Kläger beantragen, im Urkundenprozeß klagend, die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 128.391,62 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus je 32.097,91 EUR seit dem 05.08.2015, 05.04.2015 und 05.05.2015 sowie aus 32.097,89 EUR seit dem 05.06.2015 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behauptet und ist der Auffassung, sie wisse nicht, ob der Mietvertrag mit der GmbH wirksam zustande gekommen sei, ob die Mietsache eben dieser als Mieterin überlassen worden sei und ob die GmbH als Mieterin tatsächlich den klägerischerseits behaupteten Mietrückstand habe auflaufen lassen. Eben hierauf komme es aber letztlich nicht an. Denn die zwischen den Mietparteien getroffene Sicherungsabrede sei jedenfalls unwirksam, so daß sie, die Beklagte, berechtigt sei, Zahlungen auf die von ihr übernommene Bürgschaft zu verweigern. Die Unwirksamkeit der hier interessierenden Sicherungsabrede folge daraus, daß im Zusammenhang mit dem Verzicht auf die Einrede der Aufrechenbarkeit keine Rückausnahme für rechtskräftig festgestellte und unstreitige Forderungen vorgesehen worden sei. Eine solche Regelung benachteilige den Bürgen entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und sei mit wesentlichen Reglungen des Bürgschaftsrechts nicht vereinbar. Letzteres gelte auch für den klauselmäßig geforderten Verzicht auf die Hinterlegung und die Einrede der Anfechtbarkeit. Da sie, die Beklagte, über den Forderungsstand vorprozessual nicht informiert worden sei, könne auch keine Rede davon sein, daß sie sich insoweit in Verzug befinde. Der geltend gemachte Zinssatz sei ebenfalls nicht nachzuvollziehen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und die zugehörigen Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist klägerischerseits durch Vorlage einer Vollmacht die beklagtenseits in Abrede gestellte Wirksamkeit der den Klägervertretern erteilten Vollmacht in geeigneter Weise belegt worden.

Die Klage ist aber unbegründet.

Die Kläger können von der Beklagten aus der Bürgschaft vom 13.05.2014 nicht die Zahlung des klageweise geltend gemachten Betrages verlangen (§ 765 Abs. 1 BGB). Denn die Beklagte kann der Klageforderung gemäß § 768 BGB auch die der Mieterin als Hauptschuldnerin zustehende Einrede der ungerechtfertigten Bereicherung gemäß § 821 BGB entgegenhalten. Die Kläger sind nämlich im Verhältnis zu der Mieterin hinsichtlich der Besicherung von Ansprüchen aus dem Mietverhältnis vermittels der ausgereichten Bürgschaft ungerechtfertigt bereichert. Die Klausel in § 8 Nr. 2 des Mietvertrages, bei welcher es sich unwidersprochenermaßen um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, hält einer Überprüfung am Maßstab des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht stand. Die Klausel ist unwirksam gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB, weil der Verzicht auf die Einrede der Aufrechenbarkeit dort ausnahmslos gefordert wird. Eine Ausnahme für rechtskräftig festgestellte oder anerkannte Forderungen ist darin nicht enthalten. Ein Verzicht auf die Einrede der Aufrechenbarkeit gemäß § 770 Abs. 2 BGB ist gemäß § 307 Abs. 1 und 2 Nr. 1 BGB jedenfalls dann unwirksam, wenn der Ausschluß, wie vorliegend, auch für den Fall gelten soll, daß die Gegenforderung des Hauptschuldners unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist. Eine solche Regelung benachteiligt den Bürgen entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist mit wesentlichen Grundgedanken der §§ 765 ff. BGB nicht zu vereinbaren. Bei der Einrede der Aufrechenbarkeit gemäß § 770 Abs. 2 BGB handelt es sich um eine Ausprägung des Subsidiaritätsgrundsatzes. Der Bürge soll grundsätzlich erst dann in Anspruch genommen werden können, wenn sich der Gläubiger nicht durch Inanspruchnahme des Hauptschuldners, etwa durch Aufrechnung, befriedigen kann (ebenso LG Wiesbaden, Urteil vom 22.02.2012 zu 10 O 92/11). Als Vermieter und Gläubiger konnten die Kläger hiernach von der CDL Gastro GmbH nicht die Gestellung einer nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksamen Bürgschaft verlangen. Folge hiervon ist die Gesamtnichtigkeit der Sicherungsabrede gemäß § 306 Abs. 3 BGB. Eine dessenungeachtet ausgereichte Bürgschaft ist kondizierbar, die hierauf gestützte Einrede der Kondizierbarkeit gemäß § 821 BGB steht neben dem Hauptschuldner auch der Beklagten als dem Bürgen zu. Vergeblich beruft sich die Klägerseite in dem hier interessierenden Zusammenhang auf den sogenannten Blue-Pencil-Test. Entgegen der Ansicht der Klägerseite handelt es sich bei der Bestimmung über den Verzicht auf die Einrede der Aufrechenbarkeit nicht lediglich um einen Einzelaspekt der im Rahmen der Sicherungsabrede zu stellenden Bürgschaft, die inhaltlich sowohl von den übrigen Bürgschaftsbedingungen als auch von der Sicherungsabrede ohne weiteres separiert werden könnte. Denn selbst bei Anwendung des blue-pencil-Tests auf die Regelungen in § 8 Nr. 2 Abs. 2 und 4 des Mietvertrages entfielen jedenfalls diese Absätze vollständig. Damit entfiele aber insbesondere auch, und zwar vollständig, das Recht der Klägerseite, von der Mieterin als Hauptschuldnerin eine selbstschuldnerische Bürgschaft gemäß dem Muster in Anlage 9 zu fordern. Eine dennoch ausgereichte Bürgschaft ist kondizierbar (§§ 768, 812, 821 BGB) und gibt dem Bürgen bei dessenungeachtet erfolgender Inanspruchnahme aus eben dieser das Recht, die Leistung eben hierauf zu verweigern.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den Vorschriften des § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Der Streitwert entspricht der Klageforderung. Einer Streitwertfestsetzung bedurfte es insoweit nicht.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!