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Grundstücksgemeinschaft – Erstattung getätigter Aufwendungen gegen einen Anteilserwerber

Kostenentscheidung in Grundstücksgemeinschafts-Streit.

In einem Rechtsstreit über die Zahlung von anteiligen Kosten und Lasten für ein Bootshausgrundstück entschied das Gericht, dass der beklagten Partei die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen sind, da sie keine erheblichen Einwendungen gegen die schlüssige Forderung der Klagepartei vorgebracht habe. Die Klägerin hatte den Beklagten auf Zahlung anteiliger Kosten und Lasten für das Jahr 2018 aus einem im Grundbuch des Amtsgerichts Hamburg verbuchten Grundstück in Anspruch genommen. Die Klägerin ist eine Grundstücksgemeinschaft, die sich am 30.07.2007 eine Gemeinschaftsordnung gegeben und als Vertreterin die seit 2007 bis heute auftretende Verwaltung zur Verwalterin bestimmt hatte. Der Beklagte erwarb mit notariell beurkundetem Kaufvertrag von den bisherigen Eigentümern einen Miteigentumsanteil an der Wohnungseigentumsanlage und an dem streitgegenständlichen Bootshausgrundstück. Seit Erwerb weigert sich der Beklagte, etwaige Verwaltungskosten für das Bootshausgrundstück anteilig zu tragen. Die zulässige Klage war in vollem Umfang begründet, da die Klägerin unter anderem durch die Gemeinschaftsordnung zur Erhebung der Klage berechtigt war und der Anspruch auf § 748 BGB beruhte. Der Einspruch des Beklagten war zulässig, wäre in der Sache allerdings ohne Erfolg geblieben.


AG Hamburg – Az.: 9 C 316/20 – Beschluss vom 17.05.2022

1. Die beklagte Partei hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

2. Der Streitwert der Klage wird auf 131,62 € festgesetzt. Der Streitwert der Widerklage wird auf 1.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91a Abs. 1 ZPO.

Nachdem die Klagepartei den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und die beklagte Partei der Erledigungserklärung nicht binnen der Notfrist des § 91a Abs. 1 S. 2 ZPO widersprochen hat, war über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden.

Die Entscheidung ergeht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen. Vorliegend waren der beklagten Partei die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, da sie voraussichtlich unterlegen wäre, denn sie hat keine erheblichen Einwendungen gegen die schlüssige Forderung der Klagepartei vorgebracht.

Im Einzelnen:

I. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung anteiliger Kosten und Lasten für das Jahr 2018 aus einem im Grundbuch des Amtsgerichts Hamburg von … verbuchten Grundstück in Anspruch. Bei dem Grundstück handelt es sich um ein unbebautes Bootshausgrundstück mit der eingetragenen Zweckbestimmung „Freifläche, Weg, hinter ….

Die Klägerin ist eine Grundstücksgemeinschaft, die sich am 30.07.2007 eine Gemeinschaftsordnung (Anlage K1) gegeben und als Vertreterin die seit 2007 bis heute auftretende Verwaltung zur Verwalterin bestimmt hat. Einzelheiten hierzu sowie die rechtliche Einordnung sind zwischen den Parteien streitig.

Der Beklagte erwarb mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 31.01.2018 (Anlage K2) von den bisherigen Eigentümern … einen Miteigentumsanteil an der Wohnungseigentumsanlage im … in … sowie einen 282/10.000stel Anteil an dem streitgegenständlichen Bootshausgrundstück … Der Beklagte ist in dem Kaufvertrag nicht darauf verpflichtet worden, sich der Gemeinschaftsordnung zu unterwerfen, obwohl für die Verkäufer eine solche Pflicht zur Unterwerfung gemäß § 2 Abs. 5 GO bestanden hätte. Seit Erwerb weigert sich der Beklagte, etwaige Verwaltungskosten für das Bootshausgrundstück anteilig zu tragen. Insgesamt existieren derzeit 16 Teileigentümer, wobei manche Teileigentümer mehrere Teileigentumseinheiten zu Eigentum haben.

