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Heizkostenabrechnung bei ungedämmten Heizungsrohren im Estrich

AG Schwäbisch Gmünd – Az.: 5 C 446/18 – Urteil vom 31.10.2019

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 453,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 163,63 € seit dem 02.09.2016 und aus einem weiteren Betrag in Höhe von 289,37 € seit dem 02.09.2017 sowie vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 10,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz daraus seit 14.06.2018 zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich derjenigen der Nebenintervention der Streithelferin der Klägerin. Die Kosten der Nebenintervention der Streithelferin der Beklagten trägt die Streithelferin der Beklagten selbst.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 453,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Mit der Klage macht die Klägerin gegen die Beklagte restliche Zahlungsansprüche für Wärmelieferungen im Zeitraum vom 01.06.2015 bis zum 31.05.2017 geltend.

Bei der Klägerin handelt es sich um ein Versorgungsunternehmen, dessen Gegenstand die Versorgung von Kunden mit Wärme für Raumheizung und die Warmwasserversorgung ist. Die Klägerin versorgt dabei unter anderem die Gebäude S. Weg, R. Straße in S. G. und gewährleistet für diese Objekte die Bereitstellung von Warmwasser und Heizwärme. Das Heizwerk befindet sich im Gebäude S. Weg.

Die Beklagte ist Mieterin der Wohnung in der R. Straße, (…). Die Beklagte nimmt das durch die Klägerin bereit gestellte Warmwasser und die durch die Klägerin bereit gestellte Heizwärme durch Entnahme seit einem Zeitraum, der vor dem hier relevanten Abrechnungszeitraum liegt, tatsächlich in Anspruch. Zwischen den Parteien besteht mittlerweile Einigkeit, dass die Leitungen im Gebäude R. Straße zwar überwiegend ungedämmt, jedoch nicht freiliegend, sondern unter Putz, nämlich im Estrich, verlegt sind.

Die D. E. S. GmbH hatte der Beklagten mit Schreiben vom 28.02.2003 zwei Exemplare eines bereits unterschriebenen Wärmelieferungsvertrages übersandt. Die Beklagte hat dieses Angebot auf Abschluss eines Wärmelieferungsvertrages nicht angenommen. Daher hat die D. E. S. GmbH mit Schreiben vom 30.06.2003 (Anlage K 5, BI. 43 der Akte) der Beklagten gemäß § 2 Abs. 2 AVBFernwärmeV den Vertragsabschluss bestätigt. Die D. E. S. GmbH firmiert mittlerweile unter D. E. S. GmbH.

Die Klägerin hat der Beklagten im November 2013 ein neues Vertragsangebot übersandt (Anlage K 1, BI. 14 der Akte). Die Beklagte hat dieses nicht unterzeichnet.

Die Klägerin hat im G. Wochenblatt vom 18.12.2013 eine neue Preisregelung nebst Preisänderungsklausel gemäß § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV veröffentlicht (Anlage K 6, BI. 43 der Akte).

Zum 01.01.2014 hat die Klägerin den Brennstoff von Heizöl auf Erdgas umgestellt.

Die Eigentümergemeinschaft hat elektronische Heizkostenverteiler gekauft und installiert. Die Rechnungen, auf die die Klägerin ihren Zahlungsanspruch stützt, wurden durch die Streithelferin der Klägerin, die M. M. W. L. GmbH & Co. KG, erstellt.

Die Klägerin stellte der Beklagten für den Zeitraum vom 01.06.2015 bis 31.05.2016 mit Abrechnung vom 08.08.2016 einen Nachzahlungsbetrag i. H. v. 186,10 € in Rechnung (Anlage K 3, BI. 11 der Akte). Hierauf hat die Beklagte eine Zahlung i. H. v. 22,47 € geleistet, sodass sich für diesen Zeitraum aus der Rechnung noch eine restliche Forderung i. H. v. 163,63 € ergibt. In der Rechnung wird am Ende folgender Hinweis erteilt:

