Die zentrale Frage der Haftung des Vermieters für Mieter im WEG entbrannte, als Nachbar-Mieter vorsätzlich die gemeinschaftliche Dachentwässerung verstopften und so einen massiven Wasserschaden verursachten. Trotz des eindeutigen Schadens durch die Verursacher weigerte sich das Gericht, dem klagenden Eigentümer Schadensersatz zuzusprechen.
Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Schadensersatz bei Wasserschaden durch Mieter: Warum der Vermieter hier nicht zahlen musste
- Was war zwischen den Nachbarn genau vorgefallen?
- Sondereigentum vs. Gemeinschaftseigentum: Wo liegt die juristische Trennlinie?
- Warum entschied das Gericht so – und nicht anders?
- Was bedeutet das Urteil jetzt für Sie? Eine Checkliste für den Ernstfall
- Die Urteilslogik
- Benötigen Sie Hilfe?
- Experten Kommentar
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wer haftet bei Wasserschäden durch verstopfte Dachrinnen in der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG)?
- Wann hafte ich als vermietender Eigentümer für das störende Verhalten meiner Mieter im WEG-Haus?
- Welche Schritte muss ich bei einem Wasserschaden im WEG gehen, um den richtigen Anspruchsgegner zu verklagen?
- Wer zahlt meinen Schaden, wenn ein Mieter das Gemeinschaftseigentum absichtlich beschädigt hat?
- Wie unterscheide ich Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum für die korrekte Haftung bei Schäden?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 3 C 191/24 WEG | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht Tuttlingen
- Datum: 05.02.2025
- Aktenzeichen: 3 C 191/24 WEG
- Verfahren: Schadensersatzklage im Wohnungseigentumsrecht (WEG)
- Rechtsbereiche: Wohnungseigentumsrecht, Schadensersatz, Nachbarrecht
- Das Problem: Ein Wohnungseigentümer erlitt durch Wassereintritte teure Schäden in seiner Wohnung. Er klagte gegen den Eigentümer der darüberliegenden Wohnung. Die Ursache war eine Verstopfung der Dachrinne und des Abflussrohrs durch die Mieter des Beklagten.
- Die Rechtsfrage: Muss ein einzelner Wohnungseigentümer für Schäden haften, die seine Mieter durch die vorsätzliche Beschädigung von Bauteilen verursachen, welche zum Gemeinschaftseigentum aller Eigentümer gehören?
- Die Antwort: Nein, die Klage wurde abgewiesen. Der beklagte Eigentümer haftet nicht, weil die betroffenen Bauteile (Dachrinne, Abflussrohr) rechtlich als Gemeinschaftseigentum gelten. Zudem konnte der Kläger dem Vermieter keine Kenntnis oder Duldung der vorsätzlichen Verstopfung durch seine Mieter nachweisen.
- Die Bedeutung: Schäden, die am Gemeinschaftseigentum entstehen, können nicht vom einzelnen Wohnungseigentümer eingefordert werden. Ein Vermieter haftet für vorsätzliche Handlungen seiner Mieter nur, wenn er sie dazu ermächtigt hat oder nachweislich über die konkrete Störung informiert war und untätig blieb.
Schadensersatz bei Wasserschaden durch Mieter: Warum der Vermieter hier nicht zahlen musste
Ein wiederkehrender Wasserschaden in der eigenen Wohnung ist für jeden Eigentümer ein Alptraum. Wenn dann noch der Verdacht aufkommt, dass die Mieter des Nachbarn aus der darüberliegenden Wohnung die Ursache sind, scheint der Fall juristisch klar: Der Vermieter muss für den Schaden geradestehen. Doch ein Urteil des Amtsgerichts Tuttlingen vom 05. Februar 2025 (Az. 3 C 191/24 WEG) zeigt, dass die Realität im Wohnungseigentumsrecht weitaus komplexer ist. Das Gericht wies eine Schadensersatzklage über mehr als 27.000 Euro ab und erklärte, warum die Haftung des Vermieters für seine Mieter im WEG an klaren juristischen Grenzen scheitert – selbst wenn deren Verhalten schadensursächlich war.
Was war zwischen den Nachbarn genau vorgefallen?

