Klägerin fordert Untermietzins von Beklagten zurück – Klausel im Mietvertrag unwirksam.
Die Klägerin hat von den Beklagten den Untermietzins verlangt, den diese während der Mietzeit durch Vermietung der Wohnung an Dritte erzielt haben. Der Mietvertrag enthielt eine Klausel, nach der bei Untervermietung Zuschläge zu zahlen sind. Die Höhe dieser Zuschläge richtet sich nach Art und Umfang der Nutzung sowie dem erzielten Entgelt. Die Klausel ist jedoch unwirksam, da sie gegen das Bestimmtheitsgebot und gegen das kundenfeindliche Auslegungsverbot verstößt. Eine angemessene Erhöhung des Mietzinses ist nach dem Gesetz möglich, jedoch kann ein Zuschlag nicht pauschal in Höhe des gesamten Untermietzinses verlangt werden. Die Höhe des Zuschlags muss sich nach den Umständen jedes Einzelfalls richten. Auch weicht die Klausel von der gesetzlichen Regelung zum Untermietzuschlag zum Nachteil des Mieters ab. Daher hat die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung des erzielten Untermietzinses von den Beklagten.
AG Karlsruhe – Az.: 6 C 615/22 – Urteil vom 06.12.2022
In dem Rechtsstreit wegen Forderung hat das Amtsgericht Karlsruhe am 06.12.2022 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 03.11.2022 für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 14.666,70 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von den Beklagten die Herausgabe des während der Mietzeit der Beklagten erzielten Untermietzinses, den diese durch Vermietung der klägerischen Wohnung über Online-Buchungsportale erzielten.
Mit schriftlichem Mietvertrag vom 27.07.2015 vermietete die Klägerin an die Beklagten eine Wohnung im Dachgeschoss des Anwesens ###. Das Mietverhältnis begann am 01.08.2015 und lief auf unbestimmte Zeit. Es wurde eine monatliche Gesamtmiete von 595,00 Euro vereinbart, die sich zusammensetzte aus einer Grundmiete von 510,00 Euro und einer Betriebskostenvorauszahlung von 85,00 Euro.
Zum Abschluss des Mietvertrages bedienten sich die Parteien eines Vertragsformulars von „Haus & Grund“. Der Mietvertrag enthält unter anderem folgende Regelung:
§ 3
4. Bei Untervermietung, sonstiger anderweitiger Überlassung oder gewerblicher Nutzung der Mietsache oder von Teilen derselben sind – soweit gesetzlich zulässig – ab Beginn Zuschläge zu zahlen. Diese richten sich nach Art und Umfang der Nutzung sowie nach dem vom Mieter erzielten zulässigen Entgelt.
Die Beklagten vermieteten die Wohnung ab Juli 2020 über verschiedene Online-Buchungsportale an Dritte und erzielten hierdurch Einnahmen, deren Höhe zwischen den Parteien streitig ist.
Der Beklagte zu 2 schied zum 31.12.2020 aus dem Mietvertrag aus. Das Mietverhältnis wurde sodann zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1 zu denselben Konditionen, jedoch mit etwas erhöhtem Mietzins fortgesetzt.
Der Beklagte zu 1 beendete die Untervermietung im September 2021. Die Klägerin wurde von den Beklagten über die Untervermietungen nicht informiert und stimmte dieser demnach entsprechend nicht zu.
Der Beklagte zu 1 kündigte die Wohnung zum 28.02.2022. Im Übergabeprotokoll sind bis auf einen defekten Rollladengurt keine Mängel an der Mietsache vermerkt. Hinsichtlich der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf Anlage B 3 Bezug genommen.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagten seien ihr zur Herausgabe des erzielten Untermietzinses verpflichtet. Dies folge bereits aus § 3 Nr. 4 des Mietvertrages, im Übrigen jedoch auch aus Bereicherungsrecht. Zudem habe die Wohnung durch die kurzzeitige Nutzung durch wechselnde Personen einer erhöhten Abnutzung unterlegen.
Die Klägerin beantragt:
1. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin Euro 4.923,93 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten hieraus seit dem 20.01.2022 zu bezahlen.
2. Der Beklagte zu 1 wird darüber hinaus weiter verurteilt, an die Klägerin Euro 9.742,77 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten hieraus seit dem 20.01.2022 zu bezahlen.
