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Gilt § 48 Abs. 5 WEG für Beschlussersetzungsklagen?

LG Berlin – Az.: 55 S 115/20 WEG – Urteil vom 03.06.2021

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 15.9.2020 verkündete Urteil des Amtsgerichts Mitte wird zurückgewiesen.

2. Die Anschlussberufung des Klägers gegen das am 15.9.2020 verkündete Urteil des Amtsgerichts Mitte wird als unzulässig verworfen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz haben der Kläger 20% und die Beklagten 80% zu tragen.

4. Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages zzgl. 10% abwenden, sofern nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zzgl. 10% leistet.

Gründe:

I.

Die Parteien sind Miteigentümer des Grundstücks R.str. 15, 17, Am Z. 2-3, 1. B. und bilden eine Gemeinschaft von Wohnungseigentümern. Der Kläger ist Eigentümer der Teileigentumseinheit Nr. 1. Dieser Einheit ist der Keller Nr. 1, bestehend aus zwei Räumen, zugeordnet. An diesen Kellerräumen besteht zugunsten des Klägers als Eigentümer der Teileigentumseinheit Nr. 1 ein Sondernutzungsrecht. Der Kläger betreibt in den Räumen eine Buchhandlung.

§ 8.2.2 der Gemeinschaftsordnung enthält folgende Instandhaltungsregel:

„Der Wohnungseigentümer ist verpflichtet, die dem Sondereigentum unterliegenden Teile des Gebäudes oder solche Teile von Grundstück und Gebäude, die ausschließlich von ihm genutzt werden (zum Beispiel Terrasse), auf seine Kosten ordnungsgemäß instand zu halten. Notwendige Reparaturen müssen unverzüglich vorgenommen werden; die rechtzeitige Vornahme der Schönheitsreparaturen ist seine Sache.“

Zur Behebung von Feuchtigkeitsschäden beschloss die Eigentümerversammlung am 11.10.2017 auf der Grundlage eines zuvor eingeholten Gutachtens, die Außenwand im Bereich der im Erdgeschoss gelegenen Teileigentumseinheit zu sanieren (sog. Variante I). Die vom Sachverständigen G. für den Kellerbereich vorgeschlagenen und als TOP 8b) zur Abstimmung gestellten Maßnahmen fanden dagegen keine Mehrheit.

Der Kläger will mit der von ihm betriebenen Anfechtungs- und Beschlussersetzungsklage erreichen, dass der in der Versammlung am 11.10.2017 zu TOP 8b) zur Abstimmung gestellte Antrag in Geltung gesetzt wird und auch die Feuchtigkeitsschäden an der Außenwand im Kellerbereich beseitigt werden.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Amtsgericht hat die Anfechtungsklage abgewiesen, aber gemäß § 21 Abs. 8 WEG (in der bis zum 30.11.2020 geltenden Fassung) angeordnet, dass auch die an der Außenwand in dem Kellerraum festgestellte Feuchtigkeit zügig zu beseitigen und die Außenwand instandzusetzen ist.

Die Beklagten tragen zur Begründung der von ihnen eingelegten Berufung im Wesentlichen vor, die getroffenen Anordnungen seien zu weitgehend. Das Amtsgericht habe eine Instandsetzung angeordnet, obwohl weder die Ursache noch der Umfang der Feuchtigkeitsschäden ausreichend ermittelt worden seien. Es sei schon streitig, ob die Feuchtigkeit der Außenwand im Kellerbereich dauerhaft sei. Das Amtsgericht hätte daher allenfalls anordnen dürfen, dass die Ursache der Feuchtigkeit weiter aufgeklärt wird. Zudem könne der Kläger weder verlangen, dass die Außenwand des Kellers vollständig trocken sei noch sei die Gemeinschaft im Hinblick auf die Regelung in § 8.2.2 überhaupt zur Instandhaltung verpflichtet.