Der Eigentümer einer Wohnung im zweiten Obergeschoss eines Mehrfamilienhauses sah sich über Monate mit wiederholten Wassereinbrüchen konfrontiert. An zahlreichen Tagen zwischen Juni 2021 und April 2022 drang Wasser in seine Räume ein und verursachte, so seine Darstellung, erhebliche Schäden an der Holzdecke, am Laminatboden und den Wänden. Als Ursache machte er schnell die Wohnung direkt über ihm aus.
Seine Vermutung: Die Mieter seines Nachbarn, des Eigentümers der oberen Wohnung, nutzten eine Art Dachterrasse, die zur Überdachung seiner eigenen Wohnung diente. Dort hätten sie, so der Vorwurf, mutwillig die Dachrinne und ein Abflussrohr mit Stöcken, einem großen Stein und Müll verstopft. Bei Regen konnte das Wasser nicht mehr ablaufen, staute sich und sickerte über undichte Balkonbalken direkt in seine Wohnung. Nachdem die Dachrinne schließlich professionell gereinigt wurde, hörten die Wasserschäden auf.
Für den geschädigten Eigentümer war der Fall klar. Er forderte von seinem Nachbarn, dem Vermieter der oberen Wohnung, Schadensersatz in Höhe von 27.489 Euro für Trocknungs-, Reparatur- und Sanierungsarbeiten. Nachdem anwaltliche Schreiben und ein Mahnverfahren erfolglos blieben, landete der Streit vor Gericht.
Der verklagte Vermieter wehrte sich gegen die Vorwürfe. Er bestritt, dass seine Mieter für den Schaden verantwortlich seien. Vielmehr könnten auch Undichtigkeiten am Dach oder an der Fassade des Gebäudes die Ursache sein. Er argumentierte zudem, dass er seine Mieter weder zu störenden Handlungen ermächtigt habe, noch dazu verpflichtet sei, sie permanent zu überwachen. Sein entscheidendes Argument war jedoch: Selbst wenn die Verstopfung die Ursache war, seien Dachrinne, Fallrohr und die Balkonkonstruktion Teile des Gemeinschaftseigentums. Für deren Zustand sei die gesamte Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) verantwortlich, nicht er als einzelner Eigentümer.
Sondereigentum vs. Gemeinschaftseigentum: Wo liegt die juristische Trennlinie?
Um die Entscheidung des Gerichts zu verstehen, müssen wir einen zentralen Grundsatz des deutschen Wohnungseigentumsrechts betrachten: die strikte Trennung zwischen Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum.
Das Sondereigentum umfasst die Teile des Gebäudes, die ausschließlich einem Eigentümer gehören und von ihm allein genutzt werden. Das sind typischerweise die Räume der Wohnung selbst, einschließlich Wandverkleidungen, Bodenbelägen und inneren, nicht tragenden Wänden.
Das Gemeinschaftseigentum hingegen gehört allen Wohnungseigentümern gemeinsam. Dazu zählen laut Gesetz alle Bauteile, die für den Bestand oder die Sicherheit des Gebäudes erforderlich sind, sowie Anlagen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienen (§ 5 Abs. 2 WEG). Beispiele hierfür sind das Fundament, das Dach, tragende Wände, das Treppenhaus, die Fassade und eben auch Anlagen zur Entwässerung wie Dachrinnen und Fallrohre.
Diese Unterscheidung ist entscheidend für die Haftung. Für Schäden, die vom Gemeinschaftseigentum ausgehen oder dort entstehen, haftet in der Regel die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband. Für Schäden, deren Ursprung im Sondereigentum liegt, ist der jeweilige Sondereigentümer verantwortlich.
Warum entschied das Gericht so – und nicht anders?
Das Amtsgericht Tuttlingen wies die Klage vollständig ab. Die Richter folgten in ihrer Begründung einer klaren juristischen Logik, die sich in drei Schritten nachvollziehen lässt. Sie prüften nacheinander die verschiedenen denkbaren Anspruchsgrundlagen und verneinten jede einzelne.