„In den Gesamteinheiten für Heizung sind Rohrwärmeeinheiten enthalten, die gemäß Heizkostenverordnung § 7 Abs. 1 und dem Bilanzverfahren der VDI 2077, Beiblatt „Verfahren zur Berücksichtigung der Rohrwärmeabgabe“, ermittelt wurden. Zur Berücksichtigung der Rohrwärme werden dementsprechend zusätzlich Rohrwärmeeinheiten auf die Nutzeinheiten verteilt. Es wird eine gleichmäßige Zufuhr der Rohrwärme zu den Nutzeinheiten zugrunde gelegt. Die Rohrwärmeeinheiten für Ihre Nutzeinheit ist aus auf dem Heizkostenverteiler mit der Nummer 9999 ersichtlich.“

Heizkostenabrechnung bei ungedämmten Heizungsrohren im Estrich
(Symbolfoto: Von Dmitry Kalinovsky/Shutterstock.com)

Die Klägerin stellte der Beklagten für den Zeitraum 01.06.2016 bis 31.05.2017 mit Abrechnung vom 14.08.2017 einen Nachzahlungsbetrag i. H. v. 398,56 € in Rechnung (Anlage K 4, BI. 11 der Akte). Hierauf hat die Beklagte eine Zahlung i. H. v. 109,19 € geleistet, sodass sich für diesen Zeitraum aus der Rechnung noch eine restliche Forderung i. H. v. 289,37 € ergibt. Auch in dieser Rechnung findet sich am Ende der Hinweis auf die Rohrwärme wie in der Rechnung vom 08.08.2016.

Die Beklagte hat gegen diese Abrechnungen Widerspruch eingelegt.

Die Streithelferin der Klägerin hat auf Basis eines Umlagemaßstabs allein nach Fläche für den Zeitraum vom 01.06.2015 bis 31.05.2017 neue Abrechnungen erstellt. Die Klägerin stützt die Klage hilfsweise auf diese Abrechnungen. Die Klägerin errechnete für die Beklagte im Zeitraum vom 01.06.2015 bis 31.05.2016 einen Nachzahlungsbetrag i. H. v. 252,08 € (Anlage K 14, BI. 63 der Akte) und für den Zeitraum vom 01.06.2016 bis 31.05.2017 einen Nachzahlungsbetrag i. H. v. 424,28 € (Anlage K 15, Bl. 63 der Akte), mithin insgesamt einen Betrag i. H. v. 676,16 €. In diesem Gesamtbetrag sind die Zahlungen der Beklagten i. H. v. 131,66 € noch nicht berücksichtigt.

Weiter macht die Klägerin für diverse Mahnschreiben, die sie verfasst hat, insgesamt einen Betrag i. H. v. 10,00 € geltend.

Die Klägerin trägt vor, dass die Verträge mit sämtliche Kunden im Versorgungsgebiet entsprechend der Konditionen und Bedingungen, die sich aus Anlage K 5 (BI. 43 der Akte) ergeben, abgerechnet werden. Die als Anlage K 5 vorgelegte öffentliche Bekanntmachung führe dazu, dass die in dieser genannten Preise einschließlich der darin genannten Regeln zur Preisanpassung gelten würden.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Frage der Rohrwärmeverluste nicht zur offensichtlichen Fehlerhaftigkeit der Abrechnungen führen würde. Es sei unerheblich, wo die Wärmelieferung für das Gebäude erfasst werde, da die Heizungswärme für jede Liegenschaft am Gebäudeeintritt erfasst werde. Es spiele keine Rolle, dass die Gebäude teilweise gedämmt und teilweise nicht gedämmt seien. Die Einwendungen, die die Beklagte gegen die Abrechnung vorbringe, seien in rechtlicher Hinsicht wegen § 30 AVBFernwärmeV unbeachtlich.

