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Heizkostenabrechnung bei Einrohrheizung – erhöhte Innenraumtemperatur

AG Schöneberg, Az.: 8 C 149/15, Urteil vom 24.07.2015

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 550,77 € nebst 8 % Zinsen seit dem 04.11.2015 zu zahlen.

2. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 550,77 € aus der Abrechnung über die Nebenkosten des Jahres 2012 für die Wohnung der Beklagten gemäß §§ 535Abs. 2, 556 BGB, Nr. 3 Ziff. 8 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen. Die Klägerin hatte den Beklagten diese Abrechnung innerhalb der Jahresfrist gemäß § 556 Abs. 3 S. 2 BGB übersandt.

Heizkostenabrechnung bei Einrohrheizung – erhöhte Innenraumtemperatur
Symbolfoto: Von Bernd Leitner Photography / Shutterstock.com

Die Abrechnung über die kalten und warmen Betriebskosten für das Objekt H. Straße 83, B, ist formell ordnungsgemäß im Sinne von § 259 BGB. Sie enthält eine rechnerisch nachvollziehbare Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben hinsichtlich der Betriebskosten unter Angabe des jeweiligen Verteilungsschlüssels.

Soweit die Beklagten fristgerecht Einwendungen gegen die Heizkostenabrechnung erhoben haben, stehen diese dem Anspruch nicht entgegen.

Die Klägerin hat entgegen der Ansicht der Beklagten gesetzeskonform die Heizkosten für das Jahr 2012 erfasst und abgerechnet. Die Abrechnung über die Heizkosten erfolgte gemäß § 7 Abs. 1 der Heizkostenverordnung zu 50 % nach der beheizten Wohnfläche und zu 50 % nach dem Verbrauch. Die Verbrauchswerte wurden entsprechend § 7 Abs. 1 S. 3 HeizkV nach den anerkannten Regeln der Technik, erfasst. Die Regelung in § 7 Abs. 1 S. 3 HeizkV ist anwendbar, da in der Wohnung der Beklagten die freiliegenden Wärmeleitungen ungedämmt sind, so dass ein erheblicher Anteil der Wärme über diese Rohre abgegeben wird. Nach den anerkannten Regeln der Technik, insbesondere nach der VDI 2077 (Beiblatt Rohrwärme), war die Klägerin berechtigt, zur Wärmemessung an den vorhandenen Rohrleitungen Heizkostenverteiler anzubringen und auch anhand dieser den Wärmeverbrauch zu messen. Das Gericht teilt nicht die Auffassung der Beklagten, dass die Regelung in § 7 Abs. 1 S. 3 HeizkV verfassungswidrig wäre (so: Lammel, Heizkostenverordnung, 4. Aufl., § 7, Rn. 46). § 7 Abs. 1 S. 3 der HeizkV findet ihre ausreichende Ermächtigung im Sinne von Art. 80 Abs. 1 GG in § 3a Nr. 2 EnEG. Danach wird die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass die Betriebskosten so auf die Benutzer zu verteilen sind, dass ihrem Energieverbrauch Rechnung getragen wird. Diesem entspricht die Regelung in § 7 Abs. 1 S. 3 HeizkV, denn auch nach dieser Regelung wird auf den Wärmeverbrauch der Nutzer abgestellt. Einer Spezifizierung der anerkannten Regeln der Technik bedurfte es nicht. In § 5 Abs. 3 EnEG ist lediglich geregelt, dass in den Rechtsverordnungen auf Bekanntmachungen sachverständiger Stellen unter Angabe der Fundstelle verwiesen werden kann. Eine Pflicht hierzu besteht nicht. Die Regelung des § 7 Abs. 1 S. 3 HeizkV ist als verfassungsrechtlich unbedenklich einzustufen (so auch: LG B, Urteil vom 05.10.2012, 63 S 11/12, GE 2012, S. 1563 f.; Wall, Betriebskostenkommentar, 4. Aufl., Rn. 5863).

Der Nachzahlungsbetrag aus der Heizkostenabrechnung war auch nicht wegen eines Mangels der Mietsache gemäß § 536 BGB gemindert. Soweit die Beklagten rügen, im Winter hätten in ihrer Wohnung zu hohe Temperaturen geherrscht, die sie nicht hätten herunterregulieren können, und die Heizungsrohre seien gefährlich heiß gewesen, war die Tauglichkeit der Mietsache zum vertraglichen Gebrauch nicht gemindert. Die Beklagten haben ihre Wohnung mit der Einrohrheizung angemietet. Eine Pflicht des Vermieters zum Austausch des Heizungssystems besteht ohne gesonderte vertragliche Abrede nicht. Ungedämmte Einrohrheizungen haben die Eigenschaft, dass die Rohre in der Heizperiode heiß werden und dass die über sie abgegebene Wärme vom Mieter nicht gesteuert werden kann. Angebliche Innentemperaturen im Winter von angeblich 24 – 26°C stellen keinen erheblichen Mangel der Mietsache im Sinne von § 536 Abs. 1 S. 3 BGB dar. Da die Beklagten eine Wohnung mit Einrohrheizung angemietet hatten, war die Möglichkeit einer stufenweisen Regulierung der Zimmertemperatur nicht geschuldet. Die von den Beklagten genannten Temperaturen sind von einem Mieter hinzunehmen und können nicht als gesundheitlich bedenklich eingestuft werden. Den Beklagten war es zumutbar, sich – sowie im Sommer üblich – durch entsprechende Bekleidung auf diese angeblichen Temperaturen einzustellen. Sofern die Temperaturen nachts als zu hoch empfunden wurden, konnten die Temperaturen durch Öffnen der Fenster reguliert werden.

