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Hausgeldklage der Wohnungseigentümergemeinschaft

AG Lichtenberg – Az.: 19 C 52/15 – Urteil vom 29.11.2016

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.550,83 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus je 6,– € seit dem 06.01., 06.02., 06.03., 06.04. und 06.05.2012, aus 448,– € seit dem 06.06.2012, aus 97,83 € seit dem 06.07.2012 und aus je 595,– € seit dem 06.08., 06.09., 06.10., 06.11. und 06.12.2012 zu zahlen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 12 % und die Beklagte 88 % zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, zu Gunsten der Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin darf die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht vor der Vollstreckung die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils gegen die Klägerin vollstreckbaren Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft (im folgenden: WEG), die Beklagte ist deren Mitglied und Sondereigentümerin der Wohnungen Nr. 7, 8 und 9. Die Klägerin als teilrechtsfähiger Verband nimmt mit ihrer am 28.12.2015 eingegangenen und am 14.01.2016 zugestellten Klage die Beklagte auf Zahlung von Wohngeld für das Jahr 2012 in Anspruch. Nach § 10 Nr. 1 der Teilungserklärung vom 18.08.1998 (im folgenden: TE) müssen die Wohnungseigentümer ihr sich aus dem jeweiligen Wirtschaftsplan ergebendes Wohngeld in monatlichen Raten bis zum 3. Werktag eines jeden Monats zahlen.

In der Eigentümerversammlung vom 16.12.2011 beschlossen die Wohnungseigentümer, dass der Wirtschaftsplan für 2011 fortgelte für das Jahr 2012. Danach war die Beklagte verpflichtet auf die Wohnung Nr. 7 ein monatliches Wohngeld von 175,– € zu zahlen, auf die Wohnung Nr. 8 ein solches von 215,– €/Monat und schließlich auf die Wohnung Nr. 9 monatlich 205,– €.

Vor dem Jahre 2012 war die Beklagte mit Wohngeldzahlungen in Verzug geraten. Aus diesem Grunde hatte sie einen Treuhandvertrag mit dem zwischenzeitlich verstorbenen Rechtsanwalt … geschlossen, der zugleich Hausverwalter der WEG war. Danach übernahm Rechtsanwalt … als Treuhandnehmer die treuhänderische Verwaltung der Mieteinnahmen der Beklagten und diese berechtigte ihn, den Überschuss aus den Mieteinnahmen nach der Bedienung ihrer Kreditverbindlichkeiten an die WEG zu überweisen. Auf den Inhalt des Treuhandvertrages vom 01.02.2010 wird wegen der Einzelheiten verwiesen.

Mit Schreiben vom 07.08.2012 – als Anlage B9 von der Beklagten eingereicht – teilte Rechtsanwalt … dem Ehemann der Beklagten mit, die Hausgeldrückstände für die Jahre 2011 und 2012 seien getilgt, es ergebe sich ein Überschuss von 1.822,83 €.

Die Hausverwaltung listete in der Jahresabrechnung von 2014 für 2012 Hausgeldzahlungen für die Beklagte auf in Höhe von 1.012,– € für die Wohnung Nr. 7, von 1.060,– € für die Wohnung Nr. 8 und von 1.020,– € für die Wohnung Nr. 9. Wegen der Einzelheiten wird auf die Seiten 2 und 6 des Schriftsatzes der Beklagtenseite vom 25.02.2016 Bezug genommen.

Die Beklagte leistete in der Zeit vom 03.01.2012 bis 03.07.2012 Zahlungen jeweils mit Tilgungsbestimmungen sowie eine Zahlung ohne Tilgungsbestimmung in Höhe von 426,– € am 05.03.2012. Wegen der Einzelheiten wird auf die Seiten 2 und 4 des Schriftsatzes der Beklagtenseite vom 11.05.2016 verwiesen.

Die Klägerin hat in ihrer Klageschrift Zahlung von 4.048,– € verlangt. Wegen der Aufschlüsselung wird auf Seite 4 der Klageschrift Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 18.08.2016 hat sie ihre Klage teilweise zurückgenommen und ihre verbliebene Klageforderung über 3.550,83 € aufgeschlüsselt. Auch auf diesen Schriftsatz, dort Seite 5, wird verwiesen. Weiter aufgeschlüsselt hat sie den Betrag in ihrem Schriftsatz vom 27.09.2016, dort Seite 2, auf den ebenfalls Bezug genommen wird.

Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe zum Zeitpunkt 16.12.2011 einen Zahlungsrückstand in Höhe von 1.168,75 € auflaufen lassen; die ohne Tilgungsbestimmung geleistete Zahlung von 426,– € sei darauf angerechnet worden. Zahlungen des Rechtsanwalts … für die Beklagte, die nicht berücksichtigt worden seien, gebe es nicht. Die Klägerin meint, der Rechtsanwalt sei insoweit auch nicht als Hausverwalter der WEG tätig geworden, sondern als Sondereigentumsverwalter für die Beklagte.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.550,83 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus je 6,– € seit dem 06.01., 06.02., 06.03., 06.04. und 06.05.2012, aus 448,– € seit dem 06.06.2012, aus 97,83 € seit dem 06.07.2012 und aus je 595,– € seit dem 06.08., 06.09., 06.10., 06.11. und 06.12.2012 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie meint, die Klage sei unschlüssig, weil die erfolgten Zahlungen nicht vollständig dargetan seien und nicht angegeben sei, wie diese Zahlungen verrechnet worden seien. Die Zahlungen, die in der Jahresabrechnung angegeben seien, seien nicht berücksichtigt und ebenso nicht eine ohne Tilgungsbestimmung am 05.03.2012 geleistete Zahlung über 426,– €. Unklar sei zudem, welche Zahlungen Rechtsanwalt … als Treuhänder für sie gezahlt und als damaliger Hausverwalter der WEG eingenommen habe.

Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung soweit die Klägerin ihre Forderung im Laufe des Rechtsstreits ihre Forderung auf einen anderen Schuldgrund stütze, also auf Rückstände für andere Monate.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Soweit die Klägerin die Klage nicht mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen hat, war sie aus § 10 Nr. 1 TE in Verbindung mit dem in der Eigentümerversammlung vom 16.12.2011 zu TOP 4 beschlossenen Wirtschaftsplan für 2012 (= Fortgeltung des Wirtschaftsplanes für 2011) und § 16 Abs. 2 WEG begründet und war ihr deswegen stattzugeben.

Die Klage ist schlüssig. Jedenfalls im Schriftsatz vom 27.09.2016 hat die Klägerin ihre Einzelforderungen hinreichend aufgeschlüsselt. Sie verlangt demnach für die Wohnung Nr. 7 je 2,– € für die Monate Januar 2012 bis Mai 2012, je 28,– €, für Juni und Juli 2012 und je 175,– € für August bis Dezember 2012. Für die Wohnung Nr. 8 verlangt sie für Januar bis Mai 2012 je 3,– €, für Juni 2012 215,– €, für Juli 2012 38,75 € und für August bis Dezember 2012 jeweils 215,– €. Für die Wohnung Nr. 9 verlangt sie je 1,– € für die Monate Januar bis Mai 2012, 448,– € für Juni 2012, 97,83 € für Juli 2012 und je 595,– € für August 2012 bis Dezember 2012. Mehr ist nicht zu verlangen nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Diese Ansprüche stehen der Klägerin auch zu, denn sie sind nicht durch Erfüllung nach § 362 BGB erloschen. Die Klägerin hat sämtliche Zahlungen der Beklagten berücksichtigt, und zwar auch entsprechend der Tilgungsbestimmungen der Beklagten (s. § 366 Abs. 1 BGB). Soweit die Beklagte behauptet, die in ihrem Schriftsatz vom 11.05.2016 genannten Zahlungen seien „weitere“ Zahlungen, erschließt sich das nicht. Diese Zahlungen stimmen im wesentlichen mit den in der Jahresabrechnung aufgeführten Zahlungen überein (dazu s. sogleich unten). Sollten darüber hinaus Zahlungen durch sie oder von Rechtsanwalt … für sie geleistet worden sein, hätte sie diese darlegen und beweisen müssen. Die Beweislast oblag ihr (s. Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 362, Rz. 16). Sie kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass Rechtsanwalt … i Hausverwalter der WEG gewesen war, denn die Zahlungen leistet er nach dem Treuhandvertrag für sie, die Beklagte. In dem Vertrag wird Rechtsanwalt … als Treunehmer bezeichnet. Dass er für oder jedenfalls auch für die WEG insoweit tätig wurde, ergibt sich aus dem Vertrag nicht. Eine Vertretung der WEG hätte erkennbar gemacht werden müssen (vgl. § 164 Abs. 2 BGB). Es gibt auch sonst keine durchgreifenden Anzeichen, dass er nicht nur für sich, sondern zugleich – konkludent – für die WEG tätig werden wollte. Die Mieten sollten auf ein Konto des Rechtsanwaltes fließen, der damit primär Kreditverbindlichkeiten der Beklagten erfüllen sollte. Die WEG ist nur als Inhaberin des Kontos erwähnt, auf welches etwaige Überschüsse als Wohngeld gezahlt werden sollten. Es hätte demnach der Beklagten oblegen, darzulegen, ob und welche Zahlungen er für sie auf die Wohngeldansprüche der Klägerin leistete.

