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Gewerberaummietvertrag – Kautionszahlungsanspruch vor Abrechnungsreife

LG Hamburg – Az.: 311 O 302/11 – Urteil vom 24.01.2012

I. Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin € 27.005,00 (in Worten: Euro siebenundzwanzigtausendundfünf) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. September 2011 zu zahlen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten zu 1. und zu 2. 49 % als Gesamtschuldner, zu 51 % trägt die Beklagte zu 1. die Kosten des Rechtsstreits alleine.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Klägerin macht Ansprüche aus einem beendeten Gewerberaummietverhältnis geltend.

Die Klägerin vermietete mit Mietvertrag vom 23./25. April 2008 die streitgegenständlichen Büroflächen im Hause B…., …H., an die Herren Dr. V.- S., Dr. Sc. sowie H.. In einem 1. Nachtrag vom 22. November 2010 vereinbarte die Klägerin mit den vorgenannten Mietern sowie der Sc. und Partner Partnerschaftsgesellschaft Rechtsanwälte Steuerberater, dass die vorgenannten Mieter zum 31. Dezember 2010 aus dem Vertragsverhältnis entlassen werden und die o.g. Partnerschaftsgesellschaft zum 1. Januar 2011 neue Mieterin des Objektes wird. Mit 2. Nachtrag zum Mietvertrag vom 23./25. April 2008, datierend vom 23. März 2011, vereinbarten die Klägerin, die Sc. und Partner Partnerschaftsgesellschaft sowie die hiesige Beklagte zu 1), dass die Sc. und Partner Partnerschaftsgesellschaft zum 31. März 2011 aus dem Vertragsverhältnis entlassen wird und die Beklagte zu 1) zum 1. April 2011 neue Mieterin wird. Der hiesige Beklagte zu 2) übernahm zugleich die unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft für die Verbindlichkeiten der Beklagten zu 1. aus dem Mietvertrag.

Nach dem Mietvertrag war die Beklagte zu 1) verpflichtet, eine Gesamtmiete in Höhe von monatlich 2.705,00 € (2.305,00 € Nettokaltmiete zzgl. 400,00 € Betriebskostenvorauszahlung an die Klägerin zu zahlen, jeweils fällig zum 3. Werktag eines jeden Monats im Voraus. Die Beklagte zu 1) blieb im Monat Juni 2011 hiervon einen Mietzinsbetrag in Höhe von 2.660,00 € schuldig. Im Monat Juli 2011 leistete die Beklagte zu 1) keine Zahlungen. Mit Schreiben vom 1. August 2011 (Anlage K 2) kündigte die Verwalterin der Klägerin aufgrund der Zahlungsrückstände der Beklagten zu 1) das Mietverhältnis fristlos. Auch in den Monaten August und September 2011 leistete die Beklagte zu 1) an die Klägerin wegen der Nutzung der Räumlichkeiten keine Zahlungen mehr.

Der hiesige Prozessbevollmächtigte der Beklagten teilte mit Schreiben vom 15. August 2011 mit, dass die fristlose Kündigung des Vertragsverhältnisses akzeptiert werde und die Beklagte zu 1) beabsichtige, die Mietfläche zum 1. Oktober 2011 geräumt herauszugeben. Eine solche Herausgabe erfolgte indes nicht.

Die hiesige Klage bezieht sich noch auf die Mietzins- bzw. Nutzungsentschädigungsforderungen der Klägerin für den Zeitraum Juni 2011 bis September 2011, insgesamt 10.775,00 €. Die Klägerin macht außerdem geltend, dass die Beklagte zu 1) auch die von ihr gemäß 2. Nachtragsvereinbarung zum ursprünglichen Mietvertrag zu leistende Mietsicherheit in Höhe von 16.230,00 € schulde. Der als Mietsicherheit bei der Klägerin noch vorhandene Betrag in Höhe von 8.115,00 € stehe der Vormieterin zu, was sich aus Ziffer 5. der 2. Nachtragsvereinbarung vom 23. März 2011 ergebe. Der Beklagte zu 2), so die Klägerin schließlich, hafte gemäß Ziffer 3 der zweiten Nachtragsvereinbarung vom 23. März 2011 als Bürge für offene Mieten und die Mietkaution.

Die Klägerin hatte ursprünglich die Klage mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2011 erweitert und beantragt, die Beklagte zu 1) zur Räumung der angemieteten Gewerbeflächen zu verurteilen. Nach entsprechendem Teilanerkenntnis der Beklagtenseite hat die Kammer am 20. Dezember 2011 ein Teil-Anerkenntnisurteil bezüglich des Räumungsanspruchs erlassen.

