AG Berlin-Mitte – Az.: 15 C 422/20 – Urteil vom 30.06.2021
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, solange nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um Kautionsrückzahlung.
Zwischen den Parteien bestand ein Mietverhältnis über eine Wohnung im Haus in 1..0117 Berlin. Gern. § 23 des Vertrages stellte der Kläger eine Mietsicherheit in Höhe von ursprünglich 6.600,00 EUR.
Die Klägerin kündigte das Mietverhältnis aufgrund eines Mietrückstandes für August und September 2020 mit anwaltlichem Schreiben vom 04.09.2020.
Hierbei wurden auf Grundlage eines Geschäftswerts von 24.888,42 Euro Rechtsanwaltsgebühren in Höhe einer 1,3-Geschäftsgebühr mit einem Betrag von 1.211,50 EUR brutto geltend gemacht.
Der Beklagte kündigte daraufhin mit Schreiben des Unterzeichners vom 08.09.2020 an, die Wohnung innerhalb der gesetzten Ziehfrist bis zum 30.09.2020 zurückzugeben, was auch erfolgte. Der Mietrückstand wurde ebenfalls beglichen. Dagegen wurde den durch das Kündigungsschreiben verursachten Rechtsanwaltskosten mit dem Hinweis, dass nach BGH-Rechtsprechung ein Großvermieter Rechtsanwaltskosten nicht verlangen könne, widersprochen.
Die Gegenseite wies demgegenüber mit E-Mail vom 15.09.2020 darauf hin, die Beklagte sei kein gewerblicher Großvermieter. Vielmehr habe sie lediglich einen Mitarbeiter, nämlich ihren Geschäftsführer Herrn, und verfüge nur über 4 Mietwohnungen im eigenen Bestand, ohne etwa weitere Wohnungen im Fremdbestand zu verwalten. Von daher werde daran festgehalten, dass der Kläger die Anwaltskosten für das Kündigungsschreiben zu erstatten habe.
Bei Abrechnung der Kaution mit Schreiben der Beklagten vom 12.11.2020 wurde die streitgegenständliche Kostenrechnung der Beklagtenvertreterin vorn 17.09.2020 mit dem Betrag von 1.229,37 Euro in Abzug gebracht.
Hierauf teilte der Klägervertreter mit Schreiben des Unterzeichners vorn 19.11.2020 mit, dass seiner Ansicht nach sich die Gerichtsentscheidung (BGH, Urteil vorn 06.10.2010, Az. VIII ZR 271/09) ihrem Wortlaut nach zwar nur für Großvermieter gilt. Dem Sinn nach gehe es aber darum, dass die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts nicht nötig sei, wenn nach Rückstand mit zwei Monatsmieten ein glatter Kündigungstatbestand vorliege. Diese Rechtslage sei so einfach, dass sie auch der Vermieter selbst überblicken und eine Kündigung selbst verfassen könne. Es wurde daher weiterhin um Erstattung restlicher Kaution in Höhe des mit dem Antrag zu 1. geltend gemachten Betrages unter Setzung einer Frist bis zum 03.12.2020 gebeten.
Die Gegenseite lehnte daraufhin mit Schreiben der Beklagtenvertreterin vorn 25.11.2020 die Zahlung ab.
Der Kläger ist weiter der Ansicht, die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen für die Kündigung einen Rechtsanwalt einzuschalten.
Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.229,37 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 04.12.2020 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass vom Kläger herangezogenen Urteil sei nicht einschlägig, da sie keine Großvermieterin sei und sie auch nicht über kaufmännisch geschultes Personal verfüge.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und die Sitzungsniederschriften verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
Der geltend gemachte Kautionsrückzahlungsanspruch des Klägers ist durch die erklärte Aufrechnung der Beklagten gemäß § 389 BGB erloschen.
Der Erstattungsanspruch für die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.229,37 EUR stand der Beklagten gegen den Kläger aus den §§ 280, 286 BGB zu.
Unstreitig befand sich der Kläger mit zwei Monatsmieten in Verzug und ein Grund für eine außerordentliche Kündigung lag vor.
Vorliegend ist auch kein mit dem vom BGH mit Urteil vom 06.10.2010, Az. VIII ZR 271/09 entschiedenen Fall vergleichbarer gegeben.
Zwar handelt es sich bei der Beklagten um einen gewerblichen Vermieter, die Beklagte ist eine GmbH.
Unstreitig vermietet und verwaltet die Beklagte aber nur 4 Wohnungen. Von einem Großvermieter kann insoweit nicht die Rede sein.
Das Urteil ist auch nicht auf einen „Kleinvermieter“ anwendbar.
Der BGH hat in der benannten Entscheidung sein Ergebnis damit begründet, dass für einen Großvermieter bei einer klaren Rechtslage die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts nicht notwendig sei.
Hintergrund ist hier die Erwägung, dass bei einem Großvermieter die personelle Ausstattung so sein dürfte, dass es ausreichend selbst jedenfalls in einfacheren Mietrechtsfragen kundiges Personal vorhanden sein müsste. Dies ist unschwer nachvollziehbar, bei großen Wohnungsvermietungsunternehmen, welche eine eigene Rechtsabteilung mit juristisch geschultem Personal verfügen. Dies ist aber nach der Erfahrung des erkennenden Gerichts nicht einmal bei allen Großvermietern der Fall.
Auf einen Vermieter von 4 Wohnungen sind derartige Erwägungen jedenfalls nicht übertragbar. Für einen juristischen Laien ist auch die hier erfolgte Kündigung nicht per se „einfach“. So weiß der Laie in der Regel nicht, dass der Fortsetzung des Mietverhältnisses zu widersprechen ist und dass ggf. neben der außerordentlichen Kündigung hilfsweise auch die ordentliche erklärt werden sollte.
Die Kostenentscheidung folgt aus den § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.