Sie kann sich nicht mit Erfolg auf das Schreiben des Rechtsanwaltes … vom 07.08.2012 berufen. Er gab die Erklärung im eigenen Namen ab. Es gibt auch sonst keine Hinweise, dass er diese Erklärung – zugleich – als Hausverwalter der WEG abgab. Ein negatives Schuldanerkenntnis der Klägerin im Sinne des § 397 BGB konnte somit nicht festgestellt werden.

Wie schon erwähnt, hat die Klägerin die unstreitigen Zahlungen der Beklagten sämtlich und zutreffend – ausgehend von der Tilgungsbestimmung der Beklagten, wie in ihrem Schriftsatz vom 11.05.2016 angegeben – gemäß § 366 Abs. 1 BGB verrechnet.

Nach der Jahresabrechnung zahlte die Beklagte Hausgeld für die Wohnung Nr. 7 in Höhe von 1.012,– €, für die Wohnung Nr. 8 in Höhe von 1.060,– € und für die Wohnung Nr. 9 in Höhe von 1.020,– €. Das ergibt eine Gesamtzahlung von 3.092,– €. Dies entspricht – wie erwähnt – weitgehend der Auflistung der Beklagten auf Seite 2 f. ihres Schriftsatzes vom 11.05.2016. Danach zahlte sie allerdings 3.426,17 €. Zieht man jedoch davon die ohne Tilgungsbestimmung gezahlten 426,– € ab, verbleibt eine Zahlung von 3.000,17 €. In der Jahresabrechnung sind somit 91,83 € mehr aufgelistet (3.092,– € ./. 3.000,17 € = 91,83 €) . Dieser Betrag setzt sich – ausgehend von der Jahresabrechnung – zusammen aus 26,– € für die Wohnung Nr. 7, 35,75 € für die Wohnung Nr. 8 und 30,08 € für die Wohnung Nr. 9. Vergleicht man die Zahlungsangaben in der Jahresabrechnung mit denen in dem vorgenannten Schriftsatz, ergibt sich, dass es sich bei den vorgenannten Beträgen jeweils um Zahlungen im Januar 2012 handelte. Diese 91,83 € hat die Klägerin nach ihrem Schriftsatz vom 27.09.2016 – somit inhaltlich zutreffend – von den Forderungen für Januar 2012 (s. S. 4 ihres Schrittsatzes vom 18.08.2016) abgezogen, so dass sie insoweit statt 97,83 nur (97,83 € ./. 91,83 € =) 6,– € begehrt.

Zu Recht hat die Klägerin die Zahlung der 426,– € nicht für 2012 berücksichtigt, da sie diese mit einem Rückstand aus der Jahresabrechnung für 2009 in Höhe von 1.168,75 € verrechnete. Die Beklagte hat selbst eingeräumt, dass Rückstände aufgelaufen waren vor dem Abschluss des Treuhandvertrages. Sie hätte daher substantiiert vortragen und ggf. beweisen müssen, dass ein solcher Rückstand nicht bestand. Die Beweislast oblag ihr (s. Palandt/Grüneberg, a.a.O.).

Die Ansprüche sind, soweit sie nicht zurückgenommen worden sind, nicht verjährt. Die Verjährungsfrist von 3 Jahren nach § 195 BGB begann gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Ablauf des 31.12.2012 und hätte somit geendet mit Ablauf des 31.12.2015. Gemäß §§ 204 Nr. 1 BGB, 167 ZPO wurde der Ablauf der Verjährungsfrist rechtzeitig gehemmt. Die – nach der Teilrücknahme – verbliebenden Ansprüche gemäß Auflistung auf Seite 2 des Schriftsatzes vom 27.09.2016 übersteigen für keinen einzigen Monat und für keine der Wohnungen die in der Klageschrift verlangten Einzelforderungen.

Der Zinsanspruch ist begründet aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 10 Nr. 1 Satz 2 TE.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 269 Abs. 3, 709, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

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