Die Klägerin beantragt nunmehr noch, die Beklagten kostenpflichtig und vorläufig vollstreckbar zu verurteilen, an die Klägerin 27.005,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verurteilen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2011 (Bl. 35 ff. d.A.) die Hauptaufrechnung gegenüber den Mietzinsforderungen der Klägerin die Hauptaufrechnung mit bereicherungsrechtlichen Ansprüchen aus dem Mietverhältnis erklärt. Sie machen geltend, dass die Beklagte zu 1) mit vermieterseitiger Zustimmung erhebliche wertsteigernde Investitionen in die Mietsache getätigt habe, wegen derer ihr der Klägerin gegenüber Zahlungsansprüche zustünden.

Die Beklagten stellen zur Begründung dieser Zahlungsansprüche insbesondere auf den Einbau eines neuen Damen- und Herren-WC’s sowie einer Teeküche in das Objekt im Jahre 2005/ 2006 ab und behaupten, diese Investitionen hätten zum 31. Dezember 2010 noch einen Buchwert von 32.481,00 € aufgewiesen. Die Investitionen seien von den Vormietern der Beklagten getätigt worden und von der Beklagten zu 1) gegen Erstattung der Investitionskosten übernommen worden. Gleiches gelte für eine Klimaanlage im EDV-Raum, die im Jahre 2009 eingebaut worden sei und zum 31. Dezember 2010 einen Buchwert von 1.624,00 € aufgewiesen habe, sowie für eine EDV-Telefonverkabelung, die im Jahre 2009 montiert worden sei und deren Buchwert zum 31. Dezember 2009, 9.893,00 € betragen habe. Schließlich sei eine T.-Telefonanlage „O. F-400“ zu einem Buchwert von 810,00 € in den Räumen hinterlassen worden. Die vorgenannten Investitionen seien von der Klägerin gleichfalls zu ersetzen und auch insoweit werde die Hauptaufrechnung gegenüber den Mietzinsforderungen erklärt.

Die Beklagten machen ferner geltend, dass ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Mietsicherheit nicht mehr bestehe, da das Mietverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 1. August 2011 unstreitig beendet worden sei und damit kein Sicherungsinteresse der Klägerin mehr gegeben sei. Im Übrigen habe die Klägerin einen Teilbetrag der Mietsicherheit in Höhe von 8.115,00 € noch in ihrem Zugriff. Vorsorglich und hilfsweise haben die Beklagten auch gegenüber der Kautionsforderung mit ihren behaupteten bereicherungsrechtlichen Ansprüchen wegen der Investitionen ins Mietobjekt die Aufrechnung erklärt.

Die Klägerin hat im Hinblick auf die behaupteten Ersatzansprüche der Beklagten zu 1) geltend gemacht, dass die Umbaumaßnahmen im Jahre 2005 (Bad/WC) zwar mit Genehmigung der Klägerin erfolgt seien, jedoch mit dem deutlichen Zusatz, dass Kosten von der Klägerin nicht übernommen würden. Die Klägerin hat ferner die behauptete Abstandszahlung durch die hiesige Beklagte zu 1) an deren Vormieter mit Nichtwissen bestritten. Die Klägerin hat schließlich die Hilfsaufrechnung gegenüber etwaigen Ersatzansprüchen der Beklagten mit den noch offenen Nutzungsentschädigungen für die Monate Oktober,  November und Dezember 2011 erklärt.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Parteivorbringens auf die von den Parteien zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist im verbliebenen Umfang zulässig und auch in der Sache begründet.

I.

Die Klägerin kann von den Beklagten Zahlung in Höhe von 10.775,00 € betreffend die Monate Juni bis September 2011 verlangen. Für die Monate Juni und Juli 2011 ergibt sich der Anspruch aus § 535 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrag. Für den Zeitraum August und September 2011 folgt der klägerische Anspruch aus § 546 a BGB. Die entsprechenden Miet- bzw. Nutzungsentschädigungsforderungen sind als solche von den Beklagten nicht bestritten worden.

Demgegenüber greift die von den Beklagten erklärte Aufrechnung nicht durch. Sie führt nicht zum Erlöschen der klägerischen Ansprüche gemäß § 389 BGB. Die Aufrechnungserklärung der Beklagten geht vielmehr ins Leere, da den Beklagten die behaupteten Zahlungsansprüche unter keinem rechtlichen Aspekt zustehen. Insbesondere können die Beklagten hier wegen der von ihnen behaupteten Investitionen in das Mietobjekt bereicherungsrechtliche Ansprüche nach § 812 BGB nicht geltend machen. Es handelt sich bei den von den Beklagten angeführten Investitionen um mieterseits eingebrachte Einrichtungen, wegen derer die Beklagtenseite im Hinblick auf § 539 Abs.2 BGB nach Beendigung des Mietverhältnisses auf die Geltendmachung ihrer Wegnahmerechtes zu verweisen ist, nachdem die Klägerin ausdrücklich nicht von ihrem in § 20 Abs.2 S.2 des ursprünglichen Mietvertrages enthaltenen Recht Gebrauch gemacht hat, das Verbleiben der Einrichtungen im Mietobjekt zu verlangen.

