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Heizperiode – durch Vermieter geschuldete Raumtemperatur

AG Köpenick, Az.: 5 C 64/09, Urteil vom 07.09.2010

1. Die Beklagte wird verurteilt, folgende Mängel in der Wohnung … … Berlin, Nutzungseinheit: … zu beseitigen:

In der Wohnung werden im Flur, in der Küche, im Wohnzimmer und im Schlafzimmer keine 20°C erreicht.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.500 Euro vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist Mieter der im Tenor näher bezeichneten Wohnung, deren Vermieterin die Beklagte ist. Er macht nach umfangreichem vorprozessualem Schriftverkehr mit der Klage einen Mangel in der Beheizbarkeit der von ihm gemieteten Wohnung geltend.

Heizperiode – durch Vermieter geschuldete Raumtemperatur
Foto: AndreyPopov/Bigstock

Während des laufenden Verfahrens haben die Parteien am 22. Februar 2010 eine Wohnungsbesichtigung durchgeführt. Die Beklagte hat im Anschluss daran in der Küche, die anders als andere Räume in der Wohnung nicht mit einer durch den Kläger an der Decke angebrachten Plastikfolie versehen ist, eine Temperaturdauermessung über drei Tage, nämlich vom 22. bis 25. Februar 2010, vorgenommen. Dabei wurde ein Testo 177-H1 Langzeitmessgerät aufgestellt und das Thermostat am Küchenheizkörper demontiert, um ein Herunterregeln der Raumtemperatur durch den Kläger zu verhindern. Wegen der Ergebnisse dieser Dauermessung wird auf das von der Beklagten mit Schriftsatz vom 19. April 2010, (Bl. 90 f. d. A.) eingereichte Messprotokoll vom 13. April 2010 (Bl. 92 ff. d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger behauptet, in seiner Wohnung würden im Winter, bei üblichen Außentemperaturen von etwa 0°C und Dauerbetrieb aller Heizkörper auf höchster Stufe für drei Tage im Flur lediglich maximal 15°C, in der Küche und im Wohnzimmer maximal 18°C und im Schlafzimmer maximal 19°C erreicht.

Der Kläger meint, ursächlich für den von ihm behaupteten Mangel sei die mangelhafte Dämmung der Wohnung. Er behauptet, es finde keinerlei Dämmung der Wohnung nach oben statt mit der Folge, dass die Wärme der Heizkörper nach oben verpuffe. Bei den Außenwänden handele es sich um 50iger Mauerwerk. Die Decke der Wohnung, die unmittelbar über dem Dachgeschoss liege, bestehe aus einer angeputzten Holzlage, dazwischen fehle eine Schüttung, darüber gebe es eine Dielenlage zum Dachboden hin, die mit einem etwa 2 cm dicken Estrichboden belegt sei.

Nachdem der Kläger mit seiner Klage ursprünglich das Ziel verfolgt hat, die aus seiner Sicht „ungedämmte Wohnungsdecke zum darüber liegenden Dachboden“ zu beseitigen, hat er in der mündlichen Verhandlung am 20. April 2010 sowie mit Schriftsatz vom 26. Mai 2010 (Bl. 107 d. A.) aufgrund entsprechender Hinweise des Gerichts seinen Klageantrag geändert.

Der Kläger beantragt nunmehr, die Beklagte zu verurteilen, folgende Mängel in der Wohnung … … Berlin, Nutzungseinheit: … zu beseitigen:

In der Wohnung werden im Flur, in der Küche, im Wohnzimmer und im Schlafzimmer keine 20°C erreicht.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, anlässlich eines am 18. Januar 2008 durchgeführten Ortstermins in der Wohnung des Klägers hätten ihr Mitarbeiter … sowie Herr … und Herr … gleich beim Betreten der Wohnung bemerkt, dass dort ein feuchtes Raumklima herrschte und es zudem sehr kalt in der Wohnung gewesen sei. Die Raumtemperatur in der Mitte der Wohnung habe nur 15°C betragen, die Luftfeuchtigkeit 56 bis 60 %. Im Freien sei dagegen eine Luftfeuchtigkeit von 47 % gemessen worden. Alle Heizkörper seien auf Null gestellt gewesen. Der Kläger habe angegeben, die Heizkörper seien am Tage, während seiner Abwesenheit immer auf Null gestellt, um Heizkosten zu sparen. Die Oberflächentemperatur der Innenwände habe nur 8°C betragen.

