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Gewerberaummietvertrag – Bestehen einer Abgeltungsabrede

OLG Koblenz 5 – Az.: 5 U 1323/17 – Beschluss vom 28.02.2018

1. Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 10. November 2017 einstimmig gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Der Beklagte kann zu den Hinweisen des Senats bis zum 26. März 2018 Stellung nehmen. Die Rücknahme der Berufung wird empfohlen.

3. Die Berufungserwiderungsfrist wird bis zum 6. April 2018 erstreckt.

Gründe

I.

Der Kläger verlangt rückständigen Mietzins sowie Leistung einer Barkaution nach Beendigung eines Gewerberaummietvertrags.

Mit Gewerberaummietvertrag vom 8. Oktober 2016 vermietete der Kläger an den Beklagten Geschäftsräume (Anlage K1; Bl. 9 ff. GA). Mietvertraglich waren u.a. eine Monatsbruttomiete von 830 € sowie eine Barkaution von 1.500 € vereinbart. Mit Schreiben vom 1. März 2017 kündigte der Beklagte den Mietvertrag „mit sofortiger Wirkung bzw. zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ (Anlage K2; Bl. 15 GA). Der Kläger bestätigte die Kündigung zum 31. August 2017 (Anlage K3; Bl. 16 GA). In der Folge verließ der Beklagte die Räumlichkeiten unter unvollständiger Räumung.

Der Kläger hat zur Begründung seines auf Zahlung rückständiger und künftiger Miete (bis August 2017) in Höhe von 6.300 €, Leistung der Barkaution in Höhe von 1.500 € sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichteten Begehrens auf bislang nicht beglichene Mieten sowie die nach wie vor ausstehende Barkaution verwiesen. Der Beklagte hat dem entgegengehalten, der Kläger habe Ende Februar 2017 persönlich erklärt, er wolle „keine Miete“ mehr. Somit habe er ab 1. März 2017 auf Mietzinsansprüche verzichtet. Zudem habe er auf die vom Kläger angeführten Mietrückstände Teilzahlungen geleistet.

Hinsichtlich des weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie der erstinstanzlichen Anträge der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen (Bl. 78 ff. GA).

Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von Mietzins in Höhe von 160 €, zur Leistung der Barkaution in Höhe von 1.500 € sowie zur Erstattung anteiliger Rechtsanwaltskosten verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Soweit für das Berufungsverfahren bedeutsam, hat es darauf verwiesen, der Beklagte schulde aufgrund der Mietvertragsaufhebung Ende Februar 2017 durch eine entsprechende Erklärung des Klägers lediglich den Brutto-Mietzins bis einschließlich Februar 2017. Unter Berücksichtigung aller Zahlungen des Beklagten bestehe ein Rückstand von 160 €. Zudem schulde der Beklagte die Barkaution, da auf diese solange ein Anspruch bestehe, wie dem Vermieter aus dem Mietvertrag Ansprüche zustehen können. Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen (Bl. 81 ff. GA).

Hiergegen wendet sich der Beklagte unter Weiterverfolgung seines Antrags auf vollständige Abweisung der Klage. Die Mietkaution sei nicht mehr geschuldet, da Ende Februar 2017 das Mietverhältnis einvernehmlich aufgehoben worden sei. Damit habe „alles erledigt sein“ sollen. Entsprechendes gelte für den offenen Mietzins in Höhe von 160 €. Darüber hinaus sei die Kaution zwischenzeitlich zur Rückzahlung fällig, da das Mietverhältnis zum 1. März 2017 geendet habe. Aufrechenbare Gegenansprüche seien nicht erkennbar. Im Übrigen wird auf die Berufungsbegründung des Beklagten vom 15. Februar 2018 (Bl. 105 ff. GA) verwiesen.

II.

Der Senat ist nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand einstimmig der Überzeugung, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten. Von ihr sind keine neuen Erkenntnisse zu erwarten.