Die Beklagten beantragen: Die Klage wird abgewiesen.
Sie sind der Auffassung, § 3 Nr. 4 des Mietvertrages sei unwirksam, da es der Regelung an der erforderlichen Bestimmtheit fehle. Zudem habe den Beklagten ein Anspruch auf Gestattung der Gebrauchsüberlassung gemäß § 553 BGB zugestanden. Von der Regelung des § 553 Abs. 2 BGB dürfe gemäß § 553 Abs. 3 BGB nicht zum Nachteil des Mieters abgewichen werden, was ebenfalls zur Unwirksamkeit der Mietvertragsklausel führe.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 03.11.2022, AS 62 ff. und die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Die Klage ist zulässig. Das Amtsgericht Karlsruhe ist örtlich gem. § 29 a Abs. 1 BGB und sachlich gern. § 1 ZPO i.V.m. § 23 Nr. 2a GVG zuständig.
II.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
1. Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung des erzielten Untermietzinses in Höhe von 4.923,93 Euro für die Zeit von Juli 2020 bis 31.12.2020 gemäß § 535 BGB i.V.m. § 3 Ziffer. 4 des Mietvertrages.
Denn § 3 Ziffer 4 des Mietvertrages, der eine allgemeine Geschäftsbedingung darstellt, ist unwirksam.
Bei der Klausel handelt es sich um eine vorformulierte Vertragsbedingung gem. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB. Die hier in Streit stehende Regelung des § 3 Ziffer 4 ist Teil des bereits vorformulierten Vertragsformulars von „Haus&Grund“.
Es ist nicht erforderlich, dass der Verwender die Vertragsbedingungen selbst vorformuliert hat, sondern die Bereitstellung des Mietvertragsformulars durch den Interessenverband „Haus&Grund“ genügt diesem Erfordernis (vgl. MüKoBGB/Fornasier, 9. Aufl. 2022, BGB § 305 Rn. 14). Auch dem Erfordernis, dass die Klausel mit der Absicht zur vielzähligen Verwendung formuliert wurde, ist genüge getan. Grundsätzlich muss zwar der Verwender diese Absicht im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gehabt haben. Im Fall der Verwendung von Mietformularen handelt es sich jedoch schon dann um allgemeine Geschäftsbedingungen, wenn der Vermieter beabsichtigt, das Formular nur einmalig zu verwenden (OLG Hamm, Beschluss vom 27.02.1981 – 4 RE-Miet 4/80, NJW 1981, 1049). Die Klausel wurde auch wirksam in den Mietvertrag einbezogen.
a. Die Regelung verstößt zum einen gegen das Bestimmtheitsgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Hiernach ist der Klauselinhalt möglichst weitgehend zu konkretisieren, so dass der Vertragspartner seine Rechte und Pflichten dem Vertragstext mit größtmöglicher Bestimmtheit entnehmen kann. Demnach hat der Verwender Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Klausel möglichst eindeutig und nachvollziehbar darzustellen, so dass dem Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Ferner muss die Klausel dem Verständlichkeitsgebot (Gebot der angemessenen Klarheit und Durchschaubarkeit) genügen. Dies ist der Fall, wenn sie wirtschaftliche Nachteile und Belastungen, die aus der Bestimmung resultieren, soweit erkennen lässt, wie es nach den Umständen gefordert werden kann. Grundsätzlich muss sich der Gegner ein grobes Bild von den Belastungen machen können, die auf ihn zukommen (vgl. MüKoBGB/Wurmnest, 9. Aufl. 2022, BGB § 307 Rn. 63 m.w.N.).
