Übersicht
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Gerichtsurteil zur Heizkostenumlage: Klärung bei niedriger Erfassungsrate
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Weiterführende Informationen
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wie wird die Heizkostenabrechnung in älteren Gebäuden mit niedriger Verbrauchserfassungsrate fair gestaltet?
- Welche Ausnahmen von der verbrauchsabhängigen Abrechnung sieht die Heizkostenverordnung vor?
- Welche rechtlichen Möglichkeiten haben Mieter, wenn die Heizkostenabrechnung ungerecht erscheint?
- Was sollten Vermieter bei der Abrechnung der Heizkosten in Gebäuden mit hohen Rohrwärmeverlusten beachten?
- Wie können Mieter in Gebäuden mit niedriger Verbrauchserfassungsrate ihre Heizkosten beeinflussen?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Der Rechtsstreit betrifft die Abrechnung von Heizkosten im Rahmen eines Wohnraummietverhältnisses zwischen einem Mieter und dem Vermieter.
- Die Klägerin, die in der streitgegenständlichen Wohnung lebte, forderte eine Rückzahlung von Betriebskosten nach einer Nebenkostenabrechnung, die sie als unangemessen einschätzte.
- Eine Schwierigkeit lag in der Erfassung der Heizkosten und dem niedrigen Verbrauchswert der Heizungsanlagen.
- Das Gericht entschied zugunsten der Klägerin und verurteilte die Beklagte zur Zahlung eines bestimmten Betrags.
- Die Entscheidung basierte auf der Überprüfung der Nebenkostenabrechnung sowie der Erfassung der Heizkosten, die von der Beklagten vorgenommen wurde.
- Die Beklagte wurde außerdem dazu verurteilt, die Kosten des Verfahrens zu tragen.
- Die Klägerin wurde von der Erhöhung der Heizkostenvorauszahlungen befreit, die die Beklagte vorgenommen hatte.
- Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wobei die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden kann.
- Das Urteil hat Auswirkungen auf die Rechtssicherheit bei der Abrechnung von Heizkosten innerhalb von Wohnraummietverhältnissen.
- Verbraucher werden darüber informiert, dass eine transparente und nachvollziehbare Abrechnung für die Gültigkeit von Nachforderungen notwendig ist.
Gerichtsurteil zur Heizkostenumlage: Klärung bei niedriger Erfassungsrate
Die Heizkostenumlage ist ein zentrales Thema für Mieter und Vermieter, insbesondere wenn es um die Berechnung der Heizkosten geht. Gemäß dem Gesetz müssen die Heizkosten nach dem Verbrauch der Mieter oder, wenn dies nicht möglich ist, nach der Wohnfläche verteilt werden. Diese Regelung soll sicherstellen, dass die Kosten gerecht verteilt werden und Anreize zur Energieeinsparung geschaffen werden. Doch was passiert, wenn die Erfassungsrate für den tatsächlichen Verbrauch der Mieter niedrig ist? In solchen Fällen wird die Umlegung der Heizkosten auf Basis der Wohnfläche besonders relevant.
Eine niedrige Erfassungsrate kann verschiedene Ursachen haben, wie zum Beispiel defekte Heizkostenverteilgeräte oder unzureichende Ablesemöglichkeiten. Dies führt häufig zu Unsicherheiten und Unmut unter den Mietern, da sie sich benachteiligt fühlen, wenn sie für den Verbrauch ihrer Nachbarn mitzahlen müssen. Gleichzeitig stehen Vermieter vor der Herausforderung, die gesetzlichen Vorgaben zur Heizkostenverteilung korrekt umzusetzen, während sie gleichzeitig faire und nachvollziehbare Abrechnungen sicherstellen wollen.
Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der zeigt, wie ein Gericht mit der Thematik der Heizkostenumlage bei niedriger Erfassungsrate umgegangen ist und welche rechtlichen Rahmenbedingungen dabei eine Rolle spielen.
Ihr rechtlicher Beistand bei Heizkostenfragen
Stehen Sie vor unklaren und potenziell unfairen Heizkostenabrechnungen? Unsere erfahrenen Rechtsanwälte verstehen die Komplexität der Heizkostenverteilung und deren rechtliche Rahmenbedingungen. Lassen Sie uns Ihnen helfen, Ihre individuellen Ansprüche zu klären und durchzusetzen. Kontaktieren Sie uns für eine unverbindliche Ersteinschätzung – der erste Schritt zu einer gerechten Lösung Ihrer rechtlichen Herausforderungen. Vertrauen Sie auf unsere Expertise für Ihr Recht!
Der Fall vor Gericht
Heizkostenumlage bei extremen Rohrwärmeverlusten
In einem wegweisenden Fall am Amtsgericht Hersbruck stand die Verteilung von Heizkosten in einem Wohngebäude aus dem Jahr 1974 im Mittelpunkt.
Eine Mieterin klagte gegen ihre Vermieterin wegen einer Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2014, die zu einer Nachforderung von 788,08 Euro geführt hatte. Der Streitpunkt: die Methode zur Berechnung der Heizkosten in einem Gebäude mit erheblichen Rohrwärmeverlusten.
Ungewöhnlich niedrige Verbrauchserfassung
Das Gericht stellte fest, dass in dem betroffenen Wohnhaus lediglich 5,98% des gesamten Wärmeverbrauchs durch die installierten Messgeräte erfasst wurden. Diese extrem niedrige Erfassungsrate deutete auf massive Wärmeverluste durch die Heizungsrohre hin. Viele Mieter verzeichneten ungewöhnlich niedrige Verbrauchswerte an ihren Heizkörpern, was darauf schließen ließ, dass ein Großteil der Wärme bereits durch die Rohre in die Wohnungen gelangte. Die Klägerin berichtete von einer starken Erwärmung der Fußböden und sogar des unbeheizten Treppenhauses.
Rechtliche Bewertung der Heizkostenverteilung
Die Vermieterin hatte die Heizkosten zur Hälfte nach dem erfassten Verbrauch und zur anderen Hälfte nach der Wohnfläche verteilt. Das Gericht sah darin jedoch keine gerechte Verteilung. Bei einer so niedrigen Verbrauchserfassungsrate führe dies zu einer unverhältnismäßigen Belastung einzelner Mieter. Im konkreten Fall hätte die Klägerin bei dieser Berechnungsmethode 18,4% der Gesamtheizkosten tragen müssen, obwohl ihr erfasster Verbrauch nur 1,83% der gesamten Heizenergie ausmachte.