Das Landgericht hat den Beklagten zu Recht zur Zahlung von 1.660 € verurteilt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidung des Landgerichts Bezug genommen. Die dagegen erhobenen Angriffe der Berufung überzeugen den Senat nicht. Hierzu Folgendes:

1. Der Mietzinsanspruch folgt aus § 535 Abs. 2 BGB. Die Höhe des Mietzinsrückstandes stellt der Beklagte in seiner Berufungsbegründung nicht in Frage. Er wendet lediglich ein, auch offene Mieten bis Februar 2017 seien durch die Aufhebung des Mietverhältnisses zum 1. März 2017 erledigt. Ein derartiges Verständnis der Abrede kommt indes nicht in Betracht. Die Beweislast für die Aufhebung des Mietverhältnisses und die Abgeltungsabrede trägt der Beklagte. Das erstinstanzlich gewonnene Beweisergebnis kann jedoch nicht dahingehend gewürdigt werden, dass der Beklagte keinerlei Ansprüche aus dem Mietverhältnis mehr zu erfüllen hat. Die Zeugen …[A] und …[B] haben die entsprechende Behauptung des Beklagten nicht bestätigt. Der Zeuge …[B] hat gar ausgeführt, über Rückstände aus der Vergangenheit sei nicht gesprochen worden. Er hat auch klar bekundet, dass der Kerninhalt des Gesprächs „ab März keine Miete mehr“ gewesen sei. Zu Gunsten des Beklagten war daher allenfalls (mehr ist aufgrund der Berufung des Beklagten nicht zu prüfen) eine Würdigung des Beweisergebnisses dahingehend eröffnet, dass das Mietverhältnis zum 1. März 2017 enden sollte. Der Beklagte hat das Gespräch Ende Februar 2017 offenkundig auch entsprechend verstanden, da er am 2. März 2017 Zahlungen auf Rückstände aus dem Mietverhältnis vorgenommen hat. Dies ergibt sich aus den von ihm mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2017 (Bl. 68 ff. GA) vorgelegten Unterlagen. Derartige Zahlungen wären aber nicht mehr zu leisten gewesen, wenn tatsächlich eine Abgeltungsvereinbarung bestanden hätte.

2. Auch der Anspruch auf die nach § 8 des Mietvertrags geschuldete Barkaution in Höhe von 1.500 € besteht.

a) Dem Anspruch steht zunächst nicht die Abrede zur Aufhebung des Mietverhältnisses entgegen, da dieser – wie ausgeführt – keine Abgeltungswirkung zukommt. Auf der Grundlage des Beweisergebnisses kommt allenfalls eine Überzeugung davon in Betracht, dass das Mietverhältnis zum 1. März 2017 enden sollte. Rückständige Ansprüche – hierzu gehört auch der Anspruch auf Kautionsleistung – sollten also nicht abgegolten werden.

b) Auch die Beendigung des Mietverhältnisses und der seither verstrichene Zeitraum steht dem Kautionsverlangen nicht entgegen. Der Anspruch des Vermieters auf Erbringung der Sicherheitsleistung erlischt nicht mit der Beendigung des Mietvertrags. Der Vermieter hat solange einen Anspruch auf Zahlung der Mietkaution, wie ihm aus dem beendeten Mietvertrag noch Ansprüche gegen den Mieter zustehen, da die Kaution ihren Rechtsgrund letztlich in der Sicherungsabrede findet (allg. M.; vgl. nur BeckOK- BGB/Wiederhold, Ed. 44, § 551 Rn. 18c m.w.N.). Voraussetzung ist lediglich das Fortbestehen des Sicherungsbedürfnisses nach Mietvertragsende. Dies hat der Bundesgerichtshof im Jahr 2011 nochmals ausdrücklich bestätigt und klargestellt, dass kein Rechtsgrund dafür besteht, den Vermieter hinsichtlich der Kaution nur deswegen, weil der Vertrag beendet ist, auf den in seinen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen häufig umstrittenen und schwieriger durchsetzbaren Zahlungs- bzw. Ersatzanspruch selbst zu verweisen (BGH, NJW 2012, 996). Der Vermieter kann also wahlweise seinen Zahlungsanspruch oder den Anspruch auf die Sicherheitsleistung geltend machen. Der Bundesgerichtshof erkennt damit das Interesse des Vermieters an der erleichterten Interessenverfolgung an, da der Anspruch auf Leistung der Sicherheit nach dem Inhalt des Vertrags im Regelfall keiner weiteren Begründung bedarf (vgl. auch BeckOGK- BGB/Kaiser, Stand: 01.01.2018, § 551 Rn. 80). Der Anspruch erlischt erst, wenn feststeht, dass aus dem Mietverhältnis keine Ansprüche gegen den Mieter mehr bestehen (vgl. nur Kaiser, a.a.O.). Entscheidend ist also, ob noch ein Sicherungsbedürfnis besteht, wofür es genügt, dass der Vermieter die Umstände vorträgt, aus denen sich Zahlungsansprüche ergeben, wobei keine Bezifferung erforderlich ist, um das Sicherungsinteresse aufzuzeigen (vgl. MünchKomm-BGB/Bieber, 7. Aufl. 2016, § 551 Rn. 17; siehe auch KG, NJOZ 2008, 3011). Der Kläger hat vorliegend indes bereits in der Klageschrift zur Begründung des Anspruchs auf Leistung der Barkaution unmissverständlich vier Sachverhaltskomplexe geschildert, aus denen sich sein Interesse an der Kaution herleite. Diesem sachlich ausreichenden Vorbringen ist der Beklagte zu keiner Zeit entgegengetreten. Folglich ist das Sicherungsinteresse nach wie vor gegeben.