Die Beklagten beantragen sinngemäß, das am 15.9.2020 verkündete Urteil des Amtsgerichts Mitte abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen; hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur weiteren Aufklärung an das Amtsgericht Mitte zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Mit der von ihm eingelegten Anschlussberufung will er zudem die Ungültigerklärung des in der Eigentümerversammlung am 11.10.2017 zu TOP 8b) gefassten (negativen) Beschlusses erreichen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das am 15.9.2020 verkündete Urteil des Amtsgerichts Mitte teilweise abzuändern und den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 11.7.2017 zu TOP 8b für ungültig zu erklären.

Die Beklagten beantragen, die Anschlussberufung zurückzuweisen.

II.

1. Berufung der Beklagten

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Amtsgericht hat – gestützt auf § 21 Abs. 8 WEG in der bis zum 30.11.2020 geltenden Fassung – zu Recht angeordnet, dass die Gemeinschaft die Kellerwand zu sanieren und die im Mauerwerk vorhandene Feuchtigkeit zu beseitigen hat. Die vom Amtsgericht getroffene Anordnung ist sachgerecht und entspricht billigem Ermessen. Die Amtsrichterin hat die für die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts maßgeblichen Vorschriften und Rechtssätze zutreffend dargestellt und auf den Sachverhalt angewandt. Die angefochtene Entscheidung beruht daher weder auf einer Rechtsverletzung (§§ 513, 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde liegenden Tatsachen eine andere Entscheidung.

a) § 21 Abs. 8 WEG in der bis zum 30.11.2020 ist auch nach Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes vom 16.10.2020 am 1.12.2020 (BGBl. I 2183) weiter anzuwenden. Dies beruht auf § 48 Abs. 5 WEG, wonach für die bereits vor dem 1.12.2020 bei Gericht anhängigen Verfahren die Vorschriften des dritten Teils des Wohnungseigentumsgesetzes in ihrer bis dahin geltenden Fassung weiter anzuwenden sind. Zwar hat die in § 21 Abs. 8 WEG a.F. geregelte Beschlussersetzungsklage erst mit Wirkung zum 1.12.2020 eine gesetzliche Ausgestaltung im dritten Teil des Wohnungseigentumsgesetzes erfahren und ist erstmals durch § 44 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 WEG der Kreis der aktiv- und passivlegitimierten Personen gesetzlich ausdrücklich bestimmt worden. Bis zum 1.12.2020 war die Beschlussersetzungsklage demgegenüber lediglich rudimentär und im zweiten Teil des Wohnungseigentumsgesetzes geregelt. Eine ausdrückliche Übergangsvorschrift für die am 1.12.2020 bereits anhängigen Beschlussersetzungsklagen enthält das Gesetz nicht. § 48 Abs. 5 WEG ist aber entsprechend anzuwenden. Der Übergangsregelung in § 48 Abs. 5 WEG liegt die Vorstellung des Gesetzgebers zugrunde, dass Änderungen des Verfahrensrechts bereits anhängige Verfahren unberührt lassen (BT-Drucks. 19/18791, S. 86), die Änderung verfahrensrechtlicher Vorschriften also auf den Ausgang eines bei Inkrafttreten der verfahrensrechtlichen Neuregelungen anhängigen Verfahrens keine Auswirkungen haben soll (vgl. auch BGH v. 7.5.2021 – V ZR 299/19, Rz. 23). Da auch die Beschlussersetzungsklage verfahrensrechtlichen Charakter hat, ist ohne weiteres anzunehmen, dass es dem Plan des Gesetzgebers entspricht, ein bereits eingeleitetes Verfahren nach Maßgabe der bei Einleitung des Verfahrens maßgeblichen Vorschriften zu Ende zu führen. Unerheblich ist es in diesem Zusammenhang, dass mit Wirkung ab dem 1.12.2020 der Anspruch eines Wohnungseigentümers auf ordnungsgemäße Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums auf § 18 Abs. 1 WEG beruht und dieser Anspruch nur noch gegen die Gemeinschaft selbst, nicht aber mehr gegen die einzelnen Wohnungseigentümer besteht. Hierauf kommt es wegen des besonderen Charakters der Beschlussersetzungsklage als Gestaltungsklage (siehe BGH v. 24.5.2013 – V ZR 182/12, ZWE 2013, 360, 362; BGH v. 10.6.2011 – V ZR 146/10, NJW 2011, 3025, 3026) nicht an. Merkmal einer solchen Gestaltungsklage ist, dass die Parteien eines solchen Verfahrens gesetzlich bestimmt sein können. Dies unterscheidet sie von der Leistungsklage, die erfolgreich nur gegen den Schuldner eines behaupteten Anspruchs gerichtet werden kann. Auch eine vor dem 1.12.2020 anhängige Beschlussersetzungsklage ist daher – ebenso wie eine Anfechtungsklage – in entsprechender Anwendung des § 48 Abs. 5 WEG weiterhin gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten (a.A. BeckOK WEG/Elzer, WEG § 48 Rz. 30) und eine von den beklagten Wohnungseigentümern eingereichte Berufung ist nicht schon deshalb erfolgreich, weil diese nach materiellem Recht seit dem 1.12.2020 nicht mehr passivlegitimiert sind.