Die Streithelferin der Klägerin hat ergänzend vorgetragen, dass sich die Klägerin für eine Abrechnung nach VDI 2077 Beiblatt Rohrwärme entschieden habe. Für den streitgegenständlichen Zeitraum habe der Raumwärmeanteil zwischen 0,084 und 0,131 gelegen. Ursache für die zu niedrige Erfassung sei die mit zu hoher Heizwassertemperatur betriebene Raumheizungsanlage, die von der Klägerin aber nicht beeinflusst werden könne.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 453,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 163,63 € seit dem 02.09.2016 und aus einem weiteren Betrag in Höhe von 289,37 € seit dem 02.09.2017 sowie vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 10,00€ nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz daraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Streithelferin der Klägerin hat sich diesem Antrag angeschlossen.

Die Beklagte und ihre Streithelferin beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, dass zwischen den Parteien die den Abrechnungen zu Grunde gelegte Preisanpassungsregelung nicht vereinbart sei. Die Klägerin habe den streitgegenständlichen Abrechnungen keine Preise für gleichartige Versorgungsverhältnisse zugrunde gelegt. Die Preisanpassungsklausel sei mangels Transparenz gemäß § 24 AVBFernwärmeV unwirksam. Die Klägerin habe zudem keine Preisberechnung übersandt. Die Voraussetzungen für die Anwendung der VDI 2077 Beiblatt Rohrwärme seien nicht gegeben, da die Leitungen im Gebäude R. Straße überwiegend ungedämmt sind, aber unter Putz liegen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass die einzelnen Abrechnungen nicht nachvollziehbar seien, da nicht die Abrechnung für alle Gebäude offengelegt werde. Es sei nicht nachvollziehbar, an welchem Punkt die Wärmelieferung für das Gebäude erfasst werde; diese werde nicht für jedes Gebäude separat erfasst. Die Gebäude seien teilweise gedämmt und teilweise nicht gedämmt. Das Gebäude R. Straße sei gedämmt. Die Beklagte bestreitet, dass die Lieferung der Klägerin an sie zu angemessenen Preisen erfolge, da die Klägerin eine Monopolstellung habe.

Hinsichtlich der als Anlage K 3 und Anlage K 4 vorgelegten Wärmeabrechnungen bestreitet die Beklagte, dass die Preise aus der öffentlichen Bekanntmachung in diesen Eingang gefunden haben. Die Beklagte ist weiter der Auffassung, dass die Abrechnungen fehlerhaft seien, da die Gerätenummer 9999 eine Schätzung enthalte und die Voraussetzungen für eine Schätzung nicht vorliegen würden.

Die Beklagte behauptet, dass die von der Klägerin vorgelegten Abrechnungen nicht die Voraussetzungen, aufgrund derer ein Zurückbehaltungsrecht nicht ausgeübt werden kann, nach § 30 AVBFernwärmeV erfüllen würden.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen H. L. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 17.10.2019 (BI. 95 ff. der Akte) verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 17.10.2019 (BI. 95 ff. der Akte) Bezug genommen und verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht Schwäbisch Gmünd sachlich und örtlich zuständig.

II.

Die Klage ist begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 453,00 € für die von der Beklagten in Anspruch genommene Fernwärme gemäß § 433 Abs. 2 BGB sowie auf Mahnkosten zu.

1. Zwischen den Parteien besteht ein Wärmelieferungsvertrag.

Auch wenn die Beklagte die von der Klägerin übersandten Vertragsformulare weder im Jahre 2003 noch im Jahre 2013 gegengezeichnet und zurückgesandt hat und es dadurch zu einem ausdrücklichen Vertragsschluss gekommen ist, ist ein Wärmelieferungsvertrag durch die tatsächliche Entnahme von Fernwärme durch die Beklagte gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 AVBFernwärmeV zu Stande gekommen.

2. Die Parteien haben mangels ausdrücklichen Vertragsschlusses keinen konkreten Preis für die Belieferung mit Fernwärme vereinbart, sodass gemäß § 2 Abs. 2 AVBFernwärmeV die Belieferung zu den für gleichartige Versorgungsverhältnisse geltenden Preisen erfolgt.