Dem steht auch nicht – wie vom Beklagten angeführt – der mit Zahlung sofort begründete Anspruch auf Rückzahlung der Kaution entgegen. Zwar ist anerkannt, dass der Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der Kaution nach Ablauf einer – häufig mit sechs Monaten bemessenen – Prüfungsfrist fällig wird. Hat sich der Mieter durch Nichtzahlung der Kaution aber vertragsuntreu verhalten, soll der Vermieter erst nach Erhalt der Kaution und nicht bereits sechs Monate nach Beendigung des Mietverhältnisses zur Abrechnung verpflichtet sein (KG, NJOZ 2008, 3011, 3012). Entscheidend hinzu tritt: Der Rückzahlungsanspruch des Mieters wird erst dann fällig, wenn – neben dem Ablauf der Prüffrist – auch kein Sicherungsinteresse des Vermieters mehr besteht; dem Vermieter darf also keine Forderung aus dem Mietverhältnis mehr zustehen, wegen der er sich aus der Sicherheit befriedigen darf (BGH, NJW 2016, 3231). An dieser Fälligkeitsvoraussetzung fehlt es nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen des Klägers (s.o.).

III.

Aufgrund der vorstehenden Ausführungen bietet die Berufung offensichtlich keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Auch unter Berücksichtigung des neu gefassten § 522 Abs. 2 ZPO ist eine mündliche Verhandlung aus den eingangs genannten Gründen nicht geboten. Die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und 3 ZPO liegen vor.

Dem Beklagten wird empfohlen, die Berufung kostensparend zurückzunehmen.

Die übliche Frist zur Stellungnahme beträgt nach §§ 522, 277 Abs. 3 ZPO zwei Wochen (vgl. hierzu auch Zöller/Heßler, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 522 Rn. 34; Stein/Jonas/Altham- mer, ZPO, 22. Aufl. 2013, § 522 Rn. 61; MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, 5. Aufl. 2016, § 522 Rn. 27, der sogar ausspricht, dass die Frist nicht überschritten werden sollte; Fellner, MDR 2017, 435). Der Senat hat die Frist von vorneherein großzügiger bemessen. Das soll der Partei eine hinreichende Überlegungsfrist gewährleisten und Fristverlängerungsgesuche überflüssig machen. Fristverlängerungen sind deshalb auf absolute Ausnahmefälle beschränkt, weil sie in der ersten Fristsetzung bereits berücksichtigt sind (vgl. hierzu OLG Rostock, Beschl. v. 27. Mai 2003 – 6 U 43/03, OLGR 2004, 127; vgl. zur Begründung des Verlängerungsgesuchs auch BVerwG, NJW 2008, 3303). Nicht prüffähige, pauschale Behauptungen genügen nicht (OLG München, MDR 2017, 483; OLG Köln, MDR 2014, 299). Es sind deshalb für ein Fristverlängerungsgesuch erhebliche Gründe in prüffähiger Form glaubhaft zu machen, die eine notwendige Fristverlängerung begründen. Dazu gehört die Darlegung, welche Schritte unverzüglich eingeleitet wurden, um eine fristgerechte Stellungnahme sicherzustellen.

Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 1.660 € festzusetzen.

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