b) Ohne Erfolg beanstanden die Beklagten, die vom Amtsgericht getroffenen Anordnungen seien zu weitreichend und die Amtsrichterin hätte sich darauf beschränken müssen, eine erneute Klärung der Ursache und des Umfangs der Feuchtigkeit anzuordnen, zumal noch im Jahr 2017 eine Austrocknung der betroffenen Wandbereiche festgestellt worden und die nunmehr angeordnete Innenwandabdichtung allenfalls geeignet sei, das Eindringen von Feuchtigkeit in den Kellerraum des Klägers zu verhindern, mit ihr aber eine Ursachenbekämpfung nicht erreicht werde.

Es kann im Ergebnis dahingestellt bleiben, ob die Ursache für den Feuchtigkeitseintritt aufgrund der vorliegenden Sachverständigengutachten bereits vollständig ermittelt ist und ob eine vollständige Aufklärung durch die Einholung weiterer Gutachten überhaupt erreicht werden kann. Jedenfalls ist die Kelleraußenwand sachverständig bereits dreimal begutachtet worden, nämlich vorgerichtlich einmal vom Sachverständigen G. und zweimal vom gerichtlich bestellten Sachverständigen H. Sowohl nach den Feststellungen des Sachverständigen G. vom 8.8.2017 (Bl. 118 ff. I d.A.) als auch nach den Feststellungen des Sachverständigen H. vom 3.12.2018 (Bl. 22 ff. II d.A.) und 17.1.2020 (Bl. 109 ff. II d.A.) war die betreffende Außenwand feucht. Die von der Beklagten behauptete Tatsache, dass die Wand am 5.12.2017 trocken gewesen sei, ist dagegen unerheblich: Zum einen ist schon nicht ersichtlich oder von den Beklagten vorgetragen, dass die Person, die diese Feststellung getroffen haben will, überhaupt fachkundig gewesen wäre. Zum anderen führt der Sachverständige H. auf Seite 4 seines Gutachtens (Blatt 25 II der Akte) aus, dass er seine Messungen erst am 22. November 2018 durchgeführt habe, da der extrem trockene und heiße Sommer 2018 möglicherweise keine hinreichend messbare Vernässung der Wand erbracht habe. Es mag daher sein, dass der Grad der Feuchtigkeit der Kellerwand Veränderungen unterliegt, die ihre Ursache im Außenklima oder auch im Wasserlauf des nahegelegenen Flusses Panke haben. Der Kläger hat jedoch einen Anspruch auf eine dauerhaft trockene Wand, da er seine Kellerräume nur dann als Abstellräume nutzen kann.

