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Heizkostennachforderung – Darlegungslast bei Bestreiten der Wärmemengenerfassung durch Mieter

AG Köpenick – Az.: 7 C 398/11 – Urteil vom 27.03.2012

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagten 182,27 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21. Februar 2012 zu zahlen. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

5. Die Berufung der Beklagten wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Mietvertrag über Wohnraum.

Heizkostennachforderung - Darlegungslast bei Bestreiten der Wärmemengenerfassung durch Mieter
Symbolfoto: Von M. Schuppich/Shutterstock.com

Die Beklagten mieteten mit schriftlichem Vertrag vom 26. Oktober 2006, der sie zur Zahlung einer monatlichen Miete einschließlich Nebenkostenvorschüssen in Höhe von zuletzt 949,98 € verpflichtete, von der Klägerin eine Wohnung in Berlin – Köpenick. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den in Kopie zur Akte gereichten Mietvertrag  (Bl. 25- -33 d. A.) verwiesen.

Mit der Klage fordert die Klägerin den Ausgleich des Saldos von 667,50 € aus der Nebenkostenabrechnung 2007 vom 13. November 2008, die hinsichtlich der Betriebskosten einen Rückzahlungsanspruch von 65,07 € der Beklagten und hinsichtlich der Heizkosten einen Nachzahlungsanspruch gegen diese von 732,57 € ermittelt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in Kopie zur Akte gereichte Heizkostenabrechnung (Bl. 35 – 37 d. A.) verwiesen. Mit Schreiben vom 13. Oktober 2009 erteilte die Klägerin die Nebenkostenabrechnung 2008, die hinsichtlich der Betriebskosten einen Rückzahlungsanspruch von 117,20 € der Beklagten und hinsichtlich der Heizkosten einen Nachzahlungsanspruch gegen diese von 469,25 € ermittelt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in Kopie zur Akte gereichte Heizkostenabrechnung (Bl. 52 – 56 d. A.) verwiesen.

Die Klägerin beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 667,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen, und widerklagend, die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagten 65,07 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. November 2008 sowie weitere 117,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Oktober 2009 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagten bestreiten entsprechend ihrem Einwendungsschreiben vom 29. Dezember 2008 (Bl. 50, 51 d. A.) die korrekte Funktion der Wärmemengenzähler.

Mit der Widerklage machen sie die Betriebskostenguthaben für 2007 und 2008 geltend.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die zulässige Widerklage ist hingegen bis auf einen Teil der geltend gemachten Zinsen begründet.

I. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch aus der Nebenkostenabrechnung 2007 gemäß den §§ 535 Abs. 2, 556 Abs. 1 BGB nicht zu.

1. Die Abrechnung der Betriebs- und Heizkosten erfüllt die Anforderungen des § 259 BGB, sie enthält geordnete Darstellungen von Einnahmen und Ausgaben, insbesondere Zusammenstellungen der Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung der Verteiler-schlüssel, die Berechnung des Anteils der Mieter, insgesamt und gegliedert nach Kostengruppen, sowie den Abzug der geleisteten Vorauszahlungen (vgl. Urteil des BGH vom 14. Februar 2007 zum Geschäftszeichen VIII 1/06, Seiten 4 und 5). Sie ist mithin formell ordnungsgemäß.

