LG Berlin – Az.: 18 S 171/16 – Urteil vom 10.05.2017
Die Berufung der Klägerin gegen das am 7. April 2016 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg – 211 C 281/15 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Wegen des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angegriffenen Urteils vom 7. April 2016 Bezug genommen, das der Klägerin am 14. April 2016 zugestellt worden ist. Mit der am Dienstag nach Pfingsten, dem 17. Mai 2016, eingelegten und am 14. Juni 2016 begründeten Berufung verfolgt die Klägerin den geltend gemachten Anspruch auf Duldung der Heizungsmodernisierung weiter. Sie hat im Verlaufe der Monate April und Mai 2016 Ankündigungsschreiben in Bezug auf eine Heizungsmodernisierung unter Umstellung auf eine Zweirohrheizung an die übrigen Mieter der noch mit Einrohrheizungen ausgestatteten Wohnungen in dem Anwesen verschickt.
Im Übrigen wird von der Darstellung des Tatbestandes abgesehen, §§ 313a, 540 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 8 EGZPO.
II.
1.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511, 517, 519, 520, 524 ZPO. Sie ist jedoch nicht begründet. Das Amtsgericht hat die auf die Duldung der Heizungsmodernisierung gerichtete Teilklage zu Recht abgewiesen. Die Kammer nimmt auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils Bezug und macht sich diese zu eigen. Das Vorbringen der Parteien im Berufungsrechtszug gibt der Kammer lediglich Anlass zu nachfolgenden ergänzenden Ausführungen:
a)
Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass der im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits verfolgte Duldungsanspruch der Klägerin nach § 555d Abs. 1 BGB davon abhängt, ob das Ankündigungsschreiben vom 5. März 2015 im Hinblick auf die beabsichtigte Heizungsmodernisierung den Vorgaben des § 555c BGB genügt. Das ist aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils nicht der Fall.
Die Klägerin stützt ihr Duldungsbegehren in erster Linie auf eine energetische Modernisierung im Sinne von § 555b Nr. 1 BGB, die vor allem durch die Stilllegung des ständig mit Warmwasser durchströmten Heizkreises für die Einrohrheizungen und eine Herabsetzung der Vorlauftemperatur zu nachhaltigen Energieeinsparungen führen soll. Dieses Vorhaben der Klägerin war weder im Zeitpunkt des Zugangs der Modernisierungsankündigung noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz absehbar umsetzbar, da die Planungen für die Heizungsmodernisierung der weiteren neun mit Einrohrheizungen ausgestatteten Wohnungen noch nicht abgeschlossen waren. Der in der Modernisierungsankündigung vom 5. März 2015 angekündigte Zeitplan für die Durchführung der Arbeiten hatte mithin von vorne herein keinerlei Bezug zu den in Aussicht gestellten Energieeinsparungen, sondern hätte allenfalls in Bezug auf die in der Wohnung durchzuführenden Arbeiten umgesetzt werden können. Das Amtsgericht hat das Vorhaben der Klägerin vor diesem Hintergrund zu Recht als bloße „Vorratsmaßnahme“ qualifiziert, auf deren Duldung sie keinen Anspruch hat. Die in der Wohnung durchzuführenden Arbeiten stellen nur einen ersten Schritt der angekündigten energetischen Modernisierung dar, der für sich genommen die in Aussicht gestellte nachhaltige Energieeinsparung nicht bewirken kann.
Ein Anspruch der Klägerin auf Duldung der in der Wohnung durchzuführenden Maßnahmen unter dem bloßen Gesichtspunkt einer Gebrauchswerterhöhung der Mietsache im Sinne von § 555b Nr. 4 BGB besteht entgegen dem Vorbringen der Berufung nicht. Das gilt schon deswegen, weil das Duldungsbegehren im Ankündigungsschreiben vom 5. März 2015 überhaupt nicht auf eine Gebrauchswerterhöhung, sondern auf zu erwartende Energieeinsparungen gestützt wurde. Darüber hinaus stellen sich die mit den beabsichtigten Baumaßnahmen in der Wohnung einhergehenden Beeinträchtigungen, die sämtliche Räume betreffen und sich über einen Zeitraum von vier Wochen hinziehen sollen, im Verhältnis zu den unabhängig von einer Energieeinsparung erreichbaren Gebrauchsvorteilen als unzumutbar im Sinne des § 555d Abs. 2 BGB dar. Um des bloßen Vorteils einer besseren individuellen Regulierbarkeit der Wärmeabgabe sowie des geringen Raumgewinns in Folge der Verlagerung der Heizungsrohre von den Wänden in die Fußböden willens muss der Beklagte eine so schwer wiegende Beeinträchtigung nicht hinnehmen.