Die Kammer verkennt nicht, dass es notwendig ist, dass eine Eigentümergemeinschaft – gerade bei der Beseitigung von Feuchtigkeitsschäden – sachverständigen Rat einholt um die Ursache eines Gebäudemangels feststellen und um sich Vorschläge für seine fachgerechte Behebung unterbreiten zu lassen. Dabei darf die Gemeinschaft aber nicht aus dem Blick verlieren, dass ein tatsächlich vorhandener Baumangel auch in angemessener Frist behoben werden muss, wenn ansonsten Räume, an denen Sondereigentum oder ein Sondernutzungsrecht begründet worden ist, nicht oder auf Dauer nur eingeschränkt genutzt werden können. Die von einem Sachverständigen vorgeschlagenen Maßnahmen zur Mangelbeseitigung kann die Gemeinschaft daher nicht allein mit der Begründung beiseiteschieben, mögliche weitere Auswirkungen der vorgeschlagenen Sanierung auf andere Bauteile seien noch nicht hinreichend ermittelt und müssten noch aufgeklärt werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie im Streitfall – keine konkreten Anhaltspunkte, sondern lediglich eine allgemeine – von konkreten Anknüpfungspunkten nicht getragene – Befürchtung besteht, eine vorgeschlagene Art der Sanierung könne nachteilige Auswirkungen auf andere Bauteile haben. Weil ein bestehender Sachmangel auch zeitnah zu beseitigen ist, muss es die Gemeinschaft gelegentlich auch hinnehmen, dass eine Instandsetzungsmaßnahme zur Behebung eines baulichen Mangels nicht ausreichend ist und dass sich – vor dem Hintergrund erst später gewonnener Erkenntnisse – die Notwendigkeit der Durchführung weiterer Maßnahmen ergibt.

Soweit daher die Beklagten der Ansicht sind, es sei zunächst noch zu klären, welche Auswirkungen die Abdichtung (allein) der einen Kellerwand auf mögliche Feuchtigkeitserscheinungen auch anderer von Feuchtigkeit betroffener Keller- oder Erdgeschosswände haben könnte, kann dieser Einwand ihre Berufung nicht tragen. Konkrete Anhaltspunkte, wonach eine Innenwandisolierung Auswirkungen auf andere Bereiche des Hauses entfaltet, bestehen nicht und die Beklagten haben entsprechenden Tatsachenvortrag auch nicht gehalten.

c) Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand der Beklagten, der Kläger habe schon keinen Anspruch darauf, dass die Außenwände der – ihm zur Sondernutzung zugewiesenen – Kellerräume dauerhaft trocken seien. Die Baubeschreibung (dort Ziffer 2.2.), die Bestandteil der Teilungserklärung ist, enthält insoweit folgende Angaben: „Der Keller wird, sofern Feuchtigkeit vorhanden ist, trockengelegt und saniert. Er soll ……… für Abstellräume der Mieter ……… geeignet sein“. Aus diesen Angaben ergibt sich die für die Sanierungsverpflichtung maßgebliche Sollbeschaffenheit. Eine zeitliche Befristung des Zustandes nach (einer ersten) Trockenlegung und Sanierung sieht die Baubeschreibung gerade nicht vor. Einer solchen steht auch die Zweckbestimmung der Eignung als Abstellraum ausdrücklich entgegen. Als Abstellraum ist ein Kellerraum gerade nur dann geeignet, wenn er dauerhaft trocken ist.

d) Soweit die Beklagten die Ansicht vertreten, aus § 8.2.2. der Gemeinschaftsordnung ergebe sich, dass nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern der Kläger selbst die Sanierung und Trockenlegung der Kelleraußenwand schulde, vermag auch das nicht zu überzeugen. § 8.2.2. der Gemeinschaftsordnung bestimmt zwar, dass ein Wohnungseigentümer verpflichtet ist, die seinem Sondereigentum unterliegenden Teile des Gebäudes oder solche Teile des Gebäudes, die ausschließlich von ihm genutzt werden, auf seine Kosten ordnungsgemäß instand zu halten.