Argument 1: Warum der nachbarrechtliche Anspruch am Gemeinschaftseigentum scheiterte
Der Kläger stützte seine Forderung maßgeblich auf den sogenannten nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch (analog § 906 Abs. 2 S. 2 BGB). Dieser Grundsatz besagt vereinfacht: Wenn von einem Grundstück eine wesentliche Beeinträchtigung auf ein anderes ausgeht, die der Nachbar aus besonderen Gründen dulden muss, aber die sein Eigentum über das zumutbare Maß hinaus schädigt, kann er einen finanziellen Ausgleich verlangen.
Dieser Anspruch hat jedoch eine entscheidende Voraussetzung im WEG-Recht: Die Störung muss vom Sondereigentum des anderen Wohnungseigentümers ausgehen. Genau hier sah das Gericht das erste und bereits entscheidende Problem. Der Kläger hatte selbst vorgetragen, dass das Wasser aus der verstopften Dachrinne über die Balkenkonstruktion in seine Wohnung eingedrungen war. Das Gericht stellte klar, dass Bauteile wie Dachrinnen, Abflussrohre und die äußere Abdichtung eines Balkons, die für die Entwässerung und die Sicherheit des gesamten Gebäudes zuständig sind, zwingend zum Gemeinschaftseigentum gehören.
Da die angebliche Schadensquelle also nicht im Sondereigentum des verklagten Vermieters lag, sondern im gemeinschaftlichen Eigentum aller Wohnungseigentümer, schied ein direkter Anspruch gegen den Nachbarn von vornherein aus. Für die Instandhaltung und Funktion des Gemeinschaftseigentums ist die WEG als Ganzes verantwortlich, nicht ein einzelner Eigentümer.
Argument 2: Warum der Vermieter kein „mittelbarer Handlungsstörer“ war
Das Gericht prüfte als Nächstes, ob der Vermieter vielleicht auf einem anderen Weg haftbar gemacht werden könnte – nämlich als sogenannter „Störer“. Die Rechtsordnung unterscheidet hier zwischen verschiedenen Arten der Verantwortlichkeit. Eine davon ist die Haftung als mittelbarer Handlungsstörer.
Ein Vermieter wird dann zum Störer, wenn er das Verhalten seiner Mieter zu verantworten hat. Die Hürden dafür sind laut Bundesgerichtshof (BGH) jedoch sehr hoch. Eine solche Haftung kommt nur in zwei Fällen in Betracht: Entweder hat der Vermieter dem Mieter die Wohnung mit der Erlaubnis überlassen, fremdes Eigentum zu stören, oder er hat es schuldhaft unterlassen, den Mieter von einem solchen störenden Verhalten abzuhalten, nachdem er davon Kenntnis erlangt hatte.
Der Kläger argumentierte, der Vermieter sei von ihm und der Hausverwaltung über die Verunreinigungen informiert worden und habe nichts unternommen. Das Gericht analysierte jedoch die vorgelegte Korrespondenz genau und kam zu einem anderen Schluss. Die E-Mails und Schreiben sprachen allgemein von „Verschmutzung“ oder der vermuteten Nutzung der Fläche zum Grillen. Sie enthielten jedoch keinen konkreten Hinweis darauf, dass die Mieter das Abflussrohr vorsätzlich mit Stöcken und Steinen verstopften.
Ein allgemeiner Hinweis auf eine unordentliche Dachrinne begründet für den Vermieter noch keine Kenntnis von einer gezielten, schädigenden Handlung seiner Mieter. Das Gericht stellte fest, dass der Kläger nicht beweisen konnte, dass der Vermieter von der konkreten, willentlichen Verstopfung wusste und untätig blieb. Die bloße Vermieterschaft begründet keine generelle Überwachungspflicht für das Verhalten von Mietern. Somit scheiterte auch die Haftung als mittelbarer Störer.
Argument 3: Warum der Vermieter auch kein „Zustandsstörer“ war
Zuletzt prüften die Richter, ob der Vermieter als Zustandsstörer haften könnte. Diese Form der Haftung tritt ein, wenn die Störung von dem Zustand einer Sache ausgeht, über die jemand die Herrschaftsgewalt hat. Ein klassisches Beispiel wäre ein Baum auf einem Privatgrundstück, dessen morsche Äste auf das Nachbarhaus zu fallen drohen.
