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Heizkostenabrechnung – Wirtschaftlichkeitsgrundsatz bei Heizöleinkauf

LG Berlin – Az.: 18 S 1/16 – Beschluss vom 22.08.2016

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das am 11. November 2015 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg – 215 C 191/15 durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.

Gründe

Der Beschluss beruht auf § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO. Die Kammer ist davon überzeugt, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil nicht erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte gemäß § 535 Abs. 2 BGB zum Ausgleich der sich aus der Heizkostenabrechnung für das Jahr 2013 ergebenden Nachforderung verurteilt. Die Einwände der Berufung greifen nicht durch. Zweifel an der Tatsachenfeststellung des Amtsgerichts bestehen nicht, so dass das Berufungsgericht gemäß § 529 ZPO an diese gebunden ist.

Zu Recht steht das Amtsgericht auf dem Standpunkt, dass die Beklagte einen Verstoß der Klägerin gegen den in § 556 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz BGB normierten Grundsatz der Wirtschaftlichkeit beim Einkauf des im Jahre 2013 erworbenen Heizöls nicht hinreichend substantiiert dargelegt hat. Das Amtsgericht wie auch die Klägerin rügen zu Recht, dass die Beklagte die von ihr behaupteten Durchschnittspreise ohne jeden Beleg oder auch nur eine konkrete Quellenangabe schlicht in den Raum gestellt hat. Spätestens nachdem die Klägerin dies gerügt und den Werten der Beklagten die in der Zeitschrift „Das Grundeigentum“ regelmäßig veröffentlichten Preisspannen und Durchschnittspreise gegenüber gestellt hat, die wöchentlich an Hand von Erhebungen des Journalisten Dieter … bei etwa einem Drittel der Berliner Heizölhändler gewonnen werden, hätte die Beklagte ihre Quellen offen legen müssen.

Heizkostenabrechnung - Wirtschaftlichkeitsgrundsatz bei Heizöleinkauf
(Symbolfoto: ID-VIDEO/Shutterstock.com)

Das Amtsgericht hat danach zu Recht von einer Beweiserhebung über die Marktpreise für Heizöl am 11. Januar, 3. April sowie 11. Dezember 2013 abgesehen und sich auf den Standpunkt gestellt, ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot liege nicht vor, wenn der Vermieter etwa die in den Medien veröffentlichten Durchschnittspreise für Heizöl sichte, um die Angemessenheit des dann ausgewählten Angebots zu beurteilen. Richtig ist nämlich auch, dass der Vermieter bei seiner Beschaffungsentscheidung neben dem Preis auch weitere Aspekte, wie beispielsweise die Zuverlässigkeit des Anbieters, dessen Erfahrung mit der besonderen Lage und der erschwerten Belieferung des Objekts oder auch eine langjährige Geschäftsbeziehung mit dem Lieferanten berücksichtigen darf. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die Klägerin den ihr eröffneten Ermessenspielraum verletzt hätte, indem sie das Heizöl weiterhin bei der “ … GmbH“ bezog. Jedenfalls bei den Lieferungen vom 3. April und 11. Dezember 2013 lagen die Preise der “ … GmbH“ ausweislich der in Kopie vorgelegten Rechnungen (Bl. 53 ff. d. A.) nah an den in der Zeitschrift „Grundeigentum“ veröffentlichten Mittelwerten von 88,46 € brutto zum 4. April 2013 (GE 2013, S. 505) und von 89,67 € zum 11. Dezember 2013 (GE 2013, S. 1609). Soweit sich demgegenüber bei der Lieferung am 11. Januar 2013 zu dem veröffentlichten Durchschnittspreis zum 10. Januar 2013 von 89,10 € brutto eine deutliche Differenz in der Größenordnung von 25 % ergibt, hatte die Klägerin schon vorgerichtlich mitgeteilt, dass zu den veröffentlichten Durchschnittspreisen im Januar 2013 am Markt tatsächlich kein Öl beziehbar gewesen sei (vgl. Schreiben des Verwalters K. vom 18. Dezember 2014, Seite 1, von der Klägerin vorgelegt als Anlage K4, Bl. 50 f. d. A.).