Unter dem 04.03.2019 hatte die Verwaltung der Klägerin eine Hausgeldabrechnung für 2018 angefertigt, aus der sich eine Zahlungsschuld für den Beklagten in einer Höhe von 131,62 € ergab (Anlage K4). Auf ihrer Versammlung am 13.06.2019 beschloss die Gemeinschaft die Hausgeldabrechnung 2018 einstimmig (TOP 1). Ferner erging auf dieser Versammlung der Beschluss, den Beklagten gerichtlich zur Zahlung anhalten zu lassen (TOP 2). Anwesend waren Teileigentümer von 20 Teileigentumseinheiten (insgesamt gibt es ca. 40 Teileigentumseinheiten). Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin forderte den Beklagten unter Fristsetzung zum 10.08.2020 erneut und vergeblich zur Zahlung auf.

Ursprünglich hat die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 131,62 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.08.2020 zu zahlen. Der Beklagte erhob mit Schriftsatz vom 06.10.2020 Widerklage und beantragte, festzustellen, dass der Klägerin keine Ansprüche gegen ihn aufgrund der Hausgeldabrechnung für das Jahr 2019 zustehen sowie, dass der Beklagte nicht der Gemeinschaftsordnung vom 30.07.2007 unterliegt.

Nach Säumnis des Beklagten erging unter dem 16.11.2021 antragsgemäß ein Versäumnisurteil, welches dem Beklagten am 11.12.2021 zugestellt worden ist. Hiergegen hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 21.12.2021 Einspruch eingelegt.

Der Beklagte hat seine Widerklage in der mündlichen Verhandlung am 08.03.2022 zurückgenommen. Die Klägerin hat der Rücknahme der Widerklage zugestimmt. Der Beklagte hat in der Zwischenzeit Zahlungen an die Hausverwaltung geleistet, weswegen es in der Folge zur Erklärung der Erledigung gekommen ist.

Die Klägerin beantragte zuletzt, das Versäumnisurteil vom 16.11.2021 aufrecht zu erhalten.

Der Beklagte beantragte zuletzt, das Versäumnisurteil vom 16.11.2021 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, die Klägerin sei als gesetzliche Bruchteilsgemeinschaft nicht parteifähig.

Es fehle ein gemäß § 745 Abs. 1 BGB erforderlicher Beschluss für die Klage.

Der Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass die übrigen Bruchteilseigentümer des Boothausgrundstücks der Klägerin schuldrechtlich beigetreten seien.

Ferner bestreitet der Beklagte, dass die Kosten der Gartenpflege, der Haftpflichtversicherung, der Grundsteuer, Verwalterkosten und sonstige Kosten angefallen und bezahlt worden seien. Hinsichtlich der Position Rückstellungen meint der Beklagte, es handle sich hierbei nicht um Kosten, sondern um eine Liquiditätszuführung. Der Beklagte ist zudem der Auffassung, die Kosten für Gartenpflege, Haftpflichtversicherung und Verwalterkosten seien bei einer Freifläche nicht erforderlich.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung des Zeugen und Geschäftsführers der Hausverwaltung der Klägerin, …. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung vom 08.03.2022 verwiesen.

II. Der Einspruch des Beklagten war zulässig, wäre in der Sache allerdings ohne Erfolg geblieben.

Die zulässige Klage war in vollem Umfang begründet.

1. Die Klägerin ist parteifähig. Aufgrund der Gemeinschaftsordnung liegt ein rechtsgeschäftlicher Entstehungstatbestand vor. Der Klägerin ist zur Überzeugung des Gerichts der erforderliche Nachweis gelungen, dass sich alle Bruchteilseigentümer mit Ausnahme des Beklagten der Gemeinschaftsordnung unterworfen haben.