Auch hier war die Unterscheidung zwischen Sonder- und Gemeinschaftseigentum wieder ausschlaggebend. Eine Zustandsstörerhaftung des einzelnen Wohnungseigentümers kommt nur dann infrage, wenn der mangelhafte Zustand von einem Bauteil ausgeht, das in seinem Sondereigentum steht. Wie bereits festgestellt, gehörten die Dachrinne und das Abflussrohr aber zum Gemeinschaftseigentum. Somit konnte der beklagte Vermieter auch nicht als Zustandsstörer für deren Zustand verantwortlich gemacht werden.
Da alle denkbaren Anspruchsgrundlagen gegen den Vermieter als Einzelperson scheiterten, wurde die Klage abgewiesen. Der geschädigte Eigentümer blieb nicht nur auf seinem Schaden, sondern auch auf den gesamten Prozesskosten sitzen.
Was bedeutet das Urteil jetzt für Sie? Eine Checkliste für den Ernstfall
Das Urteil des Amtsgerichts Tuttlingen mag auf den ersten Blick unbefriedigend erscheinen, verdeutlicht aber eine zentrale Spielregel im Wohnungseigentumsrecht: Der richtige Ansprechpartner ist entscheidend. Wenn Sie als Wohnungseigentümer von einem Wasserschaden betroffen sind, dessen Ursache Sie bei einem Nachbarn vermuten, hilft die folgende Checkliste, die richtigen Schritte einzuleiten.
Checkliste: Wasserschaden im WEG – Was tun?
- Sofortmaßnahmen ergreifen und Schaden dokumentieren:
- Sichern Sie Ihr Eigentum, fangen Sie Wasser auf, stellen Sie falls nötig den Strom ab.
- Fotografieren und filmen Sie den Wassereintritt und die entstehenden Schäden so detailliert wie möglich. Notieren Sie Datum und Uhrzeit.
- Ursache lokalisieren (lassen):
- Versuchen Sie, die Quelle des Wassers zu identifizieren. Liegt sie in der Nachbarwohnung (z.B. geplatzter Waschmaschinenschlauch) oder an der Gebäudestruktur (z.B. Dach, Fassade, Fallrohr)?
- Ziehen Sie im Zweifel einen Fachmann (Installateur, Leckortungsfirma) hinzu.
- Den richtigen Ansprechpartner identifizieren:
- Ursache im Sondereigentum des Nachbarn: Handelt es sich um ein Problem innerhalb der Nachbarwohnung (z.B. defektes Gerät, undichte Silikonfuge in der Dusche), ist der Nachbar bzw. dessen Haftpflichtversicherung Ihr direkter Ansprechpartner.
- Ursache im Gemeinschaftseigentum: Liegt die Ursache an Bauteilen wie dem Dach, der Fassade, Wasser- oder Abwasserleitungen in der Wand oder – wie im besprochenen Fall – der Dachentwässerung, ist die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) verantwortlich.
- Hausverwaltung unverzüglich informieren:
- Melden Sie den Schaden sofort und schriftlich der Hausverwaltung. Dies ist der entscheidende Schritt, insbesondere wenn das Gemeinschaftseigentum betroffen ist. Die Verwaltung ist verpflichtet, die Ursache zu klären und die notwendigen Reparaturen im Namen der WEG zu veranlassen.
- Abgrenzung: Fehlverhalten des Mieters vs. Gebäudemangel:
- Verursacht ein Mieter einen Schaden durch Fahrlässigkeit (z.B. überlaufende Badewanne), haftet er in der Regel persönlich (bzw. seine private Haftpflichtversicherung).
- Ist jedoch – wie hier – das mutmaßliche Fehlverhalten mit Bauteilen des Gemeinschaftseigentums verknüpft, wird die Situation komplex. Wie das Urteil zeigt, ist eine direkte Klage gegen den vermietenden Nachbarn oft nicht der richtige Weg. Die Meldung an die Verwaltung bleibt der korrekte erste Schritt, da sie für das Gemeinschaftseigentum zuständig ist und auch gegen störende Mieter vorgehen kann.
- Rechtliche Beratung einholen:
- Bevor Sie rechtliche Schritte einleiten, sollten Sie den Fall mit einem auf WEG-Recht spezialisierten Anwalt besprechen. Dieser kann Ihnen helfen, den richtigen Anspruchsgegner (Nachbar, Mieter, WEG) zu identifizieren und die Erfolgsaussichten realistisch einzuschätzen. So vermeiden Sie, einen kostspieligen Prozess gegen die falsche Partei zu führen.