Anwendung der Heizkostenverordnung
Das Gericht musste entscheiden, ob die Heizkostenverordnung in diesem Fall überhaupt anwendbar war. Normalerweise schreibt die Verordnung eine verbrauchsabhängige Abrechnung vor. Allerdings gibt es Ausnahmen für Gebäude, die vor 1981 errichtet wurden und in denen der Nutzer den Wärmeverbrauch nicht beeinflussen kann. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass diese Ausnahme hier greift. Zwar konnten die Mieter theoretisch durch die Regulierung ihrer Thermostate den Verbrauch beeinflussen, doch bei einer Verbrauchserfassungsrate von nur 5,98% sei dies praktisch bedeutungslos.
Urteil und Konsequenzen
Das Gericht entschied, dass die Heizkosten in diesem Fall ausschließlich nach der Wohnfläche umzulegen sind. Dies führte zu einer drastischen Reduzierung der Heizkostenbelastung für die Klägerin. Statt der ursprünglich berechneten 3.045,34 Euro hatte sie nur noch 1.028,92 Euro zu zahlen. Unter Berücksichtigung ihrer geleisteten Vorauszahlungen ergab sich sogar ein Guthaben von 1.228,34 Euro. Das Gericht verurteilte die Vermieterin zur Rückzahlung von 947,87 Euro an die Klägerin und wies die Gegenforderung der Vermieterin ab.
Bedeutung für Mieter und Vermieter
Der Fall zeigt, wie komplex die Verteilung von Heizkosten in älteren Gebäuden mit hohen Rohrwärmeverlusten sein kann. Er verdeutlicht, dass die übliche Methode der verbrauchsabhängigen Abrechnung bei extremen Verlusten zu unbilligen Ergebnissen führen kann. Vermieter sollten in solchen Fällen prüfen, ob eine Abrechnung ausschließlich nach Wohnfläche nicht angemessener ist. Mieter wiederum sollten bei auffällig hohen Heizkostenabrechnungen in älteren Gebäuden die Berechnungsmethode kritisch hinterfragen und gegebenenfalls rechtlichen Rat einholen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Die Entscheidung verdeutlicht, dass bei extremen Rohrwärmeverlusten in Altbauten eine verbrauchsabhängige Heizkostenabrechnung zu unangemessenen Ergebnissen führen kann. In solchen Fällen ist eine Abrechnung nach Wohnfläche gerechtfertigt, selbst wenn die Heizkostenverordnung grundsätzlich eine verbrauchsabhängige Verteilung vorsieht. Dies stärkt den Mieterschutz und fördert eine faire Kostenverteilung, wenn der tatsächliche Verbrauch aufgrund baulicher Gegebenheiten nicht aussagekräftig erfasst werden kann.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Für Mieter und Vermieter in Altbauten mit hohen Rohrwärmeverlusten hat dieses Urteil weitreichende Folgen. Wenn die Verbrauchserfassungsrate extrem niedrig ist (hier unter 6%), kann eine Abrechnung der Heizkosten allein nach Wohnfläche gerechtfertigt sein. Dies schützt Mieter vor unverhältnismäßig hohen Heizkostenabrechnungen, die durch veraltete Heizungssysteme verursacht werden. Vermieter müssen ihre Abrechnungsmethode überprüfen und gegebenenfalls anpassen, um Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Beide Parteien sollten bei auffällig hohen Heizkostenabrechnungen in älteren Gebäuden die Berechnungsgrundlage hinterfragen und sich über ihre Rechte und Pflichten informieren.
Weiterführende Informationen
In unserer FAQ-Rubrik finden Sie umfassende Antworten und hilfreiche Informationen rund um das Thema Heizkostenverteilung und -abrechnung. Wir haben die häufigsten Fragen zusammengetragen, um Ihnen ein besseres Verständnis für die rechtlichen Rahmenbedingungen und praktischen Aspekte dieses wichtigen Themas zu vermitteln. Stöbern Sie durch unsere Antworten und klären Sie Ihre Zweifel zum Thema Heizkostenabrechnung auf.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Wie wird die Heizkostenabrechnung in älteren Gebäuden mit niedriger Verbrauchserfassungsrate fair gestaltet?
- Welche Ausnahmen von der verbrauchsabhängigen Abrechnung sieht die Heizkostenverordnung vor?
- Welche rechtlichen Möglichkeiten haben Mieter, wenn die Heizkostenabrechnung ungerecht erscheint?
- Was sollten Vermieter bei der Abrechnung der Heizkosten in Gebäuden mit hohen Rohrwärmeverlusten beachten?
- Wie können Mieter in Gebäuden mit niedriger Verbrauchserfassungsrate ihre Heizkosten beeinflussen?
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wie wird die Heizkostenabrechnung in älteren Gebäuden mit niedriger Verbrauchserfassungsrate fair gestaltet?
In älteren Gebäuden mit niedriger Verbrauchserfassungsrate wird die Heizkostenabrechnung durch einen angepassten Verteilungsschlüssel fair gestaltet. Die Heizkostenverordnung sieht für solche Fälle spezielle Regelungen vor, um eine gerechte Kostenverteilung zu gewährleisten.
Anpassung des Verteilungsschlüssels
In Gebäuden, die nicht dem Anforderungsniveau der Wärmeschutzverordnung vom 16.08.1994 entsprechen, mit Öl- oder Gasheizung und überwiegend gedämmten freiliegenden Strangleitungen, ist ein Verteilungsschlüssel von 30:70 gesetzlich vorgeschrieben. Das bedeutet, dass 30% der Heizkosten als Grundkosten und 70% als verbrauchsabhängige Kosten abgerechnet werden müssen.
Berücksichtigung von Wärmeabgabe durch Rohrleitungen
In älteren Gebäuden erfolgt oft ein erheblicher Teil der Wärmeabgabe über die Rohrleitungen. Um dies zu berücksichtigen, können Vermieter die Kosten für diese „unfreiwillige“ Heizung in die Grundkosten einbeziehen. Dies führt zu einer faireren Verteilung, da Mieter in ungünstig gelegenen Wohnungen (z.B. Außenwohnungen) nicht übermäßig belastet werden.
