Skip to content
Menü

Gewerberaummietvertrag – Wegfall Mietzahlungspflicht bei Unmöglichkeit Nutzungsüberlassung

LG Berlin – Az.: 30 S 3/18 – Urteil vom 29.10.2019

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 5.1.2018 verkündete Urteil des Amtsgerichts Mitte – … – geändert und klarstellungshalber wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird (insgesamt) abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen (einschließlich der Verweisungskosten) zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

2. Die Berufung des Beklagten ist begründet, denn der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung von Miete für die vom Beklagten angemieteten Räume für Februar 2015 nicht zu.

a) Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Parteien den Mietvertrag einverständlich und vorzeitig zu Ende Januar 2015 aufgehoben haben, obwohl gute Gründe dafür sprechen. Denn die Rückgabe der Schlüssel durch den Beklagten an den Hausmeister der Klägerin am 30. oder 31.01.2015 nebst vorgenommener Ablesung von Zählern stellt ein Angebot des Beklagten zur Aufhebung des Mietvertrages dar, der Klägerin in Person des Klägers zu 12. überbracht durch die Weitergabe der Schlüssel seitens des Hausmeisters – wohl als Bote der Willenserklärung des Beklagten -. Dieses Angebot hat der Kläger zu 12. für die Klägerin mit seinem eindeutigen Schreiben vom 20.02.2015 angenommen, indem er auf die Rückgabe der Schlüssel Bezug nimmt und die darauf beruhende Beendigung des Mietvertrages und das Erlöschen von Rechten des Beklagten hinweist.

Spätere gegenteilige Äußerungen und Bewertungen durch den Kläger zu 12. beseitigen die Wirkung seiner früheren Willenserklärung nicht.

b) Jedenfalls aber kann sich der Beklagte auch für den Fall eines noch bestehenden Mietvertrages bis Ende Februar 2015 auf § 537 Abs. 2 ZPO berufen, wonach die Zahlung der Miete entfällt, wenn der Vermieter infolge Überlassung der Mietsache an einen Dritten außerstande ist, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache zu gewähren.

1) Die Klägerin hat die Mieträume unstreitig ab dem 03.02.2015 der Nachmieterin Frau L … (die Frage des Beginns des Mietverhältnisses mit ihr kann offen bleiben) überlassen, damit diese die Räumlichkeiten – ehemals ein Weinladen – für die beabsichtigte Eröffnung eines Friseurgeschäfts vorbereiten konnte, gegebenenfalls auch unter Vornahme von Beseitigungsarbeiten betreffend etwa vom Beklagten als Vormieter hinterlassener, aber streitiger Schäden (vgl. insoweit OLG Koblenz, 5 U 494/93 für einen vergleichbaren Sachverhalt, wenn auch im Ergebnis mit anderem Ausgang).

2) Der Klägerin war es auch unmöglich, dem Beklagten den Gebrauch der Mietsache für Februar 2015 zu gewähren, nachdem er Frau L … den Besitz eingeräumt hatte zur Vornahme von Arbeiten vor Beginn des – so die Klägerin – ab 01.03.2015 beginnenden neuen Mietvertrages und nachdem diese unstreitig begonnen hatte, Arbeiten vorzunehmen.

Entgegen der Ansicht des Klägers zu 12. kam es dabei nicht auf die Eröffnung des Friseursalons erst im März 2015 an, denn dieser Eröffnung hatten zwingend und unstreitig nicht unerhebliche Umbau- und Vorbereitungsarbeiten voranzugehen.