Im vorliegenden Fall ist bereits unklar, wie die einzelnen Umstände, die für die Bemessung des Zuschlags maßgeblich sein sollen, nämlich Art und Umfang der Nutzung sowie das erzielte Entgelt, zueinander zu gewichten sind. Auch ist unklar, wie diese Umstände inhaltlich genau auszufüllen sind. Damit ist es für den Vertragspartner jedoch gerade nicht möglich, sich ein grobes Bild von den auf ihn zukommenden Belastungen zu machen. Dies führt auch dazu, dass die Ausurteilung eines konkreten Betrages allein auf Grundlage dieser Klausel, die nach der Auffassung der Klägerin die Anspruchsgrundlage ihres Klagebegehrens darstellt, nicht möglich ist.
b. Die Klausel verstößt zudem – bei der hier anzuwendenden kundenfeindlichen Auslegung (vgl. hierzu BGH, NZM 2022, 251 Rn. 21) – gegen § 553 Abs. 3 BGB und ist damit gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Denn die Klausel kann – wie es die Klägerin mit der vorliegenden Klage tut – auch dahingehend ausgelegt werden, dass der volle Untermietzins abgeschöpft werden kann. Dies geht jedoch über eine angemessene Erhöhung des Mietzinses hinaus, die gemäß § 553 Abs. 2 BGB begehrt werden kann. Dass jedenfalls im Regelfall nicht – wie die Klägerin annimmt – der volle erzielte Untermietzins als Zuschlag gefordert werden kann, ergibt sich bereits aus § 553 Abs. 1 BGB, der seinem Wortlaut nach von der Teilüberlassung der Mietsache an einen Dritten ausgeht. Daraus folgt, dass auch die Mieterhöhung nur in Höhe eines Teilbetrages des Mietzinses gefordert werden kann. Selbst wenn man jedoch die Auffassung verträte, dass die Erhöhung der Miete auch den insgesamt geschuldeten Mietzinsbetrag übersteigen kann, kann ein Zuschlag nicht – wie von der Klägerin begehrt – pauschal in Höhe des gesamten Untermietzinses geschuldet sein.
Die Höhe des Zuschlags ist nach den Umständen eines jeden Einzelfalls zu bestimmen. Zur näheren Orientierung wird etwa vorgeschlagen, 20 % der Untermiete, die der Mieter seinerseits vereinnahmt, als Zuschlag zu bestimmen. Als Alternative werden auch 5 Euro bis 30 Euro je aufzunehmender Person zum Ausgleich des erhöhten Aufwands und der erhöhten Sachrisiken des Vermieters genannt (vgl. zum Ganzen Schmidt-Futterer/Flatow, 15. Aufl. 2021, BGB § 553 Rn. 21). § 3 Ziffer 4 des Mietvertrages weicht hiervon deutlich zu Gunsten der Klägerin ab, was gemäß § 553 Abs. 3 BGB nicht wirksam ist.
c. Überdies ist § 3 Nr. 4 des Mietvertrages deshalb nach § 553 Abs. 3 BGB unwirksam, weil diese Bestimmung zum Nachteil des Mieters von § 553 Abs. 2 S. 1 BGB abweicht. Nach § 553 Abs. 2 S. 1 BGB besteht ein Anspruch auf einen Untermietzuschlag dann, wenn dem Vermieter die Untervermietung nur bei einer angemessenen Erhöhung des Mietzinses zuzumuten ist. Daraus ergibt sich, dass ein Vermieter nicht stets einen Mietzinszuschlag bei Untervermietung beanspruchen kann, sondern nur dann, wenn ihm andernfalls die Überlassung unzumutbar wäre. Bei der Beurteilung der Unzumutbarkeit sind alle Umstände des Einzelfalls, d.h. des jeweils eingegangenen Untermietverhältnisses, zu berücksichtigen (Schmidt-Futterer/Flatow, 15. Aufl. 2021, BGB § 553 Rn. 20). Die Vereinbarung eines Untermietzuschlags im Hinblick auf eine zukünftige ungewisse Untervermietung bei Abschluss des Mietvertrages ist nach § 553 Abs. 3 BGB nicht wirksam. Der Untermietzuschlag soll nämlich nach dem Mietvertrag auf jeden Fall zu zahlen sein, unabhängig davon, ob für den Vermieter die Untervermietung ohne eine angemessene Erhöhung der Miete zumutbar oder unzumutbar ist. Dies bedeutet eine Schlechterstellung des Mieters gegenüber der gesetzlichen Regelung des § 553 Abs. 2 S. 1 BGB (vgl. LG Mainz, Urteil vom 17. März 1981 Az. 3 S 243/80, vgl. auch Blank/Börstinghaus, 6. Aufl. 2020, BGB § 553 Rn. 28 m.w.N.).
2. Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung des erzielten Untermietzinses in Höhe von 4.923,93 Euro für die Zeit von Juli 2020 bis 31.12.2020 gemäß § 535 i.V.m. § 280 Abs. 1, §§ 249 ff. BGB.
Die darlegungsbelastete Klägerin hat nicht hinreichend vorgetragen, dass es an der Mietsache konkret zu erhöhten Abnutzungen gekommen ist. Das Übergabeprotokoll weist insoweit keine Schäden aus. Diese sind auch sonst nicht ersichtlich.
3. Ein Anspruch aus angemaßter Geschäftsführung gern. §§ 687 Abs. 1 S. 1, 681 Abs.
2, 667 BGB auf Erlösherausgabe besteht mangels Fremdheit des Geschäfts nicht. Die Untervermietung fällt in den alleinigen Rechts- und Interessenkreis der Beklagten (MüKoBGB/Schäfer, 8. Aufl. 2020, BGB § 687 Rn. 18). Der Mieter, der untervermietet, übt nur den ihm überlassenen Gebrauch in einer ihm nicht zustehenden Weise aus (BGH, Urteil vom 13.12.1995 – XII ZR 194/93, NJW 1996, 838). Damit fehlt es an einem objektiv fremden Geschäft.
4. Ein Anspruch auf Herausgabe der Nutzungen gemäß §§ 990 Abs. 1, 987 Abs.1, 90 Abs. 3 BGB besteht mangels Vindikationslage zwischen Vermieter und Mieter nicht. Der Mietvertrag zwischen den Parteien war im Zeitpunkt der Untervermietung wirksam und stellt somit ein Recht zum Besitz i.S.d. § 986 Abs. 1 S. 1 BGB dar.
5. Auch ein bereicherungsrechtlicher Anspruch besteht nicht. Für einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 2 BGB, wegen Bereicherung der Beklagten zu Lasten der Klägerin, fehlt es bereits an der Voraussetzung, dass die Untervermietung auf Kosten der Klägerin erfolgte. Bei der Untervermietung handelt es sich um ein dem Mieter zugewiesenes Geschäft, d.h. dem Vermieter entgeht dadurch keine Verwertungs- und Gebrauchsmöglichkeit (BGH, Urteil vom 13.07.2012 – V ZR 206/11; BGH, Urteil vom 13.12.1995 – XII ZR 194/93, NJW 1996, 838).
6. Gleiches gilt für einen Anspruch aus § 816 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Untervermietung ist
schon keine Verfügung, denn durch diese wird kein bestehendes Recht des Vermieters übertragen, inhaltlich verändert, belastet oder aufgehoben (Jauernig/Stadler, 18. Aufl. 2021, BGB § 816 Rn. 2).
7. Auch eine analoge Anwendung des § 816 Abs. 1 S. 1 BGB kommt nicht in Betracht.
Der Untermietzins stellt keinen Gegenwert dar, den der Mieter anstelle des Eigentümers erzielt, denn der Eigentümer hätte die bereits vermietete Sache nicht selbst an einen Dritten vermieten können (BGH, Urteil vom 13.12.1995 – XII ZR 194/93, NJW 1996, 838; BGH, Urteil vom 26. 9. 2006 – XI ZR 156/05 (OLG Rostock), NJW 2007, 216, 217). Zudem ist eine Analogie schon deshalb abzulehnen, weil die unberechtigte Untervermietung einen Eingriff in das Nutzungsrecht des Eigentümers darstellt, welches über § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 2 BGB auszugleichen ist (MüKoBGB/Schwab, 8. Aufl. 2020, BGB § 816 Rn. 12, 13). Es fehlt folglich an einer Regelungslücke.
8. Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 BGB scheitert wiederum an einem kausalen Schaden, sowie an einer Verletzung eines absoluten Rechts, soweit man den Besitz als absolutes Recht versteht.
III.
Ein darüberhinausgehender Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten Ziff. 1 auf Herausgabe des nach Ausscheiden des Beklagten zu 2 erzielten Erlöses in Höhe 9.742,77 Euro scheitert aus obigen Gründen (I.).
IV.
Mangels des Bestehens einer Hauptforderung hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Verzinsung.
V.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO und § 708 Ziff. 11 i.V.m. § 711 ZPO.