Erfassung des tatsächlichen Verbrauchs
Trotz niedriger Verbrauchserfassungsrate ist es wichtig, den tatsächlichen Verbrauch so genau wie möglich zu ermitteln. Moderne Erfassungsgeräte mit Fernauslesung können hier helfen, die Genauigkeit zu verbessern. Ab 2027 sind ausschließlich fernablesbare Geräte zulässig, was die Verbrauchserfassung in älteren Gebäuden verbessern wird.
Transparenz und Nachvollziehbarkeit
Für eine faire Gestaltung ist es entscheidend, dass die Abrechnung transparent und nachvollziehbar ist. Als Mieter haben Sie das Recht, Einsicht in die Berechnungsgrundlagen zu nehmen. Achten Sie darauf, dass alle relevanten Informationen wie Gesamtkosten, Verteilungsschlüssel und Ihre individuellen Verbrauchsdaten in der Abrechnung aufgeführt sind.
Wenn Sie in einem älteren Gebäude wohnen und Zweifel an der Fairness Ihrer Heizkostenabrechnung haben, lohnt es sich, diese genau zu prüfen. Bei Unklarheiten können Sie sich an Ihren Vermieter oder eine Mieterberatungsstelle wenden. Eine faire Abrechnung berücksichtigt die besonderen Gegebenheiten des Gebäudes und stellt sicher, dass Sie nur für den tatsächlich genutzten Wärmeanteil zahlen.
Welche Ausnahmen von der verbrauchsabhängigen Abrechnung sieht die Heizkostenverordnung vor?
Die Heizkostenverordnung erlaubt in bestimmten Fällen Ausnahmen von der Pflicht zur verbrauchsabhängigen Abrechnung. Diese Ausnahmen sind wichtig zu kennen, da sie Auswirkungen auf Ihre Heizkostenabrechnung haben können.
Unwirtschaftlichkeit der Verbrauchserfassung
Eine Ausnahme ist gegeben, wenn die Verbrauchserfassung technisch nicht möglich oder unverhältnismäßig aufwendig wäre. Dies kann der Fall sein, wenn die Kosten für die Installation und den Betrieb der Messgeräte in keinem angemessenen Verhältnis zu den möglichen Einsparungen stehen. Stellen Sie sich vor, Sie wohnen in einem sehr alten Gebäude, in dem die nachträgliche Installation von Messgeräten extrem teuer wäre.
Besondere bauliche Gegebenheiten
In Passivhäusern oder anderen Gebäuden mit sehr geringem Energieverbrauch kann ebenfalls von der verbrauchsabhängigen Abrechnung abgesehen werden. Der Grund: In solchen Gebäuden ist der individuelle Einfluss auf den Energieverbrauch oft minimal, sodass eine Verbrauchserfassung wenig Sinn ergibt.
Ausfall von Messgeräten
Wenn die Verbrauchserfassung aus zwingenden Gründen wie dem Ausfall von Messgeräten für mehr als 25% der beheizten Fläche nicht möglich ist, darf der Vermieter die Kosten nach einem Ersatzverfahren umlegen. In diesem Fall wird der Verbrauch geschätzt, meist basierend auf dem Verbrauch vergleichbarer Räume oder dem Verbrauch in früheren Abrechnungszeiträumen.
Zweifamilienhäuser mit Selbstnutzung
Eine weitere Ausnahme gilt für Zweifamilienhäuser, in denen der Vermieter selbst eine der Wohnungen bewohnt. Hier kann im Mietvertrag eine andere Art der Kostenverteilung vereinbart werden.
Wenn Sie von einer dieser Ausnahmen betroffen sind, sollten Sie dies in Ihrer Heizkostenabrechnung wiederfinden. Es ist ratsam, im Zweifel das Gespräch mit Ihrem Vermieter zu suchen oder sich bei komplexeren Fällen an einen Mieterverein oder einen Rechtsanwalt zu wenden.
Welche rechtlichen Möglichkeiten haben Mieter, wenn die Heizkostenabrechnung ungerecht erscheint?
Als Mieter haben Sie verschiedene rechtliche Möglichkeiten, wenn Ihnen Ihre Heizkostenabrechnung ungerecht erscheint:
Überprüfung der Abrechnung
Zunächst sollten Sie die Heizkostenabrechnung gründlich prüfen. Sie haben das Recht, innerhalb von 12 Monaten nach Erhalt der Abrechnung Einwände geltend zu machen. Achten Sie besonders auf folgende Punkte:
- Korrekte Verteilung der Kosten (mindestens 50% nach Verbrauch, maximal 50% nach Wohnfläche)
- Plausibilität der Gesamtkosten im Vergleich zum Vorjahr
- Richtigkeit der angegebenen Wohnfläche
- Vollständigkeit und Richtigkeit der Ablesung
Einsichtsrecht in Unterlagen
Sie haben das Recht, Einsicht in die Abrechnungsunterlagen zu verlangen. Dies umfasst Belege, Verbrauchsdaten anderer Mietparteien und Verteilerschlüssel. Nutzen Sie dieses Recht, um die Abrechnung im Detail zu überprüfen.
Widerspruch einlegen
Wenn Sie Fehler oder Unklarheiten in der Abrechnung entdecken, sollten Sie schriftlich Widerspruch beim Vermieter einlegen. Formulieren Sie konkrete Beschwerdepunkte und fordern Sie eine Korrektur der Abrechnung. Ein pauschaler Widerspruch ist nicht ausreichend.
Kürzungsrecht
In bestimmten Fällen haben Sie ein gesetzliches Kürzungsrecht:
- Bei fehlender oder mangelhafter Verbrauchserfassung können Sie die Abrechnung um 15% kürzen.
- Wird die Abrechnung nicht fristgerecht (in der Regel 12 Monate nach Ende des Abrechnungszeitraums) zugestellt, müssen Sie eine Nachzahlung nicht leisten.
Rechtliche Schritte
Sollte der Vermieter auf Ihren Widerspruch nicht angemessen reagieren, können Sie folgende Schritte in Erwägung ziehen:
- Einschaltung eines Mietervereins oder einer Verbraucherzentrale für fachliche Unterstützung
- Beauftragung eines Rechtsanwalts für Mietrecht
- Als letztes Mittel: Klage vor dem Amtsgericht
Bedenken Sie: Eine Nachzahlung sollten Sie zunächst unter Vorbehalt leisten, um Ihre Rechte zu wahren und Mahnungen zu vermeiden.