2.1. Gleichartige Versorgungsverhältnisse sind nach Auffassung des erkennenden Gerichts in erster Linie diejenigen Versorgungsverhältnisse, die vom Fernwärmeversorger in diesem Versorgungsgebiet mit Endabnehmern geschlossen worden sind (so auch: LG Ellwangen (Jagst), Urteil vom 07.09.2018, 1 S 47/18 unter Bezugnahme auf BGH, Urteil vom 17.10.2012, VIII ZR 292/11).

Hierfür spricht, dass der Fernwärmeversorger im gleichen Versorgungsgebiet in der Regel gleiche Bedingungen vorfindet und sowohl die Anschubinvestitionen des Fernwärmeversorger als auch die laufenden Aufwendungen für die Instandhaltung der Anlage identisch oder jedenfalls ähnlich hoch sind. Daher sind als „gleichartige Versorgungsverhältnisse“ hier nur die Versorgungsverhältnisse für Fernwärme in S. G. anzusehen und nicht etwaige Versorgungsverhältnisse des Fernwärmeversorgers in anderen Versorgungsgebieten.

Würde man im Rahmen der Ermittlung der vergleichbaren Versorgungsverhältnisse den Kreis auf Gebiete erweitern, in denen andere Wärmeanbieter die Versorgung übernommen haben, so würde der Begriff der Vergleichbarkeit bereits aufgeweicht, denn jedes Fernwärmenetz weist abweichende, bei der Preisbildung nicht zu vernachlässigende Besonderheiten auf, die eine Vergleichbarkeit in Frage stellen können. So sind die Kosten der Anfangsinvestition konkret abhängig von den Gegebenheiten des jeweiligen Versorgungsgebietes und die Kosten der laufenden Belieferung mit Wärme variieren entsprechend der angesetzten Amortisationsdauer der Anlage und der Konditionen, zu denen der Anbieter selbst die Wärme einkaufen kann.

Für eine solche Aufweichung des Begriffs der Vergleichbarkeit besteht auch keine Notwendigkeit. Selbst wenn die Preise der Klägerin unangemessen hoch sein sollten, werden die Interessen des Kunden auch im Rahmen des § 2 Abs. 2 S. 2 AVBFernwärmeV ausreichende geschützt durch die sogenannte Monopolrechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, Urteil vom 15.02.2006, VIII ZR 138/05). Diese Entscheidung geht ohne Begründungsbedarf davon aus, dass für die Feststellung der Preise vergleichbarer Versorgungsverhältnisse im Sinne des § 2 Abs. 2 S. 2 AVBFernwärmeV allein auf die Verträge des jeweiligen Anbieters mit anderen Kunden im selben Versorgungsgebiet abgestellt werden kann.

2.2. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin im Versorgungsgebiet S. G. insgesamt über mehr als 260 Verträge verfügt, die jeweils deckungsgleich mit dem Vertrag, der der Beklagten angeboten wurde und der auch Grundlage der hier vorliegenden tatsächlichen Abrechnung der Klägerin gegenüber der Beklagten ist, ist. Dabei sind die diesen Verträgen zu Grunde liegenden Preis auch die im Vertragsverhältnis zwischen den Parteien des Rechtsstreits geltenden Preise. Im Ergebnis kann daher dahinstehen, ob die anderen Wärmeabnehmer der Klägerin im Versorgungsgebiet S. G. einen ausdrücklichen Vertrag mit der Klägerin abgeschlossen haben, dieser konkludent durch Wärmeentnahme gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 AVBFernwärmeV zu Stande gekommen ist oder diese Abnehmer zumindest die von der Klägerin abgerechneten Preise zahlen, mithin also eine konkludente Vertragsänderung vorliegt.

2.2.1. Gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. Eine unumstößliche Gewissheit, ob eine Behauptung wahr und erwiesen ist, ist dabei nicht erforderlich. Vielmehr genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad einer Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet. Entscheidend ist, ob der Richter die an sich möglichen Zweifel überwinden und sich von einem bestimmten Sachverhalt als wahr überzeugen kann (BGH, Urteil vom 14.01.1993, IX ZR 238/91; BGH, Urteil vom 18.01 .2000, VI ZR 375/98).