Die Mitteilung der Beklagten, die von ihr ermittelten deutlich niedrigeren Durchschnittspreise beruhten auf einer Internetrecherche, ist unzureichend, denn auf dieser Grundlage ist noch nicht einmal eine Plausibilitätsprüfung möglich, und es bleibt ferner offen, ob und von welchen Unternehmen an den relevanten Stichtagen tatsächlich Heizöl zu den angegebenen Preisen hätte erworben werden können. Das gilt auch für die im Schriftsatz vom 2. Oktober 2015 angegebenen Referenzpreise der Internetplattformen “ ….de“ und “ ….de“, denn eine Preiswerbung eines Unternehmens in einem Internetportal belegt nicht, dass das beworbene Wirtschaftsgut zu diesem Preis in der gewünschten Menge, zum gewünschten Zeitpunkt und zu den gewünschten Lieferkonditionen tatsächlich verfügbar ist und auf eine konkrete Anfrage hin dann auch tatsächlich verkauft wird. Der Beklagten ist zwar zuzugeben, dass die einzige offen gelegte Quelle – die als Anlage zum Schriftsatz vom 20. Oktober 2015 vorgelegte Email der … GmbH vom 15. Oktober 2015 (Bl. 86 d. A.) – den Eindruck vermittelt, über die Plattform könne Öl um bis zu ¼ (Stichtag 11. Januar 2013) oder sogar 1/3 (Stichtag 11. Dezember 2013) günstiger erworben werden als bei dem von der Klägerin gewählten Anbieter. Insoweit steht die Klägerin aber zu Recht auf dem Standpunkt, dass die … GmbH als Betreiber der Internetplattform selbst kein Öl verkauft, der oder die hinter der Preisangabe stehenden Händler nicht benannt sind und die Beklagte auch nicht mit Substanz darlegt hat, dass die Zahlungs- und Lieferungskonditionen denjenigen der “ … GmbH“ vergleichbar seien. Gerade wenn, wie die Beklagte vorträgt, auch die “ … GmbH“ Preise auf dem Portal veröffentlicht, liegt die Vermutung nicht fern, dass es sich um Angebote zu speziellen „Internet-Konditionen“ handeln könnte, die beispielsweise die von der Klägerin aufgezeigten Einschränkungen beim Zeitfenster der Lieferung und den Zahlungsbedingungen mit sich bringen mögen. Der Beklagten ist es daher zuzumuten gewesen, konkrete Angebote der Portale vorzutragen, aus denen sich die Lieferungs- und Zahlungsbedingungen ergeben.

Die Berufung bleibt auch insoweit ohne Erfolg, als die Beklagte sich gegen den der Heizkostenabrechnung zu Grunde gelegten Verteilungsmaßstab wendet und meint, die Vermieterin müsse sie wegen eines zeitanteiligen Leerstands der angrenzenden Wohnungen im Erdgeschoss und im 2. OG von einem Teil der ihr nach dem ermittelten Verbrauch belasteten Kosten freistellen.

Die streitgegenständliche Heizkostenabrechnung genügt den Vorgaben der Heizkostenverordnung, indem die Heizkosten entsprechend § 7 HeizkostenVO je hälftig nach dem Verhältnis der Flächen und nach dem erfassten Verbrauch verteilt wurden. Wohnungsleerstände rechtfertigen es nicht, von der Heizkostenverordnung und den dort gesetzlich festgeschriebenen Verteilungsmaßstäben abzuweichen; das gilt selbst dann, wenn ein sehr hoher Anteil leer stehender Wohnungen im Einzelfall dazu führt, dass die letzten verbliebenen Wohnungsmieter mit den verbrauchsabhängig berechneten Kosten einen überproportional hohen Anteil der Fixkosten auferlegt bekommen (vgl. BGH – VIII ZR 9/14 -, Urt. v. 10.12.2014, MDR 2015, 143 f., Rn. 22, zitiert nach juris).

Eine Korrektur der sich auf Grundlage der Heizkostenverordnung ergebenden Kostenverteilung kommt nur nach § 242 BGB und erst dann in Betracht, wenn sie zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit offensichtlich unvereinbaren Ergebnissen führt. Davon kann erst die Rede sein, wenn die gesetzlich vorgesehene Kostenverteilung im Einzelfall nicht mehr geeignet ist, die beiderseitigen Interessen zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 28 f.). Dabei ist davon auszugehen, dass „eine völlige Abwälzung des Leerstandsrisikos auf den Vermieter nach der Heizkostenverordnung nicht möglich“ (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 24) und auch nicht erforderlich ist, da das Gesetz „eine absolute Verteilungsgerechtigkeit bei der Umlage von Betriebskosten nicht“ fordert (BGH, a. a. O., Rn. 29). Leerstände sind sowohl für Vermieter als auch für die verbleibenden Mieter nachteilig. Der Vermieter muss jedenfalls die verbrauchsunabhängigen Heizkostenanteile tragen, ohne Mieteinnahmen zu erzielen, während Mieter von erhöhten Verbrauchskostenumlagen betroffen sein können. Es entspricht der Billigkeit, wenn die verbleibenden Mieter einen angemessenen Teil der leerstandsbedingten Mehrkosten zu tragen haben (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 30).

Die Beklagte trägt zwar schlüssig vor, dass sie zusätzliche Heizenergie aufwandte, weil die nach oben und unten angrenzenden Wohnungen jedenfalls zeitweise unbewohnt und nur in geringfügigem Umfang beheizt waren. Davor ist sie jedoch in einem Mehrfamilienhaus nicht geschützt; sie hat weder Anspruch darauf, dass die jeweiligen Nachbarn ihre Mieträume auf behagliche Temperaturen erwärmen, noch kann sie vom Vermieter verlangen, sie von den energetischen Folgen eines vorübergehenden Leerstandes der Nachbarwohnungen freizustellen. Dass die der Beklagten durch den Wohnungsleerstand entstandenen Verbrauchskosten eine „Opfergrenze“ überschritten und die Klägerin deswegen gemäß § 242 BGB nach Treu und Glauben gehindert wäre, den Abrechnungssaldo durchzusetzen, vermag die Kammer nicht zu erkennen.

Die Kammer regt deshalb an, die Berufung zurückzunehmen und weist vorsorglich darauf hin, dass bei einer eventuellen Rücknahme der Berufung sich die Gebühren nach Nr. 1220, 1222 der Anlage 1 des Gerichtskostengesetzes von vier auf zwei Gebühren ermäßigen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen.

 

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