Prävention für die Zukunft
Um zukünftige Probleme zu vermeiden:
- Dokumentieren Sie Ihre Zählerstände regelmäßig
- Gewähren Sie Zugang für die Ablesung, um Schätzungen zu vermeiden
- Achten Sie auf die Installation fernablesbarer Messgeräte, die seit der Novellierung der Heizkostenverordnung Pflicht sind
Wenn Sie diese Schritte befolgen, können Sie Ihre Rechte als Mieter effektiv wahrnehmen und auf eine faire Heizkostenabrechnung hinwirken.
Was sollten Vermieter bei der Abrechnung der Heizkosten in Gebäuden mit hohen Rohrwärmeverlusten beachten?
Bei Gebäuden mit hohen Rohrwärmeverlusten müssen Vermieter besondere Sorgfalt bei der Heizkostenabrechnung walten lassen. Grundsätzlich ist eine verbrauchsabhängige Abrechnung vorgeschrieben, jedoch kann in solchen Fällen eine Abweichung gerechtfertigt sein.
Erfassung der Rohrwärme
Zunächst sollten Sie als Vermieter prüfen, ob die Rohrwärme gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 der Heizkostenverordnung (HeizkostenVO) erfasst wird. Ist dies nicht der Fall, haben Mieter ein Kürzungsrecht von 15% auf die Heizkosten. Um dies zu vermeiden, können Sie die Rohrwärme durch zusätzliche Heizkostenverteiler an den Rohrleitungen erfassen lassen.
Prüfung der Erfassungsrate
Wenn trotz korrekter Erfassung die Verbrauchsanteile der Nutzer im Verhältnis zueinander nicht plausibel erscheinen, sollten Sie die Erfassungsrate überprüfen. Eine niedrige Erfassungsrate deutet auf hohe Rohrwärmeverluste hin. In solchen Fällen kann eine Abrechnung nach Wohnfläche angemessener sein.
Anpassung der Verteilungsschlüssel
Bei nachweislich hohen Rohrwärmeverlusten können Sie den Verteilungsschlüssel anpassen. Statt der üblichen 70/30-Verteilung (70% nach Verbrauch, 30% nach Wohnfläche) kann ein höherer Anteil nach Wohnfläche gerechtfertigt sein. Dokumentieren Sie die Gründe für diese Anpassung sorgfältig, um bei Einwänden der Mieter argumentieren zu können.
Bauliche Maßnahmen erwägen
Langfristig sollten Sie als Vermieter bauliche Maßnahmen zur Reduzierung der Rohrwärmeverluste in Betracht ziehen. Eine verbesserte Dämmung der Rohrleitungen kann nicht nur die Energieeffizienz steigern, sondern auch zu einer faireren Kostenverteilung führen.
Wenn Sie diese Punkte beachten, können Sie als Vermieter eine rechtskonforme und faire Heizkostenabrechnung erstellen, auch in Gebäuden mit hohen Rohrwärmeverlusten. Bedenken Sie, dass jeder Fall individuell zu betrachten ist und im Zweifel rechtlicher Rat eingeholt werden sollte.
Wie können Mieter in Gebäuden mit niedriger Verbrauchserfassungsrate ihre Heizkosten beeinflussen?
Auch in Gebäuden mit niedriger Verbrauchserfassungsrate haben Mieter Möglichkeiten, ihre Heizkosten zu beeinflussen. Der Spielraum ist zwar begrenzt, aber durchaus vorhanden.
Effektives Heizverhalten
Passen Sie Ihr Heizverhalten an, um Energie zu sparen. Stellen Sie die Raumtemperatur in wenig genutzten Räumen niedriger ein. Eine Absenkung um 1°C kann bereits bis zu 6% Energie einsparen. Vermeiden Sie das Überheizen von Räumen und halten Sie die Türen zwischen unterschiedlich beheizten Räumen geschlossen.
Lüftungsgewohnheiten optimieren
Lüften Sie regelmäßig, aber effizient. Stoßlüften für 5-10 Minuten bei weit geöffneten Fenstern ist energiesparender als dauerhaft gekippte Fenster. Dies verhindert das Auskühlen der Wände und reduziert den Wärmeverlust.
Heizkörper freihalten
Stellen Sie sicher, dass Ihre Heizkörper nicht durch Möbel oder Vorhänge verdeckt sind. Freie Heizkörper können die Wärme besser an den Raum abgeben, was die Effizienz erhöht und den Energieverbrauch senkt.
Kommunikation mit dem Vermieter
Sprechen Sie mit Ihrem Vermieter über mögliche energetische Verbesserungen am Gebäude. Auch wenn Sie als Mieter diese nicht selbst durchführen können, kann ein konstruktiver Dialog zu Maßnahmen wie der Isolierung von Heizungsrohren oder der Optimierung der Heizungsanlage führen.
Bedenken Sie, dass in Gebäuden mit niedriger Verbrauchserfassungsrate ein größerer Teil der Heizkosten nach Wohnfläche umgelegt wird. Dennoch können Ihre Bemühungen zur Energieeinsparung nicht nur Ihren individuellen Verbrauch, sondern auch den Gesamtverbrauch des Gebäudes positiv beeinflussen.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Rohrwärmeverluste: Dies bezeichnet die unbeabsichtigte Wärmeabgabe von Heizungsrohren an die Umgebung. In älteren Gebäuden mit schlecht isolierten Rohren kann ein erheblicher Teil der Heizenergie bereits auf dem Weg zu den Heizkörpern verloren gehen. Dies führt dazu, dass Räume auch ohne eingeschaltete Heizkörper warm werden. Im vorliegenden Fall betrugen die Rohrwärmeverluste über 94% der gesamten Heizenergie, was die Grundlage für die gerichtliche Entscheidung bildete. Für Mieter und Vermieter ist es wichtig, Rohrwärmeverluste zu erkennen, da sie die Heizkostenabrechnung erheblich beeinflussen können.