Die Urteilslogik
Die juristische Trennlinie zwischen Gemeinschafts- und Sondereigentum bestimmt im Wohnungseigentumsrecht, welche Partei für Schäden durch Mängel oder Störungen haftbar gemacht werden muss.
- Dachentwässerung ist Gemeinschaftssache: Alle Bauteile, die der Entwässerung oder der Sicherheit des gesamten Gebäudes dienen – insbesondere Dachrinnen, Fallrohre und die äußere Balkonabdichtung – gelten zwingend als Gemeinschaftseigentum; die Haftung für deren Zustand oder Funktion trifft folglich die gesamte Wohnungseigentümergemeinschaft.
- Die Haftung für Mieter setzt gezieltes Versäumnis voraus: Ein Vermieter wird nur dann zum mittelbaren Handlungsstörer für die Taten seiner Mieter, wenn er die konkrete, schädigende Handlung seiner Mieter kennt oder sie aktiv erlaubt, aber schuldhaft unterlässt, diese Störung abzustellen; die bloße Vermietung begründet keine generelle Pflicht zur Überwachung des Mieterverhaltens.
Nur wer die exakte juristische Trennlinie zwischen Sonder- und Gemeinschaftseigentum erkennt, kann den korrekten Anspruchsgegner erfolgreich in die Verantwortung nehmen und die Zuständigkeit für den Schaden korrekt zuweisen.
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Experten Kommentar
Wer im WEG einen Wasserschaden hat, sieht schnell den vermietenden Nachbarn als Schuldigen – doch diese direkte Rechnung geht nur selten auf, wenn das Problem am Haus selbst hängt. Dieses Urteil zieht eine klare rote Linie: Geht die Störung von einem Bauteil wie der Dachrinne oder dem Fallrohr aus, haftet nicht der einzelne Eigentümer, selbst wenn dessen Mieter die Verstopfung verursacht haben. Der entscheidende Punkt ist die strategische Wahl des Klagegegners, denn für das Gemeinschaftseigentum ist der Verband zuständig. Wer sich in diesem Punkt irrt und den Nachbarn direkt verklagt, verliert nicht nur den Anspruch, sondern bleibt am Ende auch auf den gesamten Prozesskosten sitzen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wer haftet bei Wasserschäden durch verstopfte Dachrinnen in der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG)?
Wenn ein Wasserschaden durch verstopfte Dachrinnen entsteht, haftet primär nicht Ihr Nachbar oder dessen Mieter. Dachrinnen, Fallrohre und alle äußeren Entwässerungssysteme sind juristisch zwingend Gemeinschaftseigentum. Deshalb ist die gesamte Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) als Verband für die Instandhaltung und die daraus resultierenden Schäden verantwortlich. Sie müssen sich daher direkt an die WEG als juristische Person wenden.
Die Regel ergibt sich klar aus § 5 Abs. 2 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG). Bauteile, die für den Bestand oder die Sicherheit des gesamten Gebäudes erforderlich sind, dürfen nicht zum Sondereigentum erklärt werden. Da die Dachentwässerung für die Funktionsfähigkeit des Hauses essenziell ist, liegt die Instandhaltungspflicht bei der Gemeinschaft. Ein direkter Anspruch gegen den einzelnen Nachbarn scheitert, weil die Störung nicht von dessen privatem Sondereigentum, sondern von einem gemeinschaftlichen Bauteil ausgeht.
Gerichte weisen Klagen gegen den einzelnen Eigentümer ab, selbst wenn dessen Mieter die Verstopfung verursacht haben. Sie dürfen den Schaden nicht beheben und anschließend versuchen, die Kosten direkt beim vermietenden Nachbarn einzufordern. Weil der Schaden am Gemeinschaftseigentum entstanden ist, würden Sie in einem kostspieligen Prozess gegen die falsche Partei verlieren. Die WEG muss die notwendigen Reparaturen am gemeinschaftlichen Eigentum veranlassen und die Kosten über die Gemeinschaftskasse regulieren.
Melden Sie den Wasserschaden und die vermutete Ursache (Verstopfung) sofort und nachweisbar, idealerweise per E-Mail mit Lesebestätigung, an die Hausverwaltung.