3) Der Beklagte ist auch nicht gehindert, sich auf § 537 Abs. 2 BGB zu berufen. Das wäre nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. für das Nachfolgende insgesamt BGHZ 122, 163, dort insbesondere die juris Rdnr. 19 f. sowie BGH NJW 00, 1105, jeweils m.w.N.) nur der Fall, wenn der Beklagte rechtsmissbräuchlich gehandelt hätte, z.B. indem er das Verhalten der Klägerin (Überlassung der Räume an Frau L …), aus dem der Beklagte die Rechte gemäß § 537 Abs. 2 BGB herleitet, selbst durch groben Vertragsbruch oder grobe Vertragsverletzungen herbeigeführt hat. Solches wird in der Regel bejaht, wenn ein Mieter ohne Rücksicht auf den weiter bestehenden Mietvertrag endgültig ausgezogen ist und keine Miete mehr bezahlt und auf diese Weise den Vermieter veranlasst, die Mietsache an einen Dritten – gegebenenfalls zu geringerer/keiner Miete – weiterzugeben.

Diese Voraussetzungen liegen allerdings nicht in allen Fällen vor. Wenn es z.B. schwierig ist zu beurteilen, ob bei Verhandlungen über eine vorzeitige Mietaufhebung eine entsprechende Einigung erzielt wurde, so steht dies oft erst nach gerichtlicher Klärung fest. Ist der Mieter daher aus nachvollziehbaren Gründen davon ausgegangen, das Mietverhältnis sei beendet, scheidet ein grober Vertragsbruch durch ihn aus. Je weniger Anlass der Mieter hatte, anzunehmen, das Mietverhältnis sei beendet, umso eher handelt er rechtsmissbräuchlich (vgl. BGH a.a.O.).

Eine weitere Voraussetzung für die Versagung der Berufung auf § 537 Abs. 2 BGB aus Treu und Glauben ist, dass der Vermieter sich redlich und vertragstreu verhalten hat, sich also infolge des Auszuges des Beklagten „redlich darum bemüht hat“, durch die Weitervermietung/Weitergabe der Räume aus der vom Mieter vertragswidrig geschaffenen Situation im beiderseitigen Interesse das Beste zu machen (siehe BGH a.a.O.).

Die genannten Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Vielmehr haben die Parteien unstreitig Verhandlungen über die vorzeitige Aufhebung des Mietvertrages auch zwecks früherer Überlassung der Mietsache an die Nachmieterin Frau L … geführt. Parallel dazu suchte die Ehefrau des Klägers, die in den Räumen einen Weinladen geführt hatte, eine Einigung mit der potentiellen Nachmieterin betreffend die käufliche Übernahme einer Markise und einer Leuchtreklame. Bei einer derartigen Situation kann von einer groben Vertragsverletzung durch den Beklagten – Rückgabe der Schlüssel und Einstellung der Mietzahlung – keine Rede sein. Der Beklagte konnte ohne grobes Verschulden an eine vorzeitige Aufhebung des Mietvertrages durch Übergabe der Schlüssel an den Hausmeister glauben. Darin wurde er ja auch nachfolgend durch das Schreiben des Klägers zu 12. vom 20.02.2015 bestätigt.

Ferner dürfte es an der „Veranlassung“ des Klägers zu 12. fehlen. Dieser hat ersichtlich die Räumlichkeiten der Nachmieterin nicht deswegen vorzeitig überlassen, weil der Beklagte ausgezogen und die Mietzahlungen eingestellt hätte.

Jedenfalls fehlt es weiter an dem redlichen Bemühen des Klägers zu 12., im beiderseitigen Interesse der Parteien zu handeln, als er die Räume an die Nachmieterin übergab. Denn die Interessen des Beklagten bezog er dabei ersichtlich nicht ein. Die Überlassung an die Nachmieterin – nach dem Vortrag des Klägers zu 12. ca. 1 Monat vor dem Beginn des Mietvertrages mit ihr und ohne Gegenleistung seitens der Nachmieterin -, sogar einschließlich des fremden Eigentums (Markise und Leuchtreklame) diente ersichtlich nur den Interessen der Klägerin und der Nachmieterin, indem die Klägerin darauf setzte, die Miete für Februar 2015 durch den Beklagten erlangen zu können.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 281, 91, 708 Nr. 10, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!