2. Die inhaltlichen Einwendungen der Beklagten gegen die Heizkostenabrechnung dringen durch, denn die Klägerin hat die zutreffende Wärmemengenerfassung nicht substantiiert vorgetragen und unter Beweis gestellt. Soweit sie meint, die diesbezüglichen Einwendungen seien gemäß § 556 Abs. 3 Satz 6 BGB verfristet, ist das im Hinblick auf das anwaltliche Schreiben vom 29. Dezember 2008 falsch, eine weitergehende Konkretisierung der Einwendung zur Meidung des Ausschlusses ist nicht erforderlich (vgl. Palandt-Weidenkaff, 71. Auflage, § 556 BGB Rdnr. 13), die Beanstandung der Wärmemengen-erfassung versetzt die Klägerin hinreichend in die Lage, die notwendige Dokumentation zu sichern. Fehlerhaft ist auch die Auffassung, die Beklagten seien verpflichtet, ihre Einwendung auf der Grundlage der Einsichtnahme in die Belege zu konkretisieren. Das wäre zutreffend, wenn die Beklagten die Richtigkeit der Ablesung oder die einzelnen der Abrechnung zugrunde gelegten Kostenbelastungen in Frage stellt. Eine Vergewisserung über die in § 5 Abs. 1 HeizKV bestimmten Voraussetzungen für eine inhaltlich richtige Abrechnung ist hingegen nicht durch Einsichtnahme in die Belege möglich, denn diese beinhalten offensichtlich nicht die Eichprotokolle. Die noch nicht einmal schriftsätzliche, sondern nur der insoweit nicht in Bezug genommenen Mitteilung der ISTA, sie habe als Erfassungsgeräte solche des Fabrikats SPX Pollucom E verwendet, ist insoweit unzureichend, als sich hieraus weder die eine technisch einwandfreie Funktion gewährleistende Anbringung im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 3 HeizKV ergibt noch ist die eichrechtliche Zulassung für den maßgeblichen Zeitraum substantiiert vorgetragen. Insoweit ist zu beachten, dass u. a. die normgemäße Bauart entsprechend der EN 834 Nr. C 3.01 ggf. Voraussetzung für die Annahme der Eichfähigkeit der Geräte ist, die so dokumentierte grundsätzliche Eignung zur Verbrauchserfassung jedoch nicht die tatsächliche Eichung ersetzt. Diese hat gemäß § 2 Abs. 2 EichG i. V. m. § 7 h EichO mit einer Gültigkeitsdauer von fünf Jahren gemäß Ziff. 22.1 der Anlage B zu den §§ 12, 14 EichO zu erfolgen und dokumentiert die Einhaltung der im Abschnitt 1 der Anlage 22 zu § 7 k EichO bezeichneten Anforderungen. Da weder zu einer Erst- noch einer ggf. zwischenzeitlich offensichtlich erforderlich gewordenen Folgeeichung konkret und insbesondere durch ordnungsgemäße Inbezugnahme der Eichprotokolle vorgetragen ist, ergibt sich keine Vermutung für eine zutreffende Verbrauchserfassung. Der unter Beweisantritt gestellte Umstand, dass die ISTA verpflichtet ist, nur ordnungsgemäß geeichte Geräte einzusetzen, stützt die entsprechende Vermutung gegenüber dem Bestreiten der Beklagten nicht. Die Voraussetzungen für eine Schätzung des Verbrauchs gemäß § 9 a Abs. 1 HeizKV liegen nicht vor. Da allein die umgelegten Verbrauchskosten den Nachzahlungsbetrag aus der Heizkostenabrechnung um gut 175 € übersteigen, ergibt sich bei Berücksichtigung der Richtigkeit der Abrechnung im Übrigen kein Guthaben der Klägerin.

II. Die Beklagten haben einen Anspruch auf Rückzahlung überzahlter Nebenkostenvorschüsse gegen die Klägerin in der geltend gemachten Höhe gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB, denn der Grund für das Behaltendürfen der Vorschüsse ist nach Abrechnung über diese weggefallen.

1. Die Ansprüche ergeben sich der Höhe nach aus den unstreitigen Betriebskostenguthaben nach den Abrechnungen der Klägerin selbst. Eine Verrechnung mit einer Heizkostennachforderung für das Jahr 2007 kann aus den unter „I.“ bezeichneten Gründen nicht stattfinden, für das Jahr 2008 und den dortigen Guthabenbetrag von 117,20 € sind Einwendungen der Klägerin überhaupt nicht vorgetragen. Soweit eine Verrechnung mit einer etwaigen Heizkostennachforderungen in Betracht käme, hat die Klägerin diese nicht vorgetragen, im Übrigen ist ersichtlich, dass der Nachforderung die gleichen Bedenken begegnen wie der für das Jahr 2007.

2. Der zuerkannte Zinsanspruch beruht auf den §§ 288 Abs. 1, 291, 247 BGB. Für einen Verzugseintritt vor Rechtshängigkeit haben die Beklagten nichts vorgetragen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO, die Vollstreckungsentscheidung ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Nichtzulassung der Berufung ergibt sich aus § 511 Abs. 4 ZPO: Die Sache hat im Umfang des Unterliegens der Beklagten weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts bzw. die Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts.

 

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