Entgegen der Ansicht der Beklagten wird die das Sondernutzungsrecht des Klägers begrenzende Kelleraußenwand aber schon nicht ausschließlich von ihm genutzt. Die Kelleraußenwand begrenzt insgesamt das im Gemeinschaftseigentum stehende Gebäude nach außen und hat im Übrigen für das gesamte Gebäude eine wichtige statische Funktion. Sie dient daher nicht allein dem Kläger, sondern der gesamten Wohnungseigentümergemeinschaft.

Hinzu kommt, dass die Gemeinschaftsordnung den Wohnungseigentümern in § 8 2.2 nur eine Instandhaltungs-, nicht aber auch eine Instandsetzungspflicht zuweist. Diese Pflichten sind auch nicht identisch, denn die Gemeinschaftsordnung unterscheidet begrifflich bereits selbst zwischen den Instandhaltungsmaßnahmen einerseits und den Instandsetzungsmaßnahmen andererseits. So bestimmt § 8.3.1, dass größere „Instandsetzungs- und Reparaturmaßnehmen“ vom Verwalter mit einem Kostendeckungsplan zur Beschlussfassung vorgeschlagen werden. Unterscheidet eine Gemeinschaftsordnung aber begrifflich zwischen Instandhaltung und Instandsetzung und weist sie nur die Pflicht zur Instandhaltung einem Sondereigentümer zu, so ist die Instandsetzung im Zweifel Sache der Gemeinschaft (BGH v. 9.12.2016 – V ZR 124/16, NJW-RR 2017, 527, 528). Die Sanierung der Außenwand und die Beseitigung der aufgetretenen Feuchtigkeitsschäden gehören indes nicht mehr zur Instandhaltung, sondern zielen auf ihre Reparatur ab; begrifflich unterfallen diese Maßnahmen schon der Instandsetzung.

e) Die Berufung der Beklagten ist schließlich auch nicht deshalb erfolgreich, weil die vom Amtsgericht getroffenen Anordnungen nicht innerhalb der dort bestimmten Frist umgesetzt werden können. Das angefochtene Urteil des Amtsgerichts wurde am 15.9.2020 verkündet, die gesetzte Frist bis zum 31.12.2020 war zwar knapp bemessen, es war den Wohnungseigentümern – wie sich aus dem als B 3 eingereichten Beschlussprotokoll ergibt – jedoch möglich, bereits Mitte November eine Eigentümerversammlung abzuhalten und dort Beschlüsse zu fassen. Die Beklagten haben auch keinerlei Bemühungen der Verwalterin zur Einholung von Angeboten verschiedener Fachunternehmen vorgetragen. Allein der Verweis auf Schwierigkeiten im Baugewerbe aufgrund der Corona-Pandemie vermag ein erneutes gänzliches Untätigbleiben der Verwaltung nicht zu rechtfertigen und führt nicht zu einer Unwirksamkeit der Beschlussersetzung durch das Amtsgericht.

Die Kammer sieht auch keine Veranlassung, die gesetzte Frist nunmehr zu verlängern, zumal es sich nicht um eine Ausschlussfrist handelt, sondern der Gemeinschaft lediglich in zeitlicher Hinsicht einen Handlungsrahmen setzt. Die Verpflichtung zur Sanierung und zur Beschlussfassung bleibt auch nach Ablauf der gesetzten Frist bestehen.

f) Das vom Kläger verfolgte Begehren hat sich auch nicht durch die auf der Eigentümerversammlung vom 12.11.2020 erfolgte Beschlussfassung zu TOP 8 „erledigt“. Die Versammlung hat lediglich die Einholung eines (weiteren) Gutachtens beschlossen, nicht aber die Umsetzung der vom Sachverständigen G. vorgeschlagenen Maßnahmen zur Instandsetzung der Kelleraußenwand.