Dabei ist es nicht erforderlich, auf jedes einzelne Parteivorbringen und Beweismittel einzugehen. Es genügt, dass nach der Gesamtheit der Gründe eine sachentsprechende Beurteilung stattfindet (KG, Beschluss vom 28.01.2008, 12 U 50/07).

2.2.2. Der Zeuge H. L. hat bekundet, dass Grundlage für die Wärmeversorgung Wärmelieferungsverträge seien, wobei im Versorgungsgebiet ein einheitliches Vertragsmuster verwendet werde. Aufgrund der Umstellung des Brennstoffes von Heizöl auf Erdgas habe es zum 01.01.2014 eine Umstellung der Preisbildung und eine neue Preisgleitung gegeben. Die Verträge seien im gesamten Gebiet deckungsgleich.

Auch wenn er die Zahl der Kunden im Versorgungsgebiet nicht im Kopf habe, müssten es um die 265 sein.

Das Gericht hält die Aussage des Zeugen L. für glaubhaft und den Zeugen L. für glaubwürdig. Der Zeuge hat nachvollziehbar dargelegt, welche Verträge in dem Versorgungsgebiet der Klägerin in S. G. bestehen und wie die Abrechnung erfolgt.

2.3. Der Klägerin steht ein Zahlungsanspruch auch in der geltend gemachten Höhe zu. Soweit die Beklagte pauschal bestritten hat, dass die Klägerin die zutreffenden Preise in die Abrechnung eingestellt habe, ist das rechtlich unbeachtlich, da die Klägerin substantiiert vorgetragen hat, wie sie zu den abgerechneten Preisen kommt.

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die von der Klägerin verwendete Preisanpassungsklausel auch nicht mangels Transparenz gemäß § 24 Abs. 4 S. 2 AVBFernwärmeV nach § 134 BGB unwirksam.

3.1. Das Transparenzgebot gemäß § 24 Abs. 4 S. 2 AVBFernwärmeV bestimmt, dass in einer Preisanpassungsklausel die maßgeblichen Berechnungsfaktoren vollständig und in verständlicher Form ausgewiesen werden müssen. Damit verlangt diese Regelung, dass der Kunde den Umfang der auf ihn zukommenden Preissteigerungen aus der Formulierung der Klausel erkennen und die Berechtigung einer vom Klauselverwender vorgenommenen Erhöhung an der zu Preisänderungen ermächtigenden Klausel selbst messen kann (BGH, Urteil vom 06.04.2011, VIII ZR 66/09).

3.2. Sämtliche von der Klägerin in der Preisanpassungsklausel verwendeten Abkürzungen werden in der öffentlichen Bekanntmachung unter 2.4 erläutert. Mehr kann von der Klägerin nicht verlangt werden.

4. Eine gerichtliche Billigkeitskontrolle der nach § 2 Abs. 2 S. 2 AVBFernwärmeV bestimmten Preise für die Lieferung von Fernwärme in entsprechender Anwendung von § 315 Abs. 3 BGB findet nicht statt (LG Ellwangen (Jagst), Urteil vom 07.09.2018, 1 S 47/18; BGH, Urteil vom 17.10.2012, VIII ZR 292/11). Der Bundesgerichtshof hat in der genannten Entscheidung zur Preisgestaltung von Fernwärmeunternehmen ausdrücklich auf die amtliche Begründung der AVBFernwärmeV hingewiesen und ausgeführt, dass die Preisgestaltung der Versorgungsunternehmen im Wesentlichen der Missbrauchskontrolle durch die Kartellbehörden unterliege und es deren Aufgabe sei, darauf zu achten, dass die Unternehmen bei Vertragsanpassungen ihre Befugnis zu anderweitiger Preisgestaltung nicht missbrauchten und Preisgestaltungsspielräume nicht missbräuchlich ausschöpften. Daher bleibt eine Kontrolle der Preisgestaltung der Klägerin dem Kartellverfahren vorbehalten.

5. Insbesondere ist vorliegend auch kein Fall des § 30 Nr. 1 AVBFernwärmeV gegeben, d.h. es ergibt sich nicht aus den Umständen, dass offensichtliche Fehler vorliegen, sodass die Zahlungsverweigerung der Beklagten unberechtigt ist.