Wann hafte ich als vermietender Eigentümer für das störende Verhalten meiner Mieter im WEG-Haus?
Als vermietender Eigentümer haften Sie nicht automatisch für jeden Schaden, den Ihre Mieter im Gemeinschaftseigentum verursachen. Die Gerichte stellen sehr hohe Anforderungen an die sogenannte mittelbare Störerhaftung. Sie werden nur dann haftbar gemacht, wenn Sie nachweislich konkrete Kenntnis von einer gezielten, schädigenden Handlung Ihrer Mieter hatten und es schuldhaft unterlassen haben, dies zu unterbinden. Die bloße Vermieterschaft begründet keine generelle Überwachungspflicht der Mieter in der WEG.
Die Regel: Vermieter sind nicht verpflichtet, ihre Mieter permanent zu überwachen oder deren Alltagsverhalten zu kontrollieren. Ein Haftungsgrund entsteht erst, wenn die Überlassung der Wohnung faktisch zur Störung ermächtigt oder Sie nach Kenntniserlangung schuldhaft untätig bleiben. Allgemeine Beschwerden über Lärm oder Unordnung reichen dafür nicht aus. Der Bundesgerichtshof verlangt Beweise dafür, dass Sie wussten, dass Ihre Mieter gezielt Schäden verursachten, beispielsweise durch das vorsätzliche Verstopfen von Abflussrohren.
Nehmen wir an, die Hausverwaltung meldet lediglich eine „verunreinigte“ Dachrinne. Dieser allgemeine Hinweis begründet noch keine Haftung Ihrerseits, weil er nicht die notwendige konkrete Kenntnis einer vorsätzlichen Schädigung beweist. Nur wenn klar belegt wird, dass Mieter Steine oder Müll in die Rohre werfen und Sie danach nicht handeln, greift die Haftung als mittelbarer Handlungsstörer. Ohne diesen Nachweis weisen Gerichte Schadensersatzforderungen, selbst bei hohen Schadenssummen, gegen den Vermieter ab.
Fordern Sie bei Beschwerden stets eine schriftliche Spezifizierung der störenden Handlungen an, um Ihre Rechtsposition abzusichern und schnelles Handeln zu ermöglichen.
Welche Schritte muss ich bei einem Wasserschaden im WEG gehen, um den richtigen Anspruchsgegner zu verklagen?
Stehen Sie nach einem Wasserschaden unter Zeitdruck, ist die korrekte Bestimmung des Anspruchsgegners entscheidend. Der häufigste Fehler im WEG-Recht ist die Klage gegen den oben wohnenden Nachbarn. Der kritischste erste Schritt ist daher die fachmännische Lokalisierung der Schadensquelle. Ohne diese eindeutige Zuordnung, ob der Schaden aus Sondereigentum oder Gemeinschaftseigentum stammt, riskieren Sie einen kostspieligen und verlorenen Prozess.
Beginnen Sie sofort mit der umfassenden Dokumentation des Schadens, inklusive Fotos, Uhrzeit und Ort des Wassereintritts. Diese Beweissicherung ist Pflicht, um den Wassereintritt zu beweisen. Beauftragen Sie anschließend unverzüglich eine Leckortungsfirma. Diese stellt fest, ob die Quelle in einer Innenleitung des Nachbarn oder einem tragenden/gemeinschaftlichen Bauteil der Immobilie liegt. Nur diese professionelle Einschätzung gibt Ihnen die Sicherheit, den korrekten Beklagten zu identifizieren und die Haftung klar zuzuordnen.
Liegt der Ursprung des Schadens im Gemeinschaftseigentum, beispielsweise an einer defekten Dachrinne oder einem Fallrohr, ist die gesamte WEG als Verband Ihr Anspruchsgegner. Melden Sie den Wasserschaden in diesem Fall sofort der Hausverwaltung. Betrifft die Ursache hingegen das Sondereigentum des Nachbarn, etwa ein geplatzter Waschmaschinenschlauch, richten Sie Ihren Anspruch direkt gegen diesen Eigentümer beziehungsweise dessen Haftpflichtversicherung.