Dies ergibt sich nicht zuletzt aus der zeugenschaftlichen Vernehmung des Geschäftsführers der Verwaltung der Klägerin, …. Der Zeuge konnte nachvollziehbar schildern, wie es im Jahr 2007 zu der Gemeinschaftsordnung kam, da er diesen Prozess nach Übernahme der Verwaltung selbst angestoßen hat. So erklärte er, dass sämtliche Teileigentümer die hier streitgegenständliche Gemeinschaftsordnung genehmigt und beschlossen und auch in einer Unterschriftenliste unterzeichnet hätten. Zwar konnte er die Liste bei seiner Vernehmung nicht vorlegen. Dies ist indes unschädlich, da seine Schilderung dem Gericht nachvollziehbar und glaubhaft erscheint. Diese Würdigung wird letztlich auch dadurch gestützt, dass seit 2007 kein weiterer Teileigentümer die Zahlungen, die zur Verwaltung des Grundstücks erforderlich sind, verweigert hat. Dies belegt, dass nicht nur die ursprünglichen Teileigentümer, die sich in 2007 die Gemeinschaftsordnung gaben, sondern auch alle Rechtsnachfolger mit der Geltung der Gemeinschaftsordnung für sie einverstanden waren/sind, ob nun ausdrücklich durch Unterschrift oder notarielle Unterwerfung oder auch konkludent durch ihr Zahlungsverhalten.

Die Klägerin war auch zur Erhebung der Klage berechtigt. Darauf, ob der Beschluss gemäß TOP 2 der Versammlung vom 13.06.2019 wirksam war oder nicht, kommt es nicht an. Die Berechtigung ergibt sich für die Klägerin jedenfalls aus § 8 Abs. 2 lit. b) der Gemeinschaftsordnung. Die Gemeinschaftsordnung regelt insbesondere die formalen Voraussetzungen für die Willensbildung der Klägerin, so also beispielsweise den Sachverhalt, was nach dem Willen der Gemeinschaft im Falle einer Zahlungssäumnis geschehen soll. Eines dann jedes Mal neuen Beschlusses der Gemeinschaft für die Zwecke der Anspruchsverfolgung bedarf es in diesem Fall nicht.

2. Der Anspruch ergibt sich aus §§ 741, 748 BGB. Die Eigenschaft als Teilhaber ergibt sich aus der Innehabung eines Rechts (nämlich des Eigentums) durch mehrere Rechtsträger zu ideellen Bruchteilen. Der Beklagte ist durch die Übereignung des Miteigentumsanteils durch die bisherigen Eigentümer Teilhaber im Sinne des § 748 BGB geworden. Gem. § 748 BGB hat jeder Teilhaber die Lasten des gemeinschaftlichen Gegenstands sowie die Kosten der Erhaltung, der Verwaltung und einer gemeinschaftlichen Benutzung nach dem Verhältnis seines Anteils zu tragen.

Hinsichtlich der geltend gemachten Aufwendungen für die Gartenpflege, die Haftpflichtversicherung, die Grundsteuern, die Verwalterkosten, die Zuführungen zu der Rückstellung und sonstige Kosten für das Jahr 2018 sind die Voraussetzungen des § 748 BGB erfüllt.

a) Lasten sind Leistungen, die aus dem Grundstück zu entrichten sind und seinen Nutzungswert mindern (RGZ 66, 316 (318)). Hierzu zählen auch die Grundsteuer (MüKoBGB/K. Schmidt Rn. 6) und Versicherungsbeiträge, denn diese dienen der Erhaltung und Verwaltung des gemeinsamen Gegenstands (BGH NJW 1997, 731 (733)).