Der Nachzahlungsbetrag ist auch nicht wegen eines angeblichen Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsprinzip im Sinne von § 556 Abs. 3, 2. HS BGB aufgrund eines etwa entgegenstehenden Schadensersatzanspruchs der Beklagten zu mindern. Das Gericht kann nicht feststellen, dass die Klägerin bei dem Betrieb der Heizungsanlage im Jahr 2012 ihre vertraglichen Pflichten schuldhaft verletzt hätte. Grundsätzlich trifft den Vermieter gegenüber seinem Mieter eine vertragliche Nebenpflicht, bei Maßnahmen, die Einfluss auf die Höhe der vom Mieter zu tragenden Nebenkosten haben, auf ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis Rücksicht zu nehmen (vgl. BGH, Urteil vom 28.01.2007, VIII ZR 243/06, NJW 2008, S. 440). Die Beklagten haben jedoch nicht schlüssig dargelegt, dass die Klägerin diese Nebenpflicht im Jahr 2012 verletzt hatte. Hierfür genügt nicht der Vortrag, an einzelnen Tagen hätte die Innentemperatur in ihren Räumen 24 – 26° C betragen, ohne dass sie diese hätten regulieren können. Es ist nicht ausreichend dargelegt worden, dass dadurch den Beklagten höhere Kosten entstanden sind, die die Klägerin durch eine andere Einstellung ihrer Heizungsanlage hätte verringern können unter gleichzeitiger Sicherung des Anspruchs sämtlicher Mieter auf eine Wohntemperatur von 20°C (vgl. Nr. 4 der Allgemeinen Vertragsbedingungen). Für das Vorliegen eines Verstoßes gegen den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz sind die Beklagten als Mieter darlegungs- und beweispflichtig, da sie sich hierauf berufen. Sie müssten hierfür konkrete Anhaltspunkte darlegen, etwa dass die Heizungsanlage einen erheblich höheren Energieverbrauch verzeichnet als vergleichbare Anlagen oder dass im Jahr 2012 konkrete Mehrkosten oder Mehrverbräuche entstanden waren (vgl. Wall, Betriebskostenkommentar, 4. Aufl., Rn. 5623).  Dieser Darlegungslast haben sie nicht genügt. Der  Vortrag der Beklagten zu angeblich hohen Verbrauchswerten im Verhältnis zu anderen Mietern kann nicht nachvollzogen werden. Die Heizkosten waren im Jahr 2012 zu 50 % nach Verbrauch und zu 50 % nach der Fläche verteilt worden. Der auf die Beklagten entfallende Verbrauchsanteil übersteigt aber nicht wesentlich den auf sie entfallenden Anteil nach der Wohnfläche. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die für 2012 ausgewiesenen Heizkosten von jährlich 1.080,45 € (Summe aus 521,25 € und 559,20 €) bzw. monatlich 1,13 €/m² erheblich über den Heizkosten vergleichbarer Heizungsanlagen liegen. Diese Heizkosten liegen, obwohl es sich unstreitig um kein modernes Heizsystem handelt, deutlich unter den Oberwerten der von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt herausgegebenen Berliner Betriebskostenübersichten 2013 (Abrechnungsjahr 2011) und 2015 (Abrechnungsjahr 2013). Die Betriebskostenübersicht 2013 weist einen Oberwert von 1,33 €/m² monatlich und die Betriebkostenübersicht 2015 einen Oberwert von 1,39 €/m² aus. Soweit die Beklagten behaupten, ab 2014 sei die Temperatur in der Heizperiode verringert worden, oblag es ihnen, durch Vorlage der im Jahr 2014 gemessenen Werte darzulegen, dass sich die Verbräuche oder Kosten dadurch erheblich verringert haben. Entsprechender Vortrag der Beklagten fehlt jedoch. Es kann mithin nicht festgestellt werden, dass es der Klägerin im Jahr 2012 möglich gewesen wäre, durch veränderte Einstellungen an der Heizanlage oder durch weitere zumutbare Maßnahmen geringere Verbräuche bzw. Kosten zu erzielen. Von der Verletzung einer Nebenpflicht kann daher nicht ausgegangen werden.

Die Beklagten sind mithin zum Ausgleich der Nachzahlungsbetrages aus der Abrechnung für das Jahr 2012 verpflichtet. Sie haften gemäß § 421 BGB als Gesamtschuldner.

Der Zinsanspruch beruht auf dem Verzug der Beklagten gemäß § 286 BGB, Nr. 3 Ziff. 3 der Allgemeinen Vertragsbedingungen.

Die Beklagten haben als unterlegener Teil die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§§ 91, 100 Abs. 4 ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708Nr. 11, 713 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 511 Abs. 4 ZPO bestehen nicht. Die hier vertretene Ansicht zur Verfassungsmäßigkeit der Regelung in § 7 Abs. 1 S. 3 HeizkV wird von der hiesigen Berufungskammer geteilt (vgl. LG B, Urteil vom 05.10.2012, 63 S 11/12, GE 2012, S. 1563 f.).

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