Verzichten Sie auf ein Mahnverfahren oder eine Klage, bevor Sie nicht die Ursache professionell geklärt und die Hausverwaltung informiert haben.
Wer zahlt meinen Schaden, wenn ein Mieter das Gemeinschaftseigentum absichtlich beschädigt hat?
Der Mieter, der absichtlich Schäden am Gebäude verursacht hat, haftet für diese Schäden persönlich und deliktisch. Weil das beschädigte Bauteil jedoch zum Gemeinschaftseigentum gehört (etwa eine Dachrinne oder eine Fassadenverkleidung), ist die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) primär für die Instandsetzung zuständig. Zuerst muss die WEG den Mangel beheben, typischerweise unter Einschaltung der Gebäudeversicherung.
Die Regel besagt, dass die Instandhaltungspflicht für das Gemeinschaftseigentum zwingend bei der WEG liegt. Dies gilt unabhängig davon, ob der Schaden durch normalen Verschleiß oder durch das mutwillige Fehlverhalten eines Bewohners entstanden ist. Obwohl der Mieter als sogenannter Handlungsstörer verantwortlich ist, müssen Sie als geschädigter Einzeleigentümer nicht direkt gegen ihn klagen. Die WEG trägt die sofortige Verantwortung, um eine schnelle Behebung des Mangels und damit die Abwendung weiterer Schäden sicherzustellen.
Nachdem die WEG die Reparatur durchgeführt und die Kosten beglichen hat, kann sie den Schadensersatzanspruch gegen den Verursacher prüfen. Dieser Vorgang wird als Regress bezeichnet. Konkret: Hat der Mieter das Abflussrohr vorsätzlich verstopft, kann die WEG die Reparaturkosten von ihm zurückfordern. Häufig springt in solchen Fällen die private Haftpflichtversicherung des Mieters ein, um den Schadensersatz zu leisten.
Dokumentieren Sie die mutwillige Beschädigung detailliert und übermitteln Sie diesen Beweis unverzüglich der Hausverwaltung, damit diese den Regressanspruch geltend machen kann.
Wie unterscheide ich Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum für die korrekte Haftung bei Schäden?
Die Unterscheidung hängt von der Funktion des Bauteils ab. Die Faustregel besagt: Bauteile, die für den Bestand und die Sicherheit des gesamten Gebäudes wesentlich sind, zählen stets zum Gemeinschaftseigentum. Nur rein innere, austauschbare Ausstattung gehört zum Sondereigentum. Diese Abgrenzung ist kritisch, um im Schadensfall sofort den korrekten Haftungspartner (Nachbar oder WEG) bestimmen zu können.
Sondereigentum umfasst alle Teile der Wohnung, die Sie ohne Beeinträchtigung der Rechte anderer Eigentümer verändern können. Dazu gehören beispielsweise Bodenbeläge, Tapeten oder nicht tragende Innenwände. Demgegenüber definiert das Wohnungseigentumsgesetz in § 5 Abs. 2 WEG das Gemeinschaftseigentum als alle Bestandteile, die für die Funktion, Entwässerung oder die Sicherheit des Hauses erforderlich sind. Dies schließt tragende Wände, das Dach, die Fassade und alle Ver- und Entsorgungsleitungen ein.
Oft machen Eigentümer den Fehler, alles innerhalb der Wohnung als Sondereigentum anzunehmen. Doch sogar Fallrohre, Abwasserleitungen oder die äußere Konstruktion eines Balkons gelten meist als Gemeinschaftseigentum, weil sie der Sicherheit des gesamten Bauwerks dienen. Die Zustandsstörerhaftung des einzelnen Eigentümers tritt daher nur ein, wenn der mangelhafte Zustand von einem Bauteil ausgeht, das tatsächlich in seinem Sondereigentum steht. Stammt der Mangel vom Gemeinschaftseigentum, haftet die WEG als Verband.
Suchen Sie in der Teilungserklärung Ihrer WEG gezielt nach den Definitionen für spezifische Bauteile wie ‚Abwasserleitung‘ oder ‚Balkonkonstruktion‘, um Rechtssicherheit zu erlangen.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Gemeinschaftseigentum
Gemeinschaftseigentum sind jene Teile eines Mehrfamilienhauses, die allen Wohnungseigentümern gemeinsam gehören und dem Bestand oder der Sicherheit des gesamten Gebäudes dienen. Das Gesetz stellt sicher, dass wesentliche Strukturen wie das Dach, die Fassade oder Entwässerungsanlagen einheitlich durch die Wohnungseigentümergemeinschaft instand gehalten werden müssen.