Hinsichtlich der Klimaanlage im EDV-Raum, der Telefonanlage und der EDV-Verkabelung handelt es sich unter Berücksichtigung des Beklagtenvorbringens nicht um Aufwendungen der Mieter zur Erhaltung und Wiederherstellung der Mietsache, sondern um bewegliche Sachen, die mit der Mietsache verbunden worden sind, um ihrem wirtschaftlichen Zweck zu dienen (vgl. die Definition bei Langenberg, in: Schmidt-Futterer, MietR, 10. Aufl., 2011, § 539 BGB, Rz. 12, bei Fn. 10 m.w.N.). Es handelt sich mithin um Einrichtungen, für die gesetzlich zunächst nur ein Recht des Mieters auf Wegnahme vorgesehen ist. Mangels entsprechenden Vortrags der Beklagten zu einer abweichenden vertraglichen Regelung, insbesondere mangels diesbezüglicher Bestimmungen im zwischen den Parteien geltenden Mietvertrag, muss die Kammer davon ausgehen, dass Zahlungsansprüche der Beklagten zu 1. insoweit nicht bestehen.

Gleiches gilt aber auch für die behaupteten Investitionen in WC-Räumen und Teeküche. Auch diese sind letztlich als Einrichtungen i.S.v. § 539 Abs.2 BGB einzuordnen. Dabei ist zunächst davon auszugehen, dass eine derartige komplexe Baumaßnahme nicht in Aufwendungen einerseits und Einrichtungen andererseits aufgespalten werden darf (vgl. Langenberg, a.a.O., Rz. 15; Sternel, Mietrecht aktuelle, 4. Aufl., 2009, IV, Rdn. 619). Ferner ist für die Qualifikation der Baumaßnahme der Mietvertrag heranzuziehen. Bestimmt dieser, dass Ein- und Umbauten u.Ä. nur mit Zustimmung des Vermieters zulässig sind und dass dieser bei Mietende die Entfernung der Ein- und Umbauten verlangen kann, handelt es sich um eine Einrichtung (vgl. Langenberg, a.a.O., Rz. 14). Da hier der Mietvertrag vom 23./25.4.2008 in § 20 eine ebensolche Regelung zu den Mietereinbauten vorsieht, ist dementsprechend vom Vorliegen einer Einrichtung auszugehen.

II.

Der Klägerin steht überdies aus Ziffer 5 Satz 2 des 2. Nachtrages zum Mietvertrag vom 23.3. 2011 gegenüber der Beklagten zu 1. ein Anspruch auf Entrichtung der vereinbarten Mietkaution vor. Das Sicherungsinteresse der Klägerin besteht hier auch – nachdem noch nicht einmal sechs Monate seit Beendigung des Mietverhältnisses vergangen sind – noch fort, und zwar insbesondere im Hinblick auf die Forderungen der Klägerin wegen Nutzungsentschädigung für weitere Monate im Jahr 2011 sowie im Hinblick auf denkbare Schadensersatzforderungen im Hinblick auf den Zustand der vermieteten Räume. Abrechnungsreife ist hier auch noch nicht eingetreten, zumal die Räume noch geraume Zeit nach der Kündigung der Klägerin nicht geräumt worden waren. Zu Recht hat die Klägerin schließlich auf die vertragliche Regelung der Parteien hingewiesen, wonach die Beklagte zu 1. gerade nicht berechtigt sein soll, die Klägerin hinsichtlich der Mietsicherheit auf den von ihrer Vormieterin geleisteten Betrag zu verweisen. Eine Aufrechnung mit Ansprüchen wegen der Mietereinbauten scheidet aus, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen unter Ziffer I. ergibt.

III.

Der Zinsanspruch folgt hier jedenfalls aus §§ 291, 288 Abs.1 S.2 BGB.

Der Beklagte zu 2. haftet für die vorgenannten Verbindlichkeiten aufgrund der von ihm im Nachtrag vom 23.3.2011 abgegebenen selbstschuldnerischen Bürgschaft, die sich insbesondere auch auf die Mietsicherheit bezieht.

IV.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 100 Abs.2 bzw. § 709 S.1 ZPO.

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