- Verbrauchserfassungsrate: Dieser Begriff bezeichnet den Anteil des tatsächlich durch Messgeräte erfassten Wärmeverbrauchs am Gesamtverbrauch einer Heizungsanlage. Eine niedrige Rate deutet auf hohe Wärmeverluste oder technische Probleme hin. Im vorliegenden Fall lag die Rate bei nur 5,98%, was bedeutet, dass über 94% der Wärme nicht durch die Heizkostenverteiler erfasst wurden. Eine derart niedrige Rate kann die Grundlage für eine Abweichung von der üblichen verbrauchsabhängigen Abrechnung sein. Mieter sollten bei ihrer Heizkostenabrechnung auf die angegebene Verbrauchserfassungsrate achten.
- Heizkostenverteiler: Dies sind Geräte, die an Heizkörpern angebracht werden, um den relativen Wärmeverbrauch zu messen. Sie erfassen nicht den absoluten Verbrauch, sondern verteilen die Gesamtkosten prozentual auf die einzelnen Wohnungen. Bei hohen Rohrwärmeverlusten können Heizkostenverteiler den tatsächlichen Verbrauch nicht korrekt abbilden, da viel Wärme bereits vor Erreichen der Heizkörper abgegeben wird. Im beschriebenen Fall führte dies zu einer unverhältnismäßigen Kostenverteilung, die das Gericht als ungerecht bewertete.
- Heizkostenverordnung (HeizkostenV): Diese Verordnung regelt die verbrauchsabhängige Abrechnung von Heiz- und Warmwasserkosten in Gebäuden mit zentraler Heizungsanlage. Sie soll eine gerechte Kostenverteilung und Anreize zum Energiesparen schaffen. Die Verordnung sieht vor, dass mindestens 50% der Heizkosten nach dem erfassten Verbrauch abgerechnet werden müssen. Allerdings enthält sie auch Ausnahmen, etwa für Gebäude mit sehr hohen Wärmeverlusten. Im vorliegenden Fall entschied das Gericht, dass die Ausnahmeregelung greift und eine Abrechnung rein nach Wohnfläche zulässig ist.
- Wohnflächenmaßstab: Bei dieser Abrechnungsmethode werden die Heizkosten ausschließlich nach der Größe der Wohnfläche verteilt, unabhängig vom tatsächlichen Verbrauch. Dies kann in Fällen angewandt werden, in denen eine verbrauchsabhängige Abrechnung nicht möglich oder sinnvoll ist, wie bei sehr hohen Rohrwärmeverlusten. Im beschriebenen Fall entschied das Gericht, dass aufgrund der extrem niedrigen Verbrauchserfassungsrate eine Abrechnung nach Wohnfläche gerechter sei. Für Mieter bedeutet dies, dass sie unabhängig von ihrem individuellen Heizverhalten anteilig nach ihrer Wohnungsgröße an den Heizkosten beteiligt werden.
- VDI 2077: Dies ist eine Richtlinie des Vereins Deutscher Ingenieure zur Verbrauchskostenerfassung für die Technische Gebäudeausrüstung. Sie gibt Empfehlungen zur Heizkostenabrechnung, insbesondere bei Gebäuden mit hohen Wärmeverlusten. Obwohl nicht rechtsverbindlich, wird sie oft als Orientierung bei Streitfällen herangezogen. Im vorliegenden Fall berief sich die Klägerin auf die VDI 2077, um eine gerechtere Kostenverteilung zu erreichen. Die Richtlinie kann für Mieter und Vermieter als Argumentationsgrundlage dienen, wenn es um die Angemessenheit von Heizkostenabrechnungen geht.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 556 BGB (Betriebskosten): Hier werden die Kosten definiert, die ein Vermieter auf den Mieter umlegen kann. Dazu gehören auch die Heizkosten. Im vorliegenden Fall ist relevant, ob die Heizkostenabrechnung der Vermieterin den gesetzlichen Vorgaben entspricht und ob die Umlage der Kosten auf die Mieterin korrekt erfolgt ist.
- § 9a HeizkostenV (Verteilung der Heizkosten): Dieser Paragraph regelt, wie die Heizkosten grundsätzlich verteilt werden müssen. In der Regel erfolgt dies verbrauchsabhängig. Im vorliegenden Fall ist entscheidend, ob die Ausnahme für Gebäude, die vor 1981 errichtet wurden und in denen der Nutzer den Wärmeverbrauch nicht beeinflussen kann, greift.
- § 7 HeizkostenV (Bestimmung des Wärmeverbrauchs): Dieser Paragraph legt fest, wie der Wärmeverbrauch zu bestimmen ist. Dabei sind Wärmezähler zu verwenden, sofern dies technisch möglich und wirtschaftlich vertretbar ist. Im vorliegenden Fall ist relevant, ob die niedrige Verbrauchserfassungsrate von 5,98 % auf technische Mängel oder andere Gründe zurückzuführen ist und ob dies Auswirkungen auf die Heizkostenverteilung hat.
- § 11 HeizkostenV (Ausnahmen von der Verbrauchserfassung): Dieser Paragraph nennt Ausnahmen von der Verpflichtung zur Verbrauchserfassung. Eine Ausnahme besteht für Gebäude, die vor dem 1. September 1981 errichtet wurden und in denen der Nutzer den Wärmeverbrauch nicht beeinflussen kann. Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob diese Ausnahme greift, da das Gebäude 1974 errichtet wurde und die Verbrauchserfassungsrate sehr niedrig ist.
- VDI 2077 (Richtlinie zur Heizkostenabrechnung): Diese Richtlinie enthält Empfehlungen für die Heizkostenabrechnung, insbesondere bei Gebäuden mit hohen Wärmeverlusten. Sie ist nicht rechtsverbindlich, kann aber bei der Auslegung der Heizkostenverordnung herangezogen werden. Im vorliegenden Fall beruft sich die Klägerin auf die VDI 2077, um eine gerechtere Heizkostenverteilung zu erreichen.
Das vorliegende Urteil
AG Hersbruck – Az.: 3 C 297/16 – Urteil vom 27.10.2017
* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.
→ Lesen Sie hier den vollständigen Urteilstext…
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 947,87 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 26.02.2016 zu bezahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Klägerin ab 01.12.2015 keine um 61,00 € erhöhte Vorauszahlung auf Heizkosten schuldet.
3. Die Widerklage wird abgewiesen.
4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 3.785,55 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten mit Klage und Widerklage über Betriebskosten aus einem Wohnraummietverhältnis.