5.1. Grundsätzlich sind Einwände des Kunden gegen Rechnungen im Zahlungsprozess nur dann beachtlich, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass offensichtlich Fehler vorliegen (BGH, Urteil vom 06.04.2011, VIII ZR 273/09). Hierzu gehören nicht Mess-, Ablese- oder Rechenfehler (BGH, Urteil vom 21.11.2012, VIII ZR 17/12).

5.2. Die Frage der Prüfung der Billigkeit der Preisbestimmung in entsprechender Anwendung der §§ 315, 316 BGB ist nicht durch § 30 Nr. 1 AVB FernwärmeV ausgeschlossen (BGH, Urteil vom 15.02.2006, VIII ZR 138/05). Allerdings unterliegen die Preise für die Lieferung von Fernwärme nach § 2 Abs. 2 S. 2 AVB FernwärmeV nicht der gerichtlichen Billigkeitskontrolle in entsprechender Anwendung von § 315 Abs. 3 BGB (a.o. unter II. 4.).

5.3. Die Abrechnungen vom 09.08.2018, auf die die Klägerin ihren Zahlungsanspruch hilfsweise stützt und die als Anlage K 14 und Anlage K 15 vorgelegt worden sind, weisen im Gegensatz zu den mit der Klage vorgelegten Abrechnungen (Anlage K 3 und Anlage K 4) keinen offensichtlichen Fehler auf.

5.3.1. Die von der Klägerin als Anlage K 3 und Anlage K 4 vorgelegten Abrechnungen weisen nach Auffassung des erkennenden Gerichts einen offensichtlichen Fehler auf, da sich bereits aus der Abrechnung selbst ergibt, dass diese unter Anwendung der VDI 2077 Beiblatt „Rohrwärme“ erstellt worden sind, obwohl eine Korrektur der Ablesewerte nach § 7 Abs. 1 S. 3 HeizkV nicht möglich ist.

§ 7 Abs. 1 S. 3 HeizkV ist auf den vorliegenden Fall nicht analog anwendbar, da es sich um überwiegend ungedämmte Leitungen der Wärmeverteilung, die unter Putz bzw. im Estrich verlegt worden sind, handelt. Das erkennende Gericht schließt sich den überzeugenden Ausführungen des BGH (Urteil vom 15.03.2017, VIII ZR 5/16) an, wonach eine Erstreckung des Anwendungsbereichs des § 7 Abs. 1 S. 3 HeizkV auf überwiegend ungedämmte, aber nicht freiliegende Leitungen der Wärmeverteilung nicht in Betracht kommt, weil es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt. Eine solche planwidrige Regelungslücke eröffnet aber überhaupt erst die Möglichkeit einer solchen Ausdehnung über den Wortlaut hinaus im Wege einer Analogie. Der BGH hat dazu ausgeführt, dass nach den Verordnungsmaterialien § 7 Abs. 1 S. 3 HeizkV die Möglichkeit, Kostenverschiebungen nach anerkannten Regeln der Technik auszugleichen, nur bei auf der Wand verlaufenden Rohrleitungen eröffnen sollte. Der in der Verordnungsbegründung gegebene Hinweis auf das Beiblatt Rohrwärme der VDI-Richtlinie 2077, in dem darauf hingewiesen werde, dass es technisch unerheblich sei, ob Rohrleitungen freiliegend oder nicht sichtbar im Estrich beziehungsweise unter Putz geführt werden, stehe der Annahme entgegen, dass der Verordnungsgeber es übersehen habe, dass es nicht nur freiliegende, sondern auch nicht sichtbar im Estrich beziehungsweise unter Putz geführte Rohrleitungen gibt und deren Wärmeabgabe ebenfalls technisch ermittelt werden könne.

Die Rohrleitungen der Wärmeverteilung in dem Gebäude, in dem sich die von der Beklagten bewohnte Wohnung befindet, sind überwiegend ungedämmt.