Die Messung im Zeitraum vom 22. bis 25. Februar 2010 lasse keine Rückschlüsse zu, ob im Wohnzimmer, im Schlafzimmer, im Flur oder auch in der Küche der Wohnung 20°C erreicht werden. Weil nur der Thermostatkopf am Heizkörper der Küche demontiert worden sei, sei es nicht verwunderlich, wenn keine Temperatur von mehr als 20°C erreicht wurde, „wenn im Zeitraum der Messung die anderen Räume der Wohnung nicht beheizt wurde, die Küchentür offenstand und/oder Fenster der Wohnung geöffnet waren“.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle vom 1. Dezember 2009 (Bl. 75 d. A.) und 20. April 2010 (Bl. 87 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig.

  1. waren die Änderungen des Klageantrages in der mündlichen Verhandlung vom 20. April 2010 und im Schriftsatz des Klägers vom 26. Mai 2010 keine Klageänderung i. S. des § 263 ZPO. Vielmehr handelte es sich insoweit um Modifizierungen des Klageantrages vor dem Hintergrund eines unveränderten Klagegrundes und eines unveränderten Begehrens, das auch in dem neu gefassten Antrag zum Ausdruck kommt.

Die Klage ist auch begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf ordnungsgemäße Beheizung der Wohnung gemäß § 536 BGB, die derzeit nach dem substantiierten Vortrag des Klägers, dem die Beklagten nicht hinreichend substantiiert und schlüssig entgegengetreten ist, nicht gegeben ist.

In der Rechtsprechung wird die Frage, welche Temperatur eine ordnungsgemäße Erfüllung der Pflicht zum Beheizen darstellt, nicht einheitlich beantwortet (LG Berlin, GE 1998, 905 ff. m. w. N.). Nach der Rechtsprechung des Landgerichts Berlin, der sich das erkennende Gericht anschließt, entspricht eine Raumtemperatur am Tage von 22°C (für Bad und Toilette) bzw. von 20°C für die übrigen Räume einem gewöhnlichen, am zeitgemäßen Wohnstandard zu bemessenden Gebrauch der Mietsache (LG Berlin a. a. O.). Nachts ist eine durchgehende Temperatur von 18°C als ausreichend anzusehen.

Dass in der Wohnung des Klägers dieser Mindeststandard nicht gegeben ist, hat er substantiiert dargelegt und ist durch die während des laufenden Verfahrens mit Zustimmung des Klägers durch die Beklagte durchgeführte Langzeitmessung untermauert worden, selbst wenn der Kläger meint, tatsächlich seien die Temperaturen noch geringer gewesen als durch die Langzeitmessung festgestellt. Darauf kommt es jedoch im Ergebnis nicht an.