Die Klägerin und Widerbeklagte (im Folgenden: Klägerin) mietete ab dem 01.09.2008 eine Wohnung im 3. OG des im Jahr 1974 erstellten Anwesens … bei der Beklagten an. Wegen der Einzelheiten wird auf den Mietvertrag vom 26.08.2008 Bezug genommen.
Im Jahr 2009/2010 wurde das Anwesen energetisch modernisiert.
Die Wohnung weist eine Wohnung von 84,2 qm auf, dies entspricht 6,22 % der Gesamtwohnfläche des Anwesens von 1.354,40 qm. Die Leitungen in der Wohnungen liegen im Fußboden. Die Heizungsrohre sind im Keller gedämmt.
Im Zeitraum vom 01.01.2014 bis 31.12.2014 bezahlte die Klägerin insgesamt Betriebskostenvorauszahlungen von 4.632,00 €. Am 12.11.2015 erstellte die Beklagte eine Nebenkostenabrechnung für das Kalenderjahr 2014. Sie stellte der Klägerin Betriebs- und Heizkosten von insgesamt 5.420,08 € in Rechnung und ermittelte unter Abzug der geleisteten Vorauszahlungen eine Nachzahlung von 788,08 €. Außerdem passte sie die Heizkostenvorauszahlungen der Klägerin von 220,00 € um 61,00 € auf 281,00 € an. Nach der Abrechnung wurden im Anwesen insgesamt 12.345,65 Einheiten erfasst, in der Wohnung der Klägerin 3.773,75 Einheiten. Die Heizkosten des Anwesens beliefen sich auf insgesamt 16.550,63 €, die der Klägerin auf 3.045,34 €. Wegen der Einzelheiten wird auf die Nebenkostenabrechnung vom 12.11.2015 nebst Abrechnung über Energie- und Betriebskosten vom 17.09.2015 sowie die Gesamtabrechnung Energie- und Betriebskosten Bezug genommen.
Für die Heizwärme sind im Abrechnungszeitraum 206.410,89 kWh Gas benötigt worden. Die Verbrauchserfassungsrate in dem streitgegenständlichen Anwesen liegt bei 5,98 %.
Mit Schreiben vom 20.01.2016 forderte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung zum 25.02.2016 zur Zahlung von 947,87 € auf.
Die Klägerin trägt vor, die Bodenbereiche in der von ihr bewohnten Wohnungen würden sich enorm aufheizen. Insbesondere im Wohnzimmer finde eine massive Abstrahlung von den durch das Zimmer verlaufenden Rohren statt, sodass tagsüber eine Erwärmung stattfinde, obwohl die Heizung abgedreht werde, sodass die Fenster nach Rückkehr zur Belüftung geöffnet werden müssten. Auch im 1 Zimmer links vom Eingang finde eine starke Erwärmung über den Fußboden statt. Das Treppenhaus sei ebenfalls im Winter temperiert und nicht kalt, wie es mangels Heizkörpern eigentlich der Fall sein müsste.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte sei verpflichtet, ihre Heizkostenabrechnung unter Berücksichtigung der VDI 2077 zu erstellen. Sollten die Voraussetzungen für eine Anwendung der VDI 2077 nicht gegeben sein, sei jedenfalls davon auszugehen, dass die Kosten vollständig nach der Fläche abzurechnen seien. Es sei aufgrund der gegebenen Tatsachen davon auszugehen, dass die technische Ausstattung des Anwesens nicht einmal geeignet sei, überhaupt Daten zu erfassen, die Grundlage einer verbrauchsabhängigen Abrechnung sein könnten. Bei einer Erfassung von 5,9 % von der Erfassung von Verbräuchen zu sprechen, sei verfehlt und eine bloße Förmelei. Eine verbrauchsabhängige Abrechnung sei daher nicht möglich. Es bleibe allein eine flächenabhängige Kostenverteilung.
Die Klägerin beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 947,87 € nebst 5 %-Punkte Zinsen seit 26.02.2016 zu bezahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Klägerin ab 01.12.2015 keine um 61,00 € erhöhte Vorauszahlung auf Heizkosten schuldet.
Die Beklagte beantragt Klageabweisung.
Widerklagend beantragt die Beklagte:
Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte zu bezahlen EUR 788,08 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 02.12.2015.
Die Klägerin beantragt: Die Widerklage wird abgewiesen.
Die Beklagte ist der Ansicht, sie sei nicht verpflichtet, bei der Heizkostenabrechnung die VDI 2077 anzuwenden. Die Abrechnung entspreche der Heizkostenverordnung und sei nicht ausschließlich nach der Fläche zu erstellen. Eine Anspruchsgrundlage hierfür zu Gunsten der Klägerin sei nicht erkennbar. § 11 Abs. 1 Satz 1 c) HKVO gebe dem Vermieter nur die Möglichkeit auf eine verbrauchsabhängige Kostenverteilung zu verzichten. Eine Anwendung von § 11 HKVO widerspreche auch der gesonderten Regelung in § 7 HKVO.
Das Gericht hat die Verfahren 3 C 297/16 und 3 C 855/16 mit Beschluss vom 29.08.2016 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Klage war auch begründet.
1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Rückzahlung von Betriebskostenvorauszahlungen in Höhe von 947,87 € aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB.
Im streitgegenständlichen Abrechnungszeitraum ergab sich für die Klägerin ein Guthaben von zumindest 1.228,34 €, von diesem Guthaben hat die Beklagte an die Klägerin 947,87 € zu bezahlen, § 308 ZPO.
a) Entgegen der Auffassung der Klägerin war die Beklagte nicht verpflichtet, die Abrechnung nach § 7 Abs. 1 Satz 3 HKVO in Verbindung mit der Richtlinie VDI 2077 vorzunehmen. Einer unmittelbaren Anwendbarkeit steht schon entgegen, dass die Leitungen in dem Anwesen nicht freiliegend, d.h. sichtbar sind, sondern in den Wohnungen im Fußboden verlegt sind. Eine analoge Anwendung auf überwiegend ungedämmte, aber nicht freiliegende Leitungen der Wärmeverteilung kommt nach der Rechtsprechung des BGH nicht in Betracht, da nicht festgestellt werden kann, dass die insoweit geschaffene Regelungslücke auch planwidrig ist (ausführlich hierzu: BGH, Urteil vom 15.03.2017, VIII ZR 5/16).
b) Die Beklagte war im Streitfall aber verpflichtet, die angefallenen Heizkosten allein nach dem Anteil der Wohnfläche umzulegen, denn die Vorschrift des § 7 HKVO war nach Auffassung des Gerichts auf die streitgegenständliche Abrechnung gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1 c) HKVO nicht anzuwenden.