2. Anschlussberufung des Klägers

Soweit der Kläger sich mit seiner Anschlussberufung dagegen wendet, dass das Amtsgericht die von ihm erhobene Anfechtungsklage gegen die zu TOP 8b) erfolgte Beschlussfassung abgewiesen hat, ist das Rechtsmittel bereits unzulässig, da die Berufungsbegründung den gesetzlichen Erfordernissen nicht entspricht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt eine Berufungsbegründung den Anforderungen des § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 – 4 ZPO nur, wenn sie erkennen lässt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht (BGH, Urteil vom 5. 12. 2006 – VI ZR 228/05 = NJW-RR 2007, 414 m.z.N.). Deshalb muss der Berufungsführer mit der Berufungsbegründung klarstellen, in welchen Punkten und mit welcher Begründung er das Berufungsurteil angreift. Im Falle der uneingeschränkten Anfechtung muss die Berufungsbegründung geeignet sein, das gesamte Urteil in Frage zu stellen; bei einem teilbaren Streitgegenstand oder bei mehreren Streitgegenständen muss sie sich grundsätzlich auf alle Teile des Urteils erstrecken, hinsichtlich derer eine Änderung beantragt wird. Hat das Erstgericht dabei die Abweisung der Klage auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, ist eine Berufungsbegründung nur dann geeignet, das gesamte klageabweisende Urteil in Frage zu stellen, wenn sie jede dieser Erwägungen konkret angreift (BGH, Urteil vom 18.1.2018 – IX ZR 31/15 = NZI 2018, 325). Anderenfalls ist das Rechtsmittel unzulässig.

Das Amtsgericht hat seine Entscheidung, die Anfechtungsklage gegen den zu TOP 8b) gefassten Negativbeschluss abzuweisen, auf zwei, die Entscheidung selbständig tragende Gründe gestellt. Es hat zunächst darauf hingewiesen, dass es im Hinblick darauf, dass die Eigentümerversammlung der vom Sachverständigen vorgeschlagenen Sanierungsvariante I zugestimmt hat, noch kein Bedürfnis bestand, die in der Variante 2 vorgesehenen zusätzliche Arbeiten in den Kellerräumen bereits in Angriff zu nehmen. Daneben hat es seine Entscheidung damit begründet, dass der zur Abstimmung gestellte Beschlussantrag zu TOP 8b) zu unbestimmt sei, weil er nicht auf ein konkretes Angebot einer Fachfirma Bezug nehme und es im Übrigen dem Verwalter überlasse, eigenständig eine Fachfirma auszuwählen und mit der Ausführung der Arbeiten zu beauftragen. Diese Ermächtigung stehe aber nicht im Einklang mit den (bei Abfassung des Urteils maßgeblichen) gesetzlichen Vorschriften.

Mit der letztgenannten Begründung des Amtsgerichts setzt sich die Anschlussberufung nicht auseinander. Die Ungültigerklärung des Negativbeschlusses kommt aber nicht in Betracht, wenn die mehrheitliche Ablehnung des zur Abstimmung gestellten Antrags deshalb den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, weil sie sich mit der Zuständigkeitsverteilung innerhalb einer Gemeinschaft nicht in Einklang bringen lässt und auch im Übrigen keine hinreichend klare Regelung enthält. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung ist insoweit der Zeitpunkt der Eigentümerversammlung (BGH v. 16.1.2009 – V ZR 74/08, NJW 2009, 999, 1000; LG Itzehoe v. 20.5.2016 – 11 S 78/15, ZWE 2016, 420; LG Bremen v. 7.10.2016 – 4 S 250/15, ZWE 2017, 269).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, 97 ZPO i.V.m. § 49 Abs. 1 WEG (in der bis zum 30.11.2020 geltenden Fassung), die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision hat die Kammer nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für eine Zulassung nicht gegeben sind. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs.

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