5.3.2. Nach Auffassung des erkennenden Gerichts ist auf den vorliegenden Fall § 9a Abs. 1, Abs. 2 HeizkV anwendbar.

Nach § 9a Abs. 1 S. 1 HeizkV ist für den Fall, dass der anteilige Wärme- oder Warmwasserverbrauch von Nutzern für einen Abrechnungszeitraum wegen Geräteausfalls oder aus anderen zwingenden Gründen nicht ordnungsgemäß erfasst werden kann, dieser vom Gebäudeeigentümer auf der Grundlage des Verbrauchs der betroffenen Räume in vergleichbaren Zeiträumen oder des Verbrauchs vergleichbarer anderer Räume im jeweiligen Abrechnungszeitraum oder des Durchschnittsverbrauchs des Gebäudes oder der Nutzergruppe zu ermitteln. Gemäß § 9a Abs. 2 HeizkV sind die Kosten ausschließlich nach den nach § 7 Abs. 1 S. 5 HeizkV und § 8 Abs. 1 HeizkV für die Verteilung der übrigen Kosten zu Grunde zu legenden Maßstäben zu verteilen, wenn die von der Verbrauchsermittlung nach § 9a Abs. 1 HeizkV betroffene Wohn- oder Nutzfläche oder der umbaute Raum 25 % der für die Kostenverteilung maßgeblichen gesamten Wohn- oder Nutzfläche oder des maßgeblichen gesamten umbauten Raumes überschreitet.

Es ist ein Fall des § 9a Abs. 1 S. 1 Alt. 2 HeizkV gegeben, da die Anwendung dieser Variante des § 9a Abs. 1 S. 1 HeizkV in Betracht kommt, wenn nur ein sehr geringer Anteil der abgegebenen Wärme von den Verbrauchserfassungsgeräten erfasst wird.

Da die zu geringe Erfassungsrate alle Wohnungen des Gebäudes erfasst, ist nach § 9a Abs. 2 HeizkV nach dem Grundkostenmaßstand abzurechnen (Danner/Theobald/Schumacher, 99. EL September 2018, HeizkostenV § 9a Rn. 31). Gemäß § 7 Abs. 1 S. 5 HeizkV sind die übrigen Kosten nach der Wohn- oder Nutzfläche oder nach dem umbauten Raum zu verteilen, wobei auch die Wohn- oder Nutzfläche oder der umbaute Raum der beheizten Räume zu Grunde gelegt werden kann.

5.3.3. Die von der Klägerin als Anlage K 14 und Anlage K 15 vorgelegten Abrechnungen vom 09.08.2018 legen der Abrechnung einen Flächenmaßstab zu Grunde

5.4. Dem Vorbringen der Beklagten, dass die Abrechnungen nicht nachvollziehbar seien, kann das erkennende Gericht nicht folgen. Durch die Abrechnung werden die Kosten der verbrauchten Brennstoffe abgerechnet. Die Kosten für diesen Verbrauch entsprechen dem für vergleichbare Versorgungsverhältnisse geltenden Preise (so. Unter II. 2.). Insofern ist für das erkennende Gericht nicht erkennbar, weshalb die Abrechnung unverständlich und fehlerhaft sein soll.

6. Die Klägerin hat gegen die Beklagte aufgrund deren Verzuges gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB einen Anspruch auf Zahlung von Mahnkosten in Höhe von 10,00 €.

Die Beklagte befand sich mit der Zahlung der Hauptsachenforderung in Verzug. Die Beklagte wurde durch die Klägerin mindestens viermal zur Zahlung angemahnt.