Nach dieser Vorschrift sind die §§ 3 bis 7 der Heizkostenverordnung, soweit sie sich auf die Versorgung mit Wärme beziehen, nicht anzuwenden auf Räume, die vordem 1. Juli 1981 bezugsfertig geworden sind und in denen der Nutzer den Wärmeverbrauch nicht beeinflussen kann.
Das Anwesen ist im Jahr 1974 erstellt worden.
Die Verbrauchserfassungsrate liegt in dem streitgegenständlichen Anwesen bei nur 5,98 %.
Es ist ferner davon auszugehen, dass diese extrem niedrige Verbrauchserfassungsrate auf überhöhte Rohrwärmeverluste zurückzuführen sind. Die Beklagte hat den Vortrag der Klägerin zu der Erwärmung der Fußböden in ihrer Wohnung und der Erwärmung des Treppenhauses zwar bestritten. Aus der vorgelegten Gesamtabrechnung der Energie- und Heizkosten ergibt sich aber, dass die erfassten Heizungsverbrauchseinheiten zahlreicher Nutzer etwa der Nutzer 0002 (771,78 Einheiten), 0003 (894,64 Einheiten), 0004 (0,00 Einheiten), 0005 (393,31 Einheiten), 0006 (153,45 Einheiten), 0008 (78,13 Einheiten), 0010 (2,75 Einheiten), 0011 (179,60 Einheiten), 0012 (245,63 Einheiten), 0014 (136,70 Einheiten), 0015 (494,40 Einheiten), 0016 (21,45 Einheiten), 0017 (92,45 Einheiten), 0019 (35,70 Einheiten) unter Berücksichtigung des üblichen Wärmeverbrauchs pro Quadratmeter extrem niedrig sind. Mit einem sparsamen Heizverhalten lässt sich dies unter Berücksichtigung der Zahl der Nutzer mit extrem niedrigen Verbrauchswerten nicht erklären. Einzig nachvollziehbare Erklärung hierfür ist aus Sicht des Gerichts – in Verbindung mit der niedrigen Verbrauchserfassungsrate – dass es bei diesen Nutzern schon durch die Rohrwärme zu einer Erwärmung der Räumlichkeiten kommt und es seines Einschalten der Heizkörper nicht oder nur in Ausnahmefällen bedarf. Zu berücksichtigen war in diesem Zusammenhang auch, dass auch die Beklagte keine anderen Ursachen für die niedrige Verbrauchserfassungsrate genannt hat.
Das Gericht verkennt nicht, dass die Nutzer in dem streitgegenständlichen Anwesen durch Regulierung der Thermostate an den Heizkörpern den Wärmeverbrauch durchaus zumindest in einem – wenn auch geringen Umfang – regulieren können.
Dennoch kann im Streitfall von einer Beeinflussbarkeit des Wärmeverbrauchs nicht gesprochen werden. Die Verbrauchserfassungsrate der Liegenschaft beläuft sich unstreitig auf nur 5,98 % des gesamten Gasverbrauchs. Der Einwand der Klägerin, in einem solchen Fall sei es bloße Förmelei, von erfassten Verbräuchen zu sprechen, erscheint daher durchaus berechtigt. Auch bedeutet eine Verbrauchserfassungsrate von 5,98 % im Umkehrschluss, dass 94,02 % des Wärmeverbrauchs von den einzelnen Nutzern der Wohneinheiten nicht beeinflusst werden können.
Obwohl es sich bei § 11 Abs. 1 Nr. 1 c) HKVO um eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift handelt, steht die Beeinflussbarkeit von nur 5,98 % des Verbrauchs einer Anwendung dieser Vorschrift nicht entgegen. Hierfür spricht auch, dass die mit einer verbrauchsabhängigen Abrechnung verfolgten Ziele, eine verursachergerechte Verteilung der Heizkosten zu gewährleisten und die Nutzer zu einem sparsamen und bedarfsgerechten Heizverhalten anzuhalten, in diesem Fall ohnehin nicht erreicht werden können.
Die von der Beklagten vorgenommene Verteilung zu 50 % nach Verbrauch stellt bei einer tatsächlichen Verbrauchserfassungsrate von 5,98 % keine gerechte Verteilung dar, denn der erfasste Verbrauch der Nutzer wird in diesem Fall in der Abrechnung mit einem mehr als 8-fachen Faktor berücksichtigt. Der Heizwärmeverbrauch belief sich auf insgesamt 206.410,89 kWh, davon hat die Beklagte 50 %, d.h. 103.205,44 kWh nach dem Verbrauch umgelegt. Auf die Klägerin, in deren Wohnung 3.775,73 Einheiten von insgesamt 12.345,65 Einheiten erfasst worden sind, sind 30,58 % dieser Einheiten umgelegt worden, d.h. 31.560,22 kWh. Hierbei handelt es sich unter Zugrundelegung der von der Klägerin vorgetragenen und von der Beklagten nicht weiter bestrittenen Basisempfindlichkeit der Heizkostenverteiler von 1,0, um das 8,38-fache des bei den Heizkostenverteilern der Klägerin tatsächlich erfassten Verbrauchs. Dass von einer verursachergerechten Verteilung der Heizkosten hier keine Rede sein kann, wird auch dadurch deutlich, dass es sich bei den durch die Heizkostenverteiler erfassten Einheiten der Klägerin um nur 1,83 % der gesamten Heizenergie handelt, die Klägerin bei einer Verteilung zu 50/50 aber mit 3.045,34 € 18,4 % der sich aus der Abrechnung ergebenden Heizkosten von 16.550,63 € zu tragen hätte.
Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Nutzer hierdurch zu einem sparsamen Heizverhalten angehalten werden. Auf den an den Heizkostenverteilern nicht erfassten Verbrauch hat der einzelne Nutzer schon keinen Einfluss. Der überproportionalen Berücksichtigung von Verbrauchseinheiten kann der Nutzer ferner nur durch (nahezu) vollständiges Einstellen des Beheizens der Wohnung begegnen, dies ist aber weder im Interesse des Vermieters noch handelt es sich dabei um ein bedarfsgerechtes Heizverhalten.