b) Die Aufwendungen für die Gartenpflege fallen unter den Begriff der Kosten der Erhaltung gem. § 748 BGB. Kosten der Erhaltung beschränken sich auf die gem. § 744 Abs. 2 BGB zur Erhaltung des Gegenstandes notwendigen Verwendungen. Dies beurteilt sich vom Standpunkt eines vernünftig und wirtschaftlich denkenden Eigentümers (BGHZ 6, 76 (81); OLG Rostock NJW-RR 2003, 797; LG Essen MDR 1966, 420). Ein solcher fiktiver Eigentümer würde auch bei einer Freifläche – insbesondere in der Nähe von Wohngebieten – gewisse gärtnerische Tätigkeiten durchführen (lassen), die das Grundstück in einen grundsätzlich gepflegten und etwa zu Erholungszwecken nutzbaren Zustand versetzen. Hierin liegt keine wertsteigernde Maßnahme. Vielmehr wird durch eine gewisse Pflege ein Verwuchern oder Verwahrlosen des Grundstücks verhindert. Dies dient der Werterhaltung. Die Kosten sind auch der Höhe nach angemessen. Insbesondere konnte durch den Zeugen … glaubhaft dargelegt werden, dass die Pflege von Bäumen und das Sauberhalten des Grundstücks durch einen Hausmeister erforderlich sind.

c) Die Verwalterkosten sind dem Grunde nach bereits vom Wortlaut des § 748 BGB erfasst. Dies gilt insbesondere, wenn wie im vorliegenden Fall ein Dritter und kein Teilhaber die Kosten in Rechnung stellt (MüKoBGB/K. Schmidt Rn. 6). Auch der Höhe nach erscheinen die Kosten in Anbetracht des Umfangs der erforderlichen Verwaltungstätigkeiten angemessen. Zwar ist ein unbebautes Grundstück hinsichtlich des erforderlichen Verwaltungsaufwands nicht mit einem bebauten Grundstück gleichzusetzen. Aus den Schilderungen des Zeugen … hinsichtlich der beispielsweise zu organisierenden Erfüllung der Verkehrssicherungspflichten, der Pflege des Grundstücks oder der Durchführung von Versammlungen ergibt sich ein nachvollziehbarer Verwaltungsaufwand.

d) Auch die sonstigen Kosten sind dem Grunde und der Höhe nach von § 748 BGB erfasst. Es handelt sich auch hierbei um Kosten der Verwaltung, insbesondere um Kontoführungsgebühren, Raummieten und Bewirtungskosten bei Versammlungen. Zur Höhe der Bewirtungskosten konnte der Zeuge… schlüssig erläutern, dass diese hälftig auf die WEG und die Teileigentümergemeinschaft verteilt werden, da beide Versammlungen unmittelbar nacheinander am selben Ort abgehalten werden.

e) Die Zuführungen zu den Rückstellungen stellen entgegen der Ansicht des Beklagten Kosten dar und sind nicht bloße Liquiditätszuführungen. Grundsätzlich kann eine Gemeinschaft Rückstellungen bilden, sofern diese der ordnungsgemäßen Verwaltung entsprechen (vgl. BGH, Urteil vom 16.11.1998 – II ZR 68-98, DStR 1999, 74). Die Rückstellung wird nach Auskunft des Zeugen… insbesondere gebildet, um eine in Zukunft anstehende Sanierung der Kaimauer zu finanzieren. Eine solche Sanierung ist schon wegen möglicherweise bestehender Verkehrssicherungspflichten, aber auch zum Werterhalt des Grundstücks aus der Perspektive eines vernünftig denkenden Eigentümers sinnvoll. Es ist auch nicht ersichtlich, warum für eine Maßnahme, deren Kosten im Sinne des § 748 BGB durch die Teilhaber zu tragen sind, eine Rückstellungsbildung nicht möglich sein soll. Letztlich handelt es sich hierbei nur um eine Zahlungsmodalität, die Kostenspitzen in einzelnen Jahren auf längere Zeiträume streckt. Weder die Erhaltungsmaßnahme selbst noch die Kostenmodalität in Gestalt der Rückstellungsbildung sind aus Sicht eines fiktiven, wirtschaftlich vernünftig handelnden Eigentümers zu beanstanden.

Dass die für 2018 abgerechneten Kosten nicht nur entstanden, sondern auch bezahlt worden sind, konnte schlüssig und nachvollziehbar durch den Zeugen … dargestellt werden.

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