Beispiel: Im vorliegenden Fall lehnte das Gericht die Klage ab, weil die verstopfte Dachrinne und das Fallrohr zwingend zum Gemeinschaftseigentum zählen.
mittelbarer Handlungsstörer
Ein mittelbarer Handlungsstörer ist eine Person, die nicht selbst eine Störung verursacht, sondern durch ihre Entscheidungen oder Unterlassungen die schädigende Handlung Dritter (wie die eigenen Mieter) ermöglicht oder nicht unterbindet. Juristen wenden dieses Konzept an, um die Verantwortlichkeit des Vermieters zu prüfen, wenn dieser eine Pflicht verletzt, die von ihm kontrollierte Quelle der Störung zu beseitigen.
Beispiel: Der verklagte Vermieter haftete nicht als mittelbarer Handlungsstörer, da der Kläger ihm keine konkrete Kenntnis über das vorsätzliche Verstopfen der Rohre durch seine Mieter nachweisen konnte.
nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch
Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch ist eine juristische Anspruchsgrundlage (analog § 906 Abs. 2 S. 2 BGB), die einen finanziellen Ersatz gewährt, wenn ein Grundstückseigentümer eine unzumutbare Beeinträchtigung dulden muss, die von einem Nachbargrundstück ausgeht. Diese Regelung schafft einen finanziellen Interessenausgleich für Schäden, die zwar unvermeidbar waren, aber das Maß der normalen Duldungspflicht überschreiten.
Beispiel: Das Gericht konnte den nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch nicht anwenden, weil die Beeinträchtigung im WEG-Fall nicht vom Sondereigentum des Nachbarn, sondern vom Gemeinschaftseigentum ausging.
Sondereigentum
Sondereigentum sind die Teile eines Gebäudes, die ausschließlich dem jeweiligen Wohnungseigentümer gehören und von ihm ohne Beeinträchtigung anderer allein verwaltet und genutzt werden können. Diese klare Trennung ermöglicht es jedem Eigentümer, seine eigene Wohnung in Bezug auf die Innenausstattung frei zu gestalten und für deren Zustand verantwortlich zu sein.
Beispiel: Typische Bestandteile des Sondereigentums sind die inneren Bodenbeläge, Wandverkleidungen und nicht tragenden Wände innerhalb der eigenen Wohneinheit.
Teilungserklärung
Die Teilungserklärung ist das juristische Gründungsdokument einer Wohnungseigentümergemeinschaft, in dem die Aufteilung des Gebäudes in Sonder- und Gemeinschaftseigentum sowie die Rechte und Pflichten der Eigentümer detailliert festgelegt sind. Dieses notarielle Schriftstück, das im Grundbuch eingetragen wird, schafft die notwendige Rechtssicherheit über die genauen Eigentumsverhältnisse und die Verwaltung der gesamten Immobilie.
Beispiel: Die Auslegung der Teilungserklärung ist entscheidend, wenn im Zweifel geklärt werden muss, ob die äußere Abdichtung eines Balkons noch zum Sondereigentum zählt.
Zustandsstörer
Juristen bezeichnen eine Person als Zustandsstörer, wenn eine Störung von dem Zustand einer Sache ausgeht, über die die Person die tatsächliche Herrschaftsgewalt besitzt und deren Mangel sie beseitigen müsste. Die Zustandsstörerhaftung soll sicherstellen, dass Eigentümer für die Sicherheit und den ordnungsgemäßen Zustand ihres Besitztums verantwortlich sind, damit Dritte nicht geschädigt werden.
Beispiel: Da die schadensursächlichen Bauteile (Dachrinne, Fallrohre) nicht im Sondereigentum des Nachbarn standen, konnte dieser im Urteil des Amtsgerichts Tuttlingen auch nicht als Zustandsstörer haftbar gemacht werden.
Das vorliegende Urteil
AG Tuttlingen – Az.: 3 C 191/24 WEG – Urteil vom 05.02.2025
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