Der Anwendung von § 11 Abs. 1 Nr. 1 c) HKVO steht im Streitfall auch die Vorschrift von § 7 Abs. 1 Satz 3 HKVO nicht entgegen.
§ 7 Abs. 1 Satz 3 HKVO ist lex specialis zu § 11 HKVO, denn durch Einführung dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass die Heizkostenverordnung grundsätzlich auch in den sogenannten Rohrwärmefällen Anwendung finden soll. Dies gilt selbst dann, wenn die Leitungen wie hier nicht freiliegend, d.h. sichtbar, sondern etwa unter dem Putz oder dem Estrich verlegt sind. Auch wenn in diesem Fall die Vorschrift von § 7 Abs. 1 Satz 3 HKVO nach der Rechtsprechung des BGH keine analoge Anwendung findet, kann nicht davon ausgegangen werden, dass bei freiliegenden Leitungen die Heizkostenverordnung unter Berücksichtigung von § 7 Abs. 1 Satz 3 HKVO Anwendung finden sollte, bei nicht frei liegenden Leitungen im Falle einer erhöhten Rohrwärme aber ein Ausnahmefall nach § 11 HKVO eingreifen sollte.
Allerdings ist nach Auffassung des Gerichts auch nach Inkrafttreten von § 7 Abs. 1 Satz 3 HKVO zumindest dann auf die Ausnahmetatbestände des § 11 HKVO zurückzugreifen, wenn die Verbrauchserfassungsrate wie hier extrem niedrige einstellige Werte erreicht (vgl. LG Siegen, Urteil vom 12.05.2015, 1 S 121/11; Wall, jurisPR-MietR 4/2012, Anm. 2; AG Neubrandenburg, Urteil vom 05.06.2012, 6 C 675/11). Dass auch in diesen (Extrem)fällen die Heizkostenverordnung anwendbar bleiben soll, lässt sich nach Auffassung des Gerichts auch § 7 Abs. 1 Satz 3 HKVO nicht entnehmen.
Soweit die Beklagte einwendet, § 11 HKVO entbinde nur den Vermieter von der Pflicht, den Verbrauch zu erfassen und bei Vornahme einer verbrauchsabhängigen Kostenverteilung gebe es keinen Anlass, von der Ausnahmeregelung Gebrauch zu machen, folgt das Gericht dem nicht. Nach dem Wortlaut der Vorschrift des § 11 HKVO ist § 7 HKVO, der eine verbrauchsabhängige Abrechnung vorsieht, bei Vorliegen eines Ausnahmetatbestands nicht anzuwenden. Stattdessen gilt bei preisfreiem Wohnraum der rechtsgeschäftlich vereinbarte Umlagemaßstab; liegt ein solcher nicht vor, der Wohnflächenmaßstab nach § 556a Abs. 1 S. 1 BGB (MüKoBGB/Schmid/Zehelein BetrKV § 11 Rn. 16-17, beck-online). Nach den mietvertraglichen Vereinbarungen der Parteien ist die Abrechnung grundsätzlich nach dem Verhältnis der Wohnfläche vorzunehmen (§ 3 Ziffer 2d) des Mietvertrages). Wird der Beklagte eine Bestimmung des Umlagemaßstabs nach billigem Ermessen zugestanden (§ 315 BGB) führt dies zu keinem anderen Ergebnis, denn eine verbrauchsabhängige Abrechnung hat hier keine gerechte Verteilung der Kosten zur Folge, sondern führt vielmehr auch unter Berücksichtigung ihres tatsächlichen erfassten Verbrauchs zu einer nicht hinnehmbaren Belastung einzelner Mieter. Eine solche Kostenverteilung entspricht daher nicht billigem Ermessen.
c) Bei einer Abrechnung der Heizkosten nach der Wohnfläche ergibt sich für die Klägerin im streitgegenständlichen Abrechnungszeitraum ein Guthaben von 1.228,34 €.
Die Heizkosten beliefen sich im Abrechnungszeitraum auf 16.550,63 €, bei einer Gesamtwohnfläche des Anwesens von 1.345,40 qm entspricht dies Heizkosten von 12,22 €/qm. Auf die Wohnung der Klägerin entfallen bei einer Wohnfläche von 84,20 qm insgesamt Heizkosten von 1.028,92 € anstelle der in Rechnung gestellten 3.045,34 €. Unter Abzug der sich daraus ergebenden Differenz von 2.016,42 € von der Klägerin in Rechnung gestellten Gesamtkosten von 5420,08 € belaufen sich die Gesamtkosten der Klägerin auf 3.403,66 €. Von diesem Betrag sind die geleisteten Vorauszahlungen von 4.632,00 € in Abzug zu bringen.
Da sich bereits durch eine Umlage der Heizkosten nach Wohnfläche ein die Klageforderung übersteigendes Guthaben von 1.228,34 € ergibt, war die ebenfalls zwischen den Parteien streitige Frage der Höhe der Abwasser- und Frischwasserkosten nicht entscheidungserheblich.
Von diesem Guthaben hat die Beklagte der Klägerin einen Betrag von 947,87 € zu erstatten, § 308 ZPO.
2. Ein Anspruch auf Erstattung von Verzugszinsen besteht gemäß §§ 280 Abs. 1, 2, 286, 288 BGB.
3. Daneben war auf den Antrag der Klägerin festzustellen, dass diese ab dem 01.12.2015 keine um 61,00 € erhöhte Vorauszahlung für Heizkosten schuldet. Ein Recht zu einer Anpassung der Heizkostenvorauszahlungen gemäß § 560 Abs. 4 BGB bestand aufgrund des sich ergebenden Guthabens nicht.
II.
Die zulässige Widerklage war unbegründet.
Ein Nachzahlungsanspruch der Beklagten in Höhe von 788,08 € bestand nicht, denn unter Abzug der geleisteten Vorauszahlungen der Klägerin ergab sich ein Guthaben von zumindest 1.228,42 €.
Mangels Hauptforderung besteht auch kein Anspruch auf Verzinsung.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit gründet sich auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Der Streitwert beruht auf §§ 3, 9 ZPO. Für die negative Feststellungsklage war gemäß § 9 ZPO der 42-fache monatliche Differenzbetrag anzusetzen, wobei ein Abschlag von 20 % vorzunehmen war.