Wenn diese Mahnkosten konkret und nachvollziehbar vom Gläubiger dargelegt werden, kann er die konkreten abgerechneten Kosten als Verzugsschaden vom Schuldner ersetzt verlangen, wenn er nicht gegen seine Schadensminderungspflicht verstößt. Als pauschale Verzugskosten, die hier von der Klägerin geltend gemacht werden, sind die Kosten für die Fertigung von Mahnschreiben aber nur dann zu billigen, wenn deren Höhe im Sinne des § 287 ZPO noch angemessen ist (BGH, Urteil vom 03.11.1999, VIII ZR 35/99; AG Mönchengladbach-Rheydt, Beschluss vom 22.02.2002, 23 UR II 19/01; AG Brandenburg an der Havel, Urteil vom 08.05.2006, 30 C 45/06). Als Kosten für ein einfaches Mahnschreiben können nach Auffassung des erkennenden Gerichts insofern regelmäßig nicht mehr als 2,50 € ersetzt verlangt werden (so auch: AG Brandenburg an der Havel, Urteil vom 25.01.2007, 31 C 190/06; AG Bad Segeberg, Urteil vom 25.11.2011, 17 C 160/11; Palandt/Grüneberg, 78. Aufl. 2019, BGB § 286 Rn. 45).

7. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zinsen zu.

7.1. Der Anspruch auf Zinsen ergibt sich hinsichtlich der Hauptforderung aus § 286, 288 Abs. 1 BGB.

7.2. Der Anspruch auf Zinsen ergibt sich hinsichtlich der Mahnkosten aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB ab 14.06.2018, da ein Rückbezug der Rechtshängigkeit auf Zustellung des Mahnbescheides nicht erfolgt.

Die Rechtshängigkeit wird auf die Zustellung des Mahnbescheides zurückbezogen, wenn die Voraussetzungen des § 696 Abs. 3 ZPO vorliegen, d.h. sie Sache alsbald nach Zustellung der Widerspruchseinlegung ins Streitverfahren abgegeben wird.

Alsbald ist dabei wie demnächst im Sinne von § 167 ZPO zu verstehen (BGH, Beschluss vom 28.02.2008, III ZB 76/07), wobei der Begriff nicht rein zeitlich zu verstehen ist, sondern in dem Sinne, dass der Antragsteller nach Mitteilung des Widerspruchs ohne schuldhafte Verzögerung die Abgabe an das Streitgericht zu veranlassen hat (Saenger, Zivilprozessordnung, 8. Aufl. 2019, ZPO § 696 Rn. 17). Verzögerungen, die durch das Mahngericht oder durch den Antragsgegner verursacht worden sind, sind dem Antragsteller daher grundsätzlich nicht zuzurechnen, sofern er sie nicht selbst schuldhaft herbeigeführt hat (BGH, Urteil vom 16.12.1987, VIII ZR 4/87). In der Regel ist vom Antragsteller binnen eines Zeitraums von zwei Wochen nach Zugang der Mitteilung des Widerspruchs zu erwarten, dass er die restlichen Gerichtsgebühren einbezahlt und den Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens stellt (BGH, Urteil vom 05,02.2009, III ZR 164/08). Maßgebender Zeitpunkt ist dabei der Akteneingang bei Gericht, § 696 Abs. 1 S. 4 ZPO. Der Widerspruch der Beklagten ging am 18.12.2017 beim Amtsgericht Wedding ein, die Mitteilung über den Widerspruch wurde an die Bevollmächtigten der Klägerin am 19.12.2017 versandt, das Verfahren wurde am 04.06.2018 nach Eingang der Anspruchsbegründung am 17.05.2018 abgegeben und die Akten gingen am 08.06.2018 beim Amtsgericht Schwäbisch Gmünd ein. Dies ist nicht mehr alsbald.

Prozesszinsen sind von dem Tag nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu zahlen (BGH, Urteil vom 24.01.1990, VIII ZR 296/88; BeckOK BGB/Henrich, 51. Ed. 01.08.2019, BGB § 187 Rn. 7). Dies war der 13.06.2018.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 101 ZPO.

IV.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

V.

Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen nach § 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 ZPO hierfür nicht vorliegen.

Die hier streitgegenständliche Rechtsfrage, welches gleichartige Versorgungsverhältnisse sind, hat das Landgericht Ellwangen (Jagst) als zuständiges Berufungsgericht in seinem Urteil vom 07.09.2018 (1 S 47/18) bereits erörtert und entschieden. Einer (erneuten) Entscheidung des Berufungsgerichts bedarf es daher nicht.

 

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