Für die Durchführung einer Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens sieht das Gericht vor dem Hintergrund des (wechselnden) Beklagtenvortrages keinen Raum mehr. Mit Schriftsatz vom 19. April 2010 hat die Beklagte im Anschluss an die von ihr in Auftrag gegebene Langzeitmessung selbst vorgetragen, dass in der Küche der Wohnung des Klägers Temperaturen von „bis nahe 20°C“ zu erreichen sind. Das heißt aber zugleich und wird durch die einzelnen Messergebnisse deutlich, dass nie mehr als 19,3 °C erreicht und damit 20°C eben gerade nicht erreicht wurden. Eine auch nur geringfügig höhere Temperatur wurde zu keinem Zeitpunkt der Messung unabhängig von der Luftfeuchtigkeit und bei unstreitig voll aufgedrehtem Heizkörper erreicht. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Außentemperaturen in diesem Zeitraum um 0°C lagen, also keine besonders niedrigen Außentemperaturen gegeben waren. Vor diesem Hintergrund war der Behauptung der Beklagten, die mangelhafte Beheizung der Wohnung sei auf das unsachgemäße Heizverhalten des Beklagten zurückzuführen, nicht nachzugehen. Denn nach Durchführung der Langzeitmessung in der Küche der Wohnung ist weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich, dass in den übrigen Wohnräumen höhere Temperaturen erreicht werden können und insoweit eine Differenzierung zwischen den einzelnen Wohnräumen vorzunehmen ist. Soweit die Beklagte inzwischen ihren Vortrag modifiziert hat, indem sie sinngemäß einwendet, die durchgeführte Langzeitmessung sei unbrauchbar, weil der Kläger im Zeitraum der Messung die anderen Räume der Wohnung nicht beheizt haben könnte, die Küchentür offen gestanden haben könnte und/oder Fenster der Wohnung geöffnet worden sein könnten, verhält sie sich prozessual widersprüchlich. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger die Langzeitmessung unterlaufen, d. h. deren Ergebnis manipuliert haben könnte. Der Vortrag der Beklagten ist spekulativ. Das Gericht versteht den Vortrag so, dass die Beklagte zum Ausdruck bringen will, der Kläger habe die Möglichkeit zur Manipulation gehabt. Dieser Vortrag steht aber im Widerspruch dazu, dass die Beklagte die Langzeitmessung vor dem Bekanntwerden der Ergebnisse und offensichtlich auch noch zum Zeitpunkt der Abfassung des Schriftsatzes vom 19. April 2010 als geeignete Methode zur Ermittlung der tatsächlichen Temperatur in der Wohnung des Klägers angesehen hat. Auch auf den Raum haben die Parteien sich offensichtlich geeinigt, weil es sich um einen Raum handelte, in dem der Kläger keine eigenen „Maßnahmen zur Wärmedämmung“ vorgenommen hatte.

Dabei kommt dem Ergebnis der Langzeitmessung selbstverständlich kein Beweiswert im Sinne der Einholung eines Sachverständigengutachtens zu. Angesichts dessen jedoch, dass die Langzeitmessung nicht allein als Parteivortrag des Klägers anzusehen ist, sondern insofern darüber hinausgeht, dass die Beklagte selbst die Maßnahme durchgeführt hat, muss sie sich grundsätzlich an deren Ergebnis festhalten lassen. Für eine Manipulation, wie sie sie im Schriftsatz vom 16. Juli 2010 erstmals andeutet, hat sie ernsthafte und konkrete Anhaltspunkte nicht vorgetragen. Allein die Möglichkeit zur Manipulation ist insoweit nicht ausreichend. Denn auch durch die nunmehr vorgeschlagene „erweiterte Langzeitmessung“ kann eine Manipulation nicht ausgeschlossen werden.

Temperaturen von unter 20°C am Tage, also in der Zeit zwischen 6.00 Uhr und 22.00 Uhr stellen einen Mangel dar. Dabei kam es hier nicht darauf an, ob gemäß Nr. 1 Ziffer 3 der Anlage 1 zu § 4 des Mietvertrages vom 2. Juni 2007 die zu erreichenden Zimmertemperaturen zulässigerweise auf 20°C beschränkt werden oder ob diese Temperaturen nur für Wohnräume ausreichen und für Bad und Toilette 21°C gewährleistet sein müssen. Denn in der Wohnung des Klägers wird bereits diese Temperatur offensichtlich insbesondere bei niedrigeren Außentemperaturen nicht erreicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

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