b)
Der Umstand, dass die Klägerin ihre Planungen zur Modernisierung der Heizungsanlage inzwischen abgeschlossen und auch den übrigen neun Mietparteien von Wohnungen mit Einrohrheizung die Umstellung auf eine Zweirohrheizung angekündigt hat, vermag der Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen. Zwar stellen sich die mit dem Ankündigungsschreiben vom 5. März 2015 in Aussicht gestellten Energieeinsparungen nunmehr als konkret angestrebt und realisierbar dar, sodass der Umbau der Heizung in der von dem Beklagten gemieteten Wohnung nicht mehr als bloße Vorratsmaßnahme im Hinblick auf eine spätere energetische Modernisierung einzustufen ist. Das ändert aber nichts daran, dass dem geltend gemachten Duldungsanspruch keine den Vorgaben des § 555c BGB genügende Modernisierungsankündigung zu Grunde liegt, ein fälliger Anspruch auf Duldung der Maßnahme mithin nicht besteht. Um dem Beklagten eine informierte Entscheidung über die Duldung der Maßnahme zu ermöglichen, hätte die Klägerin in der Modernisierungsankündigung zumindest ihren Zeitplan für die Umsetzung der energetischen Modernisierung angeben und offen legen müssen, dass die Planungen in Bezug auf die übrigen Wohnungen mit Einrohrheizung noch gar nicht abgeschlossen waren, mithin nicht feststand, wann und wie die angekündigten Energieeinsparungen erreichbar werden würden.
Die nach § 555c BGB gesetzlich geforderte ordnungsgemäße und vollständige Ankündigung einer Modernisierungsmaßnahme ist jedenfalls im vorliegenden Fall auch nicht deswegen verzichtbar, weil sie sich vor dem Hintergrund der im Berufungsrechtszug abgeschlossenen Planung der Heizungsumstellung und der nunmehr nachgeholten Information des Beklagten über diesen Umstand als bloße Förmelei darstellen würde. Für eine Formstrenge spricht schon generell, dass vom Zugang der ordnungsgemäßen Modernisierungsankündigung nicht nur die Fälligkeit des Duldungsanspruchs, sondern auch der Lauf der in § 555e Abs. 1 BGB und § 555d Abs. 3 BGB bezeichneten Fristen abhängt. Darüber hinaus hat gerade der Beklagte im vorliegenden Fall ein anerkennenswertes Interesse an einer ordnungsgemäßen und vollständigen Ankündigung der von der Klägerin für die von ihm gemietete Wohnung geplanten Modernisierungsmaßnahmen. Die Klägerin erwägt ausweislich ihrer Ausführungen in der Berufungsbegründung nicht nur, die weiteren im ersten Rechtszug streitigen Modernisierungsmaßnahmen erneut ankündigen und doch noch durchführen zu wollen. Sie hat darüber hinaus auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 7. Februar 2017 offen gelassen, ob sie noch weitere Modernisierungsmaßnahmen bereits plant oder zumindest in Erwägung zieht. Es ist der Klägerin ohne weiteres zuzumuten, über Art und Umfang der in der streitbefangenen Wohnung noch beabsichtigten Modernisierungsmaßnahmen zu entscheiden und diese ordnungsgemäß anzukündigen, zumal sich einerseits bei gleichzeitiger Durchführung mehrerer Maßnahmen Synergieeffekte ergeben mögen, andererseits die Gesamtdauer mehrerer im Gebäude und in der Wohnung angestrebter Einzelmaßnahmen, die erst nach und nach geplant und umgesetzt werden sollen, vermeidbare zusätzliche Belastungen für den Mieter mit sich bringen können.
2.
Die Kostenentscheidung folgt § 97 Abs. 1. Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO.
Anlass, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, besteht nicht. Grundsätzliche, ihrer Bedeutung nach über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfragen sind nicht betroffen. Eine Revisionszulassung zